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WALLIS Magazine - Winter 2017/18

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Wie viel Kraft<br />

kostet es,<br />

im tiefen<br />

Schnee<br />

Bein vor Bein<br />

zu setzen?<br />

sie bitte, die Koffer selbst zu tragen.»<br />

Aber erklärt er, warum das so sei, sei es<br />

auch gleich keine Diskussion mehr. Seit<br />

zehn Jahren betreibt er die Firma Taxi<br />

des Combins in Verbier mit vier Fahrzeugen,<br />

das kleinste mit acht Plätzen.<br />

Spezialität des Fahrdiensts: «Bergsteiger<br />

und Tourenskifahrer mit ihrem Gepäck<br />

zu transportieren. Ich weiss, welche<br />

Bedürfnisse sie haben, kenne die Hütten<br />

und die Routen», erklärt Michellod.<br />

Sein Taxiunternehmen habe er gegründet,<br />

weil die Alternative ein Bürojob gewesen<br />

wäre. «Aber ich kann das nicht –<br />

den ganzen Tag drinnen sein und an<br />

einem Pult sitzen. Das geht einfach<br />

nicht.»<br />

Darum geht er auch in seiner Freizeit<br />

raus. Am liebsten mit seiner Familie,<br />

Ehefrau Stéphanie, 38, und den Kindern<br />

Elsa, 11, Chloé, 9, und Robin, 7. Mit einem<br />

Handvelo kann er im Sommer locker mit<br />

ihnen mithalten, im <strong>Winter</strong> mit dem Skibob<br />

sowieso. «Ich musste mich schon zuerst<br />

an den Skibob gewöhnen», erinnert<br />

er sich. Er habe aber ein Modell mit zwei<br />

Ski unter der Sitzfläche ausgewählt und<br />

nicht einen Monoski. «Mit zwei Ski ist<br />

man viel mobiler und beweglicher», so<br />

der 40-Jährige. Auf dem Schnee können<br />

ihm nach wie vor nicht viele etwas vormachen.<br />

Schon ein Jahr nach seinem<br />

Unfall war er erstmals wieder auf der<br />

Piste. Er drehte mit seinen Freunden Nicolas<br />

und Loris Falquet zwei Filme, einen<br />

über seine Rückkehr in den Schnee,<br />

den anderen übers Freeriden. 2009 folgte<br />

eine Parforceleistung: Michellod erstieg<br />

zum 15. Mal den Montblanc – einen<br />

Gipfel, den er als Bergführer bereits<br />

14-mal mit Kunden erreicht hatte. Das<br />

67<br />

tönt alles so leicht, mutig und fantastisch.<br />

Und Jean-Yves Michellod ist auch<br />

stolz auf diese Leistungen. Aber was haben<br />

sie an Kraft gekostet? Zwar gehorchen<br />

die Beine auf Asphalt und ebenem<br />

Grund. Aber wie anstrengend ist es, in<br />

tiefem Schnee Bein vor Bein zu stellen?<br />

Die dünne Luft, die steilen Hänge. Schritt<br />

für Schritt. Wie müde werden die Arme,<br />

die den Körper stossen und ziehen?<br />

Schritt für Schritt. Stundenlang. Ja, doch,<br />

es sei eine riesige Anstrengung gewesen.<br />

Aber für den Moment auf dem Gipfel,<br />

für den habe es sich gelohnt. Und für die<br />

Abfahrt natürlich, durch den Schnee<br />

stieben, in die Kurven liegen. Die Filme,<br />

die auf You tube zu finden sind, auch der<br />

Aufstieg auf den 2466 Meter hohen Col<br />

de la Golette, sind Zeugen des Willens,<br />

der nötig war, um aus dem Rollstuhl wieder<br />

auf die Beine zu kommen.<br />

Heute plane er nicht mehr solche Touren,<br />

sagt Michellod. Er sei auch älter geworden.<br />

Aber er bereue nichts: «Jeder<br />

Mensch hat eine Passion, und die muss<br />

er leben. Ich bereue gar nichts, es war,<br />

wie es war.» Michellod wird oft gefragt,<br />

ob er die Berge nicht hasse, die ihm das<br />

angetan haben. «Nein, wieso sollte ich?<br />

Jeder Extremsportler weiss, dass er<br />

mehr Risiko eingeht als andere – das gehört<br />

nun mal dazu, ob man will oder<br />

nicht.»<br />

Extremsportler ist er eigentlich geblieben.<br />

Rundum gesunde Menschen brauchen<br />

nicht einen Bruchteil seines Willens,<br />

seiner Kraft, seiner Disziplin und<br />

seiner mentalen Stärke, um den Alltag<br />

zu meistern.<br />

www.taxi-des-combins.ch

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