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WALLIS Magazine - Winter 2017/18

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TELEMARK<br />

Snowboarden findet sie casse-pied.<br />

Übersetzt man das nett auf<br />

Deutsch, heisst es so viel wie<br />

stinklangweilig. Aha, aber selbst betreibt<br />

sie doch den Altherrensport Telemark,<br />

wagt man einzuwenden. Amélie Reymond<br />

ist zu höflich und zu charmant, als<br />

dass sie auf diese Bemerkung mit gleicher<br />

Münze zurückgeben würde. Vielmehr<br />

erklärt sie, was Telemark einem abfordert:<br />

Kraft, Ausdauer und ein hohes<br />

Mass an Koordination und Gleichgewicht.<br />

Insgesamt drei Disziplinen muss<br />

man im Weltcup beherrschen, die alle<br />

ähnlich tönen wie alpine oder nordische<br />

Disziplinen, aber immer noch Spezialschwierigkeiten<br />

eingebaut haben. Beim<br />

Riesenslalom beispielsweise gehört ein<br />

rund 25 Meter langer Sprung dazu, der<br />

von Punkterichtern bewertet wird. Zur<br />

Disziplin Classic gehören ein Riesenslalom,<br />

eine Skatingstrecke, ein Sprung und<br />

das Fahren einer 360-Grad-Steilwandkurve.<br />

Rund drei Minuten dauere ein solcher<br />

Lauf, so Reymond. «Das braucht<br />

Kondition und hohe Konzentration, denn<br />

vor allem in der Steilwandkurve fühlt<br />

man sich wie in einer Waschmaschine.»<br />

Im Parallelsprint, der kürzer ist, treten<br />

zwei Athletinnen gleichzeitig gegeneinander<br />

an. «Das ist für die Zuschauerinnen<br />

und Zuschauer sehr spektakulär.<br />

Und für uns Fahrerinnen nicht ganz einfach,<br />

da wir bis zu sechs Runden gegen<br />

verschiedene Konkurrentinnen absolvieren<br />

müssen.»<br />

Telemark – das war der Anfang des Skisports,<br />

<strong>18</strong>60 erfunden von einem Norweger.<br />

Fast hundert Jahre war es die einzige<br />

Art, mit Ski die schneebedeckten<br />

Hänge hinunterzukommen. Die Ski waren<br />

gerade geschnittene Holzlatten, und<br />

um überhaupt eine Kurve fahren zu können,<br />

brauchte es eine spezielle Technik:<br />

Mit dem Beugen des Knies auf der Bergseite<br />

verlagerte man den Druck auf den<br />

Ski und leitete so die Kurve ein. Den Ruf<br />

des Altherrensports hat die Sportart aus<br />

dem einfachen Grund, dass in den Sechziger-<br />

und Siebzigerjahren ältere Skifahrer<br />

immer noch mit dieser Technik die<br />

Hänge hinunterkurvten. Doch längst<br />

schon ist der Telemark eine eigene<br />

Sportart mit neuen Anforderungen,<br />

eigenem FIS-Rennkalender und einer<br />

elfköpfigen Equipe bei Swiss-Ski.<br />

Seit zehn Jahren gehört Amélie Reymond<br />

zur Nationalmannschaft, und sie<br />

ist im elfköpfigen Team mit vier Frauen<br />

und sieben Männern die bei Weitem erfolgreichste<br />

Fahrerin. Vor zehn Jahren<br />

hat sie voll auf Telemark gesetzt und seitdem<br />

Titel um Titel geholt. Seit 2009<br />

dominiert sie den Weltcup, nur 2013<br />

musste sie einer Norwegerin Platz machen.<br />

Telemark erfordere sehr viel Training,<br />

erklärt die 30-Jährige. Die Absolventin<br />

der ETH Zürich mit einem Master<br />

in Biomechanik arbeitet 80 Prozent im<br />

Gesundheitsdienst des Kantons Wallis<br />

und trainiert fast täglich. Morgens auf<br />

die Piste, über Mittag in den Kraftraum,<br />

abends Kondition. «Obwohl ich schon<br />

seit Jahren auf höchstem Niveau Sport<br />

treibe, ist es mir doch noch nie verleidet.<br />

Das ist auch ein grosses Glück, so bin ich<br />

immer motiviert», sagt sie. Man glaubt es<br />

sofort, denn sonst wäre wohl nicht möglich<br />

gewesen, dass sie – währenddem<br />

ihre Telemark-Karriere bereits in vollem<br />

Amélie ist<br />

auch<br />

Geräteturnerin<br />

und Vize-<br />

Schweizer-<br />

Meisterin am<br />

Reck<br />

16

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