ERF Antenne 1112|2017 Meine Heimat Fremde Heimat
Das Magazin von ERF – Der Sinnsender
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<strong>ERF</strong> THEMA<br />
In der <strong>Fremde</strong><br />
<strong>Heimat</strong> finden<br />
Die so genannte Flüchtlingskrise verändert Deutschland<br />
bis heute. Manche befürchten, die Veränderung spalte<br />
unser Land, unsere <strong>Heimat</strong>. Wie können Christen mit der<br />
aktuellen Lage umgehen?<br />
Eine persönliche Einordnung von Claudia Schmidt<br />
Ich liebe fremde Länder und Kulturen und bin gerne<br />
in der Welt unterwegs. Aber nach jeder längeren<br />
Reise freue ich mich wieder auf meine eigenen vier<br />
Wände. Ich kenne also beides: Fernweh und Heimweh.<br />
Nachdem ich einige Jahre im Ausland und im<br />
Süden Deutschlands gelebt habe, bin ich vor gut fünf<br />
Jahren gerne wieder in die Nähe meiner alten <strong>Heimat</strong><br />
zurückgekehrt.<br />
<strong>Heimat</strong> – das ist für mich ein Fünfhundert-Seelen-Dorf,<br />
das umgeben von Hügeln, Wiesen und Wäldern<br />
im hessischen Hinterland liegt. Die Autobahn<br />
ist weit entfernt, die nächste Großstadt auch. Manche<br />
würden sagen, dass sich hier Fuchs und Hase „gute<br />
Nacht“ sagen. Wahrscheinlich haben sie Recht. Aber<br />
was auch immer andere über diese Region denken:<br />
Hier bin ich daheim. In dieser Gegend bin ich aufgewachsen<br />
und zur Schule gegangen. <strong>Meine</strong> Familie<br />
und Freunde wohnen hier. Jeder Feldweg und jeder<br />
Baumstamm ist mir vertraut. Es ist meine <strong>Heimat</strong>.<br />
Weihnachten daheim<br />
Wie wertvoll eine solche <strong>Heimat</strong> ist, wird mir besonders<br />
jetzt in der dunklen Jahreszeit bewusst. Ich liebe<br />
die gemütlichen Sonntagnachmittage im Advent, an<br />
denen ich nach einem Spaziergang im Wald etwas<br />
durchgefroren in der warmen Küche sitze, um mich bei<br />
einer heißen Tasse Kaffee wieder aufzuwärmen. Am<br />
Adventskranz brennen die Kerzen. Es gibt die ersten<br />
selbstgebackenen Plätzchen. Wir sitzen mit der Familie<br />
zusammen und reden. Es ist einfach „heimelig“. Wo<br />
auch immer ich in der Welt unterwegs bin: An Weihnachten<br />
zieht es mich in die <strong>Heimat</strong> zurück.<br />
Nicht jeder hat einen solchen Ort, den er eindeutig als<br />
<strong>Heimat</strong> bezeichnen kann. Auch nicht jeden zieht es<br />
in die <strong>Heimat</strong> zurück – erst recht nicht an Weihnachten.<br />
Die Gründe dafür können unterschiedlich sein.<br />
Manche erleben Advent und Weihnachten sogar viel<br />
intensiver, wenn sie dem vorweihnachtlichen Trubel<br />
und den familiären Verpflichtungen entfliehen.<br />
Eine zweite <strong>Heimat</strong> finden<br />
Andere finden in der <strong>Fremde</strong> eine zweite <strong>Heimat</strong>. So<br />
ein tiefes Einleben in eine neue Kultur braucht jedoch<br />
Zeit. Wer für mehrere Monate oder Jahre ins Ausland<br />
geht, durchlebt also in der Regel unterschiedliche Phasen,<br />
bis er wirklich sagen kann: „Ich bin angekommen.<br />
Hier fühle ich mich daheim.“<br />
Meist sind die ersten Wochen wie Urlaub. Die Umgebung,<br />
die Landschaft, die Menschen, das Essen –<br />
alles ist exotisch, spannend und neu. Dann kommt<br />
der Alltag. Die neue Aufgabe geht nicht so leicht von<br />
der Hand wie angenommen. Erste Missverständnisse<br />
kommen auf, weil die Kommunikation in der fremden<br />
Sprache noch nicht ganz so gut läuft. Das System der<br />
Behörden vor Ort ist komplex und undurchsichtig,<br />
die Anträge liegen wie ein riesiger Berg vor einem.<br />
Familie und Freunde sind weit weg, die Gefühle fahren<br />
Achterbahn.<br />
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