Webversion_DW-Sonderheft-7_GdW_2017
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Stadtbau und Stadtentwicklung<br />
Neubau und Sanierung Energie und Technik Markt und Management Rechtssprechung Haufe Gruppe<br />
MARKT UND MANAGEMENT<br />
aufgeführt und vielfach von einer entsprechenden<br />
Vermutung ausgegangen. Nach Fortfall des<br />
Anhangs III der Richtlinie 2004/18/EG besteht<br />
eine Vermutung, dass Wohnungsunternehmen<br />
öffentliche Auftraggeber sind, damit nicht mehr.<br />
Vielmehr ist – wie auch sonst schon in der vergaberechtlichen<br />
Rechtsprechung angenommen<br />
worden ist – immer eine Einzelfallprüfung nach<br />
den genannten drei Kriterien erforderlich.<br />
In der deutschen Rechtsprechung und Fachliteratur<br />
werden beide Ansichten vertreten. Auffallend<br />
ist nach Auswertung der einschlägigen<br />
Rechtsprechung, dass die Entscheidungen, die die<br />
Eigenschaft als öffentlicher Auftraggeber bejahen,<br />
zwar festhalten, dass eine Einzelfallprüfung<br />
vorgenommen werden muss, allesamt aber nie<br />
dezidierte Abwägungen vornehmen. Meist stützen<br />
diese Gerichte ihre Wertung letztlich auf die<br />
Einhaltung der kommunalrechtlichen Vorgaben,<br />
so dass diesen Entscheidungen nach sämtliche<br />
kommunale Unternehmen per se öffentliche<br />
Auftraggeber sein müssten. Wäre dies der Fall,<br />
hätte der Gesetzgeber spätestens mit der Vergabereform<br />
eine entsprechende Klarstellung in die<br />
dezidierte Regelung der öffentlichen Auftraggeber<br />
mitaufgenommen.<br />
Inhouse-Vergabe<br />
Die Inhouse-Vergabe ist erstmals in § 108 E-<br />
GWB kodifiziert. Nach der Regelung müssen<br />
mehr als 80 % der Tätigkeiten der kontrollierten<br />
juristischen Person der Ausführung der Aufgaben<br />
dienen, mit denen sie von dem die Kontrolle<br />
ausübenden öffentlichen Auftraggeber oder von<br />
anderen von diesem kontrollierten juristischen<br />
Personen betraut wurden. Künftig können öffentliche<br />
Unternehmen Aufträge ihrer Gesellschafter<br />
ohne Ausschreibung erhalten, solange sie unter<br />
20 % ihres Geschäfts mit privaten Dritten durchführen.<br />
Die Gesetzesbegründung hebt, wie auch die EU-<br />
Richtlinie, hervor, dass das Vergaberecht öffentliche<br />
Auftraggeber grundsätzlich nicht in ihrer<br />
Freiheit beschränken soll, die ihnen übertragenen<br />
Aufgaben gemeinsam mit anderen öffentlichen<br />
Auftraggebern oder eigenen Unternehmen zu erfüllen.<br />
Wesentliche Aussage ist, dass die Rechtsprechung<br />
des EuGH kodifiziert wird und die europäischen<br />
Vorgaben im Rahmen der Umsetzung<br />
ins deutsche Recht inhaltlich 1:1 übernommen<br />
werden. Demnach sind etwaige Umsätze, die ein<br />
Auftragnehmer mit Privaten erzielt, grundsätzlich<br />
nicht Inhouse-schädlich, sofern diese Umsätze der<br />
Ausführung einer von der Kommune oder ihren<br />
eigenen Einrichtungen übertragenen Aufgabe<br />
dienen. Zutreffend spricht die Gesetzesbegründung<br />
zu § 108 Abs. 1 Nr. 2 GWB-E davon, dass<br />
es „in diesem Zusammenhang unerheblich ist, ob<br />
der Begünstigte der Ausführung des Auftrags der<br />
Auftraggeber selbst oder ein davon abweichender<br />
Nutzer (Anmerkung: Mieter) der Leistung ist“.<br />
„Für alle, die noch eine Resthoffnung auf die in Brüssel wieder einmal<br />
versprochene Vereinfachung des Vergaberechts hatten, sei gleich<br />
vorweggenommen: Das GWB-Vergaberecht wird nicht etwas schlanker<br />
und übersichtlicher, sondern umfangreicher und ausdifferenzierter.“<br />
Dr. Daniel Soudry, Soudry & Soudry Rechtsanwälte Berlin, Vergabeblog.de vom 26.5.2015, Nr. 22546<br />
Diese Gesetzesbegründung erteilt damit einzelnen<br />
Oberlandesgerichten in Deutschland, die plötzlich<br />
- ohne Veranlassung durch den EuGH – weitere<br />
Anforderungen an die Inhouse-Fähigkeit stellten,<br />
z. B., dass es in der jeweiligen Sparte keine anderen<br />
Anbieter geben dürfte (OLG Hamburg vom 14. Dezember<br />
2010) oder dass nur Dienstleistungen im<br />
Rahmen kommunaler Pflichtaufgaben bei der<br />
Berechnung des Drittgeschäfts (Wesentlichkeit)<br />
unberücksichtigt bleiben dürfen (OLG Celle, Beschluss<br />
vom 17. Dezember 2014), eine Absage.<br />
Weitere Neuerungen im Überblick<br />
Leistungsbeschreibung<br />
Eine § 8 Abs. 1 EG VOL/A bzw. § 7 Abs. 1 Nr. 1<br />
EG VOB/A vergleichbare Regelung enthält § 121<br />
Abs. 1. Danach muss die Leistungsbeschreibung<br />
alle für die Angebotserstellung erforderlichen Angaben<br />
enthalten. Außerdem muss die Leistung so<br />
eindeutig und erschöpfend beschrieben sein, dass<br />
alle Bieter sie in dem gleichen Sinn verstehen und<br />
die eingehenden Angebote miteinander vergleichbar<br />
sind.<br />
Eignung<br />
Ausgangspunkt für die Eignung sind nunmehr<br />
§ 122 GWB ff., die die beiden Kategorien „Ausschlussgründe“<br />
und „Eignungskriterien“ vorgeben<br />
und damit die wesentlichen Prüfungsschritte vorzeichnen.<br />
Die Eignung setzt sich fortan nur noch<br />
aus den Elementen „Leistungsfähigkeit“ und<br />
„Fachkunde“ zusammen (nicht mehr: „Zuverlässigkeit“<br />
und „Gesetzestreue“).<br />
Vertragsänderungen<br />
§ 132 GWB setzt Art. 72 der Richtlinie um und<br />
bestimmt nun erstmals, unter welchen Voraussetzungen<br />
laufende Verträge geändert oder erweitert<br />
werden dürfen, ohne dass eine erneute Ausschreibung<br />
erforderlich wird.<br />
Kündigung öffentlicher Aufträge<br />
Gänzlich neu ist § 133, der erstmals regelt, unter<br />
welchen Voraussetzungen öffentliche Auftraggeber<br />
einmal vergebene Aufträge wieder beenden<br />
können.<br />
Rechtsschutz<br />
Die Vorschriften zum Rechtsschutz wandern von<br />
den bisherigen §§ 102 ff. GWB weit nach hinten<br />
und finden sich unter §§ 155 ff. wieder. Besonders<br />
zu erwähnen ist die Thematik der „unverzüglichen<br />
Rüge“. Seit dem Urteil des EuGH vom 28. Januar<br />
2010 (Rs. C-406/08) besteht Unsicherheit bezüglich<br />
der Rechtmäßigkeit des Erfordernisses,<br />
behauptete Vergaberechtsverstöße unverzüglich<br />
zu rügen, bevor ein Nachprüfungsantrag gestellt<br />
wird. Zwar ist der Begriff der Unverzüglichkeit in<br />
§ 122 BGB als „ohne schuldhaftes Zögern“ definiert.<br />
Wirkliche Klarheit, die der EuGH für rechtliche<br />
Ausschlussfristen fordert, bringt dies aber<br />
nicht. Der Entwurf will die Problematik lösen,<br />
indem eine Rüge zwar weiterhin grundsätzlich<br />
Voraussetzung für die Zulässigkeit eines Nachprüfungsverfahrens<br />
bleibt. Allerdings fordert<br />
§ 160 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 nur noch, dass ein erkannter<br />
Verstoß vor dem Nachprüfungsantrag<br />
zu rügen ist.<br />
Fazit<br />
Für alle, die noch eine Resthoffnung auf die in<br />
Brüssel wieder einmal versprochene Vereinfachung<br />
des Vergaberechts hatten, sei gleich vorweggenommen:<br />
Das Vergaberecht wird nicht etwa<br />
schlanker und übersichtlicher, sondern umfangreicher<br />
und ausdifferenzierter. Trotz einer Verdopplung<br />
der Vorschriften sind dem Gesetzgeber<br />
aber keineswegs die Bemühungen abzusprechen,<br />
das GBW-Vergaberecht logischer zu ordnen und<br />
das Vergaberecht dadurch insgesamt übersichtlicher<br />
zu gestalten.<br />
Bei Fragen zu dieser Thematik stehen Ihnen die<br />
regionalen Prüfungsverbände der Wohnungs- und<br />
Immobilienwirtschaft und ihre nahestehenden<br />
Wirtschaftsprüfungsgesellschaften gerne zur<br />
Verfügung.<br />
Weitere Informationen:<br />
www.pruefungsverbaende.de<br />
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