Webversion_DW-Sonderheft-7_GdW_2017

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MARKT UND MANAGEMENT Bilanz- und Steuerwissen – Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des GdW Terrorismusprävention als Compliance-Pflicht (auch) in der Wohnungswirtschaft? Terrorismus ist zurzeit eine globale Bedrohung. Welchen Beitrag können oder müssen Wohnungsunternehmen leisten, um dieser Bedrohung entgegenzuwirken? Was ist bei der Vermietung von Wohnungen und Gewerberäumen zu beachten? Dieser Artikel gibt Hinweise für die praktische Umsetzung. WP/StB Hans Maier Vorstand VdW Bayern München Die jüngsten Terroranschläge zeigen einmal mehr, dass auch die Unterstützer von Terrororganisationen „normale” Leben führen können. Sie zahlen ihre Miete, nehmen Pakete für die Nachbarn an, haben Jobs und beziehen Gehalt. Und genau hier wird das globale Phänomen Terrorismus für so gut Dr. Julia Betz VdW Bayern München wie jedes Unternehmen relevant. Denn diese sind gesetzlich verpflichtet, den Terrorismus weder direkt noch indirekt zu unterstützen. Das Problem dabei ist: Wie man die vorgeschriebenen Regeln genau einhält, lassen die einschlägigen Verordnungen weitgehend offen. Wie die Vorgaben von Anti-Terror-Regularien der EU und der USA in der Praxis effektiv zu erfüllen sind, ist deswegen auch kaum einem Unternehmen wirklich bewusst. Die meisten Unternehmen in Deutschland haben daher aktuell keinen geregelten Umgang mit dem Thema Terrorismusprävention. Dies liegt zum einen an den fehlenden Vorgaben und zum anderen wohl auch daran, dass es bisher schlichtweg noch keine medienwirksamen Fälle gab, in denen Strafen verhängt oder Prozesse geführt wurden, weil Unternehmen gelistete Personen beschäftigt haben oder sonst mit ihnen in geschäftlichen Kontakt gekommen sind. Quelle: Krasimira Nevenova / Shutterstock.com 14 68 11 | 2016

HINTERGRUND §§ Wohnungsunternehmen Juris-Finanz-Transaktionsliste: Identifizierung der Person bzw. des wirtschaftlich Berechtigten Anstellungsverhältnisse gewerbliche Vermietung Untervermietung Quelle: VdW Bayern Das Gefahrenbewusstsein ist daher nach wie vor gering. Das Risikoszenario wirkt unwahrscheinlich. Durch die aktuellen Anschläge und die stets latente Terrorgefahr in Europa gewinnen die Verordnungen und Richtlinien als Compliance-Pflicht in den Unternehmen der Mitgliedsstaaten dennoch immer mehr an Bedeutung. Im Nachfolgenden werden Rechtsgrundlagen und daraus resultierende Pflichten dargestellt, der aktuelle Diskussionsstand in Rechtsprechung, Fachliteratur und Praxis wiedergegeben und versucht, mögliche Handlungsansätze für die (Wohnungs-) Unternehmen aufzuzeigen. Rechtliche Grundlagen Auf europäischer Ebene wurde nach den Anschlägen vom 11. September 2001 auf terroristische Bedrohungen mit verschiedenen, unmittelbar geltenden EU-Verordnungen (2580/2001; 881/2002) reagiert. Inhalt ist generell die Beseitigung der finanziellen Grundlagen des Terrorismus. Dabei verpflichten die Verordnungen alle Unternehmen innerhalb der EU, innerbetriebliche Vorkehrungen zu treffen, dass Geschäftskontakte zu gesperrten Personen, Organisationen, Vereinigungen und Unternehmen weder aufgebaut noch unterhalten werden. Die verdächtigen Personen und Organisationen werden in Listen aufgeführt, die regelmäßig aktualisiert werden. Den aufgelisteten Personen, Organisationen, Vereinigungen und Unternehmen dürfen nach Art. 2 der VO (EG) Nr. 881/2002 keine Gelder, sonstige finanzielle Vermögenswerte, wirtschaftliche Ressourcen oder Finanzdienstleistungen bereitgestellt werden. Deshalb bezeichnet man diese Regelung auch als „Bereitstellungsverbot”. Dieses Bereitstellungsverbot gilt uneingeschränkt für alle Unternehmen in der EU und somit auch für Wohnungsunternehmen. Des Weiteren wurde im Zuge der internationalen Terrorismusbekämpfung im Mai 2015 durch das Europäische Parlament die Vierte Anti- Geldwäsche-Richtlinie (EU 2015/849) und die neue Geldtransfer-Verordnung (EU 2015/847) im EU-Amtsblatt veröffentlicht. Die Mitgliedsstaaten haben zwei Jahre Zeit, also bis Mitte 2017, die neue Richtlinie in nationales Recht umzusetzen. Auch wenn die Thematik auf den ersten Blick eher dem Finanzsektor zuzuordnen ist, so verpflichtet die Richtlinie auch bestimmte Dienstleister aus dem Nicht-Finanzsektor, zum Beispiel Notare, Rechtsanwälte, Abschlussprüfer, externe Buchprüfer und Steuerberater, zur Mitwirkungspflicht der Einholung registerrelevanter Informationen. Die Mitgliedsstaaten sind zudem gehalten, die Richtlinie auf weitere Berufe oder Unternehmenskategorien auszudehnen, bei deren Tätigkeiten es besonders wahrscheinlich ist, dass sie für Geldwäsche oder Terrorismusfinanzierung genutzt werden. Was das konkret für Wohnungsunternehmen, insbesondere für Wohnungsgenossenschaften mit Spareinrichtung, bedeutet, bleibt bis zur Umsetzung der Richtlinie in Deutschland abzuwarten. Eine direkte Verpflichtung der Wohnungsunternehmen ist derzeit nicht erkennbar. Am 30. Juli 2016 ist darüber hinaus das neue Gesetz zum besseren Informationsaustausch bei der Bekämpfung des internationalen Terrorismus in Kraft getreten. Dieses neue Anti- Terror-Paket richtet sich somit an Behörden und ist in wirtschaftlicher Hinsicht nur für Telekommunikationsdienstanbieter relevant und bedarf deshalb an dieser Stelle keiner näheren Betrachtung. Bei Verstößen gegen die vorgeschriebenen Pflichten verlangt der europäische Gesetzgeber von den einzelnen Mitgliedstaaten die Festlegung von Sanktionen, die wirksam, verhältnismäßig und abschreckend sein müssen. Daher können Unternehmen und verantwortlich handelnde Personen in Deutschland im Fall des Verstoßes mit Sanktionen aus § 18 Außenwirtschaftsgesetz (AWG) und §§ 130, 30 OWiG belegt werden. Es kommen eine Straftat oder eine Ordnungswidrigkeit in Betracht. Vorsätzliche Verstöße können mit einer Freiheitsstrafe von sechs Monaten bis zu fünf Jahren geahndet werden. Wegen der Unterlassung erforderlicher Aufsichtsmaßnahmen kann eine Unternehmensgeldbuße verhängt werden. Zusätzlich drohen Einträge in das Gewerbezentralregister. Wie die rechtlichen Folgen bei Verstößen für die verantwortlichen Personen genau aussehen werden, wird die Rechtsprechung in den nächsten Jahren sicherlich zeigen. Anzunehmen ist aber tendenziell, dass die ersten öffentlichen Reaktionen deutlich sein werden. Im Gegensatz zu haftungsrechtlichen Sanktionierungen sind die drohenden Reputationsschäden für Unternehmen kaum kalkulierbar. Diskussionsstand in Rechtsprechung und Fachliteratur Zur Fragestellung der Umsetzung des Bereitstellungsverbots sagen die Anti-Terror-Verordnungen der EG zunächst nicht viel aus. Sie verbieten eindeutig, dass Unternehmen – auf welche Weise auch immer – Terrororganisationen über ihre identifizierbaren Mitglieder finanziell unterstützen. 11 | 2016 15 69

MARKT UND MANAGEMENT<br />

Bilanz- und Steuerwissen –<br />

Aktuelles aus den Prüfungsorganisationen des <strong>GdW</strong><br />

Terrorismusprävention als Compliance-Pflicht (auch)<br />

in der Wohnungswirtschaft?<br />

Terrorismus ist zurzeit eine globale Bedrohung. Welchen Beitrag können oder müssen Wohnungsunternehmen<br />

leisten, um dieser Bedrohung entgegenzuwirken? Was ist bei der Vermietung von Wohnungen<br />

und Gewerberäumen zu beachten? Dieser Artikel gibt Hinweise für die praktische Umsetzung.<br />

WP/StB Hans Maier<br />

Vorstand<br />

VdW Bayern<br />

München<br />

Die jüngsten Terroranschläge zeigen einmal mehr,<br />

dass auch die Unterstützer von Terrororganisationen<br />

„normale” Leben führen können. Sie zahlen<br />

ihre Miete, nehmen Pakete für die Nachbarn an,<br />

haben Jobs und beziehen Gehalt. Und genau hier<br />

wird das globale Phänomen Terrorismus für so gut<br />

Dr. Julia Betz<br />

VdW Bayern<br />

München<br />

wie jedes Unternehmen relevant. Denn diese sind<br />

gesetzlich verpflichtet, den Terrorismus weder<br />

direkt noch indirekt zu unterstützen. Das Problem<br />

dabei ist: Wie man die vorgeschriebenen Regeln<br />

genau einhält, lassen die einschlägigen Verordnungen<br />

weitgehend offen. Wie die Vorgaben von<br />

Anti-Terror-Regularien der EU und der USA in der<br />

Praxis effektiv zu erfüllen sind, ist deswegen auch<br />

kaum einem Unternehmen wirklich bewusst.<br />

Die meisten Unternehmen in Deutschland haben<br />

daher aktuell keinen geregelten Umgang mit dem<br />

Thema Terrorismusprävention. Dies liegt zum einen<br />

an den fehlenden Vorgaben und zum anderen<br />

wohl auch daran, dass es bisher schlichtweg noch<br />

keine medienwirksamen Fälle gab, in denen Strafen<br />

verhängt oder Prozesse geführt wurden, weil<br />

Unternehmen gelistete Personen beschäftigt haben<br />

oder sonst mit ihnen in geschäftlichen Kontakt<br />

gekommen sind.<br />

Quelle: Krasimira Nevenova / Shutterstock.com<br />

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