kj cloud.book Nr. 28 Ausgabe I/2017

Die Positionierungen der Katholischen Jugend Oberösterreich und wie du sie in der Jugendarbeit zum Thema machen kannst. Die Positionierungen der Katholischen Jugend Oberösterreich und wie du sie in der Jugendarbeit zum Thema machen kannst.

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11.10.2017 Aufrufe

Die kj oö setzt sich dafür ein, Priestern zu ermöglichen, sich frei für oder gegen den Zölibat entscheiden zu können. Wenn man mit Menschen über kirchliche Themen spricht, dann gibt es immer heftige Diskussionen über den Zölibat. Natürlich ist diese Diskussion ein „heißes Eisen“ und wird meist eher emotional und nicht sachlich geführt. Doch wie kann man sich dem Zölibat sachlich annähern? Geht das überhaupt? Welche Information brauche ich? Wie ist meine Meinung dazu? Ich versuche hier einen Zugang zum „Zölibat“ zu finden und auch einen Vorschlag zu geben, wie dieser auch in einer Gruppenstunde behandelt werden kann. 1. Teil: Eigene Erfahrung von einem Diakon Früher war für mich der Zölibat einfach nur ein altmodischer Zwang. Es betraf mich nicht. Später, bei der Diakonenausbildung, war das plötzlich ein Thema. In unserem Lehrgang waren Männer, die nicht verheiratet waren und folglich auch als Diakon zölibatär leben mussten. Das war schon interessant! Man kann als Diakon verheiratet sein, und die meisten sind es auch. Falls man bis zur Weihe nicht verheiratet ist, bleibt man ehelos. Bei mir, als geweihter verheirateter Diakon, bemerkte ich plötzlich, dass dieser Spagat zwischen Seelsorge und eigener Familie nicht so leicht ist. In unserer Ausbildung wurde uns immer wieder gesagt, dass an erster Stelle die Familie steht, erst dann kommt alles andere. Ich durfte viele Priester kennenlernen, die verschiedene Zugänge zum Zölibat haben. Für manche war diese Lebensform ideal, da sie keine Verpflichtungen bezüglich Familie haben. Andere wiederum litten darunter, sehnten sich nach einer Beziehung. Das relativierte bei mir dann schon die vorgefertigte Meinung über den Zölibat. Ich stellte fest, dass es viele verschiedene Lebensformen gibt und geben muss! Ehelos oder verheiratet zu sein bedeutet, dies zu tun, mit allen Vor- und Nachteilen. Dazu gehört eine gewisse Reife. Es ist komisch, aber es gibt auch bei mir in der Familie Situationen, in denen ich Geistliche beneide. Du kommst als Priester nach Hause und hast deine heilige Ruhe. Du kommst als Familienvater nach Hause und dann geht der Stress erst richtig los … Dann bin ich plötzlich derjenige, der eine Lebenssituation idealisiert, die mir vermutlich nach einiger Zeit ohnehin auf den Geist ginge. Wir wünschen uns oft das, was wir nicht haben, ohne das zu sehen, was wir haben. Jeder sollte selbst entscheiden können, wie er leben möchte. Krampfhaft gelebtes Zölibat wird genauso scheitern, wie eine auf Biegen und Brechen gelebte Beziehung. Auch Ehen scheitern oft. Wie schwierig ist es für manche, dem Partner/der Partnerin treu und ihr/ihm gegenüber ehrlich zu sein. Wie komme ich zu dieser Reife? Diese bekomme ich durch einen gelebten Glauben. Lebenskri- Grafik: © Christian Bachinger

Es gibt junge, kreative und engagierte Menschen, die von Gott sowohl zu Priestern als auch zur Ehe berufen und dafür geeignet sind. Wir fordern daher, dass Verheiratete die Priesterweihe empfangen dürfen und Priestern der Zugang zum Sakrament der Ehe ermöglicht wird. sen gehören auch dazu. So kann ich daraus lernen und meine Wirklichkeit sehen. So kann ich meine Lebenssituation auch gesund leben. Mir hat der diakonale Dienst auch die Augen geöffnet. Nach der ersten Euphorie musste ich meine Grenzen erkennen und akzeptieren. Ich denke, dass es sehr wohl verheiratete Menschen gibt, die gute Seelsorger sein können, ebenso wie es auch zölibatär möglich sein kann. 2. Teil: Geschichtliches • Erklärung Zölibat (Lateinisch): caelebs, „allein lebend, caelibatus „Ehelosigkeit“ • Biblisches zur Ehe und auch zum ehelosen Leben (siehe Mt. 19,10- 12; Lk. 18,28; 1. Kor 7,7; 1 Kor 7,28- 38, 1 Tim 3,12 und Tit 1,6) • Erste Stellungnahmen zum Zölibat um 300 n. Chr. • Konkrete Formulierungen am Konzil von Nicea 423 n. Chr. • Zölibatsbeschluss beim II. Late- ran Konzil 1139 • Keine Zölibatsverpflichtung in der orthodoxen und evangelischen Kirche • Kein Zölibat im Judentum • Verschiedene Zölibatsformen auch außerhalb christlicher Kirchen (Hinduismus, Buddhismus) Anregungen für eine Gruppenstunde Material: Plakat oder Flipchart, Stifte, Sesselkreis 1. Das Thema wird von der/vom GruppenleiterIn (GL) kurz vorgestellt. 2. JedeR äußert ihre/seine Meinung, die/der GL schreibt die einzelnen Stichwörter auf. (Brainstorming) 3. Dann wird der Zugang von Christian Bachinger (1. Teil) in der Gruppe vorgelesen. (Eine längere Version der persönlichen Erfahrungen gibt es im kj Praxisweb.) 4. Das Geschichtliche zum Zölibat (Entstehung, warum, wie …) dargelegt und die Bibelstellen werden gesucht und vorgelesen. (Siehe 2. Teil.) 5. Abschließend wird zur offenen Diskussion eingeladen: • Hat sich bei der eigenen Meinung etwas geändert? Wurden neue Erkenntnisse gewonnen? • Wo ist mein Zugang? • Wie unterscheide ich zwischen Zölibat und Ehe/Beziehung? • Wie weit betrifft das mein eigenes Leben? • Was heißt „Treue“ und „Verpflichtung“? Christian Bachinger seit 2013 ständiger Diakon in der Pfarre Marchtrenk verheiratet, 4 Kinder Foto: © Mayella Gabmann, Katholische Jungschar Linz 1

Es gibt junge, kreative und engagierte Menschen, die von Gott sowohl zu<br />

Priestern als auch zur Ehe berufen und dafür geeignet sind.<br />

Wir fordern daher, dass Verheiratete die Priesterweihe empfangen dürfen<br />

und Priestern der Zugang zum Sakrament der Ehe ermöglicht wird.<br />

sen gehören auch dazu. So kann ich<br />

daraus lernen und meine Wirklichkeit<br />

sehen. So kann ich meine Lebenssituation<br />

auch gesund leben.<br />

Mir hat der diakonale Dienst auch die<br />

Augen geöffnet. Nach der ersten Euphorie<br />

musste ich meine Grenzen erkennen<br />

und akzeptieren. Ich denke,<br />

dass es sehr wohl verheiratete Menschen<br />

gibt, die gute Seelsorger sein<br />

können, ebenso wie es auch zölibatär<br />

möglich sein kann.<br />

2. Teil: Geschichtliches<br />

• Erklärung Zölibat (Lateinisch): caelebs,<br />

„allein lebend, caelibatus „Ehelosigkeit“<br />

• Biblisches zur Ehe und auch zum<br />

ehelosen Leben (siehe Mt. 19,10-<br />

12; Lk. 18,<strong>28</strong>; 1. Kor 7,7; 1 Kor 7,<strong>28</strong>-<br />

38, 1 Tim 3,12 und Tit 1,6)<br />

• Erste Stellungnahmen zum Zölibat<br />

um 300 n. Chr.<br />

• Konkrete Formulierungen am Konzil<br />

von Nicea 423 n. Chr.<br />

• Zölibatsbeschluss beim II. Late-<br />

ran Konzil 1139<br />

• Keine Zölibatsverpflichtung in der<br />

orthodoxen und evangelischen Kirche<br />

• Kein Zölibat im Judentum<br />

• Verschiedene Zölibatsformen auch<br />

außerhalb christlicher Kirchen (Hinduismus,<br />

Buddhismus)<br />

Anregungen für eine<br />

Gruppenstunde<br />

Material: Plakat oder Flipchart, Stifte,<br />

Sesselkreis<br />

1. Das Thema wird von der/vom<br />

GruppenleiterIn (GL) kurz vorgestellt.<br />

2. JedeR äußert ihre/seine Meinung,<br />

die/der GL schreibt die einzelnen<br />

Stichwörter auf. (Brainstorming)<br />

3. Dann wird der Zugang von Christian<br />

Bachinger (1. Teil) in der<br />

Gruppe vorgelesen. (Eine längere<br />

Version der persönlichen Erfahrungen<br />

gibt es im <strong>kj</strong> Praxisweb.)<br />

4. Das Geschichtliche zum Zölibat<br />

(Entstehung, warum, wie …)<br />

dargelegt und die Bibelstellen<br />

werden gesucht und vorgelesen.<br />

(Siehe 2. Teil.)<br />

5. Abschließend wird zur offenen<br />

Diskussion eingeladen:<br />

• Hat sich bei der eigenen Meinung<br />

etwas geändert? Wurden neue<br />

Erkenntnisse gewonnen?<br />

• Wo ist mein Zugang?<br />

• Wie unterscheide ich zwischen<br />

Zölibat und Ehe/Beziehung?<br />

• Wie weit betrifft das mein eigenes<br />

Leben?<br />

• Was heißt „Treue“ und „Verpflichtung“?<br />

Christian Bachinger<br />

seit 2013 ständiger Diakon<br />

in der Pfarre Marchtrenk<br />

verheiratet, 4 Kinder<br />

Foto: © Mayella Gabmann, Katholische Jungschar Linz<br />

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