COOK2.0 die Pfanne mit den Wildschweinfilets gebeugt, „ist, dass ja auch das jahreszeitliche Nahrungsspektrum der Tiere Einfluss auf das Aroma des Fleisches hat.“ Ein im Frühjahr geschossener Maibock schmeckt fein-würzig, weil er frische Kräuter und Triebe vertilgt. Im Herbst, wenn das Tier sich vorwiegend von Beeren, Bucheckern, Eicheln & Co. ernährt, schmeckt Rehfleisch dafür leicht nussig. Gilt übrigens auch für das Aroma der Innereien. Rehleber oder Rehherz verdienen ihren Platz auf jeder ehrgeizigen Speisekarte, so wie auf der von Andreas Döllerer etwa, der Rehherz in Portweinsauce mit Preiselbeeren und Apfel-Balsamessig kombiniert. Oder auf der des Wiener „Steirerecks“, wo Heinz Reitbauer das Herz mit Stockschwamm, Grünspargel & Schrot serviert. Hausschweins, und im Vergleich zu Reh und Hirsch besitzt es deutlich mehr Fettzellen, was es besonders saftig macht. „Wildschwein ist extrem vielseitig in der Küche einsetzbar“, sagt Leo Aichinger. „Sülze, Paté, Braten oder einfach mal Wildschweinburger machen … Fast alles ist möglich.“ Aichinger richtet trotzdem erst einmal die Rehschulter an und schiebt den Teller mit einem erwartungsvollen Blick über den Pass im Cook-Studio in Seiersberg. Butterzart und extem aromatisch ist sie. Ein Teller pures Glück. An dieser Stelle tut sich die Frage auf: Woher stammt das Tier denn eigentlich, das hier gerade so formvollendet seiner Bestimmung zugeführt wurde? „Vom Gerald Huber“, sagt Leo Aichinger. „So wie auch alles andere, was wir im Cook2.0-Frischwildsortiment führen.“ Der Wildverarbeitungsbetrieb der Hubers in Wels bezieht Reh, Gams & Co. ausschließlich aus österreichischen Jagdrevieren, schnelle und saubere Verarbeitung und eine konstante Kühlkette sind oberste Gebote des Familienbetriebs. Ehemals gerne verzehrte Wald- und Wiesenexoten wie Nebelkrähe, Murmeltier, Biber oder Kormoran haben die Hubers allerdings noch nicht im Sortiment. „Wäre aber sicher spannend“, sagt Leo Aichinger. Ganz sicher sogar. ALLESKÖNNER WILDSAU Die Wildschweinfilets haben ihre kurze Zeit in der Pfanne hinter sich, auch sie dürfen in den Ofen. Frisches Wildschweinfleisch ist in Österreich mittlerweile ganzjährig erhältlich, die Schwarzkittel sind in heimischen Wäldern zahlreicher anzutreffen, als so manchem Landund Forstwirt oder dem einen oder anderen Gartenbesitzer im Wienerwald lieb ist. Das Fleisch der wilden Schweine ist von fester Struktur und schmackhafter als das des gemeinen <strong>03</strong> ROSA GEBRATENES FILET VOM WILD- SCHWEIN MIT FENCHEL, ANIS & KAPERN TRINKWERK-WEINTIPP HINDLER MERLOT RESERVE, 2015 ART.-NR. 1830280 2.0 4 PERSONEN | 90 MINUTEN | LEICHT ZUTATEN 2 WILDSCHWEINFILETS | 3 FENCHELKNOLLEN 2 GROSSE PARADEISER | 1 GLAS SALZKAPERN I&A | 80 G BUTTER 100 ML OBERS | JE 1 TL FENCHELSAMEN UND ANIS, FRISCH ZERSTOSSEN 40 ML PERNOD | 150 ML NATUR-JUS | URSALZ, PFEFFER AUS DER MÜHLE ZUBEREITUNG Die Wildschweinfilets zuputzen, mit Salz und Pfeffer würzen, in einer Pfanne scharf an allen Seiten anbraten und im Rohr bei 120 °C langsam rosa garen. Die Fenchelknollen „entblättern“ und in Löffel-Form tournieren, die Abschnitte in ganz feines Brunoise schneiden. Das Grün vom Fenchel zur Seite legen. Die Fenchel-Löffel in Salzwasser blanchieren, das Brunoise in einer Sauteuse in Butter mit den zerstoßenen Fenchelsamen und Anis anschwitzen. Anschließend mit Pernod ablöschen und mit etwas Obers einkochen lassen. Wenn die Masse trocken ist, mit Salz und Pfeffer abschmecken, fein gehacktes Fenchelgrün zugeben und in die Löffel geben. Mit entkernten, enthäuteten und geviertelten Tomaten abdecken, in eine Pfanne mit Butter und Fond geben, Salzkapern zugeben und ständig auf kleiner Flamme übergießen. Die Filets und den Fenchel anrichten und in der Pfanne von den Wildschweinfilets mit dem Natur-Jus eine Sauce ziehen. Foto Claudio Martinuzzi 34
SO KANN MAN IN DER KÜCHE AUCH MAL DIE SAU RAUS LASSEN. DIE WILDE NÄMLICH, MIT WÜRZIGEN KAPERN UND EINEM HAUCH VON ANIS KOMBINIERT. QUINTESSENZ NO. <strong>03</strong>/17 35