heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV
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viele, teilweise überraschende Zeugnisse gefunden. Die zahlreichen<br />
Keramikscheiben sind drei Arten zuzurechnen. Ein<br />
»gewöhnliches« Küchengeschirr, das vielleicht ganz in der<br />
Nähe hergestellt wurde, eine bessere Keramik, die ganz auf<br />
der Töpferscheibe gedreht ist und wenige Stücke eines feineren<br />
»Tafelgeschirres«. Im übrigen bestätigt die vorkommende<br />
Keramik die bisher bekannte Daten der Burg von der<br />
Mitte des 11. bis ins 12. Jahrhundert.<br />
Einen Einblick in den Speisezettel der Burgbewohner geben<br />
die gefundenen Tierknochen. Wer glaubt, die Herren Grafen<br />
hätten sich vorwiegend von Jagdbeute ernährt, irrt gewaltig.<br />
Weit an der Spitze liegen die Knochen vom Schwein, mit<br />
Abstand gefolgt von Schaf, Ziege und Rind. Nur ganz<br />
spärlich vertreten sind Rothirsch, Hase und Gemse.<br />
Die ritterliche Beschäftigung der Burgherren zeigt sich in den<br />
Fundstücken von Pferdegeschirr und Reitzubehör, darunter<br />
ein besonders schönes Beschlagstück. Erwähnenswert ist<br />
auch ein sehr schönes Messer mit verziertem Griff aus<br />
Rothirschgeweih. Andere Reste des Hauswesens sind Schlüssel,<br />
Schloßteile, Beschlagteile usw. Als Beweis für handwerkliche<br />
Tätigkeit fand sich ein Teil eines Spiralbohrers.<br />
Was bisher von den Funden der Burg Baldenstein bekannt<br />
war, sind vor allem die Schachfiguren und die Spielsteine. Da<br />
die Schachfiguren eine rein arabische Form zeigen, hat man<br />
bisher annehmen können, daß sie wohl auch aus dem Süden,<br />
vielleicht aus Spanien, stammen könnten. Dem ist aber nicht<br />
so, denn die Materialuntersuchung ergab, daß die Schachfiguren<br />
aus Rentiergeweih angefertigt sind. Dies lenkt den<br />
Blick nun nach Norden, Dr. Barbara Scholkmann glaubt, daß<br />
die Wikinger, die bis in den Orient vorgestoßen sind, die<br />
Vermittler gewesen sein könnten. Die größere Zahl der<br />
Schachfiguren ist zwar in der Form diesem Spiel angepaßt,<br />
jedoch aus Rothirschgeweih geschnitzt. Wahrscheinlich wurden<br />
sie auf der Burg selbst angefertigt.<br />
Noch wertvoller als die Schachfiguren sind die auf Burg<br />
Baldenstein gefundenen Spielsteine. Es sind drei verschiedene<br />
Sätze. Auch hier wieder primitiv angefertigte Ersatzstücke<br />
HANS SPEIDEL<br />
Die Hohenzollerische Heimatbücherei<br />
Die Hohenzollerische Heimatbücherei nahm ihren Ausgang<br />
vom Hechinger Gymnasium. Bei der Entlassungsfeier der<br />
Abiturienten im Jahre 1928 regte der damalige Studienrat<br />
Faßbender in einem Vortrag über »Heimatkunde und Heimatschutz«<br />
die Schaffung einer Hohenzollerischen Heimatbücherei<br />
an und zeigte die ersten Wege zu ihrer Verwirklichung.<br />
In einem von dem damaligen Direktor und dem<br />
Lehrerkollegium herausgegebenen Flugblatt, das Schüler und<br />
Heimatfreunde in Stadt und Land verteilten, wurden die<br />
Eltern der Schüler und alle Gönner der Anstalt gebeten,<br />
Bücher und Druckschriften über Hohenzollern und seine<br />
Nachbargebiete der Schule zur Verfügung zu stellen. Auch<br />
Bilder, alte Stiche und Karten aus dem zollerischen Raum<br />
seien willkommen. Das Gesammelte werde - so das Flugblatt<br />
- in einer Heimatbücherei zusammengestellt, die in erster<br />
Linie Lehrern und Schülern als Grundlage für den Heimatkunde-Unterricht<br />
dienen solle. Darüber hinaus werde sie<br />
aber auch Heimatfreunden durch Vermittlung des Lehrkörpers<br />
zugänglich sein. Die sachgemäße Aufbewahrung und<br />
Verwaltung übernahm die Schule. Dem Aufruf des Gymnasiums<br />
war ein großer Erfolg beschieden. Durch Geschenksendungen<br />
von vielen Seiten kamen binnen Jahresfrist über<br />
und Stücke von hervorragender Qualität. In einem Spielsatz<br />
standen Vögel vierbeinigen Tieren gegenüber. Die Steine sind<br />
auf eine Geweihscheibe geschnitzt. Die größte Kostbarkeit<br />
ist ein Spielstein, der größer als die übrigen, zweiseitig<br />
geschnitzt wurde. Eine Seite zeigt einen Löwen, die andere<br />
zwei geflügelte Drachen, die sich in den Schwanz beißen. Die<br />
Spielsteine von Baldenstein sind das Beste und Schönste, was<br />
im süddeutschen Raum an verzierten Spielsteinen gefunden<br />
wurde.<br />
Den soeben gebrauchten Superlativ hätte man besser für die<br />
nun folgende Gruppe von Funden aufbewahrt, nämlich die<br />
Gläser. Bei den Ausgrabungen auf Burg Baldenstein wurde<br />
auch eine Anzahl kleiner Glasscherben gefunden. Schon das<br />
Vorkommen von Glasscherben in einer Burg aus dem 11. /12.<br />
Jahrhundert ist eine absolute Rarität. Dr. Barbara Scholkmann<br />
konnte zwei verschiedene Arten feststellen, eine dickwandige,<br />
hellgrüne und in der Glasmasse ziemlich verunreinigte<br />
Sorte. Diese entspricht wohl der in Europa damals noch<br />
recht einfachen Herstellungsweise von Glaswaren. Etwas<br />
ganz Besonderes sind jedoch Scherben von einem leuchtend<br />
blauen, ganz reinen Glas. Aus den Scherben lassen sich drei<br />
Gefäße rekonstruieren: Eine Flasche und drei Trinkgefäße.<br />
Europäische Glasgefäße, die lange Zeit im Boden lagen, sind<br />
oft angegriffen, weil sie mit Pottasche (Kalium) hergestellt<br />
wurden. Ganz anders orientalische Gläser, die mit Soda<br />
(Natrium) hergestellt sind. Sie kommen völlig unbeschädigt<br />
aus dem Boden. Teilweise sind sie kaum einen Millimeter<br />
dick. Alle Gefäße sind mit einem aufgeschmolzenen weißen<br />
Glasfaden verziert. Gläser von solcher Qualität wurden<br />
bisher aus dieser Zeit noch nicht gefunden.<br />
So stellt sich natürlich die Frage nach der Herkunft. In Frage<br />
kommen der arabische Raum und Byzanz, wobei es aber an<br />
Vergleichsmaterial fehlt. Man muß sich nur die ungeheuren<br />
Entfernungen vorstellen, über die diese zerbrechlichen Kostbarkeiten<br />
transportiert werden mußten, um abschätzen zu<br />
können, wie wertvoll diese Gegenstände für ihre Besitzer<br />
waren. So läßt sich an relativ wenigen Fundstücken der hohe<br />
soziale Rang und der Reichtum der ehemaligen Bewohner<br />
von Burg Baldenstein zeigen. B.<br />
in Hechingen<br />
tausend Bücher und Broschüren zusammen. Weitere<br />
Anschaffungen konnten durch Geldspenden getätigt werden.<br />
Eine wesentliche Bereicherung erhielt die Bücherei im Jahre<br />
1930 durch die »Senn'sche Stiftung«. Die aus Hechingen<br />
gebürtigen Geschwister Dr. med. Ernst Senn aus Konstanz<br />
und Frau Irene Wiedel-Senn, damals in Berlin wohnhaft, die<br />
beide seit Jahren alles ihnen Erreichbare, was irgendwie<br />
zollerisch war, zusammengetragen hatten, stellten ihr gesamtes<br />
gesammeltes Material der Bücherei zur Verfügung. Sie<br />
gaben auch wertvolle Hinweise auf die weitere Ausgestaltung<br />
der Bücherei. So wurden auf ihre Anregung auch Arbeiten<br />
hohenzollerischer Autoren, Dissertationen und Berichte von<br />
Behörden und Vereine darin aufgenommen. Als besonders<br />
wertvoll erwies sich die Sammlung von Zeitungsausschnitten<br />
über wichtige Ereignisse im Land und in den Gemeinden<br />
sowie über hohenzollerische Persönlichkeiten. Die damals<br />
begonnene Anlegung von Mappen über solche Einzelthemen,<br />
die laufend ergänzt wurden, sind heute eine wichtige<br />
Hilfe für die Heimatforschung.<br />
Einen neuen sehr wertvollen Zuwachs brachte der im Aufbau<br />
befindlichen Heimatbücherei der Beschluß der Generalver-<br />
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