13.12.2012 Aufrufe

heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

heimat w 3828 fx - Hohenzollerischer Geschichtsverein eV

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

viele, teilweise überraschende Zeugnisse gefunden. Die zahlreichen<br />

Keramikscheiben sind drei Arten zuzurechnen. Ein<br />

»gewöhnliches« Küchengeschirr, das vielleicht ganz in der<br />

Nähe hergestellt wurde, eine bessere Keramik, die ganz auf<br />

der Töpferscheibe gedreht ist und wenige Stücke eines feineren<br />

»Tafelgeschirres«. Im übrigen bestätigt die vorkommende<br />

Keramik die bisher bekannte Daten der Burg von der<br />

Mitte des 11. bis ins 12. Jahrhundert.<br />

Einen Einblick in den Speisezettel der Burgbewohner geben<br />

die gefundenen Tierknochen. Wer glaubt, die Herren Grafen<br />

hätten sich vorwiegend von Jagdbeute ernährt, irrt gewaltig.<br />

Weit an der Spitze liegen die Knochen vom Schwein, mit<br />

Abstand gefolgt von Schaf, Ziege und Rind. Nur ganz<br />

spärlich vertreten sind Rothirsch, Hase und Gemse.<br />

Die ritterliche Beschäftigung der Burgherren zeigt sich in den<br />

Fundstücken von Pferdegeschirr und Reitzubehör, darunter<br />

ein besonders schönes Beschlagstück. Erwähnenswert ist<br />

auch ein sehr schönes Messer mit verziertem Griff aus<br />

Rothirschgeweih. Andere Reste des Hauswesens sind Schlüssel,<br />

Schloßteile, Beschlagteile usw. Als Beweis für handwerkliche<br />

Tätigkeit fand sich ein Teil eines Spiralbohrers.<br />

Was bisher von den Funden der Burg Baldenstein bekannt<br />

war, sind vor allem die Schachfiguren und die Spielsteine. Da<br />

die Schachfiguren eine rein arabische Form zeigen, hat man<br />

bisher annehmen können, daß sie wohl auch aus dem Süden,<br />

vielleicht aus Spanien, stammen könnten. Dem ist aber nicht<br />

so, denn die Materialuntersuchung ergab, daß die Schachfiguren<br />

aus Rentiergeweih angefertigt sind. Dies lenkt den<br />

Blick nun nach Norden, Dr. Barbara Scholkmann glaubt, daß<br />

die Wikinger, die bis in den Orient vorgestoßen sind, die<br />

Vermittler gewesen sein könnten. Die größere Zahl der<br />

Schachfiguren ist zwar in der Form diesem Spiel angepaßt,<br />

jedoch aus Rothirschgeweih geschnitzt. Wahrscheinlich wurden<br />

sie auf der Burg selbst angefertigt.<br />

Noch wertvoller als die Schachfiguren sind die auf Burg<br />

Baldenstein gefundenen Spielsteine. Es sind drei verschiedene<br />

Sätze. Auch hier wieder primitiv angefertigte Ersatzstücke<br />

HANS SPEIDEL<br />

Die Hohenzollerische Heimatbücherei<br />

Die Hohenzollerische Heimatbücherei nahm ihren Ausgang<br />

vom Hechinger Gymnasium. Bei der Entlassungsfeier der<br />

Abiturienten im Jahre 1928 regte der damalige Studienrat<br />

Faßbender in einem Vortrag über »Heimatkunde und Heimatschutz«<br />

die Schaffung einer Hohenzollerischen Heimatbücherei<br />

an und zeigte die ersten Wege zu ihrer Verwirklichung.<br />

In einem von dem damaligen Direktor und dem<br />

Lehrerkollegium herausgegebenen Flugblatt, das Schüler und<br />

Heimatfreunde in Stadt und Land verteilten, wurden die<br />

Eltern der Schüler und alle Gönner der Anstalt gebeten,<br />

Bücher und Druckschriften über Hohenzollern und seine<br />

Nachbargebiete der Schule zur Verfügung zu stellen. Auch<br />

Bilder, alte Stiche und Karten aus dem zollerischen Raum<br />

seien willkommen. Das Gesammelte werde - so das Flugblatt<br />

- in einer Heimatbücherei zusammengestellt, die in erster<br />

Linie Lehrern und Schülern als Grundlage für den Heimatkunde-Unterricht<br />

dienen solle. Darüber hinaus werde sie<br />

aber auch Heimatfreunden durch Vermittlung des Lehrkörpers<br />

zugänglich sein. Die sachgemäße Aufbewahrung und<br />

Verwaltung übernahm die Schule. Dem Aufruf des Gymnasiums<br />

war ein großer Erfolg beschieden. Durch Geschenksendungen<br />

von vielen Seiten kamen binnen Jahresfrist über<br />

und Stücke von hervorragender Qualität. In einem Spielsatz<br />

standen Vögel vierbeinigen Tieren gegenüber. Die Steine sind<br />

auf eine Geweihscheibe geschnitzt. Die größte Kostbarkeit<br />

ist ein Spielstein, der größer als die übrigen, zweiseitig<br />

geschnitzt wurde. Eine Seite zeigt einen Löwen, die andere<br />

zwei geflügelte Drachen, die sich in den Schwanz beißen. Die<br />

Spielsteine von Baldenstein sind das Beste und Schönste, was<br />

im süddeutschen Raum an verzierten Spielsteinen gefunden<br />

wurde.<br />

Den soeben gebrauchten Superlativ hätte man besser für die<br />

nun folgende Gruppe von Funden aufbewahrt, nämlich die<br />

Gläser. Bei den Ausgrabungen auf Burg Baldenstein wurde<br />

auch eine Anzahl kleiner Glasscherben gefunden. Schon das<br />

Vorkommen von Glasscherben in einer Burg aus dem 11. /12.<br />

Jahrhundert ist eine absolute Rarität. Dr. Barbara Scholkmann<br />

konnte zwei verschiedene Arten feststellen, eine dickwandige,<br />

hellgrüne und in der Glasmasse ziemlich verunreinigte<br />

Sorte. Diese entspricht wohl der in Europa damals noch<br />

recht einfachen Herstellungsweise von Glaswaren. Etwas<br />

ganz Besonderes sind jedoch Scherben von einem leuchtend<br />

blauen, ganz reinen Glas. Aus den Scherben lassen sich drei<br />

Gefäße rekonstruieren: Eine Flasche und drei Trinkgefäße.<br />

Europäische Glasgefäße, die lange Zeit im Boden lagen, sind<br />

oft angegriffen, weil sie mit Pottasche (Kalium) hergestellt<br />

wurden. Ganz anders orientalische Gläser, die mit Soda<br />

(Natrium) hergestellt sind. Sie kommen völlig unbeschädigt<br />

aus dem Boden. Teilweise sind sie kaum einen Millimeter<br />

dick. Alle Gefäße sind mit einem aufgeschmolzenen weißen<br />

Glasfaden verziert. Gläser von solcher Qualität wurden<br />

bisher aus dieser Zeit noch nicht gefunden.<br />

So stellt sich natürlich die Frage nach der Herkunft. In Frage<br />

kommen der arabische Raum und Byzanz, wobei es aber an<br />

Vergleichsmaterial fehlt. Man muß sich nur die ungeheuren<br />

Entfernungen vorstellen, über die diese zerbrechlichen Kostbarkeiten<br />

transportiert werden mußten, um abschätzen zu<br />

können, wie wertvoll diese Gegenstände für ihre Besitzer<br />

waren. So läßt sich an relativ wenigen Fundstücken der hohe<br />

soziale Rang und der Reichtum der ehemaligen Bewohner<br />

von Burg Baldenstein zeigen. B.<br />

in Hechingen<br />

tausend Bücher und Broschüren zusammen. Weitere<br />

Anschaffungen konnten durch Geldspenden getätigt werden.<br />

Eine wesentliche Bereicherung erhielt die Bücherei im Jahre<br />

1930 durch die »Senn'sche Stiftung«. Die aus Hechingen<br />

gebürtigen Geschwister Dr. med. Ernst Senn aus Konstanz<br />

und Frau Irene Wiedel-Senn, damals in Berlin wohnhaft, die<br />

beide seit Jahren alles ihnen Erreichbare, was irgendwie<br />

zollerisch war, zusammengetragen hatten, stellten ihr gesamtes<br />

gesammeltes Material der Bücherei zur Verfügung. Sie<br />

gaben auch wertvolle Hinweise auf die weitere Ausgestaltung<br />

der Bücherei. So wurden auf ihre Anregung auch Arbeiten<br />

hohenzollerischer Autoren, Dissertationen und Berichte von<br />

Behörden und Vereine darin aufgenommen. Als besonders<br />

wertvoll erwies sich die Sammlung von Zeitungsausschnitten<br />

über wichtige Ereignisse im Land und in den Gemeinden<br />

sowie über hohenzollerische Persönlichkeiten. Die damals<br />

begonnene Anlegung von Mappen über solche Einzelthemen,<br />

die laufend ergänzt wurden, sind heute eine wichtige<br />

Hilfe für die Heimatforschung.<br />

Einen neuen sehr wertvollen Zuwachs brachte der im Aufbau<br />

befindlichen Heimatbücherei der Beschluß der Generalver-<br />

3

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!