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09/2017

Fritz + Fränzi

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Erziehung & Schule<br />

Üben, wie man<br />

Frust erträgt<br />

Viele Kinder reagieren auf Enttäuschungen und Niederlagen mit Wut<br />

und Aggression. Wie Eltern und Lehrpersonen einem Kind helfen<br />

können, seine Frustrationstolerenz zu verbessern und Bedürfnisse<br />

und Wünsche besser zu kontrollieren. Text: Ruth Fritschi<br />

«Kinder beim emotionalen<br />

Lernen zu begleiten, ist<br />

eine Herausforderung.»<br />

Ruth Fritschi ist Mitglied der<br />

Geschäftsleitung des Dachverbandes<br />

Lehrerinnen und Lehrer Schweiz (LCH),<br />

schulische Heilpädagogin und Lehrperson<br />

Kindergarten.<br />

Unser Erstklässler hat immer wieder Wutanfälle,<br />

zu Hause und manchmal auch in<br />

der Schule. Er ist viel aggressiver als sein<br />

älterer Bruder. Wie können wir das in<br />

den Griff bekommen?» Für viele Eltern<br />

und Lehrpersonen eine bekannte Situation. Und eine<br />

grosse Herausforderung.<br />

Klar ist, dass nicht Sie als Eltern das in den Griff<br />

bekommen sollen, sondern Ihr Sohn oder Ihre Tochter<br />

selber. Aber natürlich müssen Sie, liebe Eltern, und wir<br />

Lehrpersonen dem Kind dabei helfen. Dazu braucht es<br />

erstens eine Grundhaltung, dass Konflikte gewaltfrei zu<br />

lösen sind, und zweitens ein nicht wertendes Verständnis<br />

dafür, wie die Wut zustande kommt. Alle Gefühle,<br />

auch negative wie Ärger und Wut, sind berechtigt. Aber<br />

die Form, wie sie ausgedrückt werden, soll zivilisiert<br />

und fair sein. Das muss und kann man lernen.<br />

Viele Kinder kommen nur sehr schlecht mit Kritik<br />

und Misserfolgen zurecht. Sie reagieren mit Wut und<br />

Aggressionen, wenn ihre eigenen Bedürfnisse und Wünsche<br />

nicht null Komma plötzlich erfüllt werden. Mal<br />

abwarten zu müssen oder hin und wieder enttäuscht zu<br />

Alle Gefühle, auch negative wie<br />

Ärger und Wut, sind berechtigt.<br />

Aber die Form, wie sie ausgedrückt<br />

werden, soll fair sein.<br />

werden, weil das Gewünschte nicht zu bekommen ist,<br />

halten sie nicht aus. Dies gehört im Kleinkindalter zum<br />

normalen Entwicklungsprozess.<br />

Bis zum Eintritt in die Primarschule sollte jedoch<br />

jedes Kind eine gewisse Frustrationstoleranz aufgebaut<br />

haben. Bei manchen Kindern geschieht dies ganz von<br />

selbst, andere brauchen auf dem Weg zu einem «reiferen»<br />

Umgang mit Frustrationen mehr Unterstützung.<br />

Findet diese Entwicklung nicht statt, weil etwa Eltern<br />

aus falsch verstandener Sorge ihrem Kind keine Enttäuschungen<br />

zumuten wollen, wirkt sich das für das Kind<br />

verheerend aus.<br />

Was ist Frustrationstoleranz? Es ist die Fähigkeit, mit<br />

Enttäuschungen umzugehen. Sie gehört neben anderen<br />

Kompetenzen wie zum Beispiel Beziehungs- und Konfliktfähigkeit<br />

oder auch Einfühlungsvermögen zum<br />

Bereich der emotionalen Intelligenz. Emotionale Intelligenz<br />

bedeutet, dass man seine Gefühle wahrnehmen<br />

kann, ohne von ihnen überwältigt zu werden. Und dass<br />

man auch die Gefühle anderer erkennen und respektieren<br />

kann.<br />

Wie äussert sich geringe Frustrationstoleranz? Tisch<br />

abräumen, Zimmer aufräumen, Flöte üben? «Keine<br />

Lust.» Wenn Eltern solchem Verhalten der Harmonie<br />

wegen immer wieder nachgeben oder sich ständig in<br />

Endlosdiskussionen verstricken, kann das problematisch<br />

werden. Das Kind lernt so, dass es mit seiner bockigen<br />

Haltung Erfolg hat. Wie soll es wissen, dass ein<br />

ähnliches Verhalten später in der Schule weniger Erfolg<br />

verspricht und es bei den Mitschülerinnen und Mitschülern<br />

und bei den Lehrpersonen nicht mit derselben<br />

elterlichen Nachsicht rechnen darf? Mangelnde Frustrationstoleranz<br />

äussert sich häufig auch beim Kontakt<br />

46 September <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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