Psychologie & Gesellschaft Armes Einzelkind? Einzelkinder sind verwöhnt, haben Mühe, sich in einer Gruppe einzufügen, und können nicht teilen. Und das, weil sie dies nicht mithilfe von Geschwistern lernen konnten. Doch was ist wirklich dran an den Vorurteilen über Einzelkinder? Eine Spurensuche. Text: Susan Edthofer «Freunde bedeuten für Einzelkinder oft eine Art erweiterte Familie.» Mit dem Begriff Familie verbinden sich traditionelle Vorstellungen, die vielfach weit von der Realität entfernt sind. Hartnäckig hält sich das Idealbild eines Familiengefüges, das aus Mutter, Vater und zwei bis drei Kindern besteht. Warum ein Paar nur ein Kind hat, kann verschiedene Ursachen haben. Möglicherweise sind es biologische Gründe, vielleicht reichen die finanziellen Mittel nicht aus, um eine grössere Familie zu ernähren. Oder die berufliche Verwirklichung ist ebenso wichtig wie die Familie. Natürlich spielt auch die Tatsache mit, dass Ehen geschieden werden, bevor Geschwister zur Welt kommen. Einzelkinder und ihr Ruf Studien belegen, dass Einzelkinder nicht egoistischer sind als andere Kinder. Für die Charakterbildung entscheidender ist, welche Werte Eltern ihrem Kind vermitteln. Dass Einzelkinder oft mehr Aufmerksamkeit erhalten als Kinder mit Geschwistern, ist unbestritten. Schliesslich müssen sich Einkindeltern bei der Erziehungsaufgabe nur auf einen Sohn, eine Tochter fokussieren. Das heisst aber nicht, dass diese Kinder deswegen zu Egoisten werden. Nicht selten gewichten Einzelkinder Freundschaften höher als materiellen Besitz und haben keine Mühe, Dinge zu teilen. Wenn Eltern sich nicht einig sind, befinden sich Einzelkinder schnell in einem Loyalitätskonflikt. Fakt ist: Auch bei den Einzelkindern gibt es unterschiedliche Persönlichkeiten, und das typische Einzelkind existiert vor allem in unseren Vorstellungen. Glückliche oder unglückliche Kindheit Dass ein Kind inmitten von Geschwistern aufwächst, ist noch kein Garant für eine glückliche Kindheit. Es gibt Kinder, die gerne allein sind und das Fehlen eines Bruders, einer Schwester nicht vermissen. Andere wiederum wünschen sich nichts sehnlicher als ein Geschwister oder fühlen sich trotz Geschwistern innerhalb der Familie alleine. Freundinnen und Freunde bedeuten für Einzelkinder oft eine Art erweiterte Familie. Wichtig ist, Susan Edthofer ist Redaktorin im Bereich Kommunikation dass Eltern darin keine Bedrohung sehen von Pro Juventute. und nicht annehmen, dass dem Kind die eigene Familie nicht genügt. Strategien, welche Kinder selber entwickeln, helfen, die Kindheit zu einer Wunschkindheit werden zu lassen: Manchmal dienen Cousinen und Cousins als Geschwisterersatz. Gewisse Kinder erschaffen sich zudem ein imaginäres Zwillingsgeschwister, dem sie ihr Innerstes anvertrauen und mit dem sie gemeinsam spannende Abenteuer erleben. Was Eltern von Einzelkindern tun können – vier Tipps • Achten Sie darauf, dass Ihr Kind auch in der Freizeit oft mit anderen Kindern zusammen sein darf. Zeigen Sie Verständnis, wenn Ihr Kind zwischendurch auch gerne alleine sein möchte. • Nehmen Sie auf Ausflüge Freundinnen und Freunde Ihres Kindes mit. Lassen Sie Ihr Kind selber wählen, wen es mitnehmen möchte. Gewähren Sie Ihrem Kind genügend Freiraum, damit es auch Zeit in anderen Familien verbringen kann. • Passen Sie auf, dass Ihr Kind nicht in einen Loyalitätskonflikt gerät, wenn Sie sich als Eltern uneinig sind. Ihr Kind kann sich nicht mit seinen Geschwistern zusammentun und opponieren und ist deshalb noch stärker von Ihnen abhängig als Geschwisterkinder. • Oft betrachten Einzelkinder ihre Freundinnen und Freunde als erweiter te Familie. Freuen Sie sich, wenn Ihr Kind gut integriert ist, und denken Sie nicht, es fühle sich in seiner Familie zu wenig wohl. Pro Juventute Elternberatung Bei Pro Juventute Elternberatung können Eltern und Bezugspersonen von Kindern und Jugendlichen jederzeit telefonisch (058 261 61 61) oder online (www.projuventute-elternberatung.ch) Fragen zum Familienalltag, zu Erziehung und Schule stellen. Ausser den normalen Telefongebühren fallen keine Kosten an. In den Elternbriefen und Extrabriefen finden Eltern Informationen für den Erziehungsalltag. Mehr Infos: www.projuventute.ch 38 September <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi
Wir sind die Chefs – von morgen. Lernende bei Coop Für meine Lehre. Für meine Zukunft. Mit einer Ausbildung bei Coop machen wir uns stark für eine erfolgreiche Berufs laufbahn in einem spannenden Arbeitsumfeld. Entdecke auch du die grosse Vielfalt an Zukunftsperspektiven auf www.coop.ch/grundbildung