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09/2017

Fritz + Fränzi

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Psychologie & Gesellschaft<br />

Armes Einzelkind?<br />

Einzelkinder sind verwöhnt, haben Mühe, sich in einer Gruppe<br />

einzufügen, und können nicht teilen. Und das, weil sie dies nicht mithilfe<br />

von Geschwistern lernen konnten. Doch was ist wirklich dran an den<br />

Vorurteilen über Einzelkinder? Eine Spurensuche. Text: Susan Edthofer<br />

«Freunde bedeuten<br />

für Einzelkinder oft<br />

eine Art erweiterte<br />

Familie.»<br />

Mit dem Begriff Familie verbinden sich<br />

traditionelle Vorstellungen, die vielfach<br />

weit von der Realität entfernt<br />

sind. Hartnäckig hält sich das Idealbild<br />

eines Familiengefüges, das aus<br />

Mutter, Vater und zwei bis drei Kindern besteht. Warum<br />

ein Paar nur ein Kind hat, kann verschiedene Ursachen<br />

haben. Möglicherweise sind es biologische Gründe, vielleicht<br />

reichen die finanziellen Mittel nicht aus, um eine<br />

grössere Familie zu ernähren. Oder die berufliche Verwirklichung<br />

ist ebenso wichtig wie die Familie. Natürlich<br />

spielt auch die Tatsache mit, dass Ehen geschieden<br />

werden, bevor Geschwister zur Welt kommen.<br />

Einzelkinder und ihr Ruf<br />

Studien belegen, dass Einzelkinder nicht egoistischer<br />

sind als andere Kinder. Für die Charakterbildung entscheidender<br />

ist, welche Werte Eltern ihrem Kind vermitteln.<br />

Dass Einzelkinder oft mehr Aufmerksamkeit<br />

erhalten als Kinder mit Geschwistern, ist unbestritten.<br />

Schliesslich müssen sich Einkindeltern bei der Erziehungsaufgabe<br />

nur auf einen Sohn, eine Tochter fokussieren.<br />

Das heisst aber nicht, dass diese Kinder deswegen<br />

zu Egoisten werden. Nicht selten gewichten Einzelkinder<br />

Freundschaften höher als materiellen Besitz und haben<br />

keine Mühe, Dinge zu teilen. Wenn Eltern sich nicht<br />

einig sind, befinden sich Einzelkinder schnell in einem<br />

Loyalitätskonflikt. Fakt ist: Auch bei den Einzelkindern<br />

gibt es unterschiedliche Persönlichkeiten, und das typische<br />

Einzelkind existiert vor allem in unseren Vorstellungen.<br />

Glückliche oder unglückliche Kindheit<br />

Dass ein Kind inmitten von Geschwistern aufwächst, ist<br />

noch kein Garant für eine glückliche Kindheit. Es gibt<br />

Kinder, die gerne allein sind und das Fehlen eines Bruders,<br />

einer Schwester nicht vermissen. Andere wiederum<br />

wünschen sich nichts sehnlicher als ein Geschwister<br />

oder fühlen sich trotz Geschwistern innerhalb der Familie<br />

alleine. Freundinnen und Freunde bedeuten für Einzelkinder<br />

oft eine Art erweiterte Familie. Wichtig ist,<br />

Susan Edthofer ist Redaktorin<br />

im Bereich Kommunikation<br />

dass Eltern darin keine Bedrohung sehen<br />

von Pro Juventute.<br />

und nicht annehmen, dass dem Kind die<br />

eigene Familie nicht genügt. Strategien,<br />

welche Kinder selber entwickeln, helfen,<br />

die Kindheit zu einer Wunschkindheit werden zu lassen:<br />

Manchmal dienen Cousinen und Cousins als Geschwisterersatz.<br />

Gewisse Kinder erschaffen sich zudem ein<br />

imaginäres Zwillingsgeschwister, dem sie ihr Innerstes<br />

anvertrauen und mit dem sie gemeinsam spannende<br />

Abenteuer erleben.<br />

Was Eltern von Einzelkindern tun können – vier Tipps<br />

• Achten Sie darauf, dass Ihr Kind auch in der Freizeit oft mit anderen<br />

Kindern zusammen sein darf. Zeigen Sie Verständnis, wenn Ihr Kind<br />

zwischendurch auch gerne alleine sein möchte.<br />

• Nehmen Sie auf Ausflüge Freundinnen und Freunde Ihres Kindes<br />

mit. Lassen Sie Ihr Kind selber wählen, wen es mitnehmen möchte.<br />

Gewähren Sie Ihrem Kind genügend Freiraum, damit es auch Zeit in<br />

anderen Familien verbringen kann.<br />

• Passen Sie auf, dass Ihr Kind nicht in einen Loyalitätskonflikt gerät,<br />

wenn Sie sich als Eltern uneinig sind. Ihr Kind kann sich nicht mit<br />

seinen Geschwistern zusammentun und opponieren und ist deshalb<br />

noch stärker von Ihnen abhängig als Geschwisterkinder.<br />

• Oft betrachten Einzelkinder ihre Freundinnen und Freunde als<br />

erweiter te Familie. Freuen Sie sich, wenn Ihr Kind gut integriert ist,<br />

und denken Sie nicht, es fühle sich in seiner Familie zu wenig wohl.<br />

Pro Juventute Elternberatung<br />

Bei Pro Juventute Elternberatung können Eltern und Bezugspersonen von<br />

Kindern und Jugendlichen jederzeit telefonisch (058 261 61 61) oder online<br />

(www.projuventute-elternberatung.ch) Fragen zum Familienalltag, zu<br />

Erziehung und Schule stellen. Ausser den normalen Telefongebühren fallen<br />

keine Kosten an. In den Elternbriefen und Extrabriefen finden Eltern<br />

Informationen für den Erziehungsalltag. Mehr Infos: www.projuventute.ch<br />

38 September <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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