Dossier >>> eine bahnbrechende Untersuchung. Sie begleitete den gesamten Geburtsjahrgang 1955 der Insel Kauai, insgesamt 698 Kinder, über mehrere Jahrzehnte hinweg. Dabei stellte sie fest, dass sich rund ein Drittel der Kinder, die unter schwierigsten Bedingungen aufwachsen mussten, trotz aller Widrigkeiten positiv entwickelte. Kinder, die trotz grösster Armut, alkohol- oder drogensüchtiger Eltern oder zerrütteten Familienverhältnissen zu psychisch gesunden Erwachsenen heranwuchsen, bezeichnete sie als resilient. Weitere Forscher schlossen sich dieser Strömung an, führten eine Vielzahl an Studien durch und fanden mehrere Faktoren, die Kinder, Ju - gendliche, aber auch Erwachsene im Umgang mit Belastungen stärken. Während diese Forschungsbereiche der Frage nachgingen, wie wir mit Stress und Belastungen umgehen können, befassen sich die positive Psychologie und die Glücksforschung mit der Frage, wie wir ein gelingendes Leben führen und unser Wohlbefinden und unsere Gesundheit steigern können. Die Grundlage für ein zufriedenes Leben Aus dieser Forschungslandschaft möchten wir Ihnen einige Ergebnisse vorstellen, die es Ihnen erleichtern, Ihre Kinder auf das Leben vorzubereiten, ihre Widerstandskräfte zu stärken und die Grundlagen für ein zufriedenes Leben zu legen. Vorausschicken möchten wir einen zentralen Befund der Resilienzforschung: Fast jedes der resilienten Kinder hatte zumindest eine Ein resilientes Kind hat zumindest eine erwachsene Bezugsperson, die ihm Liebe und Geborgenheit vermittelt. Resilienz – die psychische Widerstandsfähigkeit Resilienz bezeichnete ursprünglich die Beschaffenheit von Baustoffen, die nach Krafteinwirkungen wieder in ihre Ursprungsform zurückkehren, etwa ein Schaumstoffball, den man zusammendrücken kann. In der Psychologie versteht man unter Resilienz die psychische Widerstandkraft. Resiliente Menschen besitzen die Fähigkeit, schwierige Lebensumstände, Krisen und Traumata zu verkraften und trotzdem psychisch gesund zu bleiben. Wie sich diese Fähigkeit entwickelt, steht seit mehreren Jahrzehnten im Zentrum der Resilienzforschung. Heute geht man davon aus, dass sich Resilienz in einer komplexen Wechselwirkung zwischen einem Kind, seinen engsten Bezugspersonen und Umwelteinflüssen entwickelt und sich im Laufe des Lebens auch verändern kann. erwachsene Bezugsperson, die ihm Liebe und Geborgenheit vermittelte. Häufig war dies ein Elternteil, oft aber auch nähere Verwandte oder eine Lehrperson. Die im Folgenden beschriebenen Eigenschaften setzen eine solche stabile Beziehung voraus und entwickeln sich im Austausch zwischen Kind, Bezugsperson und Umwelt. Selbstwahrnehmung und Selbststeuerung Bin ich mir meiner Gedanken und Gefühle bewusst? Kann ich diese ausdrücken und reflektieren? Resiliente Kinder und Jugendliche besitzen eine gut ausgeprägte Selbstwahrnehmung. Es geht ihnen nicht einfach schlecht: Sie wissen, ob sie traurig, wütend, enttäuscht oder nur mies gelaunt sind. Dadurch kennen sie nicht nur sich selbst besser, sondern können auch die Gefühle und Stimmungen anderer besser «lesen» und adäquat darauf reagieren. Gleichzeitig können sie ihre Gefühle regulieren. Dies bedeutet, dass sie ihren Emotionen >>> 16
Dossier Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi September <strong>2017</strong>17