Aus ‹Sunday Sketching› (Abrams Books / Knesebeck) von Christoph Niemann
Schwerpunkt UND WAS HAT DAS NOCH MIT KULTUR ZU TUN? Neue Impulse für die Kulturförderung der CMS NU Die Kulturförderung der Schweiz wurde in den letzten zwanzig Jahren ausgebaut, professionalisiert und strukturiert. Für jede Kultursparte, für jeden Lebensabschnitt der Kulturschaffenden und für jeden gesellschaftlichen Trend wurden und werden unterschiedliche Fördermöglichkeiten und Fördergefässe geschaffen. Bund, Kantone, Gemeinden, Pro Helvetia, private Stiftungen und Migros Kulturprozent ergänzen sich, sprechen sich ab und ermöglichen damit ein aufeinander abgestimmtes, föderalistisches Fördersystem. Auch die Förderpolitik der CMS bewegte sich in diesem Kontext. Die Stiftung vergab staatsähnlich unbefristete Betriebsbeiträge an Institutionen und unterstützte einzelne Gesuche nach traditionellen Sparten wie Literatur, Kunst, kulturelles Erbe. Die Frage, ob dies angesichts der sich stets wandelnden Gesellschaft noch richtig war, stellte sich immer dringender. Im Vergleich zum Kanton hat die CMS ein vergleichsweise kleines Kulturbudget. Der Kanton Basel-Stadt gibt jährlich ca. CHF 130 Mio. aus, die CMS ca. CHF 6 Mio. (inkl. operative Engagements). Die beschränkten Ressourcen der Stiftung erweisen sich als wertvolle Chance, da die CMS im Gegensatz zum Staat keine ‹Grundversorgung› sicherstellen muss, gezielt und mit grösstmöglicher Hebelwirkung in (befristete) Projekte investieren und damit Akzente setzen kann. Als unabhängige Stiftung kann sie ihre Kulturförderung ohne politischen Rechtfertigungsdruck ausüben. Darum ist es ihr auch möglich, Risiken einzugehen und auf innovative Projekte zu setzen, deren Ausgang ungewiss ist oder die noch nie erprobte Methoden verwenden. Mit ihren schlanken Entscheidungsstrukturen kann eine Stiftung wie die CMS zudem flexibler und schneller reagieren als staatliche Institutionen. Das neue Leitbild der CMS 2015 verpflichtet die Stiftung auch zu einer neuen Kultur-Förderstrategie, die einerseits ihren obengenannten Stärken und Eigenheiten und andererseits der Entwicklung des Kulturlebens und seinen Auswirkungen auf die Kulturproduktion Rechnung trägt. Denn auch die ‹Kultur› und das Kulturverständnis haben sich in den letzten Jahren verändert. Kulturelle Relevanz entsteht immer weniger in den klassischen Sparten, sondern in der interdisziplinären Verflechtung. Bildende Kunst trifft auf Theater, Kulturschaffende engagieren sich sozial, das Urban-Gardening- Projekt tut sich mit dem klassischen Orchester zusammen. Die Kulturschaffenden werden zu Allroundern; es entstehen spartenübergreifende Projekte, bei denen alle alles machen: die Produktion, die Werbung und das darüber Schreiben. Auch auf der Publikumsseite gibt es kein eindimensionales Zielpublikum mehr. Alle interessieren sich für alles. Am Dienstag ist Klassik angesagt, am Donnerstag Heavy Metal, und am Samstag wird eine Ausstellung besucht. Zudem wird das Publikum zu ‹Experten des Alltags› und ist mit seinem Wissen Teil der Kulturproduktion. Der schnelle Wandel von Ideen und Strukturen verlangt nach Projekten und nicht nach Institutionen – in der Folge auch ein Umdenken auf Förderseite: etwa die Bereitschaft, Fördergelder in ein Vorhaben zu investieren, das vielleicht nur fünf Jahre lang Bestand hat. Schliesslich werden Kulturschaffende zunehmend zu Unternehmern; die Grenzen zwischen reinen Kulturprojekten und Kreativwirtschafts projekten verschwimmen. Die Kunstschaffenden bewegen sich weg von institutionalisierten hin zu unternehmerischen Strukturen und verknüpfen ihre künstlerische Vision mit einer unternehmerischen. Die stiftungsinterne Analyse hat gezeigt, dass die bisherigen Fördergefässe der CMS der aktuellen Entwicklung im Kulturbereich nicht mehr gerecht wurden. Seit Anfang 2016 fördert die CMS deshalb nach Themen und nicht mehr nach Sparten und hat eine zusätzliche Entwicklungsförderung initiiert. Was heisst das konkret? Die CMS unterstützt interdisziplinäres Kulturschaffen. Nicht per se, sondern abhängig vom Mehrwert, der entsteht, wenn sich verschiedene Bereiche zusammentun. Die CMS unterstützt Projekte, die das Publikum miteinbeziehen, die den Austausch zwischen Amateuren und Professionellen oder zwischen Publikum und Kulturschaffenden pflegen. Dabei setzt die CMS auf den Austausch auf Augenhöhe. Die gesellschaftliche Relevanz der Projekte ist dabei zentral. Die CMS gibt Pionierprojekten, die noch nicht Erprobtes wagen, eine Chance. Mit der Entwicklungsförderung unterstützt die Stiftung nicht nur mit Geld, sondern unterstützt Kulturschaffende auch mit Manpower, durch Coachings, Beratungen, Projektmanagement etc. Was das alles noch mit Kultur zu tun hat und was das konkret bedeutet, zeigen die folgenden drei Beispiele. 5