Ausgabe_03_gesamt (1)
Sie wollen auch ein ePaper? Erhöhen Sie die Reichweite Ihrer Titel.
YUMPU macht aus Druck-PDFs automatisch weboptimierte ePaper, die Google liebt.
Editorial<br />
Liebe Leserinnen und Leser,<br />
Kennen Sie das? Sie malen an einem Bild,<br />
und plötzlich gelingen die wildesten Farbverläufe,<br />
die Farben sehen genauso aus, wie<br />
Sie es sich wünschen oder die Details gelingen<br />
besonders. Ich nenne es gern „die<br />
Sternstunden des Aquarellierens“. Es sind<br />
die wunderbaren Momente, die einem die<br />
Aquarellmalerei bescheren kann. Momente,<br />
in denen alles im Fluss scheint und perfekt<br />
funktioniert. Neulich, als ich bei einem Motiv<br />
vor der Entscheidung stand, das Bild neu<br />
anzufangen oder es weiter zu malen, kippte<br />
die ganze Situation und es entstanden wunderbare<br />
Lichtreflexe. Ich malte das Bild<br />
zuende und wurde mit einer wunderbaren<br />
Arbeit belohnt.<br />
Auf der anderen Seite sind Mißerfolge beim<br />
Aquarellieren keine Seltenheit. Ein Tropfen<br />
Wasser, der unbeabsichtigt auf dem Papier<br />
gelandet ist, kann eine ganze Arbeit zunichte<br />
machen. Man ärgert sich und legt frustriert<br />
alles beiseite und fragt sich, warum<br />
man sich das ganze überhaupt antut. Mir<br />
geht es da nicht anders. Die eine Arbeit wird<br />
gut, eine weitere entpuppt sich als Reinfall.<br />
Erfahrene Aquarellisten wissen, worum es<br />
geht. Was ich damit sagen will, wir Aquarellmaler<br />
leben mit solchen Erfahrungen und<br />
können damit umgehen. Vielleicht ist es das,<br />
was das Medium Aquarell von anderen Mal-<br />
Medien so prägnant unterscheidet. Und -<br />
vielleicht ist es die Herausforderung und<br />
manchmal die Unberechenbarkeit, die die<br />
Aquarellmalerei zu so einem äußerst interessanten<br />
und vielseitigen Hobby macht? Ich<br />
wünsche Ihnen nach der Lektüre dieser<br />
<strong>Ausgabe</strong> viele Sternstunden mit der Aquarellmalerei.<br />
Ihr Markus Heiligmann<br />
[AQUARELLIEREN heute] 3
Neue Produkte<br />
Neue Aquarell-<br />
Hilfsmittel von<br />
Schmincke<br />
Im Rahmen des 125jährigen Jubiläums der<br />
HORADAM® AQUARELL erweitert die Firma<br />
Schmincke das AQUA Hilfsmittelsortiment<br />
um drei weitere Produkte, die für noch<br />
mehr Gestaltungsmöglichkeiten in der<br />
Aquarellmalerei sorgen: Ab 1.2.2017 gibt es<br />
zusätzlich zu den bereits existierenden<br />
Grundierungen fein und grob einen transparenten<br />
AQUA Grund, der das Aquarellieren<br />
auf verschiedenen Untergründen<br />
ermöglicht, die so sichtbar bleiben und z.B.<br />
das Weitergestalten von Acrylgemälden in<br />
Aquarell oder andere Mixed-Media-Techniken<br />
möglich macht. Das AQUA Granulierspray<br />
sorgt für „Granuliereffekte“ in der<br />
feuchten Farbe und das AQUA Lift-off-Medium<br />
ermöglicht die leichtere Abnahme von<br />
getrockneter Aquarellfarbe. Alle Produkte<br />
sind gebrauchsfertig eingestellt und daher<br />
unkompliziert in der Anwendung.<br />
Dies sind die neuen AQUA Hilfsmittel im<br />
Detail:<br />
AQUA Grund, transparent (50 704):<br />
Diese transparente Grundierung ermöglicht<br />
die Aquarellmalerei auf fettfreien Untergründen<br />
wie Keilrahmen, Holz oder auch fertigen<br />
Acrylgemälden, wobei der Untergrund – im<br />
Gegensatz zum bestehenden weißen AQUA<br />
Grund, fein – sichtbar bleibt und so für besondere<br />
kreative Möglichkeiten sorgt. Der<br />
Aqua-Grund, transparent trocknet glatt,<br />
matt, elastisch und alterungsbeständig auf<br />
und kann anschließend mit Aquarell-,<br />
Gouache- sowie Acrylfarben übermalt (oder<br />
auch im Vorfelde eingefärbt) werden. Erhältlich<br />
in der 250 ml- und 500 ml-Flasche.<br />
AQUA Granulierspray (50 737)<br />
Dieses Aquarell-Pumpspray dient der Erzeugung<br />
von dem Granulieren ähnlichen Effekten<br />
bei normalerweise gleichmäßig<br />
verlaufenden Aquarellfarben. Es wird mit der<br />
feinen Zerstäuberdüse gezielt in die zu verändernde,<br />
feuchte Aquarellfarbe eingesprüht<br />
und sorgt dafür, dass sich die<br />
Pigmente im behandelten Bereich punktuell<br />
zusammenschließen. Da nur wenige Töne<br />
der HORADAM® AQUARELL von Hause<br />
aus granulierend sind (in der Broschüre mit<br />
„G“ gekennzeichnet), können mit diesem<br />
Hilfsmittel-Spray auch alle anderen Farbtöne<br />
einen Granuliereffekt erhalten. Bei granulierenden<br />
Farbtönen wird der Effekt verstärkt.<br />
8 [AQUARELLIEREN heute]
Neue Produkte<br />
Durch den Zerstäuberaufsatz können auch<br />
kleinste Bereiche innerhalb eines Bildes bearbeitet<br />
werden. Erhältlich im 15 ml-Zerstäuber.<br />
Das Granulierspray erzeugt einen<br />
nachträglichen Granuliereffekt in<br />
Farbaufträgen, die noch nass sein<br />
müssen.<br />
AQUA Lift-off-Medium (50 708)<br />
Dieses Hilfsmittel dient der Vorbehandlung<br />
von Aquarellpapier mit dem Ziel, bereits getrocknete<br />
Aquarell-Farbschichten später<br />
(partiell) wieder entfernen und ein Aquarellbild<br />
nachträglich verändern oder korrigieren<br />
zu können – quasi ein „non-staining“ Medium.<br />
Dies ist besonders wichtig bei Aquarellfarben,<br />
die „staining“ sind (d.h. schwer<br />
wieder anlösbar, gekennzeichnet mit dem<br />
Symbol). Der Auftrag des Lift-off-Mediums<br />
erfolgt VOR dem Farbauftrag, da es den<br />
Malgrund isoliert. Bei stark saugenden und<br />
wenig geleimten Papieren wird das Medium<br />
unverdünnt aufgetragen, bei stärker geleimten<br />
Papieren sollte das Medium mit Wasser<br />
verdünnt werden. Es empfehlen sich Vorversuche,<br />
da Papiere in ihrer Beschaffenheit<br />
sehr stark variieren können. Das AQUA Liftoff-Medium<br />
trocknet wasserunlöslich auf<br />
und darf daher auf keinen Fall in ein Aquarellnäpfchen<br />
gelangen. Arbeitsgeräte sollten<br />
zügig nach Gebrauch gereinigt werden. Erhältlich<br />
in 60 ml.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 9
Neue Produkte<br />
uns vor allem an Künstler, die ein strukturloses,<br />
glattes Aquarellpapier für ihre Arbeiten<br />
bevorzugen. Außerdem dürfte dieses Papier<br />
für trockene Aquarelltechniken sehr interessant<br />
sein“, sagt Rana Ardal, zuständig für<br />
die Entwicklung traditioneller Künstlerpapiere<br />
bei Hahnemühle.<br />
Lichtecht, säurefrei und alterungsbeständig<br />
ist Britannia satiniert in 6 Block- und 2 Bogenformaten<br />
erhältlich. Zum Vergleichen<br />
steht ein Einführungspaket mit den Oberflächen<br />
matt, rau und satiniert zur Verfügung.<br />
In der Redaktion wurde das neue Papier getestet. Zunächst<br />
präsentiert es sich sehr glatt und beinahe strukturlos.<br />
Das Weiß lässt die Farben regelrecht erstrahlen.<br />
Die Farbe bleibt sehr konturenscharf stehen. Farbverläufe<br />
sind möglich, aber schwieriger, wenn man vorher auf<br />
rauheren Papieren gearbeitet hat. Durch die Satinierung<br />
ist die Oberfläche geschlossener. Das Wasser dringt<br />
zwar ein, kann sich aber nicht so ausbreiten wie auf einem<br />
anderen Papier. Farbverläufe und Effekte sind kontrollierbarer<br />
und ins<strong>gesamt</strong> viel präziser, da das Papier so<br />
gut wie keine Eigenstruktur besitzt. Es eignet sich vorzüglich<br />
für realistische Darstellungen, in denen es auf<br />
Details und Genauigkeit ankommt.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 11
zunächst auf dem Papier stehenblieben und<br />
dann langsam einzogen - es entstanden äußerst<br />
feine und weiche Verlaufskanten, die<br />
ich so nicht gewohnt war. Da ich eigentlich<br />
mehr trockenen Pinseltechniken bevorzuge<br />
und gerne z.B. einen alten zerfranzte Küchenpinsel<br />
für besondere Techniken einsetze,<br />
kann ich sagen, dass nach kurzer<br />
Eingewöhnungszeit mit diesem Papier<br />
schönere und weichere Effekte möglich<br />
sind. Der Baum im Hintergrund wurde beispielsweise<br />
auf nassgesprenkelten Untergrund<br />
(mit einer Sprühflasche aufgesetzter<br />
Wassernebel, der auf der glatten Oberfläche<br />
feine Tropfen bildete) und kräftiger Farbe gemalt,<br />
nach der Trocknung ergab sich dieser<br />
lichtdurchbrochene Effekt. Auch das Astgewirr<br />
links daneben wurde komplett nass-innass<br />
gemalt und besticht nach der Trocknung<br />
durch sein diffuses Aussehen. Bei<br />
trockenem Papier und, sagen wir mal, fast<br />
nassem Farbauftrag wandern die Pigmente<br />
nach aussen und bilden so Schärfekanten,<br />
wie sie beim Scharfzeichnen von Fotos unter<br />
Photoshop entstehen. Eine zusätzliche<br />
Eigenschaft, die man vorsichtig einsetzen<br />
und bei der Bildgestaltung berücksichtigen<br />
sollte. Nach dem Trocknen erscheinen die<br />
Farben strahlender und brillanter als auf<br />
normalen Aquarellpapier - ein weiteres Plus.<br />
Alles in allem bin ich mit dieser neuen Papierqualität<br />
von Hahnemühle mehr als zufrieden<br />
- das Papier eröffnet mir neue<br />
Möglichkeiten. Die nächsten Malprojekte<br />
werden auf dem neuen satinierten Britannia<br />
entstehen, das ist sicher!<br />
Markus Heiligmann<br />
[AQUARELLIEREN heute] 13
14 [AQUARELLIEREN heute]
Günter Stadler:<br />
Konsequenter<br />
Realismus<br />
Günter Stadler ist unverkennbar ein<br />
Anhänger der realistischen Darstellung.<br />
Seine Werke zeigen alltägliches, das<br />
liebevoll arrangiert und gekonnt von<br />
ihm in Szene gesetzt wird.<br />
Seine ersten Versuche, mit Aquarell zu<br />
malen, machte Günter Stadler bereits<br />
im zarten Alter von 11, 12 Jahren. Ein<br />
amerikanischer Soldat, dem er immer<br />
wieder mal eine Zeichnung verkauft<br />
hatte, hat ihm eines Tages einen kleinen<br />
Aquarellkasten geschenkt. Natürlich<br />
hatte der junge Stadler absolut<br />
keine Ahnung vom Aquarellieren - aber<br />
da dieser Malkasten kein Deckweiß<br />
beinhaltete, lernte er sehr schnell die<br />
Vorzüge des weißen Papieres kennen<br />
und schätzen. Damals, das war in den<br />
frühen 50ern des letzten Jahrhunderts,<br />
gab es im Gegensatz zu heute kaum<br />
bunte Bilder in den Zeitungen und<br />
Zeitschriften. Und so malte er seine<br />
ersten Bilder nach Postkarten. Stadler<br />
ist ein waschechter Autodidakt. Später,<br />
nach Ende der beruflichen Ausbildung,<br />
konnte er sich endlich das eine oder<br />
andere Buch über die Malerei im allgemeinen<br />
und über die Aquarellmalerei im<br />
Besonderen leisten, was dann doch<br />
Links oben: Arnos Liebling, 46x62<br />
cm, links unten: Hütte mit Kälbern,<br />
50x63 cm, rechts oben: Museumshof<br />
Buchen (Odenwald), Aquarell auf<br />
Bütten, 46x64 cm, rechts unten:<br />
Feldblumenstraus, 65x47 cm<br />
[AQUARELLIEREN heute] 15
sehr geholfen hat. Vor allem lernte er so,<br />
sich an der Natur zu orientieren und mit<br />
dem Kopieren mehr oder weniger Schluss<br />
zu machen. Über diese Zeit sagt er: „Allerdings<br />
glaube ich auch heute noch, dass<br />
mir das Kopieren sehr genützt hat.“<br />
Was ist am Aquarell für ihn so reizvoll? Am<br />
Aquarell schätzt der Künstler so ziemlich<br />
alles: es ist direkt, verzeiht keine Fehler,<br />
zwingt zur Disziplin und ist in seiner<br />
Links oben: Selbstportrait, 30x40 cm,<br />
links unten: Buchen - Mainzer Tor,<br />
45x55 cm, rechts oben: Frank beim<br />
Frühstück zubereiten, 65x45 cm,<br />
rechts unten: Wenn der Tag so<br />
beginnt, 46x65 cm<br />
16 [AQUARELLIEREN heute]
Schönheit und Frische kaum zu<br />
übertreffen.<br />
Seine Arbeiten beginnen mit der Suche<br />
nach einem Motiv. Da gibt es<br />
keine Einschränkungen - gemalt wird,<br />
was gefällt. So kommt es durchaus<br />
vor, dass der kritische Aquarellist mit<br />
seinen Arbeiten auch unbequeme<br />
Themen berührt. Hat er sich für ein<br />
Motiv entschlossen, fangen die Vorbereitungsarbeiten<br />
an. Wenn er im<br />
Freien an der Natur arbeitet, sind das<br />
eine oder mehrere schnelle Skizzen.<br />
Arbeitet der Künstler zuhause nach<br />
Fotos, die in der Regel selbst aufgenommen<br />
wurden, setzt er eine Vorzeichnung<br />
mit weichem Bleistift auf<br />
das Aquarellpapier, die in einem späteren<br />
Stadium mit Pinsel oder einem<br />
Tuch soweit entfernt wird, dass der<br />
Strich kaum mehr zu sehen ist. Je<br />
nach Motiv wird dann entweder vollflächig<br />
oder partiell das Papier vorgenässt,<br />
um die hellen Partien<br />
anzulegen. Gemalt wird fast ausschließlich<br />
von Hell nach Dunkel, bei<br />
Aquarell ein Muss! Jedes Bild, das er<br />
beginnt, ist für ihn immer wieder eine<br />
neue Herausforderung - er hasst<br />
Routine und genießt es, malerische<br />
Probleme zu lösen. Da er nicht von<br />
der Kunst leben muss, kann er es<br />
sich leisten, auf professionelle Methoden<br />
zu verzichten - für ihn ein<br />
echter Luxus.<br />
Seine Pinsel und Papiere sind nicht<br />
hochpreisige Produkte. Dazu sagt er:<br />
„Ich bin der Meinung, dass es nicht<br />
vom Material abhängig ist, ob ein<br />
Werk gut oder schlecht ist, das hängt<br />
ausschließlich vom Können und<br />
manchmal vom glücklichen Zufall ab!“<br />
Bei der Farbgebung orientiert er sich<br />
an der Realität, die nur, wenn nötig,<br />
[AQUARELLIEREN heute] 17
[AQUARELLIEREN heute] 21
Es war gar nicht so leicht, sich mitten im<br />
Winter auf ein Frühlingsmotiv einzulassen,<br />
aber als mich der Herausgeber des<br />
Magazins fragte, ob ich einen kleinen<br />
Workshop zu dem Thema „Frühling“ für<br />
die nächste <strong>Ausgabe</strong> machen wolle, habe<br />
ich natürlich zugesagt.<br />
Zunächst galt es, ein geeignetes Motiv zu<br />
finden und zu entwickeln. Ich habe also<br />
erst einmal überlegt, was ist denn der<br />
Frühling für mich – wie sieht er aus, wie<br />
fühlt er sich an, und was sind denn wohl<br />
die Farben des Frühlings? Zunächst ist es<br />
ja mal ein relativ abstrakter Begriff, denn<br />
jeder stellt sich unter Frühling etwas<br />
anderes vor. Also habe ich zunächst<br />
einmal gegoogelt, was das Internet zum<br />
Thema bereithält. Wenn man in der<br />
Google Bildsuche den Begriff „Frühling“<br />
eingibt, wird man von einer wahren<br />
Blütenpracht erschlagen. Sehr schön,<br />
aber für meinen Geschmack zu bunt. Einer<br />
der ersten Sätze der Wikipedia Seite zu<br />
dem Begriff spricht von der „...Zeit der<br />
erwachenden und sprießenden Natur.“<br />
Das gefiel mir ganz gut. Dann erinnerte ich<br />
mich auch an einen früheren Spaziergang<br />
durch einen Wald, in dem große Flächen<br />
des Bodens mit Hasenglöckchen<br />
bewachsen waren. Diese blau-violette<br />
Blütenpracht in Kombination mit dem<br />
saftigen frischen Grün des jungen Laubes<br />
ist für mich der Inbegriff der Farbigkeit des<br />
Frühlings. Zunächst machte ich also einige<br />
Versuche, einen solchen Wald zu malen.<br />
Zartes Sonnenlicht das in den<br />
Morgendunst des Waldes hineinscheint<br />
und die Szenerie in der Kombination mit<br />
den blau-violetten Blüten und dem<br />
frischen Grün eine magische Stimmung<br />
erzeugt – ich war mir schnell ziemlich<br />
sicher, auf dem richtigen Weg zu sein.<br />
Allerdings wollte ich das Ganze dann noch<br />
mit einem mir vertrauten Motiv, einer alten<br />
Scheune kombinieren. Ich habe einige<br />
Bilder von meiner Motivsuche beigefügt,<br />
damit man den Prozess besser<br />
nachvollziehen kann. Die alte Scheune<br />
hatte ich zunächst in viel kräftigeren und<br />
22 [AQUARELLIEREN heute]
wärmeren Farben angelegt, aber in der<br />
Kombination mit dem Grün und blau-violett<br />
wurde mir das – im wahrsten Sinne des<br />
Wortes - schon zu bunt und ich entschied<br />
mich, der Scheune einen verblassten<br />
weißen Anstrich zu verpassen und den<br />
warmen Rostton nur durch das<br />
hinzugefügte Autowrack wieder<br />
aufzunehmen. Die letzte Farbskizze stellte<br />
dann ziemlich genau das dar, was sich im<br />
Laufe der Zeit als meine Vorstellung von<br />
Frühling herauskristallisiert hatte und<br />
nachdem ich es noch ein paar Tage<br />
beiseite gelegt hatte, entschied ich mich,<br />
das Motiv für diesen Workshop ziemlich<br />
genau nach der Vorlage dieser Skizze<br />
auszuarbeiten.<br />
Zum ersten Mal habe ich mir für ein Motiv<br />
eine kleine Farbkarte angelegt, um die<br />
Palette einzugrenzen und Farbmischungen<br />
auszuprobieren. Die einzelnen Schritte<br />
kann man am besten in der Bildfolge<br />
nachvollziehen. Normalerweise arbeite ich<br />
bei meinen Aquarellen mit größeren<br />
Kontrasten, bei diesem Motiv war ich<br />
jedoch darauf bedacht, sehr behutsam mit<br />
dunklen Bereichen zu sein, um das<br />
„Erwachen“ auch in den Tonwerten des<br />
Bildes beizubehalten.<br />
Wie immer empfehle ich, das Motiv nicht<br />
1:1 nachzumalen, sondern es eher als<br />
Anregung für ein eigenes Bild zu sehen.<br />
Jeder hat eben seine eigene Vorstellung<br />
von den „Farben des Frühlings“.<br />
Carsten Wieland<br />
Die kleinen Bilder auf dieser Doppelseite<br />
zeigen die verschiedenen Entwürfe,<br />
die man auf einen kleinformatigen<br />
Block oder in ein Skizzenbuch<br />
malt. Hier ist die Annäherung an das<br />
endgültige Motiv verdeutlicht. Man<br />
sollte sich aber nicht dazu verleiten<br />
lassen, diese Aquarellskizzen zu detailliert<br />
auszuführen, sondern nur die Ideen<br />
visualisieren. Idealerweise setzt man<br />
sich einen Zeitrahmens von vielleicht 30<br />
Minuten, um eine Skizze zu erstellen.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 23
Die verwendeten Materialien - zwei<br />
Flachpinsel, vier französische Aquarellpinsel,<br />
einen Rigger und einen kleinen,<br />
feinen Rundpinsel. Die Tubenfarben<br />
werden auf einer Tischpalette mit mehreren<br />
Vertiefungen angesetzt.<br />
Die verwendeten Materialien:<br />
Papier: Fabriano artistico, rauh -<br />
ca. 76 x 56 cm<br />
Farben: Lukas Aquarell 1862<br />
1026 – Kadmium Gelb<br />
1047 – Permanent Orange<br />
1092 – Echt Rosa<br />
1094 – Purpur<br />
1109 – Terra di Sienna gebrannt<br />
1118 – Cyan<br />
1134 – Preussischblau<br />
1195 – Phthalo Grün<br />
1006 – Chinesischweiß<br />
1186 – Neutraltinte<br />
Bei größeren Vorhaben ist es immer<br />
empfehlenswert, sich mit der Farbgestaltung<br />
vorher auseinanderzusetzen.<br />
Carsten hat dazu eine Farbkarte angelegt.<br />
24 [AQUARELLIEREN heute]
Als Arbeitsvorbereitung<br />
wird der Papierbogen<br />
schon allein wegen der<br />
Größe auf ein Brett mit<br />
Folderklammern befestigt,<br />
das auf eine Staffelei<br />
montiert wird. Das Papier<br />
kann trocken aufgespannt<br />
werden, wenn es sich<br />
nachher bei der Arbeit<br />
wellt, kann es mittels der<br />
Klammern nachgespannt<br />
werden.<br />
Jetzt wird eine Vorzeichnung<br />
mit Bleistift angelegt.<br />
Geübte Maler überspringen<br />
diesen Schritt und skizzieren<br />
ihr Motiv mit einer<br />
Schmutzfarbe aus Farbresten<br />
auf der Palette, die<br />
wässrig angesetzt wird.<br />
Dazu muss man sich vorher<br />
ausgiebig mit seinem Motiv<br />
befasst haben.<br />
Wichtig ist, dass hier nicht<br />
zu detailliert begonnen<br />
wird, um sich Freiräume bei<br />
der weiteren farblichen<br />
Ausgestaltung zu lassen. Es<br />
geht nur um die Positionierung<br />
der Hauptelemente.<br />
Dieses blasse Blaugrau der<br />
Vorskizze wird später<br />
mehrfach übermalt.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 25
Bei Landschaftsmotiven ist es am besten, wenn man mit dem Himmel beginnt. Mit<br />
wässrigem Violett und großzügigen Aufstrichen wird als erstes der Hintergrund gestaltet.<br />
Der Vordergrund bekommt ebenfalls einige Nuancen, wobei etwas mehr Alizarin<br />
beigemengt wird.<br />
Die ersten Farbflächen werden eingefügt und das Gras im Vordergrund wird mit<br />
Kadmiumgelb aufgebaut.<br />
26 [AQUARELLIEREN heute]
Nun wird der Hintergrund etwas verstärkt. Die Ausblühung, die hier zu sehen sind,<br />
tragen nachher zur Gesamtwirkung des Aquarells bei. Sie sind nicht als Patzer<br />
anzusehen, sondern willkommene Effekte, die sich mehr oder weniger zufällig<br />
ergeben, und unbedingt in das Gesamtmotiv einbezogen werden sollen.<br />
In der Vergrößerung sieht man die Strukturen in der Dachpartie. Hier wurde mit<br />
Siena gebrannt der erste Farbauftrag angelegt und Graublau stellenweise in die<br />
nassen Flächen eingezogen. Das ergibt schöne Farbstrukturen.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 27
Die folgenden Bilder zeigen den Aufbau des alten rostigen Autowracks, dass so eine<br />
Komposition bereichert. Zunächst wird der Grundkörper mit schnellen Strichen<br />
skizzenartig angelegt.<br />
In die noch nasse Farbe werden weitere dunklere Töne zugegeben, die<br />
Schattenpartien andeuten.<br />
28 [AQUARELLIEREN heute]
Das Auto lässt man jetzt kurz trocknen. In der Zwischenzeit kann an den<br />
beschatteten Stellen des Hauses weiter gearbeitet werden.<br />
Mit einer weiteren, tiefer abgedunkelten Farbe wird das Autowrack fertiggestellt.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 29
Man sieht, wie das alte Autowrack erheblich zur Dreidimensionalität des Motivs<br />
beiträgt.<br />
Im Hintergrund werden nun einige Bäume mit leichten Strichen angedeutet. Das<br />
Gebäude selbst bekommt etwas mehr Struktur durch weitere Details. Die Fensterund<br />
Türflächen werden weiter vertieft.<br />
30 [AQUARELLIEREN heute]
Nun geht es mit dem Vordergrund weiter. Mit einem kräftigen Rotviolett wird ein<br />
Blumenfeld angedeutet. In die noch nasse Farbe werden einige Tupfer Blau gesetzt.<br />
Neben dem Auto werden die Grasbüschel weiter ausgearbeitet.<br />
Auf dieser vergrößerten Abbildung lässt sich sehr gut erkennen, dass Carsten hier<br />
mehrere Farbschichten einfach nass in nass übereinanderlegt. Auch hier tragen die<br />
entstehenden Ausblühungen später zum Gesamteindruck bei.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 31
Ein erster Gesamteindruck entsteht nach dem Trocknen. Die Farben sind heller<br />
geworden und man erkennt jetzt gut, wo man die Farben weiter verstärken wird.<br />
In der weiteren Bearbeitung werden nun vereinfachte Spiegelungen auf der<br />
Wasseroberfläche angedeutet. Hier genügen bereits einige vertikale Pinselstrich, um<br />
den gewünschte Effekt darzustellen.<br />
32 [AQUARELLIEREN heute]
Als nächstes wird die kleine Staumauer angelegt und der blühende Büschel rechts<br />
davon gemalt.<br />
Die Staumauer wird mit einem weiteren Farbton abgedunkelt, sowie einige Details im<br />
Bereich des Wehrs gemalt. Erste Steinstrukturen sind schon auszumachen.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 33
Die Schattenbereiche lassen sich z.B. mit einer Komplementärfarbe wie Ultramarin<br />
anlegen. Durch die Transparenz scheinen die unteren Farben durch.<br />
Auf der rechten Bildseite entstehen einige Bäume, die nass-in-nass gemalt werden.<br />
In eine dunkle Mischfarbe wird Siena gebrannt hineingetropft, um den Stämmen<br />
Ausdruck zu geben.<br />
34 [AQUARELLIEREN heute]
Überblick der letzten Schritte nach dem Trocknen.<br />
Weitere Strukturierung des Vordergrundes: In den nassen Violettauftrag werden ein<br />
paar Tropfen Kadmiumgelb gesetzt, die sich mit dem Violett vermischen und<br />
ausblühen.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 35
Die Staumauer erhält weitere Details.<br />
Der Kurbelmechanismus des Wehrs wird mit zwei kontrastierenden Farben gemalt,<br />
rechts auf dem Landstück kommt noch ein alter Zaun.<br />
36 [AQUARELLIEREN heute]
Ebenso auf der linken Bildseite. Hier kann man sehen, dass mit nur zwei Farben<br />
gearbeitet wurde.<br />
Überblick über den Fortgang der Arbeit.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 37
Um das Bild frühlingshafter erscheinen zu lassen, bekommen die Bäume im<br />
Hintergrund ein zartes Laub verpasst.<br />
Auch die kräftigeren Bäume sollen frühlingshaft sprießen. Das Laub entsteht aus<br />
kräftigen Pinselstrichen mit einem Flachpinsel unter Verwendung von Kadiumgelb<br />
mit einer Spur Blau.<br />
38 [AQUARELLIEREN heute]
Der Bildteil mit dem alten Wrack erhält ein paar zusätzliche Details wie ein paar<br />
junge Bäume und einen Zaun. Solche Details lassen sich sehr gut mit dem Rigger-<br />
Pinsel ziehen.<br />
Zwischenzeitlich oder während der Trockungspausen ist es immer gut, ein paar<br />
Schritte zurück zu treten und das Gesamtbild zu betrachten. So läßt sich leichter<br />
feststellen, ob das Bild fertig ist oder noch irgendwas ergänzt werden muss. Hier<br />
kam z.B. noch ein Stück Zaun links dazu.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 39
40 [AQUARELLIEREN heute]
Das Bild ist nun fertig. Allerdings ist es ziemlich schwierig zu sagen, wann ein Bild<br />
fertig ist. Man könnte sicherlich noch einige Details hinzufügen, aber dann läuft man<br />
sehr schnell Gefahr, es zu überfrachten. Wenn man sich dem Ende nähert, ist es oft<br />
ratsam, das Werk erst einmal beiseite zulegen und zu einem späteren Zeitpunkt ein<br />
letztes Finish durchzuführen. So beugt man einer gewissen Betriebsblindheit vor -<br />
denn wenn sich erst der Malflash eingestellt hat und man wie in einem Rausch das<br />
Bild in einem durchmalt, kann es durchaus sein, dass man am nächsten Tag Dinge<br />
sieht, die man besser gelassen hätte.<br />
Die Detailabbildungen auf dieser Doppelseite zeigen noch ein paar Ausschnitte aus<br />
den Hauptelementen des Motivs. Der Künstler hat detailliert, aber auch nicht zu<br />
detailliert gearbeitet. Der langersehnte Frühling mit frischem Grün und längerem<br />
Tageslicht stellt sich beim Betrachten auf jeden Fall ein.<br />
Wir hoffen, dass mit diesem Workshop auch bei Ihnen der Frühling ins Haus zieht<br />
und Sie sich dadurch inspiriert fühlen, ein eigenes Frühlingsmotiv zu malen.<br />
In diesem Sinne, viel Spaß!<br />
[AQUARELLIEREN heute] 41
Grundkurs<br />
Aquarellieren<br />
von Anfang an<br />
Teil 2<br />
Ging es in der letzten <strong>Ausgabe</strong> hauptsächlich um das Material und einigen Übungen<br />
mit dem Pinsel, so steigen wir heute direkt ein. Am Ende dieses Teils haben Sie ein<br />
erstes fertiges Bild gemalt.<br />
Für die heutige Lektion versuchen wir uns<br />
an einem einfachen Bild, das überwiegend<br />
mit einem Borstenpinsel gemalt wird. Am<br />
Anfang und für Übungen ist es ratsam,<br />
wenn man nach guten Fotos malt, um so<br />
sein eigenes Sehvermögen zu schulen und<br />
zu erweitern. Später, wenn die Aquarelltechniken<br />
gut von der Hand gehen, kann man<br />
freier und kreativer arbeiten. Sicherlich ist es<br />
ein Vorteil, wenn man geübt im Zeichnen ist.<br />
Aber auch das ist erlernbar.<br />
Zunächst erstellen wir von dem Foto eine<br />
Skizze, die noch kein großes Kunstwerk<br />
sein muss. Es geht in erster Linie darum,<br />
wie die Elemente positioniert werden und<br />
die grobe Verteilung von Licht und Schatten.<br />
50 [AQUARELLIEREN heute]
Grundkurs<br />
Beim Skizzieren sollte der Bleistift nicht fest<br />
aufliegen, er soll nur über das Papier gleiten.<br />
Zeichnen Sie quasi mit suchender Linie. Also,<br />
locker lassen, nicht verkrampft ans Werk<br />
gehen - es ist nur Papier! Nehmen Sie den<br />
Bleistift ans hintere Ende ganz locker zwischen<br />
zwei Fingern und legen Sie los. Es ist<br />
total ungewohnt, so zu zeichnen, aber so<br />
entspannen Sie die Hand. Es ist vollkommen<br />
egal, wie die Skizze nachher aussieht -<br />
es geht hier lediglich um das Erfassen einer<br />
Szene. Und es ist wichtig, dass das Motiv<br />
anschließend in der Hand liegt. So ist es<br />
einfacher, die Grundrisse, die hier nicht sehr<br />
kompliziert sind, auf das Aquarellpapier zu<br />
übertragen. Wenn die Skizze fertig ist, beginnen<br />
Sie, die Grundrisse ganz grob zu<br />
übertragen. Für kompliziertere Sachen gibt<br />
es Übertragungsmethoden, die wir später<br />
kennen lernen. Bei diesem Motiv hingegen<br />
zeichnen wir die Elemente frei Hand auf.<br />
Achten Sie darauf, dass Sie auf dem Aquarellpapier<br />
nicht fest aufdrücken, sonst wird<br />
die Oberfläche beschädigt und Sie können<br />
es gleich beiseite legen. Lassen Sie den<br />
Bleistift über das Papier gleiten! Versuchen<br />
Sie, radieren zu vermeiden - auch das beschädigt<br />
leicht das Aquarellpapier.<br />
Die Vorzeichnung steht nun auf dem<br />
Aquarellpapier - jetzt beginnt der eigentliche<br />
Malprozess. Ich setze bei der Ausführung<br />
des kleinen Übungsaquarells auf die<br />
Nach diesem Foto fertigen Sie zunächst eine leichte Skizze an, in der die<br />
Hauptelemente positioniert werden. Achten Sie gut auf die Verteilung von Licht- und<br />
Schattenbereichen.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 51
Grundkurs<br />
52 [AQUARELLIEREN heute]
Grundkurs<br />
Links oben: die Arbeitsskizze, die sehr<br />
schnell und flüchtig ausgeführt wurde<br />
um die wesentlichen Elemente des<br />
Fotos zu plazieren.<br />
Links unten: Mit einem 2B-Bleistift<br />
wird eine kurze Vorzeichnung auf das<br />
Aquarellpapier aufgebracht - sie sollte<br />
nur die Elemente umreißen<br />
Rechts unten: Der erste Wash oder<br />
Arbeitsgang. Das Papier wird<br />
angefeuchtet und der Himmel mit<br />
einer Mischung aus Ultramarin und<br />
Cöelinblau aufgetragen. Danach folgt<br />
das Anlegen der Hauptelemente mit<br />
Zitronengelb. Im Vordergrund erhielt<br />
die Wiesenfläche ein paar Spuren<br />
Kadmiumgelb als wärmeren Ton.<br />
Transparenz der Farben. Sie erinnern sich?<br />
Legt man zwei Farben übereinander, erhält<br />
man eine optische Mischung. In diesem Falle<br />
folgt eine Untermalung mit Zitronen- und<br />
Kadmiumgelb. Die Grüntöne erziele ich durch<br />
das Aufbringen von verschiedenen Blautönen,<br />
die sich mit der Untermalung zu Grün<br />
mischen. Bei den Abbildungen werden die<br />
Arbeitsgänge genauer erklärt.<br />
Bei der Darstellung der Bäume und der Wiese<br />
habe ich überwiegend einen Borstenpinsel<br />
benutzt, mit ihm lassen sich sehr schöne<br />
Gras- und Laubstrukturen malen. Im ersten<br />
Teil waren Übungen dazu, die zunächst auf<br />
einem Reststück ausprobiert werden sollten.<br />
Diese Anleitung soll Ihnen zeigen, wie man ein<br />
Stück grüner Natur in den Griff bekommt und<br />
ein handwerklich gutes Aquarell malt.<br />
Probieren Sie es mit Ihren eigenen Motiven<br />
aus! Ich wünsche Ihnen ein gutes Gelingen!<br />
[AQUARELLIEREN heute] 53
Grundkurs<br />
54 [AQUARELLIEREN heute]
Grundkurs<br />
Links oben: Nachdem die gelbe Untermalung getrocknet ist, mischen Sie Phtaloblau<br />
und etwas Kadmiumgelb zu einem Grün. Der Blauanteil darf überwiegen. Das<br />
bringen Sie unregelmäßig mit dem Borstenpinsel auf, als erstes malen Sie die<br />
Bäume und Büsche. Varieren Sie zwischendurch immer wieder die Farbe, indem Sie<br />
mal etwas mehr Gelb oder Blau hinzufügen.<br />
Die Wiese im Vordergrund entsteht durch fächerartige Aufwärtsstriche mit diesem<br />
Pinsel.<br />
Links unten: In einigen Bereiche setzen wir jetzt eine wärmere Farbe, in diesem Fall<br />
Siena gebrannt pur mit viel Wasser, in einige Büschel. Auch das machen Sie mit<br />
dem Borstenpinsel. Streichen Sie den Pinsel vor der Farbaufnahme auf einem alten<br />
Küchentuch ab und nehmen Sie die Farbe auf. Dann werden grobe Wassertropfen<br />
vermieden.<br />
Rechts unten: Wenn alles gut durchgetrocknet ist, setzen Sie jetzt etwas Ultramarin<br />
mit Phtaloblau an. Die Mischung darf ruhig etwas wässrig sein, damit behalten Sie<br />
die Kontrolle über die dunklen Stellen. Arbeiten Sie noch einmal die Strukturen der<br />
Bäume und der Wiese nach und lassen den Arbeitsschritt trocknen. Was beim<br />
Auftragen der Farben vielleicht zu dunkel aussah, ist nach der Trocknung spürbar<br />
heller geworden. Das ist eine der Eigenschaften von Aquarellfarben. Verdunstet der<br />
Wasseranteil, werden die Farben um bis zu 30% heller. Das sollte man immer<br />
einkalkulieren!<br />
[AQUARELLIEREN heute] 55
Grundkurs<br />
56 [AQUARELLIEREN heute]
Grundkurs<br />
Links oben: Nun bearbeiten Sie die Schatten im Laub noch einmal nach und tupfen<br />
die gleiche Farbe, jetzt nur mit einem höheren Anteil des Ultramarinblaus, dem Sie<br />
eine winzige Spur Siena gebrannt hinzugeben. Damit schlägt der Farbton nach<br />
grüngrau um und ist eine ideale Basis, um das abgeschattete Laub noch einmal<br />
nachzuarbeiten. Man kann das auch mit einer kräftigen Farbmischung in einem<br />
Arbeitsschritt machen, aber dann können diese wichtigen Schatten schnell viel zu<br />
dunkel geraten. Es ist am Anfang ratsam, sich an den richtigen Tonwert<br />
heranzutasten.<br />
Links unten: Die Schatten auf den Bäumen sind noch etwas zu hell, darum arbeiten<br />
wir Sie noch einmal nach. Das geschieht jetzt mit Ultramarin, dem wir eine Spur<br />
Siena natur hinzusetzen, damit das Grelle des Blaus abgeschwächt wird. Tupfen Sie<br />
noch einmal über das Laub. Nach dem Trocknen werden Sie feststellen, dass Sie<br />
nun eine schöne Struktur in den dunklen Bereichen haben. Mit dem Rigger-Pinsel<br />
können Sie nun links in der Baumgruppe ein paar Äste andeuten, aber malen Sie nur<br />
einige wenige.<br />
Unten: Grasstrukturen und ähnliches lassen sich wunderbar mit einem gut<br />
eingearbeiteten Borstenpinsel anlegen. Dazu wird die Farbe in mehreren<br />
übereinanderliegenden Schichten aufgetragen. Vor der Farbaufnahme immer den<br />
Pinsel kurz über ein Tuch ziehen, sonst gibt es häßliche Schlieren und Tropfen!<br />
[AQUARELLIEREN heute] 57
Siegfried Krön:<br />
Spiel mit Wasser<br />
und Farbe<br />
Siegfried Krön beschäftigt sich mit der<br />
Aquarellmalerei seit Mitte der 1990er Jahre,<br />
nach der Bekanntschaft mit einem<br />
Künstler aus Dresden, den er nach der<br />
Wende kennenlernte. Er wurde durch Zufall<br />
auf die „Koordinierungsstelle für Weiterbildung“<br />
in Bremen aufmerksam, die<br />
mehr oder weniger als Abteilung der<br />
Fachhochschule für Künste galt. Dort unterrichteten<br />
nämlich namhafte Professoren<br />
wie Wolf Wrisch, Funke und Klaus Warwas.<br />
Über drei Jahre lang nahm Siegfried Krön<br />
an Kursen, Seminaren, Workshops und<br />
Malreisen teil, die zum Schwerpunkt<br />
Aquarellmalerei hatten und größtenteils<br />
von Prof. Wrisch unterrichtet wurden. Weil<br />
es mit der Malerei in Aquarell relativ gut<br />
lief, wurde er übermütig, verlegte sich auf<br />
58 [AQUARELLIEREN heute]
die Arbeit mit Acryl und versuchte<br />
sich an großen Formaten.<br />
Das ging derart<br />
schief, dass Krön seine Malsachen<br />
einpackte und etwa<br />
10 Jahre nichts mehr malte.<br />
In 2012 fing er wieder mit<br />
der Malerei an. Zunächst<br />
noch mit Acryl, aber dann<br />
merkte er, dass ihm etwas<br />
fehlte. Es war das Spiel mit<br />
Wasser und Farbe, die<br />
Leichtigkeit, die von Aquarellen<br />
ausgeht und von<br />
Acrylarbeiten nicht erreicht<br />
werden kann. Die manchmal<br />
unkontrollierbaren Verläufe<br />
der Farben und die Zufälle<br />
einzelner Farbzusammenkünfte<br />
sind magische Momente,<br />
wie sie nur die<br />
Aquarellmalerei als Geschenk<br />
für denjenigen bereithält,<br />
der sich den Farben<br />
öffnet. Vielfach kann das<br />
auch in Frust umschlagen,<br />
wenn eine Arbeit nicht gelingen<br />
will, so wie man sie geplant<br />
hat. Doch diese<br />
magischen Momente oder<br />
besser diese Sternstunden<br />
des Aquarells wiegen allen<br />
Frust mehr als auf. Deswegen<br />
ist und bleibt jedes<br />
Aquarell ein Original und<br />
Die Arbeiten auf dieser<br />
Seite zeigen, mit welchen<br />
Themen sich Siegfried<br />
Krön auseinandersetzt.<br />
Zum einen sind es Himmel<br />
und Meereslandschaften,<br />
oder es werden Reiseeindrücke<br />
verarbeitet.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 59
Oben: Zwei Arbeiten zum Thema Strukturen im Wald unter Verwendung von<br />
Licht- und Schattenspielen. Unten: Ein Blick in das großzügig eingerichtete<br />
Atelier in den Räumen der Malstedter Mühle<br />
60 [AQUARELLIEREN heute]
kann weder kopiert noch originalgetreu<br />
nachgemalt werden.<br />
Siegfried Krön arbeitet viel nach Fotos, die<br />
er selbst anfertigt. Er versucht gleich so<br />
zu fotografieren, wie er die Motive anschließend<br />
in seinem Atelier in der Malstedter<br />
Mühle malen würde. Er ist ein<br />
Ateliermaler, da er sehr nass und mit<br />
mehreren Farbschichten arbeitet. Wolken<br />
und Meer, Landschaften mit Baumstrukturen<br />
prägen sein künstlerisches Schaffen.<br />
Da sich sein Atelier in einer alten<br />
Mühle befindet, an der die Bever vorbeiläuft,<br />
gehören Flusslandschaften mit Licht<br />
und Schattenspielen mit zu seinen Lieblingsmotiven.<br />
Fotos sind nur ein Teil der<br />
Vorbereitung für ein neues Motiv. Er benutzt<br />
sie als Inspirationsquelle und als roten<br />
Faden bei der Erstellung seiner<br />
Werke. Bei der Vorbereitungsarbeit zu einem<br />
neuen Aquarell löst er sich von der<br />
Vorlagen und versucht Formen und Farben<br />
seiner Stimmung anzupassen. Prof.<br />
Wrisch hatte einmal sinngemäß gesagt:<br />
„Kunst beginnt dort, wo man das gesehene<br />
durch eigene Ideen, Formen und<br />
Farben verändert. Ich will keine fotorealistischen<br />
Bilder. Dann kann sich der Betrachter<br />
auch gleich ein Foto an die Wand<br />
hängen.” Eine weitere Devise war, dass<br />
man nur das malen sollte, was man sieht<br />
und nicht, was man kennt. Ein Fehler, den<br />
viele Anfänger machen und deswegen oft<br />
verzweifeln.<br />
„Wenn ich mit dem Malen anfange, habe<br />
ich sicherlich immer ein Ziel, eine Bildidee<br />
vor Augen. Weiß aber auch, dass nicht<br />
jedes Bild ein Volltreffer wird. Ich arbeite<br />
gerne mit Farbverläufen, möchte dem<br />
Wasser und Farbe die Chance geben,<br />
Siegfried Krön malt zwar lieber in seinem Atelier, aber manchmal ist es<br />
unumgänglich, bestimmte Sujets direkt vor Ort zu malen, wie beispielsweise auf<br />
einer Malreise.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 61
62 [AQUARELLIEREN heute]
Szene<br />
Gabriele Koenigs auf dem Messestand von Nevskaya palitra. Sie führte den<br />
Messebesuchern die Farben vor und malte zwei Aquarelle und ein Ölbild.<br />
führen diese Farben dankenswerterweise<br />
auch in ihrem Sortiment.<br />
Der Name „WhiteNights“ bezieht sich auf<br />
die „weissen Nächte“ von St. Petersburg, in<br />
denen es hell bleibt wie am Tag.<br />
Was macht diese Farben so besonders? Für<br />
mich ist es vor allem die Reinheit und Transparenz<br />
der Farben. Sie werden aus natürlichen<br />
Pigmenten hergestellt. Als Bindemittel<br />
wird gummi arabicum verwendet. Ein wenig<br />
Honig wird zugefügt. Keinerlei Kreide. So<br />
kann man beim Aquarellieren viele Schichten<br />
übereinanderlegen, und dennoch bleibt<br />
die Transparenz erhalten. Vorsicht ist nur bei<br />
den deckenden Farben wie englisch rot,<br />
smaragdgrün und lila geboten. Diese lassen<br />
sich kaum auswaschen und überdecken<br />
darunterliegende Schichten beinahe komplett.<br />
Natürlich ist es sehr gut, dass man im<br />
Aquarellkasten für besondere Zwecke solche<br />
deckenden Farben zur Verfügung hat.<br />
Aber man muß sie ganz gezielt und mit Bedacht<br />
einsetzen. Auf jedem Näpfchen der<br />
Aquarellfarben ist deutlich markiert, ob es<br />
eine transparente, halbtransparente oder<br />
deckende Farbe ist.<br />
Aus dem großen Sortiment von 64 verfügbaren<br />
Aquarellfarbtönen und 100 verfügbaren<br />
Ölfarben kann sich jeder die eigene<br />
Auswahl zusammenstellen. Denn alle Farben<br />
werden als Einzelnäpfchen oder Einzeltube<br />
geliefert. Aquarellfarben werden auch<br />
als Sets von 6, 12, 24, 36 oder 48 Näpfchen<br />
geliefert. Da diese Sets im praktischen<br />
Plastikkasten gegenüber den Einzelfarben<br />
nochmals deutlich preisgünstiger sind, lohnt<br />
es sich auf jeden Fall, ein Set anzuschaffen<br />
[AQUARELLIEREN heute] 65
Szene<br />
Der Messestand von Nevskaya palitra war gut besucht. Die Mitarbeiter der<br />
Künstlerfarbenmanufaktur hatten alle Hände voll zu tun.<br />
und dies durch die eigenen Farbvorlieben zu<br />
ergänzen. In diesem Jahr gibt es 7 Aquarellfarben<br />
neu im Angebot. Ich bin begeistert<br />
von indian yellow (indisch gelb) , indian gold<br />
(indisch gold) und sapgreen (saftgrün) , die<br />
ich bei der Messe ausprobieren konnte.<br />
Leider waren für einige Jahre die Aquarellfarben<br />
in Tubenform in Deutschland nicht<br />
mehr erhältlich. Aber bei der diesjährigen<br />
CreativeWorld wurde vereinbart, dass Gerstaecker<br />
sie wieder in das Sortiment aufnimmt.<br />
Darauf haben manche Freundinnen<br />
und Freunde lange gewartet und immer<br />
wieder darum gebeten. Ich freue mich, dass<br />
dieses jetzt zum Erfolg geführt hat. Am<br />
liebsten hätten wir, dass alle Aquarellfarben<br />
in Tubenform geliefert werden. Aber vorläufig<br />
gibt es nur ein Set mit 12 Farben. Das<br />
hat mit Fragen der Garantie zu tun. Die Firma<br />
arbeitet an einer Lösung dafür. Der Preis<br />
dieser Farben ist unschlagbar günstig. Farben<br />
in solcher hohen Qualität zu einem solchen<br />
Preis – das ist einfach ein Traum.<br />
Jeder kann sich das leisten. Die Hürde zum<br />
Einstieg in das Aquarellieren wird deutlich<br />
niedriger, wenn man für ein Einsteigerset<br />
weniger als 40 € bezahlen muß. Bei anderen<br />
Firmen muß man das Dreifache dafür<br />
ausgeben. Selbst Kindern kann man diese<br />
Künstlerfarben schenken. Kinder brauchen<br />
gute Materialien, damit ihre Schaffensfreude<br />
zu guten Ergebnissen führt. Man sollte ihnen<br />
Besseres geben als die Schul-Wasserfarben,<br />
wenn man sieht, dass ein Kind am<br />
Malen besondere Freude hat.<br />
Nevskaya Palitra stellt seit 1934 Farben her.<br />
Einige der besten Künstler/innen der Welt<br />
arbeiten mit diesen Farben und werben für<br />
66 [AQUARELLIEREN heute]
Szene<br />
Impressionen vom Sonntag nach der Vernissage.<br />
lerin Anita Wolff hat mit Unterstützung durch<br />
die Stadt Naumburg eine perfekte Ausstellung<br />
und Vernissage organisiert. Es waren<br />
so viele Besucher anwesend, dass ich von<br />
der Ansprache nichts gehört habe.<br />
DAG-Jahreshauptversammlung 2017<br />
In der Jahreshauptversammlung wurden in<br />
knapp 3 Stunden viele Punkte besprochen,<br />
der neue Vorstand gewählt und Vorschläge<br />
Am meisten hat sich Peggy Rustler über ihre persönlichen Besucher aus Jena und<br />
Annaberg gefreut.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 69
Szene<br />
Der Künstler Jürgen Reiners im Gespräch<br />
Hier bedankt sich Lars Kruse im Namen der DAG bei Anita Wolff.<br />
[AQUARELLIEREN heute] 71