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Rückblick1999-2013_HP

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Der Bürgermeister gab einen geschichtlichen Rück- und Überblick über seine Gemeinde.<br />

Er sprach das wechselvolle Schicksal des Dorfes - mehrmalige Zerstörung und zweimalige<br />

Vertreibung seiner Bewohner - an. Nach seinen Worten wurde am 25. Mai 1915 während<br />

der Frühmesse das Dorf, das unmittelbar vor den österreichischen Verteidigungslinien<br />

lag, beschossen und fast völlig zerstört. Die Bevölkerung musste fliehen und wurde in das<br />

Sudetenland in 22 Orte im Bezirk Aussig an der Elbe evakuiert. Nach der Rückkehr im<br />

Februar 1919 fanden die Flüchtlinge ihren Heimatort zerstört und in Trümmern liegend vor.<br />

Die Wiesen und Äcker waren verödet und mit Granattrichtern übersät. 1919 fiel Lusern an<br />

Italien. ,,Nirgendwo anders tobte sich der Faschismus in der Weise aus wie in der damaligen<br />

{1921) etwa 1.000 Einwohner zählenden deutschen Gemeinde Lusern. Der Deutschunterricht<br />

wurde untersagt und nur noch italienische Lehrer unterrichteten die deutschsprachigen<br />

Kinder." 1942 wurde Lusern als Folge eines Abkommens zwischen HITLER und MUSSOLINI<br />

nach Böhmen umgesiedelt. Nach dem Zweiten Weltkrieg 1945 mussten die im Kreis Budweis<br />

angesiedelten Luserner fluchtartig ohne Habe Südböhmen verlassen und kehrten in das teils<br />

zerstörte, teils geplünderte Dorf zurück, um es wieder zu besiedeln. Die Gemeinde wird heute<br />

von der Provinz Trient und der italienischen Regierung für die wirtschaftliche, kulturelle und<br />

soziale Entwicklung finanziell unterstützt. So restaurierte der Bürgermeister das „Haus von<br />

Prükk: 's haus von Lusernar" und machte aus diesem typischen cimbrischen Bauernhaus aus<br />

dem 19. Jahrhundert ein cimbrisches Kulturzentrum, ein Heimatmuseum mit Darstellung der<br />

Wohn- und Lebensverhältnisse aus früheren Zeiten. Es bietet mit seiner Originalausstattung<br />

einen Ausschnitt aus dem traditionellen Alltag von Lusern. Ein Dokumentationszentrum zeigt<br />

geschichtliche Ereignisse und die Geschichte von Lusern und ihrer umliegenden Gebiete. Die<br />

Ausstellung möchte an die größte Schlacht in den Bergen, die vor 90 Jahren stattgefunden<br />

hat, erinnern. Es gibt eine kleine Pinakothek, in .der Künstler, vor allem Maler, ihre Werke<br />

präsentieren können. In der Gemeinde existieren zwei Chöre. Man entdeckt zweisprachige<br />

Hinweistafeln, auch die Straßennamen und der Dorfplatz sind zweisprachig.<br />

In der Schule ist italienisch die Unterrichtssprache. Es fehlt an einheimischen Lehrern, die<br />

Cimbrisch beherrschen und die heimische Kultur mit- und nachempfinden. Doch werden im<br />

Kindergarten die Kinder von einer „muttersprachlichen Tante" betreut. Die Gemeinde führt für<br />

alle, die sich der cimbrischen Sprache nähern wollen, Cimbrischkurse durch, die auf Grund<br />

des Gesetzes zum Schutz der Sprachminderheiten finanziert werden. Beim Mittagessen trug<br />

der cimbrisch wie hochdeutsch sprechende Dichter und Sänger Adolf NICOLUSSI ZATTA als<br />

zusätzliches Schmankerl in gekonnter Manier cimbrische Gedichte und Geschichten vor.<br />

Über zwei Drittel der Luserner führen den Namen Nicolussi, eine Form von Nicolaus. Um die<br />

Familien mit gleichen Namen unterscheiden zu können, gebrauchen sie Beinamen. So Namen<br />

wie Nicolussi Castellan, Nicolussi Rossi, Nicolussi Moar und andere wie Gasperi Draizene,<br />

Casperi Knapp und Gasperi Pecher. Bei der Gemeinderatswahl vor einigen Jahren hießen 25<br />

der 30 Kandidaten Nicolussi.<br />

Obwohl der Aufenthalt in Lusern eigentlich kurz war, nahmen die Besucher bleibende Eindrücke<br />

mit und versprachen beim Abschied, Lusern bestimmt nicht zu vergessen und bald wieder zu<br />

kommen.<br />

Wie im letzten Jahr kam der Bus auch diesmal bei strömendem Regen in München an. Die<br />

Münchner Gruppe bedankte sich beim rührigen Kuratoriumsvorsitzenden Josef SEIDL und<br />

seinem bewährten Schatzmeister Karl BRAUN für die ausgezeichnete Organisation und<br />

Betreuung und wünschte dem Landshuter Ensemble angenehme Weiterfahrt und glückliches<br />

Heimkommen.<br />

Cimbernland 36/<strong>2013</strong>

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