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Rückblick1999-2013_HP

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70%, die in Giazza cimbrisch sprachen, sind es heute weniger als 15%. Ihren Lebensunterhalt<br />

verdienten die Cimbern hauptsächlich mit Schafzucht, mit Holzfällen und mit der Herstellung<br />

von Holzkohle.<br />

Die Dreizehn Gemeinden haben zum Großteil schon vor den Sieben Gemeinden (Sette Comuni)<br />

ihr Deutschtum eingebüßt. Im August 1968 sprachen nur noch wenige Leute in Ljetzan-Giazza<br />

und in einigen umliegenden Weilern cimbrisch-deutsch. Auf der Suche nach cimbrischem<br />

Sprachmaterial wanderte der Schreiber dieser Zeilen an einem Abend hinauf zu einem Senner,<br />

der von Einheimischen als kompetent empfohlen war, um letztlich tief enttäuscht zu werden.<br />

Der Senner sprach keineswegs originäres Tautsch, sondern Bairisch-Münchnerisch: er war<br />

mehrere Jahre als Gastarbeiter beim U-Bahnbau in München.<br />

Im Sommer 1968 drehte das Bayerische Fernsehen mit Hugo RESCH den Film „Terra Cimbra",<br />

was letztlich auch zur Gründung des Kuratoriums führte. Da wurden die Beteiligten Zeugen<br />

eines Diskurs' zweier Cimbern: ,,Bar muassan reidan italian - die heare verstean us niat, dia<br />

reidan tedesco/" (Wir müssen italienisch reden, die Herren verstehen uns nicht, die reden<br />

deutsch!)<br />

Die diesjährige Informationsreise war, wie schon die letztjährige Fahrt zu den Sieben Gemeinden<br />

nach Roban-Roana, ein Besuch bei Verwandten; denn die Bewohner der Terra Cimbra sind<br />

Nachfahren der Bayern, die sich vor 1000 Jahren aus dem Gebiet um Benediktbeuern hier im<br />

lllasital niedergelassen haben. Da nur noch einige alte Bewohner das Cimbrische beherrschen,<br />

war es gleichsam eine Visite „am Sterbebett" der deutschen Sprache bei den Vettern in den<br />

XIII Gemeinden, in den Draitzen Kamaun 'un Beam. Zur Prognose des „Sprachtodes" schreibt<br />

schon der bayerische Sprachforscher Joh. Andreas SCHMELLER 1833/37: ,,Der Schnee<br />

nordischer Rede schmolz in den milden, verkehrreichen bevölkerten Thalgegenden; er hat<br />

sich nur auf den Höhen (. .. ) zu erhalten vermocht. Und dieses Schmelzen, das wir vor unsern<br />

Augen unaufhörlich fortgesetzt sehen, wird nach einigen Generationen auch noch die letzten<br />

Reste unrettbar dahingenommen haben."<br />

Als SCHMELLER am 30. September 1833 zum erstenmal den schmalen Saumpfad vom<br />

Astico-Tal aus hinaufging, ,,um noch diese Nacht anzulangen im gelobten Lande meiner<br />

Neugierde", vermerkt er schwärmerisch in seinen Tagebuchaufzeichnungen: ,,Die Sprache<br />

war bald wälsch, bald - zu meiner größten Freude - ein unabgefragtes freyes frankes Deutsch<br />

in vollständigen Sätzen, die ich jedoch nur theilweise begriff. Als wir die Hochebene erreichten,<br />

der Vollmond uns in seinem ganzen Glanze entgegenschien, und Capa Antonio (sein Begleiter)<br />

ausrief: Der Mano leüchtet aso hüpesch! War mir als sey ich hinaufgestiegen in das Land und<br />

in die Zeit der Minnesinger, ja in die der Notkere und Otfride."<br />

Die älteste Urkunde, die die XIII Gemeinden betrifft, wurde von SCHMELLER 1849 in<br />

zwei lateinischen Codices (Clm 4547 und Clm 4588) des oberbayerischen Kloster-Stiftes<br />

Benediktbeuern in der Bayer. Staatsbibliothek entdeckt. In der Handschrift Clm 4547 findet<br />

sich eine Notiz aus dem 11. Jahrhundert. 1 Aus ihr geht hervor, dass zwischen 1053 und<br />

1063 wegen der in Bayern herrschenden Hungersnot zahlreiche leibeigene Familien des<br />

Klosters, etwa 120-240 Personen aus dem Einzugsgebiet von Würm und Amper nach Verona<br />

1 Abgedruckt auch in: Johann Andreas Schmeller's sogenanntes Cimbrisches Wörterbuch(..,) Mit Einleitung und Zusätzen im Auftrage der<br />

Kais. Akademie der Wissenschaften herausgegeben von JOSEPH BERGMANN. Wien 1855. 144-147 Vgl. auch R.J. BRUNNER, 1990,<br />

Sehmetier und die Zimbern, !n: Oberpfälzer Heimat, 34, 135. (Weiden/Opf.).<br />

Cimbernland 32/<strong>2013</strong>

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