Rückblick1999-2013_HP
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Besuch bei den Cimbern im Gebiet um Ljetzan-Giazza und in Lusern<br />
Informationsfahrt des Bayerischen<br />
Cimbern-Kuratoriums München/Landshut<br />
vom 29. September bis 1. Oktober 2006<br />
RICHARD J. BRUNNER<br />
Die Informationsfahrt für Mitglieder und Freunde des 1968 gegründeten Bayerischen Cimbern<br />
Kuratoriums mit ihrem Vorsitzenden Josef SEIDL führte diesmal vom 29. September bis<br />
1. Oktober 2006 in das Gebiet der Dreizehn Gemeinden (Tredici Comuni) um Ljetzan-Giazza<br />
und zum südlichsten Zipfel der Hochebene von Vilgereuth (Folgaria) und Lafraun (Lavarone)<br />
nach Lusern. Während der Fahrt informierten im Autobus Richard BRUNNER und Reinhard<br />
HEYDENREUTER, die Teilnehmer über Geschichte und Sprache der Cimbern. Es ist fast<br />
schon ein ungeschriebenes Gesetz, dass die Reisegesellschaft unterwegs in San Michele<br />
beim langjährigen Kuratoriumsmitglied Familie ZENI zum opulenten Mittagessen einkehrt.<br />
Dort in San Michele an der Etsch mit seinem berühmten Volkskundemuseum unterzeichneten<br />
am 26. Januar 2001 die drei Landeshauptleute der Euroregion Tirol-Südtirol-Trentino die<br />
Alpendeklaration, die ihrer Eigenständigkeit besonderen Ausdruck verleihen soll: ,,Die<br />
Erhaltung der gewachsenen kulturellen Strukturen sowie die Pflege des Kulturerbes und<br />
der verschiedenen Sprachen und Dialekte sind zu unterstützen. Dies gilt insbesondere für<br />
die in der autonomen Provinz Bozen-Südtirol und der autonomen Provinz Trient lebenden<br />
sprachlichen Minderheiten der Ladiner, Zimbern und Fersentaler."<br />
Über das Soavegebiet entlang der Straße der Piemontkirsche ging die Fahrt weiter nach<br />
Ljetzan-Giazza (758 m), eine Fraktion der Gemeinde Selva di Progno, 44 km östlich von<br />
Verona. Es ist eine sanft ansteigende Landschaft mit Wein- und Kirschgärten, Oliven- und<br />
Granatäpfelbäumen, Zypressen und Edelkastanien, die in höheren Lagen von Buchen und<br />
Buschwerk abgelöst werden. Die höchsten Erhebungen erreichen zwischen 1800 und 2259<br />
Meter. Nördlich von Verona erstreckt sich das von tiefen Längstälern durchfurchte Gebiet<br />
der Lessinischen Berge, über das die dreizehn cimbrischen Gemeinden verstreut sind. Die<br />
Namen der XIII. Gemeinden tragen keineswegs einen germanischen Charakter. Allerdings ist<br />
zu bedenken, dass sie uns nur aus dem veronesischen Schrifttum überliefert sind, woraus<br />
natürlich nicht hervorgeht, wie die Cimbern selbst die Siedlungen in ihrer Sprache bezeichnet<br />
haben: Velo Veronese, Val di Porro, Azzarino, Rovere di Velo, heute Rovere Veronese genannt,<br />
Camposilvano, Selva di Progno, cimbrisch Prugne, San Bartolomeo Tedesco, Badia Calvanae,<br />
cimbrisch Galwein oder Mabado, einst Sitz der Gerichtsstätte, San Mauro di Saline, nach<br />
dem hl. Moritz, Bischof von Verona benannt, Chiesanuova, cimbrisch Nuagankirchan (Neue<br />
Kirchen), Tavernola, Erbezzo, eine seit dem 11. Jahrhundert bestehende Burg, und schließlich<br />
Cerro Veronese. Diese dreizehn Gemeinden wurden 1403 in ein „Vikariat" vereint, das als<br />
das „Vicariatus Montenarum Theutonicorum" bezeichnet wurde. Und dann geht der „Europa<br />
Fernwanderweg E Nr. 5 „Bodensee-Adria" von Palai über Lusern bis Giazza, dem cimbrischen<br />
Lietzen und weiter über die Lessinischen Berge nach Erbezzo durch das Cimbernland.<br />
Das Gebirgsdorf Giazza, im oberen lllasital gelegen, wo die Bäche von Rivolto und Fraselle<br />
zusammenfließen, zählt knapp 200 freundliche und aufgeschlossene Einwohner, von denen<br />
noch etwa 30 ältere cimbrisch sprechen. Ihre Vorfahren bekannten einmal voll Stolz „bar<br />
reiden tautsch", wir sprechen Deutsch, während die Bewohner von Mezzaselva, Castelleto<br />
und Roana in den Sieben Gemeinden „toitsch prechtan". Waren es im Jahre 1919 noch über<br />
Cimbernland 31/<strong>2013</strong>