13.12.2012 Aufrufe

Institut für Evangelische Aszetik - Augustana-Hochschule ...

Institut für Evangelische Aszetik - Augustana-Hochschule ...

Institut für Evangelische Aszetik - Augustana-Hochschule ...

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

N A C H G E F R A G T<br />

Interview mit Professor Dr. Richard Riess<br />

Prof. Dipl.-Psych. Dr. Richard Riess, ge-<br />

boren 1937, ist emeritierter Professor <strong>für</strong><br />

Praktische Theologie an der augustana-<br />

<strong>Hochschule</strong> Neuendettelsau. Er widmet<br />

sich insbesondere der Beziehung der<br />

Theologie zur Medizin und den Humanwis-<br />

senschaften, zur zeitgenössischen Litera-<br />

tur, zur bildenden Kunst und zur Spiritualität<br />

in der modernen Welt. Richard Riess ist<br />

Autor zahlreicher Veröffentlichungen und<br />

lebt in Erlangen.<br />

4 1.2010<br />

augustana: Herr Prof. Riess, ich begrüße Sie sehr herzlich zu diesem Interview mit<br />

dem augustana Newsletter. Sie haben 1963 das 1.Examen abgelegt, haben Diakoniewissenschaften<br />

studiert, eine pastoralpsychologische Ausbildung und dann eine<br />

Lehranalyse gemacht. Von 1979 bis 2003 lehrten Sie als Professor an der augustana.<br />

Eine Generation von Theologen wurde von Ihnen als Professor <strong>für</strong> Praktische Theologie<br />

begleitet. Wenn Sie an die Zeit an der augustana zurückblicken, was kommt<br />

Ihnen dann vor Augen?<br />

Riess: Eine sehr intensive Zeit mit all den Möglichkeiten, die eine Campushochschule<br />

bietet. Ich denke, der Schlüssel ist es, Kommunikation einzuüben, zu erlernen, zu<br />

verbessern und sich zu vergewissern, warum man Theologie studiert und welche<br />

Vision man mit diesem Beruf im Blick hat. Mir ist immer mehr deutlich geworden,<br />

dass wir Menschen stark sprachliche Wesen sind und einerseits die verbale Sprache<br />

brauchen, aber auch das nonverbale Moment ausbilden sollten.<br />

augustana: Sie haben zum Thema Pfarrberuf viel geforscht und viele Studierende<br />

begleitet. Was war Ihnen wichtig?<br />

Riess: Nach einem Aufenthalt in den Vereinigten Staaten leistete ich zunächst Gemeindedienst<br />

in München. Angeregt durch junge Leute, die sehr lebendig in der<br />

Gemeinde mitarbeiteten, habe ich damals die ersten modernen Gottesdienste mitveranstaltet.<br />

Mein Hauptmotiv war, das Pfarrerbild in Richtung eines bestimmten Berufsstandes<br />

zu formen. Ich verstand mich als „Facilitator“, also als ein „Ermöglicher“<br />

der Anstöße aufnimmmt und auch selbst vermittelt.<br />

augustana: Im Moment ist es aber doch leider so, dass man meint feststellen zu<br />

müssen, dass der „Burn-out“ im Pfarrberuf wieder zunehme.<br />

Riess: Ich denke, alles was mit strukturellen Veränderungen zusammenhängt geht<br />

zulasten der Pfarrerinnen und Pfarrer. Man kann eigentlich nicht sagen, dass ähnlich<br />

wie in den USA, Entlastungsmechanismen eingeführt wurden. Im Gegenteil wurde<br />

immer mehr Last auf die Schultern der Pfarrerinnen und Pfarrer gelegt: Von außen her<br />

hat man die Rolle nicht erleichtert sondern -vielleicht auch notgedrungen angesichts<br />

der finanziellen Situation- eher erschwert. Ich denke, dass viele Pfarrer sich hier auch<br />

alleingelassen fühlen, weil vieles wegbricht, was man früher unter dem Stichwort<br />

geistliche Vergewisserung kannte. Außerdem denke ich, dass viele Pfarrerinnen und<br />

Pfarrer in einen gewissen Kompetenzdruck geraten sind. An allen Ecken und Enden<br />

werden Idealbilder aufgebaut: der ideale Religionspädagoge, der ideale Seelsorger,<br />

der ideale Prediger. Überall will man den Spezialisten, aber die Tätigkeit die Pfarrerinnen<br />

und Pfarrer Tag <strong>für</strong> Tag verrichten, wird weitestgehend unterschätzt. Nur die<br />

großen Schreier werden gewürdigt. Es wird sehr viel Erwartungshaltung auf Pfarrer<br />

projiziert, im Sinne des idealen Berufes. Durch diesen –wie die Analyse sagt- „Überich-Druck“<br />

wird viel Müdigkeit bis hin zum Burn-out erzeugt. Ich glaube die „burn-out“<br />

Geschichte hängt stark daran, dass viele sich nicht mehr persönlich beachtet fühlen.<br />

augustana: Sie haben ein Buch mit dem Titel „Haus in der Zeit“ herausgegeben.<br />

Wenn man neu in die Gemeinde kommt, stellen Menschen oft wohlwollend fest,<br />

dass im Pfarrhaus wieder Licht brennt. Pfarrhäuser haben in der Wahrnehmung der<br />

Gemeinden einen besonderen Stellenwert. Hat sich das verändert?

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!