Pauline Hunzinger - Gedanken - Yumpu
Gedanken: Eine Sammlung von Gedichten Gedanken: Eine Sammlung von Gedichten
Pauline Hunzinger GEDANKEN Verlag für Text- und Bildmedien Theodor Gerdon
- Seite 2 und 3: Verlagsangaben Verlag für Text- un
- Seite 4 und 5: MENSCH UNN NATUR 30 ZÜNDE DIE KERZ
- Seite 6 und 7: • Denn meine Gedanken Zerreißen
- Seite 8 und 9: NULL - RUNDE Februar 2012 Geh mer f
- Seite 10 und 11: Do bin isch ganz siddich (still), i
- Seite 12 und 13: verwachsen. Die Stümpfe, Zeugen de
- Seite 14 und 15: VERTRAUEN Alpha und Omega, Geheimni
- Seite 16 und 17: PFLANZE 17. Feb. 2017 Liebe ist Bl
- Seite 18 und 19: SCHÖPFUNG 22. Feb. 2017 Ja, wie la
- Seite 20 und 21: Der Mensch meines ganzen Vertrauns,
- Seite 22 und 23: STILLER KLANG 24. Januar 2017 Still
- Seite 24 und 25: JAHRESWENDE 1. Januar 2013 Bin do g
- Seite 26 und 27: die Knospen der Bäume, ein blauer
- Seite 28 und 29: Papier zu beschreiben, Augenblicke
- Seite 30 und 31: mit de Mudder vunn Kindsbää aa, u
- Seite 32 und 33: Ein Blick durchs Zeitenfenster roll
- Seite 34 und 35: SCHMETTERLING Als Schmetterling dah
- Seite 36 und 37: zum Advent bereit im Erwaarde. So G
- Seite 38 und 39: Unn nemm ich Hut unn Wannerstock, g
- Seite 40 und 41: näuel mit ihrem zarten Flaum gesch
- Seite 42 und 43: Dann bobberts unn macht Ferz wie e
- Seite 44 und 45: Wer liebt sei Städtel, scheenie H
- Seite 46 und 47: Wer d Häämet liebt, ihr Mundoart
- Seite 48 und 49: DER HEIMATGEMEINDE ZUM GEDENKEN Gel
- Seite 50 und 51: Gib in die Herzen, du gütiger Gott
<strong>Pauline</strong> <strong>Hunzinger</strong><br />
GEDANKEN<br />
Verlag für Text- und Bildmedien Theodor Gerdon
Verlagsangaben<br />
Verlag für Text- und Bildmedien Theodor Gerdon<br />
Biberacher Str. 3<br />
88410 Bad Wurzach<br />
Deutschland<br />
Mobil: 0151 40764189<br />
E-Mail: verlag@itandmore.eu<br />
Internet: www.itandmore.eu<br />
• Autorin: <strong>Pauline</strong> <strong>Hunzinger</strong><br />
• Lektorat: Christa Wilhelm M.A.<br />
• Design, Layout, Umschlaggestaltung und Satz: Theodor Gerdon<br />
ISBN: 978-3-947150-03-8<br />
1. durchgesehene Auflage 2017<br />
© Verlag für Text- und Bildmedien Theodor Gerdon<br />
Alle Rechte vorbehalten. Alle Rechte stehen unter dem internationalen<br />
Copyright-Gesetz. Inhalt und/oder Umschlag dürfen im Gesamten<br />
oder auszugsweise nur mit ausdrücklicher schriftlicher Genehmigung<br />
des Herausgebers wiedergegeben werden.<br />
Druck und Bindung: Frick Kreativbüro & Onlinedruckerei e.K.<br />
86381 Krumbach, Deutschland<br />
http://www.online-druck.biz<br />
Printed in Germany
Inhaltsverzeichnis<br />
NULL – RUNDE 8<br />
PÄLZISCH LÄWE 9<br />
SCHREIBEN 11<br />
PARIS 13<br />
VERTRAUEN 14<br />
RIEU 2016 14<br />
GRENZEN 15<br />
PFLANZE 16<br />
MARIENPLATZ MÜNCHEN 16<br />
VOGELSTERBEN 17<br />
SCHÖPFUNG 18<br />
DIE PARTY BEGINNT 18<br />
SEHNSUCHT GLÜHT 19<br />
DA WAR LICHT 19<br />
SACKGASS 20<br />
STILLER KLANG 22<br />
EN SCHLORBSER NEMME 22<br />
JAHRESWENDE 24<br />
DE VALENTINSDAACH 24<br />
IM LICHTEN BLAU 25<br />
SUMMERSUNN 26<br />
15. Dezember 2011 27<br />
PÄLZISCHER KAVALIER 28
MENSCH UNN NATUR 30<br />
ZÜNDE DIE KERZE 31<br />
DIE ALTE EICHE 31<br />
DIE ZEIT 32<br />
SCHMETTERLING 34<br />
ADVENT 35<br />
ALLES IM TEMPO 36<br />
BERGZAWWERE 37<br />
HIWWE UNN DRIWWE 38<br />
S LÄWENSFRÄCKEL 41<br />
S HERZ BOBBERT 41<br />
ROSENTAGE 43<br />
VUNN HIWWE UNN DRIWWE 44<br />
DAS KREUZ ZUM GEDENKEN 46<br />
DER HEIMATGEMEINDE ZUM GEDENKEN 48<br />
ZUM GEDENKEN 49<br />
DIE BANK AM GRAB<br />
DES UNBEKANNTEN SOLDATEN 51<br />
ZUM GEDENKEN - 50 JAHRE DANACH 53<br />
WEISS 54<br />
WEIHNACHT 55<br />
SONNE PUR 56<br />
7. Juli 2015 57<br />
18. Juli 2015 58<br />
22. Juli 2015 58
1. August 2015 60<br />
20. September 1982 61<br />
17. September 1982 62<br />
2. ADVENTSSONNTAG 2015,<br />
im Seniorenheim Edenkoben 62<br />
ADVENT, WARTEN 66<br />
IM SENIORENHEIM EDENKOBEN 68<br />
30. April 2016 70<br />
2. Mai 2016 71<br />
21. Januar 2017 74<br />
3. Oktober 75<br />
Quellenangaben 76
•<br />
Denn meine <strong>Gedanken</strong><br />
Zerreißen die Schranken<br />
Und Mauern entzwei:<br />
Die <strong>Gedanken</strong> sind frei.<br />
Deutsches Volkslied über die <strong>Gedanken</strong>freiheit<br />
erstmals veröffentlicht um 1780<br />
Fassung um 1800<br />
•
Urheber: Giorgiomantoan<br />
English: mind and brain
NULL – RUNDE<br />
Februar 2012<br />
Geh mer fort mit denne Null-Runde-Dreher, de Deifel soll se hole,<br />
die Rentekass-Schinner! Wem seschd noch äbbes gläwe! M e r henn<br />
Nullrunde gschowe als Grenzlandkinner! Hetten mer ää e hecherie<br />
Schul g’hatt! Schulhaus unn Häämet vum Krieg platt abg’fackelt –<br />
Grenzlandzone! S war kä Drääm, awer mer liebt halt sei Dehääm.<br />
Die Kinner vun domols sinn heit mer, die Alde. Die Nullrundeschinner<br />
dun uns verwalde – de demographische Wannel. Sellemols<br />
zwämol evakuiert, dann zurigg vum Frankeland. Zwä Stubbe unn e<br />
Mutter mit fünf Kinner, de Vadder in Frankreich g’fange, bis zum<br />
Jänner 1948 Kriegsangscht unn Hunger. Grumbeere g’schduppelt,<br />
Ähre gelese, Hoppe gezoppt. Mit’m Sammelzuuch ab Winne (Winden)<br />
bis Stroßburch nuff, dann verdäält! Stroßburch, dann Franke nei,<br />
de Maire hot uns uffgelade. Dann 14 Daach in de Scheierdenn gsesse<br />
unn Hoppe gezoppt, bis de Korb g’fillt war, unn dann uffs Esse g’frät!<br />
Joggebäwwel als Mutterersatz, alde Lieder gsunge von morchens 7 bis<br />
owends 7 uhne Langweil - - uvergesse! „Wu s Derfel traut zu Ende<br />
geht unn de Lindebäm.“ Unn die Träne sinn gerollt, unn s Häämweh<br />
hot mich geploocht.<br />
Sechs Mädle in änere Stubb, immer zwä in ääm Bett, doch es ging<br />
gut. S beschde Meddachesse seit’s ähm gedenkt nochm Krieg. Satt<br />
gesse und gschlofe im Wechselspiel, sellie Zeit. Unn heit guggsch s<br />
Gässel längs unn zerigg, was hot sich alles verännert! De Herbscht<br />
ziecht iwwers Land, unn in de Zeidungs lieschs „Haus zu verkääfe“.<br />
De alde Demographische Wannel uhne Wert. De Deihenker (Teufel)<br />
sell se hole! Nullrunde gschowwe, unn heid?- - - S esch rum, des<br />
Rentners Glick.<br />
Nämmschs, iwwerhaupt, sei sefridde unn lääb!<br />
8
PÄLZISCH LÄWE<br />
Oktober 2007<br />
Solang ähm s Herz bobbert, de Berzel ähm brummt, die Kniekehl als<br />
schloddern unn s Hernkäschdel gsund.<br />
Solang du kannsch selwer dei Salz in die Supp, dei Grumbeere brotzle,<br />
gäbsch deim Ich ää en Ruck.<br />
Solang du kannsch trinke, genieß’n, dein Schluck, de änd määnt jell<br />
unn sell, dann geb der en Ruck.<br />
De änd sachd: Der Spinner, unn du kannsch driwwer lächle, ischs<br />
klor der vun inne. Sell trachs mit Humor dei äächene Schwächle.<br />
So kannsch du ää lenke dei eichenes Gschick, em Herrgottel danke<br />
fers greeschde Glick.<br />
Die Welt bleibt die alt, de Mensch kummt unn geht. Sei froh, wanns<br />
Herz bobbert unn de Berzel ä flöt’.<br />
Doch wanns nit grad ähm so wuhl isch, klags Gott unn de Wand.<br />
Unn sell wanns erchendwu zwickt, dann spiel nit glei verrickt!<br />
Drum sei zefridde ä wanns Herz bobbert. Nemm än Schluck Palzmedizin,<br />
unn Gorchel nabb, ruck-zuck. Bleib uff Zack mit all dene<br />
Macke unn frää dich am Daach unn ziech aa denne Frack. Kümmer<br />
dich du um dich!<br />
Ich hugg so gern in gsellicher Rund, gugg um mich rum und betracht’s,<br />
simmelier driwwer nooch iwwer die vergangene Zeit.<br />
Schunn isch de erschde Jänner 2007, wer ischn jetzt wer? Er, Sie oder<br />
Seller? Du ännerscht nit s Wetter unn s Leid. De Vollmond vum<br />
Himmel rab lacht.<br />
9
Do bin isch ganz siddich (still), im Kerzeschai nit allä,<br />
de Vadder Riesling im Glas lacht!<br />
Ganz allmählich fillt sich die Winzerstubb, unn de Duft vunn de<br />
Kich ziecht dorch die Nacht.<br />
Do hugg ich unn horch drunner nei, sehn mer die Gsichder aa, nit<br />
jeder lacht. S isch Leid unner de Leit, wanns betrachsch. Ä wohlisches<br />
Sinne im Kerzeschai.<br />
Du sähnsch unn simmeliersch driwwer nei unn frääsch dich. S gäbbt<br />
Bruttler unn Spießer, s gäbbt Gelehrde unn Umgekehrde.<br />
Volle unn leere Flasche an de Eischenk stehn. „Sinner ää do?“ De<br />
Peter unn de Philipp lescher unn adrett. Unn Bawedd schlierft unn<br />
spitzt ehr Schnut, ganz perfekt uffgemacht!<br />
Vun de Rebschul her hosch e paar Semeschder gelehrich studiert unn<br />
bedacht, du kennsch vun de Veredler unn vun de Mudderrewe die<br />
Namme all.<br />
Unn ich häb an mei Kamme Anna im Stille gedacht. De Stammvadder<br />
isch de Riesling, ja, horch ner mol drunner nei.<br />
Kimmer du dich um dich! Ehr Ääche henn gschmunzelt unn gelacht.<br />
Sie war unn sie bleibt in Erinnerung, die Menschekenntnis beacht. In<br />
Gleishorbach – Gott häb se selich.<br />
Ehr rosiche Äppelbäckle ganz ehrlich; vum Läwe gegerbt,<br />
doch fröhlich.<br />
Ehrm Standpunkt getreu in de 50 Johr.<br />
An de Kerwe de Zuckerbrotstand war begehrt.<br />
So lieb ich die Rund in de Winzerstubb. S isch läwensbelehrlich.<br />
Gäbbsch der ä Rund fer Seller unn Jeller. Will misch äner fobbe, sähn<br />
ich die Anna unn denk an ehrn Spruch: Kimmer dich du um dich!<br />
10
Unn ich denk an die Lehr unn de Anna ehrn sinnicher Spruch.<br />
In sällere Zeit die Scheureb gebore. Veredelt, gepfropft, e neii Sort<br />
Woi.<br />
Des Edelreis in de Rebschul am Pischderberch, die Zucht gar sinnich<br />
beacht.<br />
SCHREIBEN<br />
März 2016<br />
Schreiben ist befreien, Vergangenes festhalten, ein Spiel, wie die Würfel<br />
fallen, der Kreisel dreht sich. Spielen, suchen. Die Sucht sucht.<br />
Der Automat, unberechenbar, die Buchstaben aneinander gereiht.<br />
Versucht, suchen, den <strong>Gedanken</strong>knäuel auseinander zu wirren.<br />
Entwirrend den Faden zu finden. Die des Schicksals Flügel trugen,<br />
trügen. Den Wollknäuel der Vergangenheit entrümpeln, um nicht zu<br />
vergessen. Sich von Altlasten befreien, ein Laster der Sinne, in Buchstaben<br />
und Worten aneinander zu reihen. Den Sinn zu ordnen, der<br />
Zeit zu entrinnen suchen.<br />
Die Zeit frisst alles Geschriebene, auch ein Spiel im Zeitenfenster.<br />
Schwarz auf weiß, der Spiegel spiegelt’s zurück, der Jahresreigen<br />
dreht. So ist Oktober, sachte färbt sich das Laub. Des Jahres Früchte<br />
sind gereift. Die Birnen am Steigenberg vom Windhof nach meinem<br />
Städtchen Weißenburg. Vom Alter gezeichnet, die Narben<br />
11
verwachsen. Die Stümpfe, Zeugen der Zeit. Grenzland, Land der<br />
Urväter Zeugen.<br />
Alternative – wie alt und tief, Lebensherbst. Schau den Schatten der<br />
Bäume, sie erzählen. Die alte Eisenchaise mit vier wackligen Rädern<br />
fährt bergab zum Umzug im Städtchen. Pfingsten. Erinnerungen wachzuhalten.<br />
Ich seh den Sonnenstrahl zwischen Haardt und Vogesen,<br />
ein Schattenspiel mal vor den Bäumen. Und am Abend der Sonnenuntergang<br />
über dem Geisberg. Heimatgefühle beiderseits meiner<br />
alten Lauter. Ja, auch der Rhein hat Niedrigwasser, doch die Lauter in<br />
ihrem alten Bett erzählt Geschichte.<br />
Elsaß, Pfalz, und die Suche, im Fahrwasser zu schippern, den Faden,<br />
der meinen Pfad durchzieht, mein Grenzland. Die roten Schuhe<br />
von Mama, die Wolle, Hopfen gezopft, der Vater mit fünf Kindern,<br />
Mme. Schimpf, die kleine Ziege über den Wiesenpfad geschmuggelt,<br />
Altenstadt, Schweighofen, Kapsweyer. Mein Vater beim Schreiner<br />
Louis, seinem Arbeitgeber, sieben Jahre mit dem Fahrrad täglich seine<br />
Arbeit absolviert, das Fahrrad oft bepackt trotz Grenzen.<br />
Noch gehst du den Pfad, den ewig alten, achtest darauf, die Erinnerung<br />
festzuhalten. Die Lauter fließt durchs Städtchen. Gehst über<br />
die Brücke und siehst die alten Waschsteine unserer Mütter und<br />
Urgroßmütter. Grenzen im Gedenken, Elsaß/Pfalz mit dem alten<br />
Gut, Mundart bewahren. Unseren Reichtum der Kultur zu gewähren<br />
in Ehren.<br />
12
PARIS<br />
21. Febr. 1982<br />
Es war in Paris, ja die Stadt der Welt, sah mit wachen Augen,<br />
was sich rings um mich gesellt. Und der Augenblick mich nie mehr<br />
verließ.<br />
Es war im Café an den Champs Elysées,<br />
da kam der kleine Blumenverkäufer René.<br />
Ich sah auf die Uhr, es war nach Mitternacht, die Augen sehr müde,<br />
in die ich seh’. Der Hunger trieb ihn, weiter zu gehen, die Blumen zu<br />
verkaufen, an den Schuhen die Jahre konnte man sehn.<br />
Die Lampions werfen den Schatten, der aufpasst. Das ganze Klischee<br />
in Lumpen gehüllt, der verschleierte Mensch.<br />
Der kleine Schatten ging von Tisch zu Tisch: Madame, fünf Francs!<br />
Die Maiglöckchen hängen die Köpfe, der Anblick tat weh und nahm,<br />
was ich seh.<br />
René’s Augen leuchteten: Merci, Madame!<br />
Der Schattenmann sah den kleinen René. Fünf Euro, der Tag war<br />
sehr lang.<br />
Er sah nach dem Schattenmann und musste gehen.<br />
Vom Fenster aus konnte ich schau’n, adieu Paris, ich muss gehen.<br />
Die Hand des kleinen René war eiskalt. Das war das Kind mit dem<br />
Clochard.<br />
O Weltstadt, so alt, ich vergaß nie den kleinen René. Was wird aus<br />
dem Kind?<br />
Das Kind in der großen Stadt Paris! Ich vergaß nie mehr die Millionenstadt<br />
und das Milieu.<br />
Aus, du Stadt der Träume, ade!<br />
13
VERTRAUEN<br />
Alpha und Omega,<br />
Geheimnisse halten, geh den Weg. Der Ton macht die Musik.<br />
Und wenn sich Töne vereinen, lebt die Geschichte Schritt für Schritt.<br />
Üben macht den Meister. Urteile nicht gewissenlos, habe Mut trotz<br />
Zweifeln.<br />
Wage den Schritt, Kultur muss leben.<br />
Klage nicht, streue Samen. Sorge dich nicht wie der kleine Vogel! Er<br />
lebt.<br />
Glauben, vertrauen; auch ein Dornbusch blüht, achte den Ton! Vögel<br />
singen wie auch die Nachtigall.<br />
RIEU 2016<br />
17. Febr. 2017<br />
Nach < La Traviata > schwingend, Geigen vereint. Genieße Sinne zu<br />
eignen, genieße schweigend.<br />
Er füllt den Chor, Stille im Saal. Leuchtende Gesichter, wie rauschende<br />
Seide.<br />
Leuchtende Lichter, tanzende Töne vereinen, lausch’ und genieße.<br />
Die kleine Flöte, ein sanfter Tusch, Gesang und Musik vereint. Lehár<br />
14
verarmte dabei, ungeniert des Teufels Krallen den Notenpack krallt.<br />
Léhar verarmt.<br />
So wie André Rieu den Geigenstock führt, galantes Naturgut, die<br />
Musik berauscht.<br />
Silvester-Konzert von André, Naturkind der Töne. Die kleine Flöte<br />
tiriliert, des Kuckucks Stimme, Mimik und Gestik vereint. Still,<br />
Stille. Franz Lehárs Wolgalied:<br />
Die lange, bange Einsamkeit, Silvester 2016. Hast du dort oben ein<br />
Englein für mich – die Geige weint – es sehnt doch mein Herz nach<br />
Liebe sich. Tränen, dein Herz pocht, es rauscht der Applaus.<br />
GRENZEN<br />
16. Feb. 2017<br />
Begrenzt-unbegrenzt-umgrenzt-eingegrenzt-ausgegrenzt-grenzenlos.<br />
Der Mensch braucht Freude. Unlust ist auch Angst. Quelle der Begierde<br />
ist auch Schmerz. Klug ist Freude. Philosophieren mit Freude<br />
ist schön. Im Verborgenen auszuleben, Ursachen ergründen. Glück<br />
ist Moral. Jugend, Glaube, Liebe, Tugend, Prinzip ist Moral. Das<br />
Gesuchte zu finden ist Glück. Theorie des Lebens ist Freisein von<br />
Schmerz. Die Kluft zwischen Schmerz ist Freude im Leben. Gerechte<br />
Kritik, Übung, nichts zu erwarten.<br />
Gefühltes Vertrauen, allgemeines Glück zu teilen. Hunger macht<br />
Angst. Suchen nach Sinn. Durchs Zeitenfenster schauen. Gefühle<br />
sind auch Angst. Sorgen Normen, Regeln, Kultur. Sinn suchen,<br />
Erwartungen aufbrechen. Die Suche ist Sucht. Sie trachten nach dem<br />
Himmel, wenn sie das Irdische im Sack verdeckt tragen.<br />
15
PFLANZE<br />
17. Feb. 2017<br />
Liebe ist Blühen, ein Frühlingstraum.<br />
Liebe, traget Frucht, pflanz den Apfelbaum.<br />
Ernte beide, ein Lebenvertraun.<br />
Gefühle, Liebe, Leben. Nütz die Zeit.<br />
Vergangenheit achten, Früchte tragen<br />
wie der Apfelbaum.<br />
MARIENPLATZ MÜNCHEN<br />
22. Feb. 2017<br />
Nächste Haltestelle Marienplatz München. Viele Touristen, seit<br />
Tagen auf die Tour gefreut. Dann gings los. München lag im dichten<br />
Nebelgrau. Hoppla, jetzt Marienplatz. Die Leute hatten alle den gleichen<br />
Trip, bestimmte Ziele, wer weiß! Lauter huschende Gestalten,<br />
Rucksacktouristen, Menschenschlangen.<br />
Doch dann - - - die Sonne kam durch den Nebel gekrochen und alles<br />
wird heller. Wieviele <strong>Gedanken</strong>gänge, unwahrscheinliches Tanzen<br />
der Freudengeister durcheinander. Marienplatz im Sonnenschein.<br />
Da steht das gelbe Dallmeyer-Gebäude, der Kaffee duftet, die Kaffeeduftnote<br />
zog zum Gebäude, jetzt ein Kaffee, der Dampf lockt.<br />
Dort am Zebrastreifen eine Politesse, da geht’s längs und quer über<br />
den Stachus. Nach dem diesigen Nebel erscheint alles heller. Der Kaf-<br />
16
feedampf schafft sich auch durchs Gewühle; da sitze ich und genieße.<br />
Alles ist heller. Die Gemütlichkeit der Menschen war zu sehen, ein<br />
lustiges Geschehen. Panorama um mich her, und die dritte Dallmeyer<br />
wärmte denTourist. Aber das Wetter und die Leute kann man nicht<br />
ändern. Schau um dich her!<br />
Dann erklang eine alte bayerische Bassstimme, so geht’s, und die<br />
Münchener sollen daheim bleiben, zum Deifie! Die Freude kam aus<br />
den Menschen, auch im Stau. Es wird schon werden.<br />
Der Marienplatz wie ein Ameisengewirr quer durch den Platz, und<br />
das Ganze machte echte Laune. Dann die Weißwürstle! Gestärkt, voller<br />
Begeisterung gings zum Bahnhof. Herrlich, das bayerische Flair!<br />
VOGELSTERBEN<br />
17. Jan 2017<br />
Stille Tage überall im Land, beacht’ man das Vogelsterben.<br />
Wie die Umfrage belehrt, ist der Vögel Tod.<br />
Bekannt das Amselsterben, die Flügel lahm,<br />
wo doch das Wetter so gut.<br />
Graue Nebeltage im November wohlbekannt.<br />
Dezember. Ganz zermatscht ist das Laub des Herbstes,<br />
längst der Blättertanz dahin.<br />
Weihnachtsreklame überspielt, doch mahnet der Amsel Sterben.<br />
Woran liegt’s?<br />
Der Weihnachtsglockenklang verklungen,<br />
doch der Amsel Sterben achtet ihn.<br />
17
SCHÖPFUNG<br />
22. Feb. 2017<br />
Ja, wie lange ists her, die Schöpfung;<br />
und täglich schöpft der Mensch ihr Gut.<br />
Überall ist nur Begehr.<br />
Immer mehr wollen, achte es, Mensch!<br />
Jeder Krug wird einmal leer.<br />
Ausgeschöpft, versauert, auch das Meer der Atome um dich her.<br />
Voller Unrat. Sammeln fällt den Menschen schwer.<br />
Acht des Landes sinnvoll Wehr.<br />
Es kann nicht Sinn der Schöpfung sein,<br />
immer mehr zu wollen. Des Herren Kraft bedachtsam sein.<br />
Jedes Land soll sich wehren und die Ehr’ vermehren.<br />
Nach nur einem Knopfdruck ist sie vorbei,<br />
der Schöpfung Ehr’.<br />
DIE PARTY BEGINNT<br />
Fee und Lea, Tanja, Jule, Modeschau passé.<br />
Die Größen verwachsen, ja Teenie-Größen ade!<br />
Es war einmal. Pillen geschluckt, wortlos ohne zu wirken.<br />
Diäten gespuckt; auch im hohen Fürstenhause<br />
herrscht die Sucht.<br />
Augen zu, Migräne, ok.<br />
Oberweite weitet, die Waschmaschine war zu heiß.<br />
Strumpfhose leidet bei 90°, die Perücke ersäuft.<br />
Die Starparade endet, Bahnhofsmission volles Haus.<br />
18
SEHNSUCHT GLÜHT<br />
Verdorrte Worte, Sehnsucht,<br />
und ist doch unter der Asche noch Glut.<br />
Strangulierte Wünsche.<br />
Die Fische liegen im See mit dem Bauch nach oben, glasige Augen.<br />
Sterbende Bäume im Wald. Körper und Geist nicht eine Gesinnung,<br />
in der sachte dunkelt der Abend.<br />
Angstgefühle, verdorrte Wünsche. Doch der Frühling kommt.<br />
Der Blüte Pracht lässt offen, denn unter der Asche ist Glut.<br />
Sehnsucht glüht.<br />
DA WAR LICHT<br />
9. Dez. 2015<br />
Versuche, die Schatten zu fangen,<br />
die mir des Lichtes Schein verdecken.<br />
Ja, wer hat schon das Verlangen, in grau und grau zu stecken!<br />
Wo Licht ist, fällt Schatten,<br />
ja erst Nacht, dann wird’s Tag. Uralte Natur, dein Gespiel<br />
das graue Zermatten. Ohne Wärme kein Wechselziel.<br />
Du fängst nicht den Schatten, eine Nebelwand staut.<br />
Schachmatt dein Spiel, ganz sachte gegangen.<br />
19
Der Mensch meines ganzen Vertrauns, den Schatten zu fangen.<br />
Wenn das Licht erlöscht im Tunnel, stillt nicht Dein Verlangen.<br />
Servus!<br />
Es ist, was es ist, Unsinn oder Unvernunft.<br />
Es ist, was es ist, sagt die Liebe. Achte der Worte, die du sprichst,<br />
nur Berechnung, Streit, Freude.<br />
Warum wird aus Liebe Schmerz?<br />
Einsicht und Aussicht – es ist, was es ist.<br />
Achte, die Liebe sagt, dass das Herz stolz ist.<br />
Lächerlich, es schmerzt.<br />
Die Vorsicht, Mutter der Weisheit. Wage nicht,<br />
nichts ist unmöglich, die Erfahrung achte!<br />
Besprich: Es ist, was es ist, sagt die Liebe, wirf nicht mit Steinen.<br />
Die Liebe ist wie Glas, das zerbricht.<br />
SACKGASS<br />
E Mensch, der in de Sackgass huckt<br />
hot oft prowiert unn rumgeguggt,<br />
wie soll er do drin wende!<br />
Er hot doch äfach nix verbockt,<br />
numme geguggt, s Läwe nit zu verpände.<br />
Die Heiser so in dere Gass,<br />
sinn allenfalls aus Lehm unn Stroh.<br />
Gut eigelebt in dere Gass,<br />
vum Aafang bis ans Ende.<br />
E Sackgass voll Erinnerung,<br />
unn wie sellsch a do drin wende!<br />
Bisch jo als Kind do drin gebore,<br />
20
die Heisle durch de Krieg verlore,<br />
do isch mei Pfad unn Muddersprooch,<br />
mei Mundoart hot mich nie geploocht.<br />
Mich hot do letschtzhie äni gfroocht,<br />
bei eich, do wird’s nie hell,<br />
die Finschdergass e Sack sei sell,<br />
macht do de Sunneschei ä hell?<br />
Ich wääß, de Kreisverkehr die Vorfahrt hat,<br />
un e hochie Schul hämmer ä nit ghat.<br />
Als Sackgassekind do nei gebore,<br />
zum Wende unn zum Wendegang,<br />
du simeliersch gar net lang.<br />
Zum Wende aagsetzt machsch ä Krääs,<br />
mei Mundoartsprooch, ja ja, ich wääß!<br />
Grenzland woar platt, die Heisle abgebrennt.<br />
Do steh ich in de Sackgass drin,<br />
des Krieges unsinnicher Sinn,<br />
die Sach isch weg, de Gass ehr Ende,<br />
vorbei unser Kinnerzeit – Ende!<br />
Schrecke unn Angscht dorch all die Zeitenwende.<br />
De Kreisverkehr, der reißt dich mit,<br />
die Vorfahrtsreechle all.<br />
Doch e Sackgass se krääse mundoartgerecht,<br />
mei Mundoart sitzt im Bauchgeflecht.<br />
E Sack voll Gedanke mundoartgerecht,<br />
nix manipuliert, ääfach nit wanke!<br />
In d’ Sackgass nei bugsiert,<br />
s isch alles echt, unn Finschdergass mei Häämetrecht.<br />
Seit 82 Johr mei Sinne unn Sei,<br />
seit ehms gedenkt.<br />
21
STILLER KLANG<br />
24. Januar 2017<br />
Still, stiller, Klangstille,<br />
bewegen oder stille stehn<br />
im Wechselschritt zu gehn.<br />
Wärme zieht durch den Raum, Hände halten sich.<br />
Geh mit! Absätze klappern, Gefühle im Stau,<br />
kein Glanz in den Augen, still, Stille im Raum.<br />
Und doch, die Blume blüht.<br />
Blicke auf! Still führt der Tänzer durch den Traum.<br />
Still, Stille! Doch es klingt durch den Raum des Tänzers Traum.<br />
EN SCHLORBSER NEMME<br />
Do will mer immer so fei sei!<br />
Gehsch emol uff die Weiprob en Schlorbser nemme.<br />
Horch drunner nei: Vun jedere Weiprob muss en volle Schlorbser sei.<br />
Määnsch, die Herrschafde spauchen.<br />
Erscht schwenke im Gläsel, iwwers Zingel teschte<br />
unn schlicke nit debei.<br />
Manche brauchen kän Spucknapf, gäll, wer spaucht, isch net fei.<br />
Heerschs? Hab gelauscht dodebei.<br />
Dann nemm denne Schlorbser,<br />
seller isch ä Kenner!<br />
Do hör ich: kernich unn süffich, e Strich uff de Lischt<br />
Ä Ääch wacht unn guckt uff denn unn seller.<br />
22
De Sell isch kä Kläner. Doch s wird kä Schluck groozisch.<br />
S Fläschel werd ausgewringelt unn abgschleckt mit’m Zingel.<br />
Am Sünneberch dut mer jo ä gar net so fei gschniggeld.<br />
Es wär ähm jo fascht die Gorchel ausgedriggelt.<br />
Do schlorbsen die Hochwohlgeborene,<br />
sähnsch ach die Pälzer Schnude,<br />
sähnsch die Gorchelzäpfel schlugge,<br />
ä Meilsche voll ausm Gläsel,<br />
wer detsn ä ääfach spugge!<br />
Zwölf mol prowiere,musch ääfach alsemol schlugge.<br />
Ich habs Du beacht unn geguggt unn die Ääche betracht,<br />
en Schlorbser genumme, de Traminer im Göschel rumgschwenkt.<br />
De Gorchelzappe bewegt sich, obwohl er ihn schlorbst.<br />
De ganze Buggel, es Hern hot nuffgezoche.<br />
Ma mussn halt schlorbse, unn de Wei ä belehrt unn kredenzt.<br />
Uffm Sunneberchel so e Prob, ganz uhne Stehkraache,<br />
unn e Schlepfel se glänze, in de Sunn de Wei funkelt,<br />
sähnsch Bagge glänze.<br />
Ich saach eich, solang derf ma schlorbse, bekenns,<br />
so en richdicher Schlorbser, ä Göschel voll, nemms!<br />
Prost!<br />
23
JAHRESWENDE<br />
1. Januar 2013<br />
Bin do ghuggt ganz siddich im Kerzeschei, häbs Flämmel beacht unn<br />
bewacht.<br />
Alles so siddich um mich her. Do hab ich ganz ruhich zu mer gsachd:<br />
So ziecht ehm des Reschtl Läwe dohie. S Kerzel abgebrennt. Des<br />
Läwens Daache! Du wersch sachte klänner, wachswääch s Gemiet,<br />
seltsam, mancher Daach unn manchie Nacht. Mer schreiwens Johr<br />
dreizeh, die Zeit geht dohie. Doch s Kerzel, nocht brennts, so siddich<br />
nemmts ab. Doch bleibt e Schdimpel. Hoffe, solang s Seelelicht brennt!<br />
S Lichtel tanzt her unn hie, Jesses Marie!<br />
Vorm Fenschder do blitzts unn dunnerts unn krachts. Johreswende,<br />
en Schprung hots gemacht. Unn morche vielleicht ää d Sunn widder<br />
lacht so geche Morche. Stille um ehm her. Bin do ghuggt ganz siddich,<br />
unn s Morcherot glüht. Sähnsch zum Fenschder naus, de Rescht<br />
vum Gedunner im Gassegräwel. Do simeliersch, solang s Seelelicht<br />
brennt. Sei sefridde, saach „dankschää“ zum Kerzel unn guggsch ins<br />
Johr unn betrachts!<br />
DE VALENTINSDAACH<br />
E neies Kuldur – Paket, de Winter treibt sei Spielche, de Frieling<br />
duft, doch de raue Wind weht am Valentinsdaach. Nadierlich Erwache,<br />
dann grient unn bliehts im Wald. Die Finke schlachen ehrn<br />
Takt. De alt Jakob guggt geduldich zu de winterliche Gräuel. Lass<br />
den Liebenden in de Valentinsnacht die Frielingsdrääm erneuern.<br />
D Sunn fresst die Reschde vumm Schnee, im Matsch zerronne. O<br />
24
Winter, ade!<br />
Des Frielings-Konjunktur-Paket ok. Die Knoschbe brechen uff, s<br />
knirscht, e neies Erwache keimt, do wu de Same werd gsät.<br />
Mensch unn Natur, so sinn der Welt Epochen. Liebe ist ein Gefühl.<br />
Wie de Frieling kummt gekroche is eingehüllt er worre, am Valentinsdaach<br />
ä drauß im Goarde.<br />
IM LICHTEN BLAU<br />
5. März 1988<br />
Im lichten Blau erwacht der Morgen,<br />
der Sonne Gold den Tag erhellt.<br />
Hoffend, wagend, lass das Sorgen,<br />
die graue Plag schleicht unbestellt.<br />
Des Herzens Freud lässt Sinne springen,<br />
drum blicke du zum Schöpfer auf,<br />
ein Dank sei dem der guten Dinge,<br />
wer mag das Grau, der Erde Lauf!<br />
So staut es an manchen Tagen in allem,<br />
schau doch, der Himmel blaut.<br />
Schau all des Schöpfers Glaube gewinnen,<br />
der Frühling ist da, die Amseln singen.<br />
Versuche, dass es dir gelinge,<br />
schon ist der blaue Himmel nah.<br />
Die Jahreszeiten müssen ziehen,<br />
man freut sich, dass der Frühling naht.<br />
Noch ist auch Zeit zum Ruhen, doch schau,<br />
25
die Knospen der Bäume, ein blauer Himmel,<br />
hoffe, streu Sonnenschein, die Saat wird’s bringen.<br />
Und hoffe aufs Gelingen,<br />
es dreht das Rad des Jahres Start.<br />
SUMMERSUNN<br />
1989<br />
Summersunne, Summerstunne, bloo de Himmel iwwerspannt,<br />
s Bienel summt im Summerdreh, emsich fliecht von Blum zum<br />
Bliemel. Schlääft de Hunnich Säckel voll in de Bienestock hääm.<br />
Summersunne, Kinnerlache, Borzelbäm schlachen se uff de Wiss.<br />
S geht nix iwwer schäne Sunnedaache, iwwer ä häämliches Gewiss.<br />
Summerstunne, Summerdrääm, drauß vorm Derfel dei Dehääm,<br />
zeidiche Früchte an Busch unn Bääm.<br />
In de Heck dud d Amsel necke, peift ehr Summersunne-Drääm.<br />
St. Peter, Paul, die Zeit isch do, d Frucht an alle Bääm unn Hecke.<br />
Summerzeit, sie neigt sich jo, Busch unn Bääm zum Verstecke.<br />
Summersunn unn Summerstunne, sachte geht’s zur Ehrn (Ernte) ä<br />
hie, s Johr hot jetzt sei scheene Stunne, s Spootjohr ä voll Phantasie.<br />
Summerzeit, wann abgenumme, kummt des Herbstes Poesie.<br />
Sunneschei, des Johr geht hie, s hot abgenumme, d Herbstzeitlos<br />
blieht.<br />
26
15. Dezember 2011<br />
Eingehüllt in die Kutte der Tugend, ausbrechen, frei sein, Jugend,<br />
mit offenen Karten im ehrlichen SPIEL. Befrei dich aus der Zwangsjacke,<br />
lebe!<br />
Bleibe frei und kein Schwarzer Peter. Es kommt der MORGEN, es<br />
lichtet sich der junge Tag, befreit von den Schattenspielen der Nacht.<br />
Der Sternenglanz. Horch auf dein BAUCHGEFÜHL, das tief in dir<br />
spricht, es erfüllt dein Herz, das ganz nahe der Seele. GEGENSÄTZE<br />
setze degegen oder schweig. Der GESCHMACK lässt Geschmäcker<br />
offen.<br />
Winter, und die Tiere im WANDERZIRKUS spüren und fühlen.<br />
Streu frisches Stroh, sie mögen ausruhn. Wenn die FISCHSTÄB-<br />
CHEN schreien könnten, möchten sie Goldfische sein und frei<br />
herumschwimmen im Wasserglas. Auch sie lieben Freiheit und den<br />
neuen Morgen.<br />
Manchmal wäre ich gerne da,<br />
wo meine <strong>Gedanken</strong> gerade<br />
sind.<br />
27
Papier zu beschreiben,<br />
Augenblicke festhalten,<br />
Unfug vermeiden,<br />
Lauftreff gestalten<br />
In der Runde mitstreiten,<br />
Neidlos zu sein,<br />
Endlos im All, schwerelos allein.<br />
Hanna wie Anna<br />
Udo wie Klara<br />
Nico zum Peter<br />
Zita auch Zarah<br />
Ida die nie da<br />
Nanni eine Zicke<br />
Gregor der Softie<br />
Ernst mit der Zwicke<br />
Ruben und Stuben<br />
Greta auf Reisen, wer auch immer, wer, der solls mal beweisen!<br />
PÄLZISCHER KAVALIER<br />
28. April 1987<br />
In < Tausend Wörter Pfälzisch > hawwich rumgeblättert,<br />
Blatt um Bläddel rum wälz ich , Sinn unn Bleedsinn ungeahnt<br />
gewäddert. E Maggedulle de Kerl mit de Magge, de Mollekopp, e<br />
aagfressener Molles. Saachs mundoartgerecht, klingts zaggich. Doch<br />
was recht isch, e Maul, e volles, sags Pälzisch unn defdich, derfsch net<br />
zimberlich sei unn ä nit schinant unn dodebei doch charmant.<br />
E Muhkalb isch weiblich unn e Mondkalb isch „Er“, e Muschge-<br />
28
dunner schwierich unn e sell isch e Weib, als emol schwer e Murgser,<br />
e Nixnutz , wer hängt glei die Lafeed! De Uumut gar deitlich, uff<br />
Pälzisch isch bleed.<br />
De Nengeres, nie sefridde, halt an Mutters Rockzippel fescht, e<br />
verzochener Banause, uff Pälzisch getescht, heit saacht mer ganz<br />
ääfach: hängt am Bettzippel fescht. Die Motzkepp, e bissel greßer die<br />
Null-Bock-Generation. Meckergääße sinn zickich. Ehr liewe Leit,<br />
was e Glick, mer sinn die vunn domols, als Demographischer Wannel<br />
beglickt.<br />
Versuchs ze vergliggere, uff Pälzisch gedenkt, kennscht d Zung der<br />
verknibble mit dene Banause, do kriegsch doch die Kränk! Die<br />
Molles duhn lächle debei so fei.<br />
S isch letz sell unn jelles, die robben die Rente do debei. Wie d<br />
Mutter frieher die Gans gerobbt, die essen unn jäten de Rentnertopf.<br />
De Deihenker, die duhn uns verkohle, s isch doch unser Dehääm!<br />
De klänne Mann kanns nit wende. Gell, wanns ehrlich mol sähn:<br />
Die schwollekeppisch Bagasch, sie gehn driwwer naus unn treten uns<br />
flach.<br />
Noch hämmer unser Ländel, Brot unn Wasser fer all, zwischedorch<br />
schmert mer s Kehlche, schützen des alde Gut vorm Dadezerfall. Do<br />
musch dorch, heersch immer widder. So simmer all die Johre uffrecht<br />
unn ehrlich. Die Häämet so hämlich, unn sähnsch gern serigg, die<br />
Oldies, all des vergangene Gschick.<br />
E Hernkäschdel voller Fäde, Erinnerunge uffgewiggelt, die Fäde<br />
ziechen wie d Spinnwebb. Grenzland-Gedanke, zammegschdiggelt<br />
wie s Läwe. Die Päddle iwwerwuchert, mol rechts, mol letz, ins Städtel<br />
nei durch d Gass lääfsch heid noch die Lauter längs. S war unser<br />
Zeit, spulsch se serigg, von hiwwe her unn driwwe. Hie uff de Schees<br />
29
mit de Mudder vunn Kindsbää aa, uffgewickelt gschicks Muschter.<br />
Ziechscht Fäde, groh unn verfilzt, des Fräckel, verwachse wie’s Päddel.<br />
Hinne nuff, Altstadt nei, Pappelallee längs ins Städtel nei. Johre<br />
ziehn, die Fäde ziechen. Ball wärs e dicker Hähbäämstrang, der am<br />
Enn des Läwens Fräckel uffziecht.<br />
In Goddes Namme! Dann lääfsch s Päddel längs, d alt Lauter dud<br />
fließe, grenzelos, so lang s ähm gedenkt. Zählsch vor unn serigg,<br />
lääfsch dorch s Städtel.<br />
MENSCH UNN NATUR<br />
20. März 2013<br />
S geht des Johr ä nauszuus. De alde Spruch saacht: S isch März unn<br />
musch woarde, kä Frielingserwache. Guggsch naus in de Gaarde. Do<br />
huggsch schun seit letscht Johr November. De Sunneschei macht sich<br />
rar. S isch alles letzrum. S isch nit wie’s als war. Do saacht mer do ääfach,<br />
s isch de Klimawannel, debei wannelts schunn ewich seit Menschegedenke!<br />
Unn s werd widder Frieling, s geht widder nauszuus. S<br />
Wetter unn Leit ännerscht du nie. S werd widder Frieling, wie jedes<br />
Johr ä. Unn sähnsch, in de Natur wern Sache grie. S geht jo a widder<br />
nauszuus!<br />
De Storch streicht du drauß dorchs Wissedahl, s knackt im Geäschd.<br />
Lääfschs Päddel längs, am Bächel de Sunnestrahl. S Wolkeband ziecht<br />
wie e ausgeleiert Gummiband, doch werds widder Frieling, unn ball<br />
blieht de Flieder im Goarde! Ehr Leit, de alde Mund saacht: s geht<br />
widder nauszuus. Zidd isch do, Zidd isch do.<br />
30
ZÜNDE DIE KERZE<br />
Licht ist Liebe und Wärme.<br />
Trage das Licht!<br />
Die Kerzen erzählen, sie erhellen den Raum, wärmen die Herzen,<br />
trage das Licht, suche Vertrauen dort im Dunkel der alten Tage.<br />
Wie einsam sitzt der alte Mensch hinterm Fenster,<br />
verlassen, allein im Zeitenraum. Die Kerze erhellt am Fenster dort.<br />
Einsamkeit frisst alles Vertraun. Warme Hände, die Licht gebracht,<br />
Herzenswärme gefühlt, im Raum beacht.<br />
Dort sitzt ein Mensch, so wars nie gedacht.<br />
Wie endlos lang ist der Tag, die Nacht!<br />
Einsamkeit frisst alles, die Vergangenheit lebt.<br />
Die <strong>Gedanken</strong> wach, Liebe kränkelt, nichts mehr rosenrot,<br />
Grau in Grau, das erdrückt, ach!<br />
Die Augen schwach, die Nebelwand droht.<br />
Zünde die Kerze, trage ein Licht. Heimaterde, einst so begehrt,<br />
liegt da draußen vorm Fenster, trage das Licht,<br />
scheuche die Einsamkeitsgespenster.<br />
DIE ALTE EICHE<br />
Die alte Eiche im Bienwald, dort steht sie.<br />
Wer ritzte einst ein Herz aus Liebe?<br />
Da stehen zwei im grauen Haupt, was sie wohl suchen?<br />
Die Blätter lispeln sanft im Wind. Herztropfen gelb wie ein Bernstein,<br />
am Stamm der Eiche verwittert.<br />
Was wurde aus den Liebenden, die in den Stamm der Eiche ein Herz<br />
geritzt?<br />
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Ein Blick durchs Zeitenfenster rollt die Spule zurück. Die Hand<br />
umklammert in der Hosentasche das Klappmesser der Tat. Schwarz<br />
fallen die Schatten der alten Eiche im moosbewachsenen Wald.<br />
Dort wo des Herzens Spitze, sitzt ein Granatensplitter aus dem zweiten<br />
Weltkrieg, vom Rost befallen. Am Kapuzinerweg im Bienwald,<br />
schlürfenden Schrittes durchs raschelnde Laub, das graue Haupt<br />
geneigt, spiegeln sich die Konturen der Zeit im Wasser der Lauter.<br />
Im Maien bricht alles auf, und es blüht. So auch der Mensch. Tu dich<br />
erfreuen, es ist ja des Herzens Güte. Wieviele Flügel schlagen, im<br />
Schattensein erwacht.<br />
Das Abendrot erglühte und trennte Himmel und Erde. Die Maiennacht<br />
versprühte des Malers Farbenpaletten. Erdachse dreht,<br />
ein neuer Tag erwacht, beflügelt mit freudigem Sehen, das ist ein<br />
Maientag voll Pracht.<br />
DIE ZEIT<br />
Du schaust in die Zeit. Keine Antwort.<br />
Du blickst zurück in die Vergangenheit,<br />
schaust um dich her, was da einst war.<br />
Dein Ichsein so schwer, die Sinne so klar,<br />
dein Heimatort, der!<br />
Schaust durchs Fenster, fühlst Zeit und Raum,<br />
was dann noch bleibt- - - keine Antwort.<br />
Die Schwalben ziehen, Stille treibt Stille.<br />
Der Zeiten Wogen, wohin du schaust.<br />
Du schaust aus dem Fenster;<br />
32
durch die Wolken ein Sonnenstrahl.<br />
Im Licht tanzen Schattengespenster.<br />
Es grünt, noch ist Mittsommernacht.<br />
Die Sinne wecken im Zeitenfenster,<br />
was da einst war.<br />
Gereift, vergreist.<br />
Doch die Schwalben necken, der Tag erwacht,<br />
sie sitzen Seit an Seit auf dem Giebeldach.<br />
Du schaust in die Zeit, keiner weiß, wer, wo, was, dort.<br />
Du liebst, was dir bleibt, tief im Sinn deines Herzens,<br />
du Heimatort.<br />
Kaum war Dezember, Christi Geburt,<br />
die Wünsche verweht.<br />
Das neue Jahr kündet ein Wünschen, ein Hoffen.<br />
Der Januarstart 2011.<br />
Im Februar sucht der Sonne Strahl das Wintergebaren zu brechen.<br />
Der März trägt das Hoffen im Mutterschoß,<br />
da sprießen ganz zart die jungen Sprossen.<br />
Des Frühlings Träume noch offen.<br />
Im Maien, da leuchtet der Blüten Pracht.<br />
Juni die laue Sommernacht, der Juli voll Sommersonne,<br />
des jungen Vogels Ziel zum Flug.<br />
Doch im September des Erntedanks fruchtige Wonne.<br />
Oktober kündet an die Geburt, die Hoffnung erfüllt voll seliger<br />
Freud.<br />
November, ein Sohn ward geboren, der Elternwunsch November.<br />
Des Kindes Lächeln voll Sonne.<br />
Dann kommt Dezember.<br />
33
SCHMETTERLING<br />
Als Schmetterling dahinfliegen, einfach die Flügel ausbreiten, die<br />
Fühler ausfahren und das sanfte Sommergefühl in den Flügelspitzen<br />
auskosten, weil der Olivenduft unsichtbar reizt. Und ein Kribbeleffekt<br />
liegt überm Strand. Da und dort wird gekuscht und geküsst,<br />
Sommerträume tragen die Sinne. Nur die Flügel ausbreiten und<br />
dahingleiten vor den Augen. Dort auf die zart behaarte Brust fliegen.<br />
Sommersonne wärmt die Gefühle, und genau da lässt sich das Kribbeln<br />
im Bauch wie ein Rausch entfalten.<br />
Da schauen zwei Augen und fangen den Blick auf, genau da, wo<br />
der Liebe Flügel tragend fliegt, wie Schmetterlinge das Gefühl<br />
auszubalancieren. Das ist Liebe pur. Sie setzt sich in die Sinne. Der<br />
Bauch kribbelt, vergessen ist Zeit und Raum. Der Olivenbaum<br />
schweigt, lässt die Liebenden gewähren, und wie auf dem Flügel vom<br />
Schmetterlingsauge vertiefen sich die Gefühle. Wie beim Schmetterling<br />
aus der Raupe fallen die Hüllen der Liebenden, die Natur ist<br />
wunderbar und die Macht der Gefühle.<br />
Die Liebe fliegt, beim Olivenbaum fallen die Früchte, und im Bauch<br />
nistet sich eine befruchtete Eizelle in die Hülle der Gebärmutter ein.<br />
Es ist wunderbar, was Schmetterlinge alles bewegen zur Freude Natur<br />
pur. Und wieder tragen Gefühle Flügel, und es kribbelt im Bauch.<br />
Ein kleines Wunder, das unterm Olivenbaum geschah in der flimmernden<br />
Sommersonne draußen im Olivenhain.<br />
34
ADVENT<br />
Siddich sich die Erdkuchel dreht.<br />
De Daach kummt seit ewiche Zeide, die Nacht geht, im Nu woars<br />
Dezember. Unn schunn widder werds Weihnachte! Des Gfiel, mer<br />
derfs zeiche.<br />
In de Zeitung des Schlaachwort: . Mer<br />
denkt serigg: De alt Gaul im Hennel, kenner hotn gewellt, die alt<br />
Welt im Wannel. Unn mer sinn die Alde, wu s Mergel zammegehalde.<br />
Was beim Sperrmüll alles land, des sell mer fühle. Weihnachtlicher<br />
Glanz, Silwer im Hoor, es knackt im Geäscht.<br />
De Bääm drauß im Gaarde isch voll im Erwaarde, neie Knoschpe<br />
aagsetzt, s isch Dezember, Advent! Zinds Kerzel aa, guggsch wies<br />
flackert, wies brennt. Reiß dich zamme, Advent. Nit bloß en Namme.<br />
Richt dich uff d Höh! Advent hääßt WARDE, de Erlöser kummt.<br />
Derweil isch Weihnacht. Leise rieselt der Schnee, die Erd im Wannel.<br />
Sinn zefridde unn froh, noch simmer jo do. S wird nit lamediert, de<br />
Chrischtbääm gezierd, de Disch schää gedeckt.<br />
M Rudi sei Dank fer die Fahrde! S war en schääne Meddaach, ebs<br />
rähnt or schneicht. Die groe Silwerhoor geberscht unn gschtrichelt,<br />
die Gsichter unn die Ääche lachen. Guggsch so dorch die Reih im<br />
Bus, muschs ääfach nunnerschligge. Des ischs Läwe. Doch heit isch<br />
Advent, unn s erschte Kerzel brennt. Mer sinn im Erwaarde unn<br />
nemmens, wies kummt.<br />
De Sparstrump hängt matt, doch de Herrgott dud walde, erhalt uns,<br />
die Alde. Doch solang s Lichtel brennt, e Vertele gschtemmt, kriescht<br />
de Euro die Kränk. Brauchsch en Williams Chrischt zum Verdaue.<br />
Mer derfen uns vertraue, die Häämet uffgebaut, drum feire mer heit,<br />
35
zum Advent bereit im Erwaarde. So Gott will, mit ganz natürlichem<br />
Gfiel. S Kerzel brennt, unn ball isch Weihnacht.<br />
ALLES IM TEMPO<br />
Vorgelesen am 24. April 1988<br />
Werd e Menschekind in unser Welt neigebore, do wääß mer ä schunn<br />
was. Technik dorch uff alle Orte, wu bleibt was unerforscht ganz<br />
uhne Tempo der Iwwerraschung Gschpaß.<br />
Horch hie, do licht de klänne Krischer ä uff Müdderles Bäuchel.<br />
Nit eigewickelt in Winneldiecher. Im Tempo schnell die Hössle aa<br />
der Schmeißweg-Welt. O Technik, Forscher, Bräuche, die Schmeißweg-Welt.<br />
Sie wird gezoche, was koscht des Geld! De Urwald werd<br />
abgeholzt. Oh, duh nit frooche! Mit Hektik dud mers Kind schunn<br />
plooche. Unn kreische derfs ää noch. O Enkele, die Welt, mer<br />
woarden, bis se vergeht. Der arme Tropp, dud Schluck fer Schluck im<br />
Tempo, es rollt e Trän.<br />
Oh Tempowelt, wann ich so sähn. Gingsch frieher du ind Kinnerschul,<br />
jed Kind wusst genau sein Stuhl. E Sackdiechel ins Scherzel nei<br />
unn „des derfsch mer nit verliere!“ Heit ab im Tempo schmeißt mers<br />
näwens in de Abfall. Wer sell des ää noch kapiere! Des Kind, kaum<br />
stehts uff seine Bäh, werds mit Papierlich konfrontiert, im Tempo<br />
schmeißt mers näwens nei, des was ähm nit pariert.<br />
Gugg hie, die Große machens, unn du, mei Kind, du guggsch noch<br />
froh, des hosch ää glei kapiert. Oh Tempowelt, du lernschs beizeit,<br />
dein Forschertick, oje, ehr Leit. Mer lechts m Kind ind Wiech de<br />
Stress - Fortschritt. Oh temporeicher Siech. Ehr Leit, o aldie Welt,<br />
was werd des werre.<br />
36
Hab letscht s Gliggersäckel gfunne unn de Dänzer newedraa, habs<br />
ganz feschd ind Händ genumme unn simeliert: Guggs Enkele aa.<br />
Duschs nit selwer dauernd gugge, uffbasse uffs Blumebeet. De Deifel<br />
hol die neireiche Ferz. Spiel mitm Kind, weil schnell die Zeit vergeht.<br />
Guggn aa, den kläne Schatz. Denk serigg an Kinnerdaache, dief im<br />
Herz du ichs fiele.<br />
BERGZAWWERE<br />
1980<br />
Bergzabern auf einem Stich aus dem 17. Jahrhundert<br />
Bergzawwere licht im Pälzer Mudderschoß,<br />
ganz nadierlich vun Rewe unn Keschdebääm umzäunt.<br />
Unn middedrin des alde Schloss,<br />
vunn Herrschaftsleit jo einscht erbaut.<br />
Liebfraue unn de Pischderberch,<br />
de See do aus im Dal lääfsch owwe riwwer,<br />
ää iwwerzwerch die Päddle all so schmal.<br />
37
Unn nemm ich Hut unn Wannerstock,<br />
genieß die Petronella-Quelle,<br />
do lossn falle, denne warme Rock,<br />
was weddmer mehner welle!<br />
Unn ruch dich aus, draus uff de Bank,<br />
heer des Konzert der Mudder Nadur!<br />
De Kellner bringt der noch en Schluck,<br />
s Herz lacht unner de Blus.<br />
Denn Wein, Weib unn Gesang<br />
die alden Rittersleit nit bang,<br />
nehmen das Mahl der Muse.<br />
HIWWE UNN DRIWWE<br />
Weithin bekannt das Storchengehege im Elsaß. Wie natürlich<br />
schwarz-weiß sich ausdrücken kann! Herrliche Naturgestalten; schon<br />
die Fahrt ob auf der Elsässer Weinstraße oder quer übers Land:<br />
Schwarz – weiß, beeindruckt, reines Weiß, dunkles Schwarz. Schon<br />
die alten Fachwerkhäuser, deren Anblick erzählt. Und immer wieder<br />
kehrt schwarz-weiß ins Elsaß.<br />
So wollen wir dem Storchenparadies den Vorrang geben, denn unser<br />
Motto heißt: Schwarz auf Weiß. Schon der Störche hohe Beine<br />
brechen die Farben, wenn sie dahin stolzieren im Grün der Natur.<br />
Mehr orangerot kündet der Schnabel das Schwarz im weißen Gefieder.<br />
Da steht der Vogel samt Schwestern und Brüdern, der Familie<br />
Fortpflanzungsgebaren in weiß und schwarz. Herrliche Naturgestalten.<br />
Setz dich abseits hin und beobachte die Natur in schwarz-weiß.<br />
38
Ein herrliches Geklapper der Schnäbel wie ein Getrommel, das die<br />
Ruhe der Natur durchbricht. Ein Storch – stolz den Kopf erhoben,<br />
ignoriert er die trampelnden Füße der Menschen klein und groß?<br />
Egal, denkt der Storch, er ist in seinem Reich, und am Abend kehrt<br />
die Stille ein; denn auch ein Vogel kennt den Rhythmus des Tages<br />
im 24- Stunden-Takt. Am Morgen hat er seinen Freiraum, sein<br />
weiß-schwarzes Gefieder zu putzen und zu ordnen.<br />
Herr sein im eigenen Nest, so bewacht der weiß-schwarze Storch<br />
seine eierlegende Frau oder Braut, holt emsig Futter, und seine Liebe<br />
beklappert er munter und immer wieder, dann wenn er ankommt mit<br />
seiner Beute Fang.<br />
Mensch, beobachte schweigend den Storch im weiß-schwarzen Gefieder,<br />
nie ermüdend seiner Aufgabe bewusst, Sorge zu tragen. Sein<br />
Nest, der Hort der Storchenfamilie, gebaut aus zusammengetragenem<br />
Gehölz. Was die Natur spendet, sammelt er, nur keine Plastikfolie,<br />
denn das bringt Verdruss. Folie staut den Regen und bedeutet den<br />
Tod der jungen Brut. Darum, o Mensch, achte darauf. Die Wegwerfgesellschaft<br />
hat schon manches Storchenpaar zum Verzweifeln gebracht,<br />
wenn ihre geliebte Brut im Nest ertrank.<br />
Doch die Störche sind weise, achten auf alles bei ihrem Nestbau,<br />
naturbezogen. „Das Paradies der Weiß-Schwarzen“ nennt man das<br />
Storchengehege im Elsaß. Doch wie oft wird’s unbeachtet der Versuchung<br />
wie einst bei Adam und Eva, da war es auch nur ein Apfel. Für<br />
die Störche hätten Frösche aus dem Teich im Paradiesgarten gereicht.<br />
Ja, der Mensch will immer hoch hinaus. Und der Apfelbaum stand<br />
der Versuchung im Weg - - ein kleiner Umweg um den Apfelbaum!<br />
Der weiß-schwarze Storch geht stolz auf seinen Beinen, sorgt sich<br />
um seine brütende Gefährtin. Wenns regnet, hält er die Flügel leicht<br />
ausgebreitet, hält so seiner Vaterrolle stand. Wenn die kleinen Wollk-<br />
39
näuel mit ihrem zarten Flaum geschlüpft sind, hat das weiß-schwarze<br />
Storchenpaar emsig zu füttern. Meist sind es drei Kücken, deren<br />
Schnäbel hochgereckt auf die Fütterung warten.<br />
Ja, da oben im Storchenpark herrscht reges Geflatter und ein Leben<br />
im Storchenparadies inmitten der Landschaft. Ringsumher künden’s<br />
Plakate, und die Sehenswürdigkeit wird auch im Katalog gezeigt. Ob<br />
die weiß-schwarzen Störche sich manchentags nach Ruhe sehnen - -<br />
wer weiß! Doch im Winter ist bestimmt Ruhezeit angesagt; denn<br />
dann ist auch in den Dörfern mit ihren Fachwerkhäusern längs der<br />
Elsässer Weinstraße Ruhezeit.<br />
Das Elsaß, sehr begehrt, und gerne kehrt man in die Elsässer Stube<br />
ein. Bei einem deftigen Baguette mit Vin rouge betrachtet man die<br />
alte Handwerkskunst, weißer Plafond mit schwarzem Balkenfachwerk.<br />
Und droben im Storchengehege lebt der Storch ganz wie im Paradies,<br />
ein weiß-schwarzes Naturvolk, von Menschenhand zugefüttert,<br />
Mensch und Natur vereint. Und im Frühjahr nach den ersten Frühlingssonnentagen<br />
hört man das Liebesgeklapper der langen orangeroten<br />
Schnäbel.<br />
40
S LÄWENSFRÄCKEL<br />
Sommer 2012<br />
Zählsch vor unn serigg, vergange, dohie!<br />
Abgewetzt wie’s gschtrickte Fräckel,<br />
unn s eilt die Zeit wie’s Dunnerwäddel in Ewichkäät.<br />
Vergangehääd dut Fäde zieche,<br />
en Wollknäuel vunn uffgewickelte Gedanke, die s Läwe gschtrickt<br />
hot. Mol rechts, mol letz, verwetzt vunn Johr unn Daache.<br />
Die gschmuggelt Woll verfilzt wie d Woll,<br />
vum Hopfefrängle erstanne.<br />
Es Hopfeland in Franke noh bei Stroßburch drowe naus.<br />
Aafangs vunn de 50er Johre beim Maire vun Franke<br />
iwwers Päddel gschmuggelt, die Altstadt hinne naus.<br />
De Quanjee (Zöllner) war gschdanne im Zollheisel draus in de Hinnergass<br />
bei de Pilschergredel.<br />
D Knie henn gschloddert, kä Quanjee gschdanne,<br />
was war des e Glick!<br />
So simeliersch vor unn serigg.<br />
S HERZ BOBBERT<br />
11. November - - -<br />
Alla hopp, nit immer alles ewe,<br />
doch s bobbert ehm s Herz, schlacht fräädich unn läädich.<br />
S begläät dich dei Läwe lang.<br />
41
Dann bobberts unn macht Ferz wie e Uhrwerk audomadisch dezu,<br />
s bobbert unn mer schbierds.<br />
So hängts am Herzbännel, bobbert unn schlacht,<br />
s bummert, wann neiheersch, im Rhythmus vum Foxtrott<br />
wie in junge Johre beim Kerwedanz.<br />
Unn s flunkert voll Schwung!<br />
Alla hopp, sellie Zeit isch längscht rum.<br />
Doch se Lebdaach hett mer unn wett mer, dass alle ewe,<br />
s gebbt Schlaachlöcher, doch s bummert drumewe.<br />
Beim Tangotanz krawwelt e Gfiehl,<br />
do bobberts im Tangoschritt; der Liebe Ironie schleicht sich ganz<br />
siddich<br />
ääfach ins Herz.<br />
Die Zeit, jung wie de Friehling unn grie voller Scherz.<br />
Die Zeit vumm Peter Krauß , der s immer noch schafft,<br />
der rock-unn-rollt sich sei Knoche.<br />
Unn wammer dem zuguggt, vergehn alle Ferz.<br />
Wann de Deez (Kopf) langsam blodd wird,<br />
des Läwens Wääch uff du unn du,<br />
dann hett mer ä Glick ghat,<br />
unn s Herz bummert unn schlacht dodezu.<br />
Mer isch kän Roboter. S schlacht unn bischberd siddich.<br />
Unn wanns owends duschter, do werds manchmol schtrittich.<br />
Doch s bummert unn schlacht, wies Dunnerwäddel, seltsam, mitte in<br />
de Nacht.<br />
E Blitz ziecht dorch de Deez!<br />
Mei Herz bummert unn schlacht.<br />
Do simeliersch, Kopp uff de Heh, ä mitte in de Nacht.<br />
Des wär doch gelacht!<br />
42
ROSENTAGE<br />
S dut sich ebbes, mer hot erkundet<br />
des Städtel im Dal, ganz ääfach ä bsunne,<br />
die Schlossherre henns iwwer ääns genumme.<br />
Rosedaache!<br />
Mer duts inne werre, sich iwwerwinne,<br />
des alde Städtel, nichts, bloß Gejammer.<br />
Nemms iwwerhaupt, de Borchemäschder unn de Rat<br />
wissen jo längscht, wu’s e Herzenssach baad.<br />
Mit Rosedaache beläbt.<br />
Nadierlich dass mer zusamme geht.<br />
De Dunnerkeil, kriech die Kränk.<br />
Die Stachel, ä Stupfe, wammer alles iwwerdenkt.<br />
Die Rose henn Dorne, wammer driwwer nochdenkt.<br />
Die Stachle ä Stupfe, die Sache all zum Beschde gelenkt.<br />
Therme, Lebenselixier, Wärme spüre,<br />
de Ludwigsplatz gschdalde, Leit ehr Leit!<br />
Nix nutz, des ganze Palawer.<br />
Perforsch, d Händ ausm Sack unn noochgedenkt,<br />
Mer macht sich kä Rääch in de Sack.<br />
Kennsch manchmol ramisiere,<br />
doch Rosedaache offeriere e uffenie Aussprooch,<br />
dann duts widder harmonisiere.<br />
S gebbt kä Ros’ ohne Dorn.<br />
Sähnsch driwwe hie zum Städtel, sei Läwe, mol erhrlich!<br />
Ehr Leit, eilt die Zeit.<br />
Sähnsch ehrlich entgeche die Herrschaft vunn einsch.<br />
43
Wer liebt sei Städtel, scheenie Häämet,<br />
ehr Leit, unn e gudie Zeit.<br />
S Läwe isch so, wie d Rose blieht.<br />
Läwe unn läwe lasse, s dut alles verblasse,<br />
ehr liewe Leit, ä d Ros!<br />
VUNN HIWWE UNN DRIWWE<br />
Januar 2005<br />
Wu d Lauter schlängelt sich dorchs Ländle,<br />
hiwwe unn driwwe sie uns begläät,<br />
wammer Zeit unn Sinn verbändelt,<br />
horcht rum unn guggt, so wie s PAMINA sähnt.<br />
Wahrhafdich mitenanner kontaktiere,<br />
wells ja der Ländle Ehre zollt,<br />
PAMINA määnt, s det harmoniere,<br />
der Günder Sinn vun hiwwe, driwwe,<br />
d Määrunde henn die Weiche gschdellt<br />
unn s Ziechle rollt.<br />
So wie de Rebstock im Häämetbodde<br />
dief verworzelt, fruchtbares Land uns all die Leit ernährt,<br />
wanns Herbschtlääb bunt<br />
unn Grumbeere ausm Bodde borzelt,<br />
seis m Herrgott ä des Dankes kund.<br />
En Mund voll Brot unn Wei im Krüggel,<br />
des woar ä unsrer Urgroßvädder Sold,<br />
gerod balgds Land so Stick fer Stickel.<br />
44
Des Reweland woar ä hiwwe, driwwe<br />
jo längscht erkannt der Ländle Gold.<br />
Zuerschd do werd am Gläsel gschnuppert,<br />
dann mit Genuss die Gorchel gschmeert,<br />
de Geischt im Wei Natur beschert.<br />
Unn ischer ganz siddich in dich gschliche,<br />
lieblich unn süffich alleweil,<br />
er hot schunn gscheide Leit ä noch belehrt<br />
unn grad gebichelt.<br />
Am Stammdich do werd rumpalawert,<br />
ää dischbediert, die Zeit wie e Kalenner runnergebläddert.<br />
Ganz uuvergesse jellie Zeit,<br />
wu iwwers Land de Dunnerkeil gewettert,<br />
Jesses, Marie, ä uuvergesse Elend unn Not,<br />
s Grenzlandleid.<br />
Unn d Lauter in ehrm uralde Bett<br />
lääft durch de Behwald unn Mundat.<br />
Natur noch propper unn adrett.<br />
Ä sähnsch, im Wald draus sterwen Bääm,<br />
ebbs hiwwe, driwwe, s isch kä Drääm.<br />
Ganz siddich fallen d Nodle ab,<br />
ehr liewe Leit, bleiwen uff Trab!<br />
Ä d Määrunde aus gutem Äächeholz,<br />
ehr Sinne galt der Ländle Stolz.<br />
So bleibt mer uuvergesse die Begehung<br />
vunn hiwwe unn driwwe, de Landrot Gerhard Weber!<br />
Sei Sinn unn Herz die Häämet besäße.<br />
Gott hawen selich!<br />
45
Wer d Häämet liebt, ihr Mundoart lehrt,<br />
mer wäß unn heert, s isch gar nimmie so begehrt.<br />
Joahrzehnte lääf ich iwweres Land,<br />
es Städtel, die uralte Gasse,<br />
ebbs hiwwe, driwwe duhns erfasse.<br />
Zum Wohl der Ländle seine Leit,<br />
dass die Pamina ebbes bedeit,<br />
kredenzen de Wei ä heit,<br />
dass mer sefridde bleibt weltweit.<br />
Salü unn Merci, Dankschee fer heit!<br />
DAS KREUZ ZUM GEDENKEN<br />
Gelesen zur Totenehrung November 1994<br />
Das Kreuz, das dort am Wegrang steht,<br />
sieh hin und lies, was aus den Worten fleht.<br />
Noch sieht man die Inschrift, die durch Jahrzehnte ganz verwittert.<br />
Damals waren die Menschen verhasst, von Kriegsmacht besessen<br />
und verbittert, der Soldat musste dienen.<br />
Danach, dies Kreuz will meinem Sohn ich schenken.<br />
Gefallen im Ersten Weltkrieg, in Lieb und Treue zum Gedenken.<br />
So standen viele Mütter und Frauen da, die schwieligen Hände gefaltet.<br />
Still im Gebet den Sohn sie sah, fern der Heimat, gefallen, vermisst.<br />
Sein Leben beendet des Krieges Saat.<br />
So steht manch Kreuz am Wegesrand,<br />
oftmals ganz unbeachtet, du altes Mütterlein, ich fand’s<br />
und hab an dich gedacht, dein Kreuz, der Toten Wacht,<br />
46
um von des Krieges Elend zu erzählen.<br />
Ein Mutterherz, es weinte still, gab’s doch der Tränen ach so viel!<br />
Wie die am Gras von Kriegsgräberfeldern, Millionen Tautropfen in<br />
der Herbstsonne glänzen.<br />
Lasset uns danken für den Frieden<br />
weit über unserer Heimat Grenzen.<br />
Doch die Kreuze sie mahnen in ferne Zeit.<br />
Lasset die Menschen danken, die Kriegsgräber pflegen weltweit,<br />
von ihrer Zeit schenken ohne zu wanken.<br />
Dem Soldatengrab, dem guten Kamerad.<br />
Erhalte friedlich die Welt, du Guter Hirt,<br />
gib das tägliche Brot, da wo Kriegsangst und Hungersnot.<br />
Das Kreuz sollte mahnen wie das vom Mütterlein<br />
am Wegesrand aus rotem Sandstein.<br />
47
DER HEIMATGEMEINDE ZUM GEDENKEN<br />
Gelesen 1996 in der Kirche zum Gedenken an die Kriegsopfer.<br />
Der alte Veteran, er steht getreu bei der Fahne, ganz besonnen,<br />
man sieht’s ihm an, Vergangenheit sollte mahnen.<br />
Seine Augen so trübe, doch von seltsamem Glanz;<br />
denn in ihm hallt der Ruf: für dich, Kamerad.<br />
Der November verkündet’s, damals, was die Kriegsmacht schuf.<br />
Flüchtlingselend, Hungersnot, blutige Schlachtfelder.<br />
Des Menschen Schicksal, seine Seele, keinen kümmert’s.<br />
Von Macht besessen kam der Befehl,<br />
der Soldat musste dienen. Väter, Brüder und Söhne,<br />
das Kriegsheer zog.<br />
Zuim Gedenken steht der alte Veteran, seine Koppel glänzt, schimmert<br />
in des Herbstes Sonne. Sein Barett hält er in zitternden Händen.<br />
Wievielen Kameraden ward ihr Leben geraubt, beendet!<br />
Doch die Truppe musste weiterziehen; soviele Soldatengräber.<br />
Menschen, die voll Hoffnung an das Gute geglaubt - - -<br />
gefallen, vermisst.<br />
Über Berge und Felder, weltweit zog der Krieg,<br />
über Meere und eiskalte Steppen.<br />
Der alte Veteran, seine Uniform verwittert, verblasst,<br />
durch all die Jahrzehnte wie sein zerfurchtes Gesicht.<br />
Doch er kanns noch fühlen: Des Krieges Ernte so grausam,<br />
wieviele sah er sterben. Wie oft er um sein Leben gebangt,<br />
sein Herze gepocht, des Lebens Angst.<br />
Seine Schuhe, die Zeugen von Schlachtfeldern, das Blut vertrocknet.<br />
Doch die Gestalt, sie erzählt.<br />
48
Der Veteran, voll Stolz hält er die Fahne, uns zu Ehren,<br />
noch kann man ihn sehen am Kriegsgräberfeld.<br />
Des Veteranen Auge voll Tränen, er hält still im Gebet.<br />
Seine Lippen sprechen sacht, auch er hatte so gute Kameraden<br />
verloren bei der Schlacht.<br />
Herr Gott, schenke Frieden der Welt. Lass uns bitten, dass jeder<br />
Herrschaft Macht und Kriegsruf an felsigen Klippen zerschellt.<br />
Gedenket! Lauscht dem Lied vom < Guten Kameraden. ><br />
ZUM GEDENKEN<br />
September 1992<br />
Höret die Schreie, der Kriege Schmach<br />
über der Erde. O Menschen, werdet wach.<br />
Schmerzen und Pein, des Krieges Wehen,<br />
Menschen sich schlachten, ohne zu sehen,<br />
zu achten Gottes Gebot: „Du sollst nicht töten!“<br />
Den Wahnsinn beenden, die Hungersnot,<br />
Vater unser, gib allen Völkern das tägliche Brot.<br />
Höret die Schreie auf der Muttererd,<br />
die von Blut getränkten Länder.<br />
Doch ehret und gedenket, was wird aus der Erd,<br />
wenn Menschen in Hass und Atomen enden,<br />
die sinnlosen Weltkriege.<br />
Alle Kreuze doch mahnen, die Kriegsgräberstätten,<br />
sie lassen doch ahnen. Das sinnlose Sterben, ja ihre Kreuze alle<br />
mahnen.<br />
Wahret Liebe und Frieden!<br />
49
Gib in die Herzen, du gütiger Gott, dass die Kreuze mahnen<br />
in Ewigkeit. Lasst uns in Ehren gedenken. AMEN.<br />
So gedenken wir, schauen weltweit,<br />
doch ganz nahe über friedliche Grenzen. Gott im Himmel sei Dank.<br />
Der Sterne Licht soll für alle jene glänzen,<br />
die ihr Leben verloren, gefallen, vermisst, fern der Heimat, ganz<br />
allein.<br />
Du Heimatland sollst nicht vergessen, das Kreuz zu sehen, sein<br />
Mahnen.<br />
Lasset wehen die Fahnen zum Gedenken der Kriegstaten,<br />
dem guten Kameraden, dem unbekannten Soldat.<br />
Wer mag vergessen die Granateinschläge im Heimatort,<br />
der Tiefflieger ratternde Geschoße. Wir waren die Kinder des Krieges.<br />
Väter, Großväter und Söhne mussten verlassen den Heimatort.<br />
Die Mütterherzen voll Wehmut und Sehnen,<br />
die Kriegsangst tief eingeprägt.<br />
Die Narben verwachsen wie das moosbewachsene Kreuz.<br />
Frieden der Hoffnung, Versöhnung ohne Streit.<br />
Herrgott, die Weltmacht, führe nicht in Versuchung,<br />
erlöse die Muttererd von allem Übel.<br />
Menschen, lehret halten Gottes Gebot weltweit!<br />
50
DIE BANK AM GRAB DES UNBEKANNTEN<br />
SOLDATEN<br />
im November 1997<br />
In vielen Ländern auf unserer Erde,<br />
liegt ein Grab vom Unbekannten Soldaten.<br />
Gott sei’s gedankt, geht man doch heute<br />
frei über friedliche Grenzen in unserer Heimat,<br />
wo einst lagen Schlachtfelder und die Kriegsmeute zog.<br />
Friede liegt über der Flur.<br />
Am Grab des Unbekannten Soldaten sitzt eine Frau, eine Mutter.<br />
Ihr rücken ist gebeugt von der Jahre Last, ihr Kopf geneigt von des<br />
Alltags Mühen.<br />
Ihr Herz voller Trauer, einsam, verlassen, allein,<br />
als wären um Menschen Mauern.<br />
Im Gedenken gehen wir ein Stück ihres Lebens zurück.<br />
Jugend. Liebe, Glück, auch Wege des Bedauerns.<br />
Und dann das große Leid des Krieges und des Soldatenlebens.<br />
Verlorene Söhne, Väter, Brüder. Sie spürt immer noch Trauer im<br />
Herzen,<br />
auch noch nach sovielen Jahren.<br />
Wo wird das Grab ihres Sohnes sein?Sie hat es nie erfahren. Würde<br />
für jedes Soldatenleben ein Bäumchen gepflanzt: Rauschende Wälder<br />
würden singen im Wind, dort am Grabe des Unbekannten Soldaten.<br />
Dort am Grab des Unbekannten Soldaten steht eine Bank.<br />
Dort sitzt eine Mutter seit Jahren. Ihre <strong>Gedanken</strong> gehen in die Vergangenheit<br />
zu ihrem Kind und Kameraden.<br />
51
Ein schmaler Pfad nur führt hinauf zu der Bank, es ist der Mutter<br />
Füße Spur.<br />
Was hat sie nicht alles getragen ihr Leben lang:<br />
Tiefes Verzagen, gläubiges Hoffen. In der Hand hält sie ein<br />
zerknitteretes Bild,<br />
ihr Antlitz darüber voll Liebe gebeugt. In ihren Augen die Frage steht:<br />
Warum nur der unselige Krieg? Eine Antwort aber findet sie nicht.<br />
Am Grab des Unbekannten Soldaten die Mutter sitzt im Gebet versunken.<br />
Sie denkt, der Soldat, der hier begraben liegt, wo kam er wohl her?<br />
Wo sein Zuhause wohl gewesen sein mag? Und seine Mutter?<br />
Rauschende Wälder werden Zeugen sein<br />
von dem Geschehen vor weit über fünfzig Jahren.<br />
Und auch heute herrschen immer noch Hass und Kriegsleid auf<br />
unserer Erd.<br />
Es sterben unschuldige Menschen, auch die Natur wird zerstört.<br />
Kinder hungern, klagen, frieren. Aber ihre Schreie verhallen<br />
in Kälte und Wind ungehört. So sterben ganze Völker,<br />
weil Herrschende nicht danach trachten, den Frieden zu bewahren<br />
und die Würde der Menschen zu achten.<br />
Wär’ für jedes Kriegsopfer ein Bäumchen gepflanzt:<br />
Rauschendes Singen im Novemberwind, wären die Kriegsklagelieder<br />
und die fallenden Blätter ein wirbelnder Tanz.<br />
So lasst uns an diesem heutigen Tag die Erinnerung wachhalten<br />
an den Pfad, der uns zum Grab des Unbekannten Soldaten führt.<br />
52
ZUM GEDENKEN - 50 JAHRE DANACH<br />
27. November 1995<br />
Die Narben sind verwachsen, verwittert.<br />
Doch in Kriegsangst und Schmach, in Hunger und Elend Menschen<br />
leiden,<br />
viele Seelen in Not auf dieser Mutter Erde.<br />
Doch um Vergangenes nicht zu vergessen,<br />
wenn die Novembertage im Jahresreigen ziehn,<br />
im Herbst die letzten Blätter tanzen zur Erd ganz ohne Mühen.<br />
So gedenken wir, wenn vorbei das Blühen.<br />
Der Sonne helle Kraft sanft entschwindet, und des Novembers Nebelflor<br />
die Tage oftmals hüllet so grau in grau.<br />
Stehest vorm Kriegsgräberfeld, dann schau! So still und stumm.<br />
Und doch mahnen die Steine in Reihen wie ein Heer Soldaten.<br />
Im Gras Perltau schimmert, als wären’s Tränen der vergangenen fünfzig<br />
Jahr’.<br />
Und der Jahreszeiten Blumen schmücken jedes Grab.<br />
Frühling! Die ersten Blätter leuchten im neuen Grün. Wie der blutrote<br />
Mohn im Sommer wären einst alle ihre Herzen entflammt.<br />
Jetzt ist November. Wir stehen gebannt und denken zurück;<br />
denn Kriegsangst und Schrecken sich tief in unsere Herzen gebrannt.<br />
Sie sind nicht vergessen! Raureif und eiskristallene Blumen<br />
schenkt der Winter auch dem Unbekannten Soldaten.<br />
Achtest mit wachem Geist und fühlendem Herzen, weil heute und<br />
hier<br />
53
in der Heimat nur die Blume blüht,<br />
die man ehrend allen ihnen schenkt.<br />
Der Krieg zerstörte unser Grenzland. Die Heimatgemeinde gedenkt<br />
all der Kameraden in Kriegsgräberfeldern.<br />
Vater Unser im Himmel, lass uns hoffen,<br />
weiterhin in Frieden weiterleben zu dürfen,<br />
und lass uns danken für all unsrer Heimat Gut.<br />
WEISS<br />
27. Dezember 2015<br />
Weiß, federweiß sei die Seele, schau um dich im Kreis,<br />
was dich umgibt, könntest du wählen, was wär dir lieb:<br />
Freude, lachende Gesichter, wahre Freude, erloschene Lichter?<br />
Dein wahrer Freund ausgelöscht. Weiß. Wer weiß, wie weiß deine<br />
Seele.<br />
Zweifel im Geist, suche die Quelle, weise, wer weiß!<br />
Rein weiß wie die Feder, bei jedem und jeder,<br />
wenn die Seele entflieht. Wie ein Hauch Schnee in der Winternacht.<br />
Schöpfergeist über der Seele wacht. Hoffe auch du!<br />
Unbefleckt weiß sei die Seele, federleicht weiß wie der Schöpfergeist.<br />
Still ruht der See, den Schwan bedacht.<br />
Weiß, ja wer weiß. Doch unbefleckt weiß sei die Seele.<br />
54
WEIHNACHT<br />
26. Dezember 2015<br />
Kinderaugen strahlen Dich an, wahrhaftige Freude dringt in dein Ich.<br />
Weihnacht ohne Liebe, wie’s Geschenkpapier zerreißt.<br />
Nacht der Weihnacht, Heilige Nacht, erfülle mich, Heiliger Geist.<br />
An das Gute geglaubt, wie Geschenkpapier zerrissen,<br />
kein liebes Wort, zeitlos verschlissen. Zeitenfenster blind, altes Leben.<br />
Doch Kinderaugen strahlen, nimm diese Freud wie mit Liebe gepacktes<br />
Geschenkpapier. Auch Liebe macht blind im Zeitengewirr.<br />
Suche die Adern was fließt. Der Erde Wellen verdeckt,<br />
so wie in deinem Körper die Adern Schutz suchend die Haut zu<br />
schützen.<br />
Die Wünschelrute, wer hat’s in der Hand, suche, ja suche!<br />
Irgendwo muss fließen. Luft, Wasser, Erde, Meer,<br />
kein Stillstand macht’s auch der Erde schwer.<br />
Doch Sonne und Mond im Wechselspiel von Tag und Nacht.<br />
Gott sprach: Es werde! Fließende Wasser, pulsierendes Blut,<br />
und dass die Versuchung lockt. Stillstand ist Widerstand, es muss<br />
fließen.<br />
Leben. Der Erde innere Flut und Glut, die Angst vorm Beben,<br />
der Erde gespaltene Wut.<br />
55
SONNE PUR<br />
2. Juli 2015<br />
Strahlen leuchten, helle Tage nur. Sommersonne, Sternenhimmel<br />
klar.<br />
Vollmondnacht, ihr Sein nimm wahr. Der alte Baum dürstet, die<br />
Quelle der Freude ausgetrocknet. Leere Gassen, Häuser verlassen.<br />
Der Glocke Ruf frohlockt durch die Gassen.<br />
Horch den Klang, der die Stille bricht, einsam schlürft der Alte,<br />
die <strong>Gedanken</strong> im Licht.<br />
Heimat mein, im Sommersonnenlicht. Sachte stirbt die Zeit,<br />
die Erde schweigt und dreht den Tag. Mensch vermag die Zeit,<br />
die Glocke schlägt bis zum AMEN.<br />
Sinner gut druff? De Kornmann ruft, de erschde Bluff,<br />
brauchsch nit emol lache.<br />
Die Hall voller Gsichder, Grenzlandfeschtrichter. Akkordeon schweigt;<br />
sell Mädel beherrscht die Taschde. Melodisch begleit de Elsässer,<br />
babbelt, alla hopp!<br />
Die Luft schwabbelt, nit flott.<br />
De Kontrabass – die Saite reißt. Mame’s alder Disch fangt aa se läwe.<br />
Sellemols, s Grenzland platt, de Mundoart ihr Strewe, so war’s.<br />
Manschmol warsch platt. E Meisel im Heisel, die Lais henn gejuckt,<br />
hesch trugge als gschluckt unn alsemol platt.<br />
Außer unserer Mundoart, was hämmer schunscht g’hatt?<br />
Guggsch e bissel serick, was vor der licht.<br />
Kä leichter Blick; s kummt, wersch nit gfroocht, nimmie so weit.<br />
Ääns wääß ich: Mundoart, mei geerbdes Gud, was sie mer bedeit,<br />
Häämet grenzenlos weit.<br />
Von do bis Stroßburch nuff Dialekt mich begleit.<br />
56
Hopfe gezopft, Schnecke gsucht, Goardepädel längs in die Altstadt<br />
unn serick.<br />
Mer gedenkt, sellemols, mundartgerecht, Läwensgeflecht,<br />
schunn im Mudderschoß g’heert.<br />
Sellie Zeit, gar nit äfach Kinnerzeit. Doch was hämmer schunscht<br />
g’hatt<br />
im Grenzlandgeheche! S war alles platt, numme Elsaß unn Palz.<br />
S isch die Häämet, ehr Leit, die Mundoart.<br />
Erchendwann dann s letschde Päddel hie zum Kerchhof.<br />
S isch d’ Häämet, verworzeltes Gut, seller unn jäller.<br />
7. Juli 2015<br />
Alt uhne Wert, d’ Atomuhr tickt siddich, horch ehrn Schlaach,<br />
d’ alt Stubbeuhr tickt, dein Geischt schtrittich, alles lätzrum.<br />
Welt im Wannel. Summersunneschei, Juni 40°, wolkeloser Himmel.<br />
Brandwarnung wu hinheersch.<br />
Trugge, trugge, schlugge, schlugge, alles Wasser, Läwenselixier.<br />
De Mensch leid weltweit. Bollidik, Streit, Kriseherd.<br />
Unser Enkel heerd’s, froocht e Sekund unn zehld.<br />
Warum ehr Leit geploocht, wer wählt die Bagasch.<br />
Liewer Gott, hosch d Erd erschaffe uhne Waffe unn Leid.<br />
Alt uhne Wert!<br />
57
18. Juli 2015<br />
Zuviel Sommersonne, ausgetrocknet wie das Sonnenblumenfeld.<br />
Da ist kein Leuchten, hängende Köpfe der Blumen.<br />
So sitzt ein Schatten in mir im Sonnengeflecht,<br />
die Erde dürstet, auch meine Seele. Ruhe um mich her.<br />
Doch da! Der kleine Vogel flüstert, spreizt seinen Schnabel.<br />
Ausgetrocknet die Vogeltränke. Gib Wasser, nur Wasser!<br />
Und des kleinen Vogels Augen schauen ängstlich; er sucht Vertrauen<br />
um sich her.<br />
Der Sonne Strahl spiegelt das Wasser der Tränke an der Wand,<br />
ein tanzender Kringel. Planschend, flügelschlagend,<br />
mit dem Schnabel gelöffeltes Wasser, dann ein Blick zum Himmel.<br />
Sachte bewegt sich das Wasser, rinnt durch die ausgetrocknete Kehle.<br />
Lebenselixier! Achte und bete. Hoffe und glaube!<br />
22. Juli 2015<br />
Wortlos, einsam, lose Worte dahingesagt. Dennoch alte Liebe fühlen.<br />
Schlürft hinterher, alt und geplagt; das war einmal.<br />
Es verweht die Zeit einsam, doch die Tage gehen.<br />
Verblüht der alte Baum, da knacken die Äste.<br />
Die Mondnacht trübe, kein strahlendes Schauen.<br />
Alte Liebe schlürft hinterher, wortlos.<br />
Buchstaben gleichen Tag und Nacht, Jahre ziehen lautlos ins All;<br />
Und doch ist es keine Befreiung. Eher eingeengt.<br />
Wie soll da die Befreiung gelingen? Rätselhaft und gefühllos; es ist<br />
geschehen.<br />
58
Da geht es wie dem Regenbogen, eine Farbfassenpracht.<br />
Und nur eine Wolke zieht am Himmel und löscht den Glanz der<br />
Farben.<br />
Alles verblasst. Nur der Druck, der Filzmantel um deine Seele,<br />
ist wie ein Filzpantoffel, der dich einschnürt.<br />
In dir streiten sich die Gefühle im tiefsten Grau, die Hoffnung<br />
schwindet. Wo ist Freude? Licht loslassen. Ein Dialog der Lösung.<br />
Ungelöste Probleme.<br />
Angst, die einengt, gefühlloser Druck. Atme, bitte, bete!<br />
Rede mit deinem Schöpfergeist: Kehr bei mir ein!<br />
Atme, nicht erschrecken; führe mich den rechten Weg,<br />
höre, Herr, mein Flehen!<br />
Abends schiebt die Sonne ihre Schamröte ins Meer,<br />
der Erdmutter Stöhnen verhallt.<br />
Es brodelt das Erdmutterherz,<br />
Vulkane schicken Rauchzeichen der Erde innerem Schmerz, du<br />
Mensch!<br />
Atome ticken, Sterne erforschen das Märchen vom Mann im Mond.<br />
Der Kindheit Träume - - - out und zerborsten.<br />
Alte Erde, sie dreht. Gottes Gebote achten. Menschen haben Samen<br />
gesät.<br />
Unkraut wuchert sachte.<br />
Liebe, Glaube, Hoffen - - - die Erde dreht.<br />
O Mensch, es brodelt in und über der Erde.<br />
Paradiesisches Sein der Erde Herz hebt.<br />
Der Kreisel dreht, die Spirale balanciert, das Schwergewicht wankt<br />
wie in meinen <strong>Gedanken</strong>.<br />
Nicht böse, auch nicht himmelhoch jauchzend.<br />
Da sitzt der Mensch mitten im <strong>Gedanken</strong>salat, weder süß noch sauer.<br />
Keine Ausdrucksweise, die Worte fehlen, das Atmen fällt schwer.<br />
59
Du trägst Altlasten, die quälen, doch Worte fehlen.<br />
Kann man sich öffnen, wenn das Vertrauen streikt?<br />
Sokrates, Jesus, Shakespeare. Jesu Worte:<br />
Wenn ihr nicht werdet wie die Kinder, könnt ihr nicht ins Himmelreich<br />
gelangen.<br />
Vater Unser, und führe uns nicht in Versuchung.<br />
1. August 2015<br />
Friede auf Erden wäre dann, wenn alle guten Willens sind.<br />
Du- ich- der- gehe den Weg. Gute Worte ehrlich sind.<br />
Doch wo und wann ja wär’ der Mensch, ja du, der und der!<br />
Suche den Weg nicht gleichgesinnt, doch Worte fühlen und hören hin.<br />
Steckt da auch Ehrlichkeit darin?<br />
Schau in die Augen deines vis-à-vis, der Druck, der Seele Schmerz.<br />
So sei der Sinn. Worte, nur hingesprochen ohnehin.<br />
Sei weise, du, doch glaube. Friedlich die Seele nährt’s.<br />
Heit Nacht hawwich in de Nochberhof nei simmeliert,<br />
do kummsch äffa nit in de Schloof.<br />
Denk driwwer noch, was so alles bassiert,<br />
do wu als Kind im Gassegräwel geplanscht in sällere Zeit, de Wei mitm<br />
Vadder gepanscht; die Bauere de Treschter ausgedrickt, im Zuwwer<br />
eigewäächt<br />
unn Heef neigedrickt. Hybride am Räwestock, ganz dunkelbloo.<br />
200 Liter Bumbes unn d Farb blitzebloo.<br />
Die Brie hot gegore, zum Fass rausgekocht,<br />
de Haustrunk gebore, unn de Vadder war froh.<br />
In de 50er Joahr, beim Bauer 1 DM de Liter,<br />
und de Daachlaa (Tagelohn) vunn de Mutter war platt.<br />
60
20. September 1982<br />
Könnt’ ich wie Picasso malen oder Michelangelo, jede Blume müsste<br />
Farben strahlen. Engel schwebten frei und froh, auch die Phantasiegestalten.<br />
Malen möcht’ ich gedroschenes Stroh, auch nur Früchte, die gefallen,<br />
und verweht vom Herbstwind die Natur im Nebelwallen,<br />
eingehüllt wie s neugeborene Kind.<br />
Altes in neuen Farben aufleben lassen, wie des Künstlers Aug’ erfassen<br />
die Natur im Jahresreigen, was so auf der Erde tanzt.<br />
So wie Charlie Riewel gehen und schauspielern, wird mir nie zu<br />
eigen.<br />
Mehr Vertrauen! Musizieren so wie Herr Karajan,<br />
jauchzen so wie Geigen weinen. Singen, Töne auf den Saiten schwingen.<br />
Bei Dior vorbei nur schauen, bei Hilton dinieren, ohne mich zu<br />
genieren.<br />
Alle Sinne lenken können und dem Menschen zu vertrauen.<br />
Was für Kriege hergerichtet, in des Meeres Tiefen vernichtet.<br />
Dass der Ärmste Brot nur hätte,<br />
so dass alle Macht der Großen, die mit Herz auch Herzelosen.<br />
Herr, bring alle zur Besinnung und lass Atome nie zerbersten,<br />
lass auch mich zufrieden sein dazu.<br />
61
17. September 1982<br />
Wann ich mer mol was winsche derft, was määnener, was des wär?<br />
M Schmalze Hermann sein Humor unn sei Nadurell.<br />
Vumm Schakob langt mers halb Gehalt, er hot jo Enkel ä.<br />
Die Ruh vunn ihm – s isch wirklich wohr – vumm Emil, so wie er<br />
lacht.<br />
Es war mit Leib unn Seel egal, ä doch, s isch woahr.<br />
E wirkliches Lache säll. Aber s kann doch kä Mensch aus seiner Haut.<br />
Ich wääß unn drähm als medde uff de Strooß,<br />
so bissel fröhlich sei jo bloß!<br />
Stark wie de Brosseljakob draus im Wald. Wahrlich, der isch jo so<br />
groß,<br />
unn Nerve wie e Hähbäämstrang. Sefridde sei unn froh, de Emil<br />
lacht.<br />
Unn de Wunsch: Du läbsch im Derfel newernand<br />
unn narre ämol bloß.<br />
2. ADVENTSSONNTAG 2015, im Seniorenheim<br />
Edenkoben<br />
Sonntag, ja Sonntag. Herr dein Licht leuchtet,<br />
grau und Trauer, ja wer mags! Augen feuchtet’s.<br />
Perlender Tau im Auge, so vergehn die Tage. Der Grashalm neigt sich<br />
im Tau.<br />
Ja schau, schon Advent. Das Rad dreht sich im Jahresreigen.<br />
Dem Bild vertraute Augen schauen dem Tag entgegen. Nein, nicht<br />
grau, Blau! Trau, Trauer, Sonne, Perlentau.<br />
62
Loslassen wie deine Seele, sie sitzt innen, die <strong>Gedanken</strong> kreisen.<br />
Loslassen beginnen, seltsame Weisen, alles war da.<br />
Wer vermag den Schmerz loszulassen, immer der gleiche Satz.<br />
Zusammenfassen, einsam und verlassen. Du spürst die Angst.<br />
Tiefes Sinnen, Spinnennetze im Fenstersims des Lebens.<br />
Lichtblitze im Sonnenschein am Morgen am Fenster, Perltautropfen.<br />
Still sitzt die alte Spinne, sinnt nach, tu dich nicht sorgen!<br />
Loslassen. Tief im Heute. Morgen Gefühle zu halten, wer kann’s?<br />
Seltsame Weise, Worte - - nein.<br />
So wie die Blume welkt, wenn sie nicht küsst der Sonne Schein.<br />
Loslassen! Wie die Seele weint, kein Sonnenstrahl am grauen Morgen!<br />
Dasselbe Ritual:<br />
Aufstehen, waschen, dann Ergo. Um acht geht’s los:<br />
Malen, Flechten, Stricken, Ratespiele, Gruppentherapie,<br />
Mandalas in allen Farben, das können schon die Enkel.<br />
Würfelspiele, die Zeit zu füllen bis zum Mittagessen.<br />
Zum Glück war der Mai voll Sonne!<br />
Socken stricken am laufenden Band, dein Kopf so leer, <strong>Gedanken</strong><br />
abschalten.<br />
Immer die gleichen starren Augen schauen dich an.<br />
Du musst deine Gefühle ausschalten.<br />
Heute ist Weinprobe, ja Probe vom Wein. Setz dich in den Kreis.<br />
Kleine Brothappen werden herumgereicht. Weinproben!<br />
Der Winzer muss auch leben.<br />
Am Ende leere Flaschen und gerötete, lachende Gesichter.<br />
Weinprobe, roter und weißer.<br />
63
Lasst uns<br />
immer<br />
in den großen Traum<br />
des Lebens<br />
kleine bunte Träume<br />
weben.<br />
Jean Paul
ADVENT, WARTEN<br />
Weihnachts wird’s werden, da fragt keiner nach, wie die Jahreskreise<br />
auf Erden ziehen. Ob der Erde Schmach die Menschen mühn.<br />
Menschen hasten und hetzen, der Weihnachtstag naht.<br />
Menschen treiben Gesetze, vom Frieden die Sprach.<br />
Stadt Gottes, Gebote achten! Liebe deinen Nächsten, deinen Nachbarn<br />
dort allein.<br />
Weihnacht wird’s werden, Frieden auf Erden soll sein.<br />
Schau in die Augen – ein Augenblick, spricht da die Liebe vom Kind<br />
in der Kripp’?<br />
Hoffe! Weihnacht wird’s werden. Schau über Nachbars Zaun!<br />
Friede den Menschen! Suche Gott zu vertraun.<br />
Dritter Stock, Mansarde, neunmal die Treppe rauf und runter<br />
Bewegung wie die Verpflegung. Am Aufzug kommt der Essenswagen.<br />
Der Koch portioniert die Gerichte nach Plan,<br />
alle starren auf die Teller zur Musik.<br />
Du bist still und versuchst, das Gehirn auszublenden.<br />
Beim Eingang zur Tür des Fahrstuhls wird das Essen ausgeteilt.<br />
Gänseblümchen und der gelbe Forsythienstrauch strahlen Hoffnung<br />
im Mai.<br />
Das Herze weint, wo ist dein Du, die Sonne scheint,<br />
und mein Daheim verschwand im Nu. Wo und wann gehst du im<br />
Tal der Tränen.<br />
So leer, dein einst geliebtes Daheim!<br />
Du spürst des Herzens wildes Pochen, kein liebes Wort, die Gasse<br />
leer.<br />
All das, was ich so sehr geliebt, einsam, allein, so schwer das Gemüt.<br />
Kein Sonnenstrahl durchbricht die Stille,<br />
66
trüb weint das Herz und pocht und pocht.<br />
Mein Gott, so hab ich’s nicht gemocht. Des Glaubens Schmerz den<br />
Sinn umhüllt.<br />
Die Sehnsucht, ein neues Bild, die Schwere das Herz umhüllt,<br />
ein liebes Wort mit Licht! Ein ehrlich Dasein.<br />
Die Fesseln umhüllen wie schwere Ketten dein DU.<br />
Das Herze weint; wer kann mein Sein ermessen?<br />
Einsam, allein, ausgehungerte Sehnsucht. Suche das Sein,<br />
den Sinn der Zeit.<br />
Die Tücke des Lebens – Einsamkeit.<br />
Die Seele im Tunnel sucht das Licht. Die Quelle versiegt,<br />
ausgetrocknet die Hülle. Du Mensch erliegst von der Fülle.<br />
Angst allein mit Gefühlen. Suche das Sein. Nichtsein.<br />
Du bangst und bangst. Ist Liebe nur ein Wort?<br />
Gefühle schwanken, du sitzt wie der Hamster im Rad.<br />
Das <strong>Gedanken</strong>karussell dreht sich im Dunkel der Gefühle.<br />
Dein Ego. Kein Licht. Allein.<br />
Im Dunkel der Gefühle – erlöse mich von dem Übel, du mein Gott!<br />
Schick einen Sonnenstrahl ins Gemüt, scheuch der Seele Stau<br />
aus dem Grau im Grau.<br />
hoffe wie die Biene, ja fliege, du Mensch,<br />
vertrau, aus dem <strong>Gedanken</strong>stau.<br />
Im Wechselspiel der Zeit, Tag und Nacht verbreit.<br />
Glanzlose Augen, einsam und allein im <strong>Gedanken</strong>karussell.<br />
Wie’s Wetter, novembergrau und trübe.<br />
Des Gefühles Nuancen, ein Stauende in Schüben.<br />
April ohne Sonne, blühende Kirschbäume hängen die Blüten,<br />
vom Regen umhüllt.<br />
Schau die Intrigen, keine Biene will fliegen im Frühlingsgrau,<br />
im Wechselspiel der Zeit.<br />
67
O Mesch, schau, ja schau, im <strong>Gedanken</strong>stau.<br />
Er verleiht keinen Freudenschrei.<br />
Doch die Zeit, Tag und Nacht, Gott behüte!<br />
IM SENIORENHEIM EDENKOBEN<br />
Angekommen in Edenkoben, das Heimweh fährt die Weinstraße<br />
entlang. Aufgenommen in der Mansarde, wahrgenommen, Schreck<br />
bekommen.<br />
Das wars, da bist du und bleibst du, kein Freudenschimmer.<br />
Warum auch immer: Black out. Was nun? Wortlos stumm die Augen<br />
blicken,<br />
kein Entzücken.<br />
Durchs Fenster fällt ein Sonnenstrahl.<br />
Wolken schieben, das <strong>Gedanken</strong>karussell dreht sich.<br />
Immens die Zahl, gestern, heute und morgen,<br />
die Gefühle tief verborgen.<br />
Das Herze schlägt und scheucht die graue Qual.<br />
Angekommen, aufgenommen, kein Freudenmahl.<br />
Auch der Himmel schiebt die Wolken ungewiss.<br />
Gewisses in Überzahl.<br />
Dein Koffer ausgepackt, ohne zu fragen, lautlos.<br />
Wo ist dein Recht? Macht – Ohnmacht, Körper und Geist streiten,<br />
stumm wie ein Stein.<br />
Ein Quadratmeter Himmel, wie in Ketten gefesselt,<br />
die Flügel gestutzt. Wasser! Die nächste Flasche kostet Geld.<br />
Gefesselt, dein Körper erstarrt, die Elastik eingefroren in deinem Ich.<br />
Bett, Nachttisch, Stuhl, ein kleiner Tisch, das Mansardenfenster<br />
verriegelt.<br />
68
Kein Ausweg! Glanzlose Augen schauen starrend dich an.<br />
Die Schönheit kann man nur noch ahnen.<br />
Das Herze pocht. Der Seelendruck so grau, ich steh im Stau der<br />
Gefühle.<br />
Des Lebens Mühle flau, als sitzt du zwischen zwei Stühlen,<br />
den Blick zumFenster erhoben.<br />
O Gott, wen soll ich loben? Des Schöpfers Geist so fern,<br />
kein Licht durchbricht die Wolkenwand.<br />
So bang, und noch wie lang?<br />
Die Angst lähmt das Gemüt, kein Freudenschimmer blüht,<br />
lichtet meinen Seelendruck.<br />
Ich seufze nach dem Schluck, der lindert den zähen Druck.<br />
Ein Mensch, der spricht, mit Wärme gefühlte Wärme.<br />
So weit entfernt und doch so nah. Ich härme und such ein Ziel.<br />
Der Lebensmühle Spiel. Die Stille dreht sich wie’s Wetter.<br />
Ich sehe durchs Mansardenfenster. Ein Quadrat grauer Himmel.<br />
Gepflückte Gänseblümchen schauen mich an.<br />
Das Auge spricht: Blicke auf, du schwacher Geist, glaube!<br />
Stille Stille, die Zeit, das Ziel liegt so weit. Auf! Bald ist Mai.<br />
Ein Schrei! Wer hört der Seele Not?<br />
Der Glaube schwankt, doch Glaube zwischen Himmel und Erde.<br />
Ein Mensch unter Menschen, Gefühle schwanken, <strong>Gedanken</strong> kreisen.<br />
Ungewiss das Werden. Verlassen, allein.<br />
Das <strong>Gedanken</strong>karussell dreht Licht im Tunnel.<br />
Kein Schimmer. Blickst durch’s Quadrat, schaust zum Himmel.<br />
Doch allein mir fehlt der Glaube.<br />
So vergeht ein Tag nach dem andern.<br />
Nichts passiert, nur leere Versprechen.<br />
Wie Gummi ziehn sich die Stunden, du sitzt sie ab ohne Freude.<br />
69
Doch die Sonne warf Strahlen durch das Fenster der Mansarde.<br />
Ise und Liesel zu Besuch. Sprachlos über mein Sein. Auch mir fehlen<br />
die Worte.<br />
Kein Gespräch auf der ganzen Station.<br />
Zwei Schwestern, die ihre Routinearbeit verrichten.<br />
Auch die Ärztin war noch nicht zum Gespräch gekommen.<br />
Heute ist Samstag, und die Station ist notbesetzt.<br />
Herzlos, schmerzlos, das fühlst nur du und du.<br />
Soziales Verwalten; die Alten zahlen den Verein.<br />
Wortlos, sprachlos, und wer erntet?<br />
30. April 2016<br />
Ein Schrei in die Dunkelheit verhallt, das Fenster zur Welt so weit<br />
entfernt.<br />
Gebeugte Menschen tragen des Lebens Last,<br />
werden verwaltet in Hektik und Hast.<br />
Der Plan läuft nach der Uhr. Das Programm fasst Daten und Taten.<br />
Lieblos. Wer fühlt noch der Tage Verwalten?<br />
Wer achtet den Seelenschmerz, das pochende Herz?<br />
Eingetrocknet die Freude, das Lachen. Hinter der Maske ausgetrocknete<br />
Mimik.<br />
Der Körper schrittweise ins Aus verwaltet, erkaltet.<br />
Ein Schrei in die Stille verhallt, in die Schablone gepresst: Alt, alt, wie<br />
alt!<br />
Soziale Last.<br />
An das Gute geglaubt, gebetet, jetzt der Freiheit beraubt.<br />
Der Weg geht ins Aus, kein Freudenschimmer, warum auch immer.<br />
Theater, Theater, Band ab, der Film läuft ins Ungewisse.<br />
70
So wie das Wetter ist auch mein Ego. Warum nur?!<br />
Sonntag ohne Sonne, grau in grau.<br />
Ein Blick aus dem Mansardenfenster. So wie die starren Blicke<br />
der Bewohner im Speiseraum. Kein Lächeln! Wie soll ich durchhalten,<br />
mithalten?<br />
Mein Inneres schreit, so tief gesunken mein Sein.<br />
Bin ein Sozialfall der Verwaltung. Wo bleibt die Gerechtigkeit!<br />
Demographischer Wandel, Wandel der Zeit hin zur Mansarde.<br />
Kein Weitblick, eingeschlossen.<br />
Das Herze pocht, die Seele weint. Die Ungewissheit schreit.<br />
Stille in mir, Hoffnung und Bangen seit Tagen.<br />
O Mensch, warum nur, warum!<br />
Lasst Gerechtigkeit walten, Solidarität!<br />
2. Mai 2016<br />
Stumm schreit die Seele, die Nacht war so lang.<br />
<strong>Gedanken</strong> fliegen durch die Mansarde. Gequält geht die Zeit im<br />
Jahresreigen.<br />
Wer mag dieses Leid begreifen?<br />
Das Zeitenfenster, in Nebel gehüllt,<br />
die Hoffnungsgespenster, mein Sehnen nicht füllt.<br />
Wer mag’s begreifen! Der Tag schleicht dahin,<br />
ich suche zu fassen, doch wo bleibt der Sinn!<br />
Sinnloses Verwalten, lieblos die Gefühle rings um mich her.<br />
O Gott, halte ein, gib mir Kraft!<br />
Ein Mensch ohne Sonne, kein Sonnenstrahl, der die Seele erhellt.<br />
Im dunklen Tal, abseits gestellt, wer hört die stumpfen Schreie!<br />
71
Acht Tage unheimliches Warten, heimlich, heim, starten.<br />
Die Seele weint stumm, warum, warum!<br />
<strong>Gedanken</strong> kreisen, keine singenden Weisen. Der graue Druck schnürt<br />
wie Fesseln. Ein Netz, unsichtbar, umhüllt die Gestalt, einsam, allein,<br />
demographisch verwaltet. Eingesenkt in das Raster, die Alten nur<br />
Laster.<br />
Der Rücken sich beugt, doch vorm Fenster scheint die Sonne.<br />
Die Mansarde, 1 Quadratmeter Fenster erhellt,<br />
dem Maientage zugesellt. Der Kalender, acht Tage im Heim.<br />
Kein Mensch zum Reden, zum Lachen,<br />
die Einsamkeitsfäden ziehen den Hoffnungsschimmer ins Aus.<br />
Gefühle verkümmern, die Freude liegt am Boden wie die Blüte der<br />
Magnolie.<br />
Sie welkt vor sich hin im Frühlingsreigen. Nicht grünende Saat,<br />
die Seele verkümmert, eingehüllt wie ein Eisklotz am Nordpol.<br />
Nicht freudevoll! Ein Eisberg umhüllt mein Leben.<br />
Eingehüllt in das komplizierte Korsett des Altenheimes.<br />
O Gott, gib mir Kraft durchzustehen, zuzusehen, wie mein Geist<br />
verödet,<br />
mein Gemüt verblödet, mein Sinn erstarrt hinterm Mansardengiebelfenster.<br />
<strong>Gedanken</strong>gespenster kreieren, verirren des Tageswirren Grauen zu<br />
schauen,<br />
tagtäglich im Laufrad des Altenheims zu verblöden.<br />
Im Heim geheime <strong>Gedanken</strong>, Sinn und Sein schwanken, planloses<br />
Verwalten.<br />
Im EG Nord ohne ein Wort die Treppenstufen gezählt,<br />
mich mit Vorwürfen gequält.<br />
Warum nur, warum geht die Einsamkeit um!<br />
Wen kümmert’s? Die Verwaltung und Gestaltung .<br />
72
Tagtäglich die Zahlen erhalten. Der Zeitgeist gibt vor, Soziales zahlt.<br />
Die demographische Zahl. Alt und verwalten, so viele alten, kraftlose<br />
Gestalten.<br />
Amen.<br />
Nachtgespenster gejagt, mein Geld<br />
geklaut. Schreck am Morgen.<br />
Du fragst und sagst, die Angst geht<br />
um.<br />
Wen kümmert’s? Bleib stumm!<br />
Zehn Tage Altersheim, angekommen,<br />
aufgenommen, ins Giebelzimmer<br />
verfrachtet.<br />
Ein Stück Himmel schaut durchs<br />
Fenster, eingeengt wie in einem<br />
Korsett.<br />
Tagesablauf nach Plan, grau und grauer macht nicht schlauer.<br />
Wortlos, still und stumm.<br />
Die Schablone Film läuft Tag für Tag im gleichen Muster.<br />
Treppauf, treppab, Stufen zählen, <strong>Gedanken</strong> quälen.<br />
Wen kümmert’s? Die stummen Gestalten, die Alten verwalten.<br />
Das Herz pocht, atme tief und kräftig, autogenes Training.<br />
Gefragt, getan befreit.<br />
Glaub daran, das Gänseblümchen strahlt.<br />
Erfreut schaut’s dich an im Frühlingserwachen.<br />
Sonne, Sonnenschein, das Herze pocht und pocht.<br />
Die Biene fliegt im Frühlingstraum.<br />
Frühlingsduft; der Maien grünt, wie’s jeder mocht’ im Jahresreigen.<br />
So dank dem Schöpfer Tag für Tag! <strong>Gedanken</strong> ziehn, aufzuschreiben,<br />
möge es der Seele Nahrung sein.<br />
Einsamkeit ganz ohne Worte, grau und kahl, verscheuch!<br />
73
Verblendet suche ich den Sinn, der die Zeit erfüllt.<br />
Eingeengt im Heimkorsett geht die Zeit passé, kein Lachen mich<br />
erfreut.<br />
Suche die Zeit der Einsamkeit zu verscheuchen, die mein Sehnen<br />
stillt.<br />
Das Gändblümchen schaut dich an, die Natur im Jahresreigen.<br />
Frühlingserwachen, das der Schöpfer gibt.<br />
21. Januar 2017<br />
Verpasste Gelegenheiten,<br />
och hängende Wünsche, tiefe <strong>Gedanken</strong>gänge.<br />
Leere alte Gruben, die einst den Menschen ernährten,<br />
abends Kerzenleuchten in Stuben.<br />
Eiskalt, verdorrte Sehnsüchte ausgetrocknet. Eishöhlen, in Dunkelheit<br />
gehüllt.<br />
Die Silhouetten der Fledermäuse<br />
hängen im Schlaf, still und stumm.<br />
Der Glockenklang verstummt,<br />
ausgefallene Feder, alter Kot.<br />
Und die Höhle schweigt; die Vergangenheit lebt.<br />
74
3. Oktober<br />
Sonntag eingekränzt, Erntedank, DANKE sagen!<br />
Mein Gott, wie soll ich danken? Die Ketten halten mich gefangen.<br />
Kein Gespräch, die Zunge wie gelähmt,<br />
Macht, Ohnmacht, Zwietracht sammelt die Zeit.<br />
Die Hülle schweigt. Träume, dass die Ketten fallen - - - das bin ich!<br />
Ungelöste Probleme, seit Tagen angesprochen, ohne Antwort.<br />
Wenn nicht heute, dann morgen.<br />
Tief einatmen, wie oft schon! Der Augenblick trostlos.<br />
Vorsätze streichen im alten Kalender.<br />
Achte, fühle, genieße, löse, verändere!<br />
Mein Pfad immer noch derselbe. Es ist uncharmant,<br />
mit dem Handy durch die Gasse zu laufen. Keine Gemeinsamkeit,<br />
nichts ist perfekt, auch ein Philosoph schweigt.<br />
Sturm der Liebe, ausgebremst. Phantasie, unabhängig, allein; keiner<br />
hört dir zu. Black out. Versuche, positive Dinge zu tun, aufschauen,<br />
kleine Freuden sehen!<br />
Glücksratgeber gibt’s. Erwarte nicht dein Glück, lächle.<br />
Bauchgefühl ernst nehmen, Luft holen, aufatmen.<br />
Was ist wichtig? Angst, ungewiss, uferloses Tun.<br />
ENDE<br />
75
Quellenangaben<br />
Quellenangaben Bildmaterial<br />
Seite 37: Bergzabern auf einem Stich aus dem 17. Jahrhundert,<br />
Gemeinfrei<br />
Seite 47: Von Original photo by Raja Patnaik, post-processed and<br />
uploaded by Alessio Damato (with permission of the author) - Eigenes<br />
Werk, CC BY-SA 3.0, https://commons.wikimedia.org/w/index.php?curid=4641330<br />
Seite 50: Eigenes Werk<br />
Seite 55: Kupferstich "Anbetung der Hirten" um 1640 nach Raphael<br />
von Giovanni Battista Franceschi (1571 bis ?) - Gemeinfrei<br />
Seite 64/65: Dateinummer: 10948547 | Medienart: Lizenzfreie<br />
Bilder | Model freigegeben: Ja | Urheber: Laurin Rinder | de.123rf.<br />
com<br />
Seite 73: Eigenes Werk<br />
Verlag für Text- und Bildmedien Theodor Gerdon