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magazin für intermodalen transport und logistik - Schiffahrt und ...

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SUT_07/06 Layout_aktuell 26.10.2006 12:31 Uhr Seite 3<br />

Flachwasserstrategen<br />

B<strong>und</strong>esverkehrsminister Wolfgang Tiefensee<br />

hatte am 5. Oktober beim internationalen<br />

Binnenschifffahrtstag in Würzburg einen beeindruckenden<br />

Auftritt. In freier Rede lobte er in<br />

persönlichen Worten das verbandspolitische Engagement<br />

des scheidenden BDB Präsidenten<br />

Heinz Hofmann <strong>und</strong> äußerte sich treffend zur<br />

Bedeutung der Binnenschifffahrt: „Deutschland<br />

verfügt über das längste Wasserstraßenetz in<br />

Europa. In keinem anderen Land gibt es mehr<br />

öffentliche <strong>und</strong> private Binnenhäfen. In diesem<br />

Bereich sind r<strong>und</strong> 400.000 Menschen beschäftigt.<br />

Binnenschifffahrt <strong>und</strong> Binnenhäfen sind damit ein<br />

unverzichtbarer Baustein der Logistikwirtschaft<br />

in Deutschland“, so der Minister wörtlich. Kein<br />

anderer Verkehrsträger sei so sicher, verbrauche<br />

beim Transport so wenig Energie <strong>und</strong> sei so<br />

umweltfre<strong>und</strong>lich wie das Binnenschiff. So könne<br />

ein großes Rheincontainerschiff r<strong>und</strong> 500 TEU<br />

<strong>transport</strong>ieren. „Dies entspricht der Ladungsmenge<br />

von sechs Güterzügen“, zeigte sich der<br />

Minister sachk<strong>und</strong>ig.<br />

Tiefensee wies darauf hin, dass die Hinterlandanbindung<br />

der Seehäfen über das Netz der<br />

Binnenwasserstraßen immer stärker in den Vordergr<strong>und</strong><br />

rücke, da Bahn <strong>und</strong> Lkw erhebliche<br />

Probleme bei der Bewältigung des wachsenden<br />

Verkehrsaufkommens haben, die Binnenwasserstraßen<br />

jedoch noch über erhebliche Kapazitätsreserven<br />

verfügen. Mit dem Zitat: „Der Onkel, der<br />

Geschenke mitbringt ist lieber gesehen, als die<br />

Tante die Klavier spielt“, konkretisierte Tiefensee<br />

auch die bis 2009 vorgesehene Steigerung der<br />

Haushaltmittel <strong>für</strong> den Wasserstraßenausbau von<br />

jetzt 457 Mio. € auf 610 Mio. €. Insgesamt<br />

gelang es Tiefensee, den anwesenden Gewerbevertretern<br />

erstmals seit langem den Eindruck zu<br />

vermitteln, mit dem amtierenden Verkehrsminister<br />

einen sachk<strong>und</strong>igen <strong>und</strong> dem Gewerbe<br />

zugetanen Ansprechpartner zu haben.<br />

Angesichts des Tagungsortes Würzburg hatte<br />

mancher eine klare Aussage zum endgültigen<br />

Ausbau der Donau zwischen Straubing <strong>und</strong><br />

Vilshofen erwartet. Aber hier enttäuschte der<br />

Minister ebenso, wie die zahlreichen Besucher<br />

aus Ostdeutschland vergeblich auf ein Wort zum<br />

Elbeausbau warteten. In Sachen Donau versteckte<br />

sich Tiefensee erneut hinter die Festlegung<br />

des alten Deutschen B<strong>und</strong>estages auf die<br />

Ausbauvariante A. Mehr als ein: „Ich werde mich<br />

da<strong>für</strong> einsetzen, dass es bald eine Entscheidung<br />

gibt“, war dem Minister nicht zu entlocken.<br />

Wenn man sich allerdings mit Gewerbevertretern<br />

<strong>und</strong> Politikern aus der Region unterhielt, so<br />

wurden interessante Gründe genannt, warum<br />

Tiefensee eine Änderung der Beschlusslage in<br />

Richtung der im Raumordnungsverfahren empfohlenen<br />

Variante C 280 schwer falle. Die SPD in<br />

Bayern habe bei den letzten Wahlen gerade<br />

einmal 15% der Stimmen erhalten <strong>und</strong> die<br />

regionalen SPD-Abgeordneten haben sich zur<br />

Lebensaufgabe gemacht, Staustufen zwischen<br />

Straubing <strong>und</strong> Vilshofen zu verhindern. Dank<br />

ihres guten Drahtes zu SPD Fraktionschef Struck<br />

werde der Minister von seiner Partei ausgebremst.<br />

Gespräche mit anwesenden SPD-Abgeordneten<br />

wiederum vermittelten den Eindruck,<br />

dass die CDU/CSU Kollegen in Berlin sich eher in<br />

Oppositionsgehabe ergingen, denn ihrer Regierungsbeteiligung<br />

durch aktives Handeln in der<br />

Fachausschussarbeit gerecht zu werden.<br />

Es ist in diesen Tagen genau 50 Jahre her, dass<br />

die Länder Frankreich, Deutschland <strong>und</strong> Luxemburg<br />

den Ausbau der Großschifffahrtsstraße<br />

Mosel vertraglich geregelt haben. In nur sechs<br />

Jahren wurde dieses Projekt von 1958 bis 1964<br />

auf einer Länge von 300 Kilometern zwischen<br />

Metz <strong>und</strong> Koblenz fertig gestellt. Nach Ausbau<br />

der kanalisierten Saar erreichte die internationale<br />

Wasserstraße bereits gegen Ende der 1990er<br />

Jahre ihre Kapazitätsgrenze. Weiter wachsende<br />

Transportmengen bei suboptimalen Schleusenlängen,<br />

die nicht mehr den heute üblichen Verbandsabmessungen<br />

der internationalen Binnenschifffahrt<br />

entsprechen, sowie ein rapides<br />

Wachstum von Ausflugs- <strong>und</strong> Kabinenschifffahrt<br />

mit Vorschleusungsrechten, belasten aktuell die<br />

Wirtschaftlichkeit <strong>und</strong> Verlässlichkeit der Mosel<br />

als wichtige Infrastrukturverbindung der Industrie<br />

<strong>und</strong> Energiewirtschaft in der Grenzregion<br />

EDITORIAL<br />

Saar-Lor-Lux. Andererseits ist die Stahlindustrie<br />

in der Region mit der Fusion von Mittal-Steel <strong>und</strong><br />

Arcelor in einen weltweiten Standortwettbewerb<br />

eingetreten, der eine kurzfristige Verbesserung<br />

der Leistungsfähigkeit der Wasserstraße Mosel<br />

dringlich werden lässt. So wie die Dinge heute im<br />

B<strong>und</strong>esverkehrsministerium angelegt sind, wird<br />

der Bau der zweiten Moselschleusen nicht sechs<br />

Jahre, sondern Jahrzehnte in Anspruch nehmen.<br />

Andererseits zeigen uns die Franzosen, dass man<br />

die Planung <strong>und</strong> den Bau der neuen Kanalverbindung<br />

zwischen Compiègne <strong>und</strong> Cambrai<br />

mit finanzieller Unterstützung der EU auch heute<br />

in sechs Jahren realisieren kann.<br />

Es ist an der Zeit, dass sich die <strong>für</strong> den Infrastrukturausbau<br />

im B<strong>und</strong>esverkehrsministerium Verantwortlichen<br />

wieder an den Enthusiasmus <strong>und</strong><br />

die Initiative der Nachkriegszeit erinnern <strong>und</strong> die<br />

Politik die internationalen Flussausbauprojekte<br />

Deutschlands an Donau, Elbe <strong>und</strong> Mosel auf eine<br />

andere Ebene hebt. Dazu gehören Verhandlungen<br />

über die Finanzierung mit den Nachbarstaaten<br />

<strong>und</strong> der EU, die sicherlich Erfolg<br />

haben werden, denn auch dort ist das Interesse<br />

an einer raschen Verwirklichung der Ausbaumaßnahmen<br />

groß.<br />

Offensichtlich mangelt es vor allem am Willen auf<br />

deutscher Seite, notwendige politische Entscheidungen<br />

zu treffen <strong>und</strong> komplementäre Finanzmittel<br />

bereitzustellen. Die <strong>für</strong> Verkehr <strong>und</strong><br />

Wirtschaft verantwortlichen Fachminister auf<br />

B<strong>und</strong>es- <strong>und</strong> Landesebene werden nicht müde,<br />

die Bedeutung einer guten Infrastrukturausstattung<br />

<strong>für</strong> die Wettbewerbsfähigkeit unserer<br />

Wirtschaft immer wieder herauszustellen. Zur<br />

Standortsicherung <strong>und</strong> Arbeitsplatzsicherung der<br />

Zukunft zählen aber auch die weitere Entwicklung<br />

<strong>und</strong> der weitere Ausbau dieser Infrastruktur.<br />

Hier hat die B<strong>und</strong>esregierung als<br />

Verantwortlicher <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>eswasserstraßen<br />

noch einige Schularbeiten zu leisten. Andererseits<br />

muss die CDU/CSU ihre Regierungsbeteiligung in<br />

Berlin deutlicher zu erkennen geben <strong>und</strong> eine<br />

rasche Änderung der von Minister Tiefensee<br />

angeführten Beschlüsse der alten rot-grünen<br />

B<strong>und</strong>esregierung einfordern. Zu dem erfreulich<br />

wachsenden Finanzrahmen <strong>für</strong> die B<strong>und</strong>eswasserstraßen<br />

gehören nun klare politische Entscheidungen,<br />

wie <strong>und</strong> wo das Geld ausgegeben<br />

werden soll. Ansonsten werden sich die politisch<br />

Verantwortlichen in B<strong>und</strong> <strong>und</strong> Ländern bald als<br />

Flachwasserstrategen bezeichnen lassen müssen.<br />

3<br />

MAGAZIN FÜR INTERMODALEN TRANSPORT UND LOGISTIK<br />

7/2006

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