Sommer 2012 - HSBA
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ationsbereitschaft in einer Gesellschaft – einen<br />
signifikanten Beitrag zum wirtschaftlichen Erfolg<br />
von Ländern und regionen liefert. Vertrauen in<br />
einer Gesellschaft entsteht, wenn Menschen davon<br />
ausgehen können, dass Werte gegenseitig und<br />
verlässlich respektiert werden. Egoismus dagegen<br />
bedeutet, sich über gesellschaftlich anerkannte<br />
Werte zum eigenen Vorteil hinwegzusetzen. Durch<br />
Egoismus wird Vertrauen zerstört.<br />
Vertrauen stellt ökonomisch ein Kollektivgut dar:<br />
Die Gesellschaft hat ein hohes Interesse daran,<br />
dass Vertrauen vorhanden ist. Der Einzelne aber<br />
hat kaum einen anreiz, zum aufbau oder Erhalt<br />
der ressource Vertrauen beizutragen, schon gar<br />
nicht dann, wenn kaum noch Vertrauen in einer<br />
Gesellschaft vorhanden ist. Wer wäre schon<br />
bereit, inmitten von Lügnern noch ehrlich zu sein?<br />
Dadurch trägt man selbst dazu bei, Vertrauen zu<br />
reduzieren. Mehr noch: Die Ehrlichen wären in<br />
einer solchen Gesellschaft kaum überlebensfähig.<br />
In gleicher Weise sind an den Finanzmärkten diejenigen,<br />
die nicht dem kurzfristigen und schnellen<br />
Erfolg hinterher rannten, durch adverse Selektion<br />
schlichtweg aus dem Markt verdrängt worden.<br />
Die Folge: Vertrauen in der Gesellschaft beginnt zu<br />
erodieren und der abbau beschleunigt sich, weil<br />
es individuell immer weniger rational wird, sich<br />
diesem Prozess in den Weg zu stellen. und noch<br />
schlimmer: Geht Vertrauen einmal verloren, ist es<br />
äußerst schwierig, dieses wieder aufzubauen. Insofern<br />
kommt es auf jeden Einzelnen an, Vertrauen<br />
in einer Gesellschaft zu schaffen und zu erhalten.<br />
Gerade dem Beispiel gebenden und Vorbild bietenden<br />
Verhalten sogenannter Eliten in Wirtschaft<br />
und Politik kommt daher eine große Bedeutung zu.<br />
umgekehrt hat deren Fehlverhalten häufig einen<br />
immensen Kollateralschaden zur Folge.<br />
Vertrauen führt zu größerer Kooperationsbereit-<br />
schaft und senkt auf diese Weise die gesellschaft-<br />
lichen Kosten der Kontrolle und Durchsetzung<br />
von regeln. Kooperatives Verhalten zahlt sich, wie<br />
die Spieltheorie zeigt, aber eher dann aus und ist<br />
eher dann zu erwarten, wenn Menschen häufiger<br />
miteinander interagieren. Erst wenn Menschen<br />
wissen, dass sie in Zukunft öfter miteinander zu<br />
tun haben, wird reputation aufgebaut, entsteht<br />
Vertrauen und kommt es zu Kooperation. In einer<br />
Nr.2 | SOMMEr <strong>2012</strong><br />
globalisierten, immer mobiler werdenden Gesellschaft<br />
werden die sozialen Beziehungen und die<br />
wirtschaftlichen Interaktionen aber immer spontaner<br />
und oberflächlicher. In einem solchen umfeld<br />
lohnt es sich für den Einzelnen immer weniger, in<br />
Sozialkapital zu investieren. Für die Gesellschaft<br />
insgesamt resultiert daraus ein zu geringes Vertrauensniveau.<br />
Doch es gibt Hoffnung. In Experimenten lassen<br />
sich jenseits der Erkenntnisse der Spieltheorie<br />
evolutorische Formen von Kooperation, Fairness,<br />
Empathie und reziprozität nachweisen. auch<br />
sprachlich finden sich Hinweise: „Wie du mir, so<br />
ich dir“ oder „Eine Hand wäscht die andere“ sind<br />
ausdruck tradierter Normen. Die Frage ist jedoch,<br />
ob die den Menschen offenbar innewohnende<br />
Neigung zu Kooperation sich nicht allein in zwischenmenschlichen<br />
Beziehungen manifestiert,<br />
sondern auch auf globalisierte, hochvernetzte, aber<br />
dennoch anonyme Gesellschaften anwendbar ist.<br />
Vertrauen ist kein Wert an sich, es entsteht dort,<br />
wo Werte unausgesprochen, aber einvernehmlich<br />
und allgemein zustimmungsfähig gültig sind. Zwischen<br />
leistungsbereiten, verantwortungsbewussten<br />
und fair handelnden Menschen gedeiht Vertrauen<br />
besonders gut. Insoweit trägt das Leitbild<br />
der HSBa „Leistung – Verantwortung – Fairness“<br />
auch zur Bildung von Vertrauen und damit zum<br />
Funktionieren von Wirtschaft und Gesellschaft<br />
maßgeblich bei.<br />
TITEL <strong>HSBA</strong><br />
Immanuel Kant und der<br />
kategorische Imperativ:<br />
„Handle nur nach derjenigen<br />
Maxime, durch die du<br />
zugleich wollen kannst,<br />
Clipdealer<br />
dass sie ein allgemeines<br />
Gesetz werde.“ Foto:<br />
VITa<br />
Prof. Dr. Henning Vöpel<br />
1993-1999<br />
Studium der Volkswirtschaftslehre<br />
an der<br />
universität Hamburg<br />
1999-2004<br />
Wissenschaftlicher<br />
Mitarbeiter an der<br />
universität Hamburg<br />
2004<br />
Promotion zum Thema<br />
Stabilisierungswirkungen<br />
der Geldpolitik<br />
2004-2006<br />
Freiberuflicher unternehmensberater<br />
seit 2006<br />
Senior Economist<br />
am Hamburgischen<br />
WeltWirtschaftsInstitut<br />
(HWWI), dort leitet er das<br />
Themenfeld Gesundheits-<br />
und<br />
Sportökonomik<br />
2009<br />
auszeichnung im<br />
rahmen des Young<br />
Leadership Program<br />
(Harvard und MIT)<br />
seit 2010<br />
Professor für Volkswirtschaftslehre<br />
an der HSBa<br />
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