Sommer 2012 - HSBA
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<strong>HSBA</strong> TITEL<br />
10<br />
Werteorientierung:<br />
Eine besondere<br />
Herausforderung<br />
für global agierende<br />
unternehmen<br />
wERTE IN DER kRISE<br />
Zur ökonomischen Bedeutung<br />
von vertrauen in<br />
Wirtschaft und gesellschaft<br />
Von Gier und Zockerei ist die rede. an den Finanzmärkten und in der Politik wurde<br />
mit Werten und Verantwortung leichtfertig gespielt – und jeweils Vertrauen verloren.<br />
verloren. Dabei ist Vertrauen essenziell für das Funktionieren von Wirtschaft<br />
und Gesellschaft. Prof. Dr. Henning Vöpel<br />
Foto: istockhoto.com<br />
Schon adam Smith sah in dem individuellen<br />
Streben nach Erfolg wesentlich den „Wohlstand<br />
von Nationen“ begründet. Tatsächlich<br />
sind empirisch betrachtet Länder, welche die<br />
Freiheit und das recht des Individuums garantieren,<br />
die Früchte seiner arbeit zu ernten, wirtschaftlich<br />
erfolgreicher als andere. Mit der Finanzkrise sind<br />
jedoch Zweifel aufgekommen: Sind Gewinnstreben<br />
und Eigennutz noch Triebfeder für anstrengung und<br />
Wohlstand oder lösen sie zu Gier und rücksichtslosigkeit<br />
übersteigert Krisen vielmehr erst aus und<br />
gefährden am Ende das Gemeinwohl? Mögen die<br />
eigentlichen ursachen der gegenwärtigen Finanzkrise<br />
andere gewesen sein, so liefert sie womöglich<br />
doch Hinweise auf eine generelle Krise des marktwirtschaftlichen<br />
Prinzips von risiko und Haftung<br />
– und mehr noch: von Werten, Verantwortung und<br />
der auswahl von „Eliten“. Im Mittelpunkt steht<br />
dabei die philosophische, aber auch ökonomische<br />
Frage: Wie viel Egoismus vertragen Wirtschaft und<br />
Gesellschaft?<br />
Immanuel Kant, ein Zeitgenosse von adam Smith,<br />
hat versucht, Prinzipien für verantwortungsvolles<br />
Handeln des Individuums in einer Gesellschaft abzuleiten:<br />
„Handele nach derjenigen Maxime, von der du<br />
zugleich wollen kannst, dass sie allgemeines Gesetz<br />
werde.“ Dieser kategorische Imperativ bildet seit<br />
der aufklärung für säkularisierte und pluralistische<br />
Gesellschaften die ethische Grundlage für Moral.<br />
Diese im Prinzip plausible Ethik erfordert jedoch einen<br />
Menschen, der sich aus übergeordneter Einsicht<br />
(das ist der Imperativ) immer und unter allen umständen<br />
(das ist das Kategorische) gesetzesgleich<br />
an diese Maxime hält. Das setzt die Bereitschaft<br />
voraus, sich an Werte auch tatsächlich zu halten und<br />
Eigeninteressen den regeln des kollektiven Zusammenlebens,<br />
die implizit in diesen Werten enthalten<br />
sind, unterzuordnen.<br />
Werte tragen als informelle regeln ergänzend zu<br />
kodifiziertem recht und Gesetz dazu bei, Moral<br />
durchzusetzen, Vertrauen zwischen Menschen<br />
zu schaffen und die Kooperationsbereitschaft in<br />
einer Gesellschaft zu erhöhen. Werte haben somit<br />
nicht nur einen moralischen Wert an sich; sie sind<br />
auch ökonomisch von Bedeutung. untersuchungen<br />
zeigen, dass zivilgesellschaftliche Traditionen und<br />
der Bestand an Sozialkapital - damit bezeichnen<br />
Ökonomen das Vertrauensniveau und die Koope-<br />
Nr.2 | SOMMEr <strong>2012</strong>