Museumszeitung Das Paradies Schlangen haben ... - Stift Admont
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Nix für Ungut<br />
2. April – 21. Mai 06<br />
Felicitas Kruse<br />
<strong>Admont</strong> 1938 – 1945. Lebensspuren heute. Portraits. Erinnerungen. Plätze.<br />
Nix für Ungut ist eine Spurensuche in einem exemplarischen<br />
Ort in Österreich zu den Geschehnissen in der Zeit von<br />
1938 – 1945, die der Frage nachgeht, welche Erinnerungen<br />
und Geschichten weitergetragen werden. Nix für Ungut sind<br />
Portraits symbolischer Großeltern, sind Gespräche über ihre<br />
Erinnerungen und sind Aufnahmen von Plätzen, deren historische<br />
Bedeutung während des Nationalsozialismus heute<br />
verdrängt oder vergessen sind. Nix für Ungut umfasst drei<br />
Ebenen, die zu einem Ganzen zusammengeführt werden.<br />
P o r t r a i t s. Die Portraits sind Aufnahmen von Menschen<br />
der Großelterngeneration, die Arbeit klagt nicht an, sondern<br />
beweist die emotionale Anstrengung, die es kostet Menschen<br />
in der Nähe der Verbrechen zu sehen und sich selbst als Teil<br />
der Generationenkette in der Verantwortung zu begreifen. Es<br />
sind keine außergewöhnlichen Menschen - ihre Geschichten<br />
und ihre Gesichter widerspiegeln die Normalität einer Zeit,<br />
die jenseits jeder Normalität war. Es ist keine Arbeit über einzelne<br />
Protagonisten, sondern eine Arbeit über einen ganzen<br />
Ort.<br />
E r i n n e r u n g e n. Nix für Ungut steht im Schnittpunkt<br />
von Biographie, Familiengeschichte und Historie: <strong>Das</strong> anonyme<br />
Geschehen des Dritten Reiches erscheint plötzlich als<br />
Geschichte der eigenen Familie. Es ist unsere Geschichte,<br />
die der Schuldigen und der Verstrickten genauso wie die der<br />
Schuldlosen, unser aller Geschichte also, denn Unbeteiligte<br />
an der Geschichte gibt es nicht. Es sind Erzählungen, die<br />
durch ihre Beiläufigkeit bestechen. Es sind Erinnerungen, die<br />
anstrengend sind zu lesen & zu hören und sich damit auseinander<br />
zusetzen. Es sind Gedanken, denen man sich oftmals<br />
viel lieber entziehen möchte (ganz besonders wenn man<br />
mit Eltern/Großeltern aufgewachsen ist, die der Ideologie<br />
der Nationalsozialisten gefolgt sind) – die Banalität der Erzählungen<br />
von oftmals unfassbar schrecklichen Verbrechen,<br />
die Unbedenklichkeit mit der noch immer an alten Überzeugungen<br />
festgehalten wird und die Unreflektiertheit selbst 60<br />
Jahre später.<br />
P l ä t z e. Neben den Menschen <strong>haben</strong> auch Orte und Plätze<br />
ihre Geschichten und Erinnerungen. Ich fotografiere diese<br />
Plätze in <strong>Admont</strong>, die im Zweiten Weltkrieg eine persönliche<br />
oder historische Rolle gespielt <strong>haben</strong>. Plätze, die heute<br />
ganz anders ausschauen, eine andere Bedeutung <strong>haben</strong>,<br />
Plätze, deren damalige Bedeutung in Vergessenheit geraten<br />
ist, oder deren Geschichte bewusst verdrängt wurde. Beim<br />
Recherchieren und Fotografieren sehe ich Neues, obwohl es<br />
eigentlich Alt ist, es ist ein Entdecken und Aufdecken, ein<br />
Hervorkramen und Hervorlocken von Vergessenem.<br />
Die Arbeit bringt vielleicht keine Sensationsgeschichten zutage,<br />
aber ich bin auf der Suche nach der Geschichte eines<br />
Ortes, ich bin auf der Suche nach dem Alltäglichen und nicht<br />
nach dem Besonderen. <strong>Das</strong> Alltägliche fällt nicht so auf, aber<br />
es prägt uns.<br />
Christkindlbrücke<br />
Die Enns war nach dem Kriegsende 1945 die Demarkationslinie<br />
zwischen russischer und amerikanischer Besatzungszone. Alle<br />
Brücken wurden gesperrt. Die Christkindlbrücke wurde jedoch<br />
einige Wochen lang von den Russen nicht entdeckt und war die<br />
einzige Brücke, auf der man in die amerikanische Zone gelangen<br />
konnte. Ihren Namen hat die Christkindlbrücke aus einer überlie-<br />
ferten Geschichte, in der das Christkind über diese Brücke nach<br />
<strong>Admont</strong> kam, um den <strong>Admont</strong>er Kindern ihre Geschenke zu brin-<br />
gen. Zwischen dem 11. und 14. August 2002 wurde die Christ-<br />
kindlbrücke durch ein Hochwasser zerstört – heute stehen nur<br />
noch die Brückenpfeiler im Wasser.<br />
Schweben der fallen<br />
(Spagyrik)<br />
02. September – 05. November<br />
Eröffnung am 1. September 2006<br />
Emil Siemeister<br />
Absolut unabsolut<br />
„Auf den Wangen jeden Papiers liegt Schlaf und Alptraum“.<br />
Dieses Diktum Ferenc Jádis (1998) kann dem Zugang<br />
zum Werk des österreichischen Künstlers Emil Siemeister<br />
(geb. 1954) wie ein Notenschlüssel voran gestellt werden.<br />
Emil Siemeister arbeitet seit den 70er Jahren in den unterschiedlichsten<br />
Medien. Schwerpunktmäßig zeichnerisch<br />
tätig, agiert er vielseitig als Texter, Buch- und Objektkünstler,<br />
Komponist, Filmer, Aktionist und Performancekünstler.<br />
Naturgemäß spielen Papierarbeiten eine wesentliche Rolle<br />
im Schaffen des überzeugten Zeichners Emil Siemeister.<br />
Als folgerichtige Produkte seiner experimentellen, Dualismen<br />
überwindenden Veranlagung finden sich in seinem<br />
breiten Oeuvre Bezeichnungs-Gravuren großformatiger<br />
Bahnen (Polyester, Nylon, Plastik) mit Kugelschreiber, unterschiedlich<br />
belichtete und bemalte Fotopapiere, Leucht- und<br />
Kartonbilder sowie Röntgen-Bilder. In den Blind-Arbeiten<br />
verschwimmen die Grenzen zwischen Willkürlichkeit und<br />
Unwillkürlichkeit.<br />
Diese durch ihren Hermetismus und Symbolcharakter lockenden<br />
Werke entziehen sich ihrer Einordnung als das<br />
eindeutig Eine oder Andere. Sie sind plan und plastisch<br />
zugleich, <strong>haben</strong> sowohl Objekt- und Bildcharakter, verweben<br />
Wort und Bild, Malerei und Zeichnung, Konkretes und<br />
Abstraktes, Konstruktives und Reduktives, Rationales und<br />
Irrationales. Schon die Verbindung unkonventioneller Mal-<br />
und Zeichenmittel (Leuchtfarben, Kugelschreiber, Filzstift,<br />
Kreide) mit unerwarteten, oft durchsichtigen Bildträgern<br />
lässt Emil Siemeister-Werke auch nicht so einfach als ästhetisch<br />
oder unästhetisch bezeichnen. Sie pendeln zwischen<br />
beidem. Transparenz ist eines der Grundprinzipien seines<br />
Werkes. Sie entspricht dem diaphanen, hinterblickenden<br />
Denken des „art brut“-faszinierten Künstlers.<br />
Emil Siemeister ist ein absolut unabsoluter Individualist<br />
innerhalb der österreichischen Kunstszene. Mit seiner<br />
Großinstallation im <strong>Stift</strong> <strong>Admont</strong> 2006 verwandelt er das<br />
Museum für Gegenwartskunst in ein gedankenfreies und<br />
gedankenreiches Kunstlaboratorium.<br />
BUCH-TIPP: Katalog zur Ausstellung – erhältlich im Museumsshop<br />
ab 2. September 2006!<br />
<strong>Admont</strong>er 2006<br />
2. April – 5. November 2006<br />
Bibliotheksgang<br />
Konrad Rainer<br />
Im Herbst 2005 begannen die Arbeiten zum Fotoprojekt.<br />
In Portraitsitzungen enstanden ca. 70 Einzelportrait-Aufnahmen<br />
von 16 Konventmitgliedern des Benediktinerstifts<br />
<strong>Admont</strong>. Ergebnis der Arbeiten sind 9 monumentale Schwarz-<br />
Weiß-Portraits im Format ca. 165 x 120cm von ausgewählten<br />
Protagonisten aus dem Konvent. Die Aufnahmen unterliegen einem<br />
egalitären Prinzip, Aufnahmeort und Aufnahmebedingungen<br />
(stabilitas loci) sind konstant. Grundlage ist die Einbindung<br />
von freiwilligen Konventmitgliedern in das Kunstprojekt, deren<br />
Mitwirkung von entscheidender Bedeutung ist und neben dem<br />
Herrn Abt und Pater Prior (oboedientia) auch Persönlichkeiten<br />
umfasst, die in keinem Konnex zu bisherigen entsprechenden<br />
Aktivitäten im Kunstbereich standen, die generell nicht in der<br />
Öffentlichkeit stehen (conversatio morum).<br />
<strong>Das</strong> Projekt stellt den Versuch dar, über Portraitarbeiten einen<br />
Einblick in eine Gesellschaft zu liefern, deren Wurzel und<br />
Grundsätze im 6. Jahrhundert nach Chr. entstanden und noch<br />
immer bestehen, als Momentaufnahmen des angehenden 21.<br />
Jahrhunderts, als Status quo einer ständig neu zu beatmenden,<br />
gewichtigen Tradition.<br />
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