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pflegeinformatik - Pflege-PBS.ch

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PFLEGEINFORMATIK<br />

Maria Müller Staub: <strong>Pflege</strong>klassifikationen im Verglei<strong>ch</strong><br />

6. Nutzen und Vorteile der <strong>Pflege</strong>diagnostik<br />

Das Ziel der Pfl egediagnostik besteht darin, Patientinnen individuell und ri<strong>ch</strong>tig einzus<strong>ch</strong>ätzen,<br />

um ihnen die bestmögli<strong>ch</strong>e Pfl ege zu bieten. Pfl egediagnostik ermögli<strong>ch</strong>t ein ganzheitli<strong>ch</strong>es,<br />

vernetztes Verständnis der Patientinnensituation (Vogel, Kästner, & Bosshard, 1994).<br />

Pfl egediagnostik trägt dazu bei, die einzigartige Lebenswelt der Patientin einzubeziehen<br />

(Steffen-Bürgi & Baldegger, 1997). Pfl egediagnostik ermögli<strong>ch</strong>t, Pfl ege fa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong> fundiert und<br />

kontinuierli<strong>ch</strong> umzusetzen und klar zu dokumentieren (Georg, 1994).<br />

Pfl egediagnostik trägt wesentli<strong>ch</strong> zur Professionalisierung bei, indem sie Pfl egenden erlaubt,<br />

ihr Handeln aus der selbständigen, pfl egefa<strong>ch</strong>li<strong>ch</strong>en Beurteilung der Gesundheitsprobleme<br />

der Patientinnen abzuleiten (Gordon, 1994; Höhmann, 1999; Mayer, 1999; McFarland &<br />

McFarlane, 1997; Wittig, 1997).<br />

Verbesserungen der Qualität der Dokumentation der Pfl ege wurden mehrfa<strong>ch</strong> bes<strong>ch</strong>rieben<br />

(Bethel & Ridder, 1994; Bule<strong>ch</strong>ek et al., 1990; Hanson et al., 1990; Johnson & Hales,<br />

1989; Mize et al., 1991; Turner, 1991). Eine am USZ dur<strong>ch</strong>geführte Studie untersu<strong>ch</strong>te, ob<br />

ein Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en der Qualität der Pfl egediagnostik und der von Patientinnen<br />

empfundenen Zufriedenheit mit Pfl egediagnostik besteht. Die Resultate wiesen auf einen<br />

signifi kanten, jedo<strong>ch</strong> s<strong>ch</strong>wa<strong>ch</strong>en Zusammenhang hin ( = .18, p .03) (Müller Staub, 2002).<br />

Dieses Resultat lieferte weitere Hinweise dafür, dass der aufmerksame, einfühlende Umgang<br />

im diagnostis<strong>ch</strong>en Prozess der wi<strong>ch</strong>tigste Prädiktor für Patientinnen-Zufriedenheit ist (Bethel<br />

& Ridder, 1994; Megivern et al., 1992). Patientinnen, bei denen eine qualitativ gute Pfl egediagnostik<br />

dur<strong>ch</strong>geführt wurde, wiesen tendenziell eine höhere Zufriedenheit auf als sol<strong>ch</strong>e<br />

mit einer qualitativ weniger guten Pfl egediagnostik (Müller Staub, 2002).<br />

Dieses Resultat wird dur<strong>ch</strong> Johnson & Hales gestützt, die herausfanden, dass Pfl egediagnostik<br />

die Pfl egenden darin unterstützt, eine den Patientinnen-Bedürfnissen gere<strong>ch</strong>te Pfl ege anzubieten<br />

(Johnson & Hales, 1989). Es liegen Messinstrumente und Ergebnisse zur Qualität<br />

der Pfl egediagnostik vor. Diese zeigen auf, ob im Verlauf der Pfl ege neue Pfl egediagnosen<br />

gestellt wurden und ob die gegebene Pfl ege kontinuierli<strong>ch</strong> angepasst und als wirksam evaluiert<br />

worden ist (Bethel & Ridder, 1994; Bule<strong>ch</strong>ek et al., 1990; Hanson et al., 1990; Johnson<br />

& Hales, 1989; Mize et al., 1991; Turner, 1991).<br />

In pfl egewissens<strong>ch</strong>aftli<strong>ch</strong> fundierten, international anerkannten Curricula, wel<strong>ch</strong>e die Bildung<br />

eines professionellen Berufsverständnisses anstreben, bilden Pfl egediagnosen -interventionen<br />

und -ergebnisse den Hauptinhalt (Gordon, 1994; Gordon & Bartolomeyczik, 2001;<br />

McCloskey & Bule<strong>ch</strong>ek, 1992; Mayer, 1999). Pfl egediagnostik ist au<strong>ch</strong> ri<strong>ch</strong>tungsweisend<br />

für die Fors<strong>ch</strong>ung, indem sie pfl egerelevante Phänomene bes<strong>ch</strong>reibt und evidenzbasierte<br />

Pfl egeinterventionen sowie wirksame Ergebnisse erfordert.<br />

Anderegg-Ts<strong>ch</strong>udin (1999) bes<strong>ch</strong>reibt die Veränderungen, wel<strong>ch</strong>e dur<strong>ch</strong> die Einführung von<br />

Pfl egediagnostik im Pfl egemanagement hervorgerufen wurden. Sie geht davon aus, dass<br />

Pfl egediagnostik ein Kernprozess im komplexen System Spital ist und einen unmittelbaren<br />

Beitrag auf die Dienstleistungserstellung hat und somit die Pfl ege fundamental verändert.<br />

Pfl egediagnostik beeinfl usst Auftrag, Ziele und Produktivität. Pfl egediagnostik ma<strong>ch</strong>t den<br />

kognitiven Zusammenhang zwis<strong>ch</strong>en dem, was man denkt, was sei (der defi nierte Pfl egeauftrag)<br />

und pfl egeris<strong>ch</strong>em Handeln explizit und mit Fa<strong>ch</strong>wissen begründbar.<br />

Pfl ege wird von den Patientinnen her geleitet und ni<strong>ch</strong>t von individuellen Annahmen einzelner<br />

Pfl egender. Der Prozess der Auftragserfüllung wird transparent und somit qualitativ<br />

messbar. Die Pfl ege wird planbar und teilweise kontrollierbar, die Qualität kann kritisiert<br />

werden, weil sie si<strong>ch</strong>tbar wird. Das bedeutet, der Pfl egeauftrag wird neu interpretiert. Für<br />

das Pfl egemanagement heißt das, der Primärauftrag der Pfl ege lässt si<strong>ch</strong> aus der Vielfalt der<br />

Pfl egediagnosen ableiten, Pfl ege kann benannt werden und wird dur<strong>ch</strong>s<strong>ch</strong>aubar. Eine ungewohnte<br />

Denk – und Arbeitsweise für viele Pfl egende, die si<strong>ch</strong> vorwiegend an Erfahrung und<br />

Intuition orientierten. Fa<strong>ch</strong>wissen zu den einzelnen Pfl egediagnosen ist Voraussetzung, um<br />

und daraus begründete Ziele und Pfl egeinterventionen abzuleiten. Damit fi ndet ein Paradigmawe<strong>ch</strong>sel<br />

im berufl i<strong>ch</strong>en Selbstverständnis statt (Anderegg-Ts<strong>ch</strong>udin, 1999) (Anderegg-<br />

Ts<strong>ch</strong>udin 1999). Ein weiterer, zentraler Aspekt sind die Auswirkungen der Pfl egediagnostik<br />

auf das Personalmanagement, weil Pfl egefa<strong>ch</strong>wissen und die Anforderungen an konzeptuelle<br />

Kompetenz steigen. Gemäß S<strong>ch</strong>ilder (in Anderegg-Ts<strong>ch</strong>udin, 1999) hält si<strong>ch</strong> die Pfl egepraxis<br />

mit Vermutungen, Versu<strong>ch</strong> und Irrtum, Glück und Tradition über Wasser. Sie stellte fest, das<br />

sei mit der Einführung von Pfl egediagnostik vorbei (Anderegg-Ts<strong>ch</strong>udin 1999) Dur<strong>ch</strong> die<br />

Pfl egediagnostik erhält die Pfl ege eine neue Fa<strong>ch</strong>spra<strong>ch</strong>e. Ni<strong>ch</strong>t mehr die soziale, emotionale<br />

Beziehungsform „man sollte viellei<strong>ch</strong>t,“, „meinen Sie ni<strong>ch</strong>t au<strong>ch</strong>..., „würden Sie mir zuliebe<br />

.....tun...“ ist vordergründig. Nein, die Pfl egende verfügt über eine Fa<strong>ch</strong>spra<strong>ch</strong>e und Begriffe<br />

zur Eins<strong>ch</strong>ätzung der berufl i<strong>ch</strong>en Absi<strong>ch</strong>ten. Es kommt zum Argumentieren, Debattieren und<br />

Verhandeln innerhalb der Pfl ege und in der Zusammenarbeit mit anderen Berufsgruppen.<br />

Eine Pfl egedienstleiterin betonte, Pfl egediagnostik hinterlasse Spuren in der Zusammenarbeit<br />

mit anderen Diensten. So sei die Pfl egedokumentation zur Patientendokumentation geworden.<br />

Alle an der Behandlung Beteiligten nutzten diese zur eigenen Informationssammlung.<br />

Die Pfl ege übernehme mehr Verantwortung im interdisziplinären Behandlungsteam (Anderegg-Ts<strong>ch</strong>udin,<br />

1999).<br />

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