12.12.2012 Aufrufe

pflegeinformatik - Pflege-PBS.ch

pflegeinformatik - Pflege-PBS.ch

pflegeinformatik - Pflege-PBS.ch

MEHR ANZEIGEN
WENIGER ANZEIGEN

Erfolgreiche ePaper selbst erstellen

Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.

PFLEGEINFORMATIK<br />

Maria Müller Staub: <strong>Pflege</strong>klassifikationen im Verglei<strong>ch</strong><br />

8. Grundlagen für die Einführung von<br />

<strong>Pflege</strong>diagnostik<br />

In einem Einführungsprojekt von „Pfl egediagnostik als Prozess“, sind eine gezielte S<strong>ch</strong>ulung<br />

und Begleitung des gesamten diagnostis<strong>ch</strong>en Prozesses wi<strong>ch</strong>tig. Der klinis<strong>ch</strong>e Ents<strong>ch</strong>eidungsfi<br />

ndungsprozesses soll spezifi s<strong>ch</strong> unterri<strong>ch</strong>tet werden. Dur<strong>ch</strong> Refl ektieren des diagnostis<strong>ch</strong>en<br />

Prozesses wird theoretis<strong>ch</strong>es Denken (critical thinking) bewusst gema<strong>ch</strong>t und gelehrt. Die<br />

S<strong>ch</strong>ulung der Kommunikationsfähigkeit und der aufmerksame, einfühlende Umgang Pfl egender<br />

mit Patientinnen ist dabei ein zentrales Thema. Patientinnen wollen in Ents<strong>ch</strong>eide einbezogen<br />

werden und s<strong>ch</strong>ätzen dabei die psy<strong>ch</strong>osozialen Fähigkeiten Pfl egender. Die Phänomene,<br />

mit denen Pfl egende bei einer Einführung der Pfl egediagnosen konfrontiert werden, sind<br />

ni<strong>ch</strong>t neu. Der Pfl egeprozess der als Grundlage gilt, wird in den meisten S<strong>ch</strong>weizer Spitälern<br />

umgesetzt. Die diplomierten Pfl egenden formulieren Pfl egeprobleme und stellen implizit<br />

Pfl egediagnosen. Lernbedarf besteht jedo<strong>ch</strong> in der theoriegeleiteten Klassifi kation und beim<br />

Kennen und Formulieren der Pfl egediagnosen. Die theoretis<strong>ch</strong>en Grundlagen von Pfl egediagnosen,<br />

deren Zei<strong>ch</strong>en und Symptome sowie die Ätiologie müssen vertieft werden. Dafür<br />

bietet das PES-Format der NANDA einen hilfrei<strong>ch</strong>en Rahmen. Der Ätiologie ist besonderes<br />

Gewi<strong>ch</strong>t beizumessen, weil die entspre<strong>ch</strong>enden Pfl egeinterventionen darauf basieren.<br />

Die Beoba<strong>ch</strong>tung und Interpretation von Zei<strong>ch</strong>en und Symptomen (aquisition of cues), der<br />

pfl egeris<strong>ch</strong>en Intuition (gefestigtes Fa<strong>ch</strong>wissen aus refl ektierter Erfahrung) und dem Bilden<br />

von Clustern im diagnostis<strong>ch</strong>en Prozess sind zu gewi<strong>ch</strong>ten. Vers<strong>ch</strong>iedene Formen des Pfl egeassessments<br />

werden theoretis<strong>ch</strong> vertieft, umgesetzt und refl ektiert. Dur<strong>ch</strong> eine sorgfältige,<br />

fundierte Einführung der Pfl egediagnostik, in der ein Hauptgewi<strong>ch</strong>t auf den diagnostis<strong>ch</strong>en<br />

Ents<strong>ch</strong>eidungsfi ndungsprozess, den Einbezug der Patientin und ihrer Angehörigen und auf<br />

die Validierung der Diagnosen gelegt wird, wird der Gefahr von Fehldiagnosen und Etikettierung<br />

entgegengewirkt.<br />

Hilfsmittel wie Assessmentinstrumente oder ein Gesprä<strong>ch</strong>sleitfaden für das Erstgesprä<strong>ch</strong><br />

(ZEFP) und zur Validierung von Pfl egediagnosen mit Patientinnen, sollten eingesetzt werden.<br />

Die Gefahren eines qualitativ mangelhaften Diagnoseprozesses sind in der S<strong>ch</strong>ulung<br />

zu thematisieren. Au<strong>ch</strong> ein mögli<strong>ch</strong>er Ma<strong>ch</strong>tmissbrau<strong>ch</strong> von Pfl egenden - in der Rolle als<br />

Diagnostizierende den Patientinnen gegenüber - sind thematis<strong>ch</strong> zu behandeln. Erfahrungen<br />

und kritis<strong>ch</strong>e Begleitfors<strong>ch</strong>ungen können zeigen, ob und wel<strong>ch</strong>e Gefahren aus der Pfl egediagnostik<br />

entstehen.<br />

Pfl egediagnosen sollen auss<strong>ch</strong>ließli<strong>ch</strong> im Zusammenhang mit Interventionen und zu erwartenden<br />

Ergebnissen eingeführt werden. Mit diesen Maßnahmen dürfte einer Folgenlosigkeit<br />

der Diagnosen entgegengewirkt werden. Das Ziel der Pfl egediagnostik - nämli<strong>ch</strong> wirksame<br />

Interventionen die zu erwüns<strong>ch</strong>ten Ergebnissen führen - kann sonst verfehlt werden.<br />

Die Pfl egedokumentation soll Raum für die Pfl egediagnosen und -interventionen sowie<br />

für die konsequente Evaluation bieten und ist dementspre<strong>ch</strong>end umzugestalten. Für eine<br />

erfolgrei<strong>ch</strong>e Umsetzung der Pfl egediagnostik werden ni<strong>ch</strong>t nur die Pfl egenden, sondern<br />

das ganze System einer Klinik einbezogen. Die Veränderung eines Kernprozesses in einem<br />

System bedarf eines systemis<strong>ch</strong> gestaltungsorientierten Problemlösungsansatzes. Die Akzeptanz<br />

des Projekts dur<strong>ch</strong> die Klinikleitungen bedeutet eine Voraussetzung zur Einführung<br />

von Pfl egediagnosen. Die Klinikleitung soll in die Projektzielsetzung und in Ents<strong>ch</strong>eidungen<br />

(Meilensteine) einbezogen werden. Personelle, fi nanzielle Ressourcen und Zeit sollen den<br />

Projektzielen entspre<strong>ch</strong>end vorhanden sein. Eine gute Zusammenarbeit mit dem Medizinis<strong>ch</strong>en<br />

Dienst ist unerlässli<strong>ch</strong>. Die Inhalte und die Bedeutung der Pfl egediagnostik werden<br />

den Ents<strong>ch</strong>eidungsträgern kommuniziert. Widerstände und Fragen werden aufgenommen,<br />

damit Pfl egediagnostik erfolgrei<strong>ch</strong> integriert werden kann. Organisatoris<strong>ch</strong>e und strukturelle<br />

Faktoren des Klinikalltags sind zu berücksi<strong>ch</strong>tigen. Die Auswirkungen von Pfl egediagnostik<br />

sollen dur<strong>ch</strong> begleitende Fors<strong>ch</strong>ungen überprüft werden.<br />

Eine erfolgrei<strong>ch</strong>e Einführung von Pfl egediagnostik erfordert ein sorgfältig geplantes, mehrjähriges<br />

Projekt. Eine bloße Einführung der Klassifi kation in die Pfl egedokumentation könnte<br />

den Anforderungen ni<strong>ch</strong>t genügen. Die Theorie wird an S<strong>ch</strong>ulungstagen erarbeitet. Der<br />

Transfer in den Klinikalltag wird dur<strong>ch</strong> Fallbegleitungen und Fallbespre<strong>ch</strong>ungen gewährt und<br />

überwa<strong>ch</strong>t. Die Umsetzung in der Praxis wird kontinuierli<strong>ch</strong> dur<strong>ch</strong> die Pfl egeexpertinnen<br />

und die Projektleitung unterstützt und evaluiert. Eine erfolgrei<strong>ch</strong>e Einführung ist mögli<strong>ch</strong>,<br />

wenn die Ressourcen für das Projekt gebündelt und in derselben Zeitspanne alle Pfl egenden<br />

ges<strong>ch</strong>ult werden. Für die Abteilungen bedeutet dies eine Umwälzung und Herausforderung.<br />

Ein neues Berufsbewusstsein, Loslassen von Gewohnheiten und die Übernahme von vermehrter,<br />

si<strong>ch</strong>tbar gema<strong>ch</strong>ter Verantwortung sind die Folge. Theorie und Praxis sollen verknüpft<br />

werden, damit erfolgrei<strong>ch</strong>es Lernen und direkte Umsetzung stattfi ndet.<br />

Stefan formuliert zu den oben ges<strong>ch</strong>ilderten weitere Chancen, Risiken und Probleme bei der<br />

Einführung von Pfl egediagnosen in Österrei<strong>ch</strong>:<br />

368 PRINTERNET 6/04

Hurra! Ihre Datei wurde hochgeladen und ist bereit für die Veröffentlichung.

Erfolgreich gespeichert!

Leider ist etwas schief gelaufen!