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Evidence-based Leitlinie Sturzprophylaxe - ebn.at

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Die vorliegende <strong>Leitlinie</strong> wurde im Auftrag der Anstaltsleitung des LKH – Univ.<br />

Klinikums Graz im Rahmen von „<strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong> Nursing“ erstellt und finanziert.<br />

Diese <strong>Leitlinie</strong> kann in der Praxis und für Schulungszwecke verwendet werden; es<br />

dürfen jedoch keine inhaltlichen Veränderungen/Streichungen/Umformulierungen/<br />

Ergänzungen und dergleichen vorgenommen werden.<br />

Die Nutzung zu kommerziellen Zwecken bedarf der ausdrücklichen Zustimmung der<br />

AutorInnen.<br />

© Steiermärkische Krankenanstaltengesellschaft mbH 2012, Stiftingtalstraße 4 – 6,<br />

8010 Graz.<br />

I


AutorInnen<br />

Schoberer D. BSc, MSc, DGKS, Mitarbeiterin im Fachbereich <strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong> Nursing, LKH-Univ. Klinikum Graz.<br />

Pflegewissenschafterin, Mitglied beim Deutschen Netzwerk EbM im Fachbereich <strong>Leitlinie</strong>n, Hauptverantwortliche<br />

für die <strong>Leitlinie</strong>nentwicklung. Mitwirkung an allen Aspekten der <strong>Leitlinie</strong>nentwicklung.<br />

Findling E. T., DGKP an der Univ. Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Mitarbeiter im Fachbereich <strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong><br />

Nursing, LKH-Univ. Klinikum Graz. Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachlichen Diskussionen,<br />

dem Gegenlesen der Abstracts, dem kritischen Bewerten der Studien, den Konsensuskonferenzen, dem Verfassen<br />

der Rohfassungen und Algorithmen.<br />

Uhl C., DGKS, Oberschwester an der Univ. Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Univ. Klinik für Blutgruppenserologie<br />

und Transfusionsmedizin, Univ. Klinik für Derm<strong>at</strong>ologie und Venerologie, Leitung des Fachbereichs<br />

<strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong> Nursing, LKH-Univ. Klinikum Graz. Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachlichen<br />

Diskussionen, dem Gegenlesen der Abstracts, dem kritischen Bewerten der Studien und dem Korrekturlesen der<br />

Rohfassungen.<br />

Mag. Dr. Schaffer S., DGKS, Lehrerin für Gesundheits- und Krankenpflege, Direktorin der Schule für allgemeine<br />

Gesundheits- und Krankenpflege am LKH-Univ. Klinikum Graz, Vortragende an der MUG und in Universitätslehrgängen.<br />

Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachlichen Diskussionen, dem Gegenlesen der Abstracts, dem<br />

kritischen Bewerten der Studien und dem Korrekturlesen der Rohfassungen.<br />

Semlitsch B. MSc, DGKS, Weiterbildung „Diabetesber<strong>at</strong>ung“, Diabetesambulanz, Abteilung Endokrinologie &<br />

Stoffwechsel, Univ. Klinik für Innere Medizin, EBN Mitglied im Fachbereich <strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong> Nursing, LKH-Univ.<br />

Klinikum Graz. Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachlichen Diskussionen, dem Gegenlesen der Abstracts,<br />

dem kritischen Bewerten der Studien und dem Korrekturlesen der Rohfassungen.<br />

Haas W., DGKS, Weiterbildung „Diabetesber<strong>at</strong>ung“, zertifizierte Wundmanagerin, Diabetesambulanz, Abteilung<br />

Endokrinologie & Stoffwechsel, Univ. Klinik für Innere Medizin, EBN Mitglied im Fachbereich <strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong> Nursing,<br />

LKH-Univ. Klinikum Graz. Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachlichen Diskussionen, dem Gegenlesen<br />

der Abstracts, dem kritischen Bewerten der Studien und dem Korrekturlesen der Rohfassungen.<br />

Schrempf S., DGKS an der Univ. Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, Mitarbeiter im Fachbereich <strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong><br />

Nursing, LKH-Univ. Klinikum Graz, derzeit Karenz. Mitwirkung an der Konzeptentwicklung, an fachlichen<br />

Diskussionen, dem Gegenlesen der Abstracts, dem kritischen Bewerten der Studien.<br />

Mag. (FH) Walder M., DKKS im Ambulanzbereich der Univ. Klinik für Kinder- und Jugendheilkunde, Mitarbeiterin<br />

im Fachbereich <strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong> Nursing, LKH-Univ. Klinikum Graz. Mitwirkung an der kritischen Bewertung der<br />

Studien und dem Korrekturlesen der Rohfassungen.<br />

Hierzer A. BSc, MSc, Pflegewissenschafterin, Schülerin der Gesundheits- und Krankenpflege, Geri<strong>at</strong>rische Gesundheitszentren<br />

der Stadt Graz. Mitwirkung an der kritischen Bewertung der Studien und den Konsensuskonferenzen.<br />

Lami C., DKKS, Studentin der Gesundheits- und Pflegewissenschaft, Medizinische Universität Graz. Unterstützung<br />

bei der Liter<strong>at</strong>urrecherche und dem Gegenlesen der Abstracts.<br />

TeilnehmerInnen Konsensustreffen<br />

Mag. Gutounig R., Moder<strong>at</strong>or<br />

Wurzinger R., Physiotherapeut, Geri<strong>at</strong>rische Gesundheitszentren der Stadt Graz.<br />

Punkes M., Physiotherapeut, Geri<strong>at</strong>rische Gesundheitszentren der Stadt Graz.<br />

Prim. Priv.-Doz. Dr. Schippinger W., Facharzt für Innere Medizin, Additivfacharzt für Häm<strong>at</strong>ologie und internistische<br />

Onkologie, Additivfacharzt für Geri<strong>at</strong>rie, Arzt für Allgemeinmedizin, Leiter der Abteilung für Innere Medizin/Akutgeri<strong>at</strong>rie<br />

und Remobilis<strong>at</strong>ion, Albert Schweitzer Klinik, Geri<strong>at</strong>rische Gesundheitszentren der Stadt Graz.<br />

Mitarbeit an der Erstellung des österreichischen geri<strong>at</strong>rischen Basis-Assessments in der Österreichischen Gesellschaft<br />

für Geri<strong>at</strong>rie und Gerontologie.<br />

OA Dr. Saurugg R., Facharzt für Neurologie, Leiter der St<strong>at</strong>ion für Akutgeri<strong>at</strong>rie und Remobilis<strong>at</strong>ion der Abteilung<br />

für Neurologie, Geri<strong>at</strong>rische Gesundheitszentren der Stadt Graz.<br />

Hierzer A. BSc, MSc, Pflegewissenschafterin, Schülerin der Gesundheits- und Krankenpflege, Geri<strong>at</strong>rische Gesundheitszentren<br />

der Stadt Graz.<br />

II


Schreiner R., DGKS, allgemein beeidete und gerichtlich zertifizierte Sachverständige für Gesundheits- und Krankenpflege,<br />

Referentin der P<strong>at</strong>ientInnen- und Pflegeombudsschaft des Landes Steiermark im Bereich Pflege.<br />

Findling T., DGKP, LKH-Univ. Klinikum Graz, EBN-Experte.<br />

Schoberer D. BSc, MSc, DGKS, LKH-Univ. Klinikum Graz, 8 Jahre DGKS in der geri<strong>at</strong>rischen Pflege.<br />

Bachner M., Hausfrau, Angehörige von Pflegeheimbewohnerin mit Sturzanamnese.<br />

Bürge V., Pflegehelferin an der Univ. Klinik für Derm<strong>at</strong>ologie und Venerologie, LKH-Univ. Klinikum Graz. 3 Jahre<br />

Erfahrung im st<strong>at</strong>ionären Bereich der Derm<strong>at</strong>ologie.<br />

P<strong>at</strong>ientin (keine Namensangabe erwüscht), Pensionistin, derzeit P<strong>at</strong>ientin an der Tagesklinik, Geri<strong>at</strong>rische Gesundheitszentren<br />

Graz.<br />

Derkits A., DGKS, Univ. Klinik für Anästhesiologie und Intensivmedizin, LKH-Univ. Klinikum Graz. 9 Jahre DGKS<br />

an der Univ. Klinik für innere Medizin und 1 Jahr DGKS an der chirurgischen Abteilung am LKH Stolzalpe, zertifizierte<br />

Risikomanagerin für Pflegeprobleme, Praxisanleiterin.<br />

Mag. a Flanschger J., Ernährungspädagogin und Erwachsenenbildnerin, Pädagogische Hochschule Steiermark,<br />

betreuende Angehörige von älterer Dame mit Sturzanamnese.<br />

Externe BegutachterInnen:<br />

Granitz E., DGKS, Oberschwester an der Univ.Augenklinik und Univ. Klinik für Unfallchirurgie, LKH Univ. Klinikum<br />

Graz.<br />

Hirschböck M., Pflegehelferin an der Univ.-Augenklinik, LKH-Univ. Klinikum Graz.<br />

Kohlhofer A., DKKS an der Univ.Augenklinik, Qualitätsbeauftragte der Pflege, LKH-Univ. Klinikum Graz.<br />

Weinmann M., DGKS an der Univ. Klinik für Unfallchirurgie, LKH-Univ. Klinikum Graz.<br />

Tropper M., DGKS, Oberschwester auf der Univ. Klinik für Neurologie, auf der Univ. Klinik für Psychi<strong>at</strong>rie und auf<br />

der Univ. Klinik f. Strahlentherapie und Radioonkologie.<br />

Krawinkler M. L., DGKS, St<strong>at</strong>ionsleitung an der der Univ. Klinik für Neurologie.<br />

Steiner S., DGKS, St<strong>at</strong>ionsleitung auf der Univ. Klinik f. Strahlentherapie und Radioonkologie.<br />

Prof. Dr. rer. cur. Lohrmann C., DGKS; Diplomierte Pflegepädagogin, Vorständin des Instituts für Pflegewissenschaft,<br />

Medizinische Universität Graz.<br />

Haas-Wippel W., DGKS, Pflegedienstleiterin der Geri<strong>at</strong>rischen Gesundheitszentren der Stadt Graz.<br />

Frießnegg A., DGKS, Pflegedienstleiterin der Albert-Schweitzer-Klinik, Geri<strong>at</strong>rische Gesundheitszentren der Stadt<br />

Graz.<br />

Sauseng M., DGKS im Pflegewohnheim Geidorf, Geri<strong>at</strong>rische Gesundheitszentren der Stadt Graz.<br />

Bigler M., Pflegehelferin in der Memory-Klinik, Geri<strong>at</strong>rische Gesundheitszentren der Stadt Graz.<br />

Lektor<strong>at</strong>: Mag. Wiesenhofer C.<br />

Lektorielle Unterstützung: Schriebl K.<br />

Titelillustr<strong>at</strong>ion: Baumgartner K.<br />

III


Inhaltsverzeichnis<br />

1 Allgemeine Hinweise ............................................................................................. 1<br />

1.1 Wissenschaftliche Unabhängigkeit und Interessensoffenlegung.................... 1<br />

1.2 Zielgruppe der <strong>Leitlinie</strong> ................................................................................... 1<br />

2 Einleitung............................................................................................................... 2<br />

2.1 Relevanz des Themas Sturz .......................................................................... 2<br />

2.2 Definition Sturz............................................................................................... 3<br />

2.3 Ziele der <strong>Leitlinie</strong> ............................................................................................ 3<br />

2.4 P<strong>at</strong>ientInnenpräferenzen ................................................................................ 3<br />

3 Methodik................................................................................................................ 4<br />

3.1 Liter<strong>at</strong>urrecherche und kritische Bewertung der Liter<strong>at</strong>ur............................... 4<br />

3.2 <strong>Evidence</strong>klassifizierung und Empfehlungsgraduierung .................................. 7<br />

3.3 Externe Begutachtung.................................................................................... 8<br />

4 <strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong> Empfehlungen zur <strong>Sturzprophylaxe</strong>............................................ 9<br />

4.1 Risikofaktoren für Stürze .............................................................................. 12<br />

4.2 Assessmentinstrumente zur Erhebung des Sturzrisikos .............................. 19<br />

4.3 Sturzangst .................................................................................................... 23<br />

4.4 Multifaktorielle Interventionsprogramme....................................................... 26<br />

4.5 Sturzpräventive Maßnahmen bei kognitiv eingeschränkten Personen......... 29<br />

4.6 Orientierungstraining.................................................................................... 30<br />

4.7 Bewegungsübungen..................................................................................... 30<br />

4.8 Umgebungsgestaltung ................................................................................. 34<br />

4.9 Beseitigung externer Risikofaktoren............................................................. 35<br />

4.10 Eingeschränkte Sehfähigkeit........................................................................ 37<br />

4.11 Synkopiale Stürze oder plötzliche Stürze durch Ohnmacht.......................... 38<br />

4.12 Freiheitsbeschränkungen ............................................................................. 38<br />

4.13 Gehäufte/gezielte Observanz....................................................................... 39<br />

4.14 Aufklärung und Schulung von P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen und<br />

Angehörigen................................................................................................. 40<br />

4.15 MitarbeiterInnenschulung ............................................................................. 41<br />

4.16 Medikamentenreview durch MedizinerInnen ................................................ 43<br />

4.17 Sturz- und verletzungspräventive Hilfsmittel ................................................ 43<br />

4.18 Sturzprävention und Lebensqualität............................................................. 46<br />

4.19 Analyse des Sturzgeschehens ..................................................................... 47<br />

5 Verfügbarkeit der <strong>Leitlinie</strong>.................................................................................... 49<br />

6 Implementierung der <strong>Leitlinie</strong> .............................................................................. 49<br />

7 Ressourcen für Implementierung......................................................................... 50<br />

8 Evaluierung des <strong>Leitlinie</strong>neins<strong>at</strong>zes..................................................................... 50<br />

9 Fortschreibung .................................................................................................... 52<br />

10 Danksagung ........................................................................................................ 52<br />

11 Referenzen.......................................................................................................... 53<br />

IV


Abkürzungsverzeichnis<br />

ABC Activities-specific Balance Confidence<br />

ATL Aktivitäten des Täglichen Lebens<br />

CI Confidence Interval<br />

EBN <strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong> Nursing<br />

FRR Fall R<strong>at</strong>e R<strong>at</strong>io<br />

GRADE Grading of Recommend<strong>at</strong>ions Assessment, Development and<br />

Evalu<strong>at</strong>ion Working Group<br />

HR Hazard R<strong>at</strong>io<br />

HTA Health Technology Assessment<br />

I² Inconsistency<br />

ICC Intra Class Correl<strong>at</strong>ion<br />

IRR Incidence R<strong>at</strong>e R<strong>at</strong>io<br />

MWD Mean Weight Difference<br />

N TeilnehmerInnenzahl<br />

NPV Neg<strong>at</strong>ive Predictive Value<br />

OR Odds R<strong>at</strong>io<br />

PPV Positive Predictive Value<br />

RCT Randomized Controlled Trial<br />

RR Rel<strong>at</strong>ive Risk<br />

STRATIFY St. Thomas's risk assessment tool in falling elderly inp<strong>at</strong>ients<br />

VAS Visual Analog Scale<br />

V


Tabellenverzeichnis<br />

Tabelle 1: Ein-/Ausschlusskriterien für <strong>Evidence</strong>-basierte Bücher und <strong>Evidence</strong>-<br />

basierte Guidelines: ..................................................................................... 5<br />

Tabelle 2: Kriterien zur Studienselektion ...................................................................... 6<br />

Tabelle 3: Interne Risikofaktoren für Stürze im Setting Krankenhaus......................... 12<br />

Tabelle 4: Interne Risikofaktoren im Setting Langzeitpflegeeinrichtung ..................... 14<br />

Tabelle 5: Neurologisch erkrankte Personengruppen mit einem erhöhten Sturzrisiko 16<br />

Tabelle 6: Risikofaktoren für P<strong>at</strong>ienten mit der Diagnose Krebs................................. 17<br />

Tabelle 7: Risikofaktoren für Stürze und Verletzungen durch Stürze bei Demenz ..... 18<br />

Tabelle 8: Auswirkungen von Sturzangst.................................................................... 24<br />

Tabelle 9: Messgrößen zur Evaluierung des <strong>Leitlinie</strong>neins<strong>at</strong>zes ................................ 51<br />

Abbildungsverzeichnis<br />

Abbildung 1: Methodische Entwicklung der <strong>Leitlinie</strong> ................................................... 4<br />

Abbildung 2: „6S“ Modell .............................................................................................5<br />

Abbildung 3: <strong>Evidence</strong>klassen.....................................................................................7<br />

Abbildung 4: Stärkegrad der Empfehlungen................................................................8<br />

Abbildung 5: Schlüsselempfehlungen zur <strong>Sturzprophylaxe</strong> im Krankenhaus ............10<br />

Abbildung 6: Schlüsselempfehlungen zur <strong>Sturzprophylaxe</strong> in<br />

Langzeitpflegeeinrichtungen .................................................................11<br />

Abbildung 7: Förderliche und hemmende Faktoren der<br />

<strong>Leitlinie</strong>nimplementierung .....................................................................50<br />

VI


1 Allgemeine Hinweise<br />

Diese <strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong> <strong>Leitlinie</strong> ist das Upd<strong>at</strong>e der 2009 erschienenen <strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong><br />

<strong>Leitlinie</strong> <strong>Sturzprophylaxe</strong> für ältere und alte Menschen in Krankenhäusern und<br />

Langzeitpflegeeinrichtungen. Sie stellt eine system<strong>at</strong>isch entwickelte Entscheidungshilfe<br />

für Pflegepersonen dar, um sturzgefährdete P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen in<br />

Krankenhäusern und Langzeitpflegeeinrichtungen angemessen zu versorgen. Die<br />

enthaltenen Handlungsempfehlungen sind praxisorientiert und, sofern möglich, durch<br />

wissenschaftliche Liter<strong>at</strong>ur begründet. Dennoch muss jede <strong>Leitlinie</strong>nempfehlung vor der<br />

Anwendung in der jeweiligen Praxis geprüft und unter Berücksichtigung von<br />

P<strong>at</strong>ientInnenpräferenzen individuell entschieden werden. Die Einhaltung von<br />

Empfehlungen einer <strong>Leitlinie</strong> entlastet nicht vor der Haftung; jede Pflegeperson muss<br />

ihre/seine Handlungen verantworten, unabhängig davon, ob man sich an Empfehlungen<br />

von <strong>Leitlinie</strong>n hält oder nicht (Behrens & Langer 2006, S. 216).<br />

1.1 Wissenschaftliche Unabhängigkeit und Interessensoffenlegung<br />

Die <strong>Leitlinie</strong> wurde von der Anstaltsleitung des LKH-Universitätsklinikums Graz in Auftrag<br />

gegeben. Die Auftraggeber waren bei der <strong>Leitlinie</strong>nerstellung nicht beteiligt und h<strong>at</strong>ten<br />

auch im Vorfeld keinen Einfluss auf die Erstellung und Inhalte der <strong>Leitlinie</strong>. Die <strong>Leitlinie</strong><br />

wurde nicht durch Drittmittel finanziert.<br />

Alle AutorInnen der <strong>Leitlinie</strong> sowie Beteiligte bei den Konsensustreffen haben Formblätter<br />

(http://www.<strong>ebn</strong>.<strong>at</strong>/cms/beitrag/10218156/5081774) bezüglich potenzieller Interessenskonflikte<br />

ausgefüllt und unterzeichnet. Für die <strong>Leitlinie</strong>nentwicklung ergeben sich daraus keine<br />

Interessenskonflikte. Die Formblätter sind bei der Erstautorin einzusehen.<br />

1.2 Zielgruppe der <strong>Leitlinie</strong><br />

Die Zielgruppe, bei der die <strong>Leitlinie</strong> Anwendung finden soll, sind ältere und alte<br />

Menschen, die mit oder ohne Gehhilfe gehfähig sind. Unter älteren und alten Menschen<br />

sind insbesondere Personen über 65 Jahre zu verstehen.<br />

Die Empfehlungen der <strong>Leitlinie</strong> dienen Pflegepersonen, die in der Betreuung von älteren<br />

und alten Menschen in Langzeitpflegeeinrichtungen und Akut-Krankenhäusern tätig sind,<br />

in ihrer täglichen Entscheidungsfindung. Unter geri<strong>at</strong>rischen Langzeitpflegeeinrichtungen<br />

sind im Sinne der <strong>Leitlinie</strong> sowohl Alten- und Pflegeheime, Rehabilit<strong>at</strong>ionseinrichtungen<br />

für Ältere sowie geri<strong>at</strong>rische Krankenhäuser zu verstehen. Die <strong>Leitlinie</strong> soll weiters zur<br />

1


Qualitätssicherung in Gesundheitsinstitutionen und zur Wissensgenerierung in Aus-,<br />

Fort- und Weiterbildungseinrichtungen dienen.<br />

2 Einleitung<br />

Nachfolgend wird die Wichtigkeit des Themas Sturz im Krankenhaus und<br />

Langzeitpflegebereich them<strong>at</strong>isiert, Sturz definiert und auf Ziele der <strong>Leitlinie</strong> sowie<br />

P<strong>at</strong>ientInnenpräferenzen eingegangen.<br />

2.1 Relevanz des Themas Sturz<br />

Stürze und deren Folgen sind ein bedeutendes pflegerisches, medizinisches und soziales<br />

Problem. Durch Folgen von Stürzen bzw. durch Angst vor Sturzereignissen können<br />

Personen in ihrer Selbstständigkeit eingeschränkt sein und eine Verminderung der<br />

Lebensqualität erfahren (Tideiksaar 2008). Die Häufigkeit von Stürzen nimmt mit dem<br />

Alter und dem Grad der Gebrechlichkeit zu. Über 65-jährige Menschen sind<br />

sturzgefährdeter als andere Bevölkerungsgruppen. Intern<strong>at</strong>ionalen Studien zufolge<br />

stürzen 28–35 % der über 65-jährigen jährlich; bei den über 70-Jährigen sind es bereits<br />

32–42 %. P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen von Langzeitpflegeinrichtungen haben ein<br />

besonders stark erhöhtes Sturzrisiko, wobei bis zu 50 % der P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen<br />

jährlich stürzen (World Health Organiz<strong>at</strong>ion 2007). Laut einer österreichischen<br />

Pflegequalitätserhebung im Jahr 2011 stürzten während der letzten<br />

30 Tage ihres Aufenthalts 2.1 % der Krankenhausp<strong>at</strong>ientInnen (N = 2122) und 8.4 % der<br />

PflegeheimbewohnerInnen (N = 689). Zu sturzbedingten Verletzungen kam es bei etwa<br />

einem Drittel der gestürzten Krankenhausp<strong>at</strong>ientInnen und PflegeheimbewohnerInnen<br />

(Lohrmann & Schönherr 2011). Stürze führen neben körperlichen und psychischen<br />

Folgen zu erheblichen ökonomischen Lasten. Eine System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeit<br />

ergab, dass intern<strong>at</strong>ional zwischen 0.85 % und 1.5 % der jährlichen<br />

Gesundheitsausgaben für sturzbezogene Kosten aufgewendet werden (Erg<strong>ebn</strong>is aus 12<br />

Studien). Die durchschnittlichen Kosten für eine gestürzte Person belaufen sich<br />

intern<strong>at</strong>ional zwischen 1513 € und 19.211 € pro Jahr (Erg<strong>ebn</strong>is aus 13 Studien) (Heinrich<br />

et al. 2010).<br />

2


2.2 Definition Sturz<br />

Ein Sturz wird als Ereignis definiert, bei dem eine Person unbeabsichtigt auf dem Boden<br />

oder auf einer tieferen Ebene zu liegen kommt (Kellogg Intern<strong>at</strong>ional Working Group<br />

1997).<br />

2.3 Ziele der <strong>Leitlinie</strong><br />

Das Ziel der <strong>Leitlinie</strong> ist, die laut wissenschaftlicher Liter<strong>at</strong>ur wirksamsten Interventionen<br />

zur <strong>Sturzprophylaxe</strong> aufzuzeigen und demgemäß Empfehlungen für eine effektive<br />

<strong>Sturzprophylaxe</strong> zu geben. Bisherige sturzpräventive Maßnahmen sollen durch Einbezug<br />

der Empfehlungen der <strong>Leitlinie</strong> optimiert bzw. durchgeführt werden. Durch die<br />

Anwendung der <strong>Leitlinie</strong> sollen Pflegeforschungserg<strong>ebn</strong>isse bei pflegerischen<br />

Entscheidungen miteinbezogen werden.<br />

Spezifische Ziele sind<br />

� Gefahrenquellen, die einen Sturz bedingen können, werden aufgezeigt.<br />

� Stürze von P<strong>at</strong>ientInnen und BewohnerInnen im Krankenhaus und<br />

Langzeitpflegebereich werden minimiert.<br />

� Mögliche Folgen von Stürzen (z. B. hüftgelenksnahe Frakturen, Schädel-Hirn-<br />

Traum<strong>at</strong>a) sowie Spätfolgen wie Immobilität werden vermieden.<br />

� Sturzpräventive Empfehlungen für P<strong>at</strong>ientInnen und BewohnerInnen mit spezifischen<br />

Bedürfnissen (z. B. kognitiv eingeschränkte Personen, ängstliche Personen) werden<br />

gegeben.<br />

2.4 P<strong>at</strong>ientInnenpräferenzen<br />

Zur Berücksichtigung von P<strong>at</strong>ientInnenpräferenzen beim Erstellungsprozess wurden die<br />

von den AutorInnen festgelegten Outcomes (Erg<strong>ebn</strong>isse von sturzpräventiven<br />

Maßnahmen) dem Cochrane Consumer Network zugesandt, mit der Bitte, die Outcomes<br />

auf ihre Relevanz hin zu überprüfen und gegebenenfalls zu modifizieren. Laut<br />

Rückschreiben wurde die Auswahl der Outcomes als bedeutsam bestätigt, mit dem<br />

Vermerk, den Outcomes Verletzungen durch Stürze (insbesondere Frakturen) und<br />

Verbesserung der Lebensqualität eine besondere Bedeutung zukommen zu lassen.<br />

Bei der Empfehlungsgraduierung wurde versucht, möglichst viele Perspektiven und<br />

demnach Akteure aus den verschiedenen Bereichen einzubeziehen. So beteiligten sich<br />

bei den Konsensuskonferenzen zur Empfehlungsgraduierung neben den<br />

3


medizinischen/pflegerischen ExpertInnen eine P<strong>at</strong>ientInnenombudsfrau, Angehörige von<br />

P<strong>at</strong>ientInnen in Pflegeheimen/Krankenhäusern und eine P<strong>at</strong>ientin aus der geri<strong>at</strong>rischen<br />

Pflege. Obwohl die Konsensuskonferenzen multidisziplinär und unter Berücksichtigung<br />

von P<strong>at</strong>ientInnenpräferenzen st<strong>at</strong>tgefunden haben, muss jede <strong>Leitlinie</strong>nempfehlung vor<br />

der Anwendung in der jeweiligen Praxis geprüft und individuell, je nach Präferenzen der<br />

P<strong>at</strong>ientInnen, entschieden werden.<br />

3 Methodik<br />

Zur Erstellung dieses <strong>Leitlinie</strong>nupd<strong>at</strong>es wurden die Methoden der ersten Version der<br />

<strong>Leitlinie</strong> optimiert, um intern<strong>at</strong>ionalen<br />

Qualitätsanforderungen (Intern<strong>at</strong>ional Institute<br />

of Medicine 1990, S. 100/101) gerecht zu<br />

werden. Ein Methodenpapier mit sämtlichen<br />

Anhängen dieses <strong>Leitlinie</strong>nupd<strong>at</strong>es ist auf der<br />

EBN Homepage verfügbar<br />

(http://www.<strong>ebn</strong>.<strong>at</strong>/cms/beitrag/10218156/5081774). In<br />

Abbildung 1 ist der methodische<br />

Erstellungsprozess des <strong>Leitlinie</strong>nupd<strong>at</strong>es<br />

grafisch dargestellt.<br />

Die in der ersten Version behandelten<br />

Interventionen und Outcomes sowie weitere<br />

aus der Praxis als relevant rückgemeldete<br />

Maßnahmen wurden aufgegriffen und als<br />

Schlüsselfragen formuliert. Die Schlüsselfragen<br />

(Methodenpapier Anhang 1, S. 1–2) wurden<br />

gemeinsam mit PflegepraktikerInnen diskutiert<br />

und adaptiert.<br />

3.1 Liter<strong>at</strong>urrecherche und kritische Bewertung der Liter<strong>at</strong>ur<br />

Formulierung Schlüsselfragen<br />

��<br />

System<strong>at</strong>ische Liter<strong>at</strong>urrecherche nach<br />

System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeiten, <strong>Evidence</strong>basierten<br />

Büchern und <strong>Evidence</strong>-basierten<br />

Guidelines<br />

��<br />

Kritische Liter<strong>at</strong>urbewertung<br />

��<br />

Erg<strong>ebn</strong>issynthese<br />

��<br />

System<strong>at</strong>ische Liter<strong>at</strong>urrecherche nach<br />

Randomisiert Kontrollierten Studien<br />

��<br />

Kritische Liter<strong>at</strong>urbewertung<br />

��<br />

Erg<strong>ebn</strong>issynthese<br />

��<br />

<strong>Evidence</strong>klassifizierung<br />

��<br />

Empfehlungsformulierung<br />

�� ��<br />

Empfehlungsgraduierung<br />

(Konsensuskonferenzen)<br />

��<br />

Gestaltung der <strong>Leitlinie</strong><br />

��<br />

Externe Begutachtung<br />

Abbildung 1: Methodische Entwicklung der<br />

<strong>Leitlinie</strong><br />

Zur Identifizierung von Belegen wurde die „6S“ Modell (Di Censo, Bayley & Haynes 2009)<br />

verwendet (siehe Abbildung 2). Da derzeit keine PC-gestützten Inform<strong>at</strong>ionssysteme zur<br />

4


Abbildung 2: „6S“ Modell (übersetzt aus Di<br />

Censo, Bayley & Haynes)<br />

Verfügung stehen, wurde demnach zuerst<br />

nach <strong>Evidence</strong>-basierten Zusammenfassungen<br />

(<strong>Evidence</strong>-basierte <strong>Leitlinie</strong>n, <strong>Evidence</strong>-<br />

basierte Bücher) recherchiert. Im Anhang 2, S.<br />

3–4 des Methodenpapiers können gescreente<br />

Guidelined<strong>at</strong>enbanken und Webseiten<br />

eingesehen werden, in welchen mit dem<br />

Suchbegriff „Sturz“ bzw. dem englischem<br />

Begriff „fall“ und den in Tabelle 1 angeführten<br />

Ein- und Ausschlusskriterien gesucht wurde.<br />

Tabelle 1: Ein-/Ausschlusskriterien für <strong>Evidence</strong>-basierte Bücher und <strong>Evidence</strong>-basierte Guidelines:<br />

Einschlusskriterien<br />

o System<strong>at</strong>ische Liter<strong>at</strong>urrecherche wurde durchgeführt (mindestens Angaben zu den<br />

D<strong>at</strong>enbanken, in denen recherchiert wurde)<br />

o Kriterien für den Ein-/Ausschluss von Publik<strong>at</strong>ionen sind angeführt<br />

o Bei jeder Aussage/Empfehlung in der <strong>Leitlinie</strong> ist klar ersichtlich, auf welcher Stärke von Studien<br />

(<strong>Evidence</strong>grad) diese beruht.<br />

o Zeitraum der Recherche mindestens bis 2006<br />

o Sprache: Deutsch, Englisch<br />

Ausschlusskriterium<br />

o Empfehlungen basieren auf Synthese von Empfehlungen anderer <strong>Leitlinie</strong>n<br />

Keine Guideline erfüllte die geforderten Einschlusskriterien (Methodenpapier Anhang 2,<br />

S. 3–4). Zwei <strong>Evidence</strong>-basierte Bücher erfüllten die Einschlusskriterien und wurden zur<br />

Erstellung dieses <strong>Leitlinie</strong>nupd<strong>at</strong>es eingeschlossen.<br />

Zur Identifizierung von System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeiten und HTA-Berichten wurde<br />

eine sensitive Suchstr<strong>at</strong>egie gewählt. Das bedeutet, dass für jede Schlüsselfrage eine<br />

eigene Suchrecherche generiert und in den D<strong>at</strong>enbanken Pubmed und CINAHL<br />

durchgeführt wurde. In der Cochrane Library wurde, aufgrund der geringen Trefferzahl,<br />

mit lediglich dem MeSH-Term „accidental fall“ recherchiert (Methodenpapier Anhang 3, S.<br />

5–15). Insgesamt konnten 737 Studien identifiziert werden, welche in Bezug auf Erfüllung<br />

der Ein- und Ausschlusskriterien (Tabelle 1) geprüft wurden.<br />

5


Tabelle 2: Kriterien zur Studienselektion<br />

P<strong>at</strong>ientIn Einschlusskriterien: Ältere und alte P<strong>at</strong>ientInnen im Setting Krankenhaus, Langzeitpflegeeinrichtung,<br />

Pflegeheim, Altenheim<br />

Ausschlusskriterien: Nicht institutionalisierte P<strong>at</strong>ientInnen (community, home care)<br />

Intervention Einschlusskriterien: Sturzpräventive Pflegemaßnahmen, spezifisch je Schlüsselfrage<br />

Ausschlusskriterien: Interventionen, die an andere Berufsgruppen adressiert sind<br />

Erg<strong>ebn</strong>isse Spezifisch je Schlüsselfrage (z. B. Sturz, Sturzangst, Wissen zum Thema Sturz), Risikofaktoren<br />

für Stürze<br />

Studiendesign <br />

Publik<strong>at</strong>ionsdetails,qualit<strong>at</strong>iveAnforderun–<br />

gen<br />

Einschlusskriterien: System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeiten von RCTs, System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeiten<br />

von prospektiven Kohortenstudien bei Fragen nach Risikofaktoren, und Assessmentinstrumenten,<br />

HTA Berichte<br />

Wenn keine Sekundärliter<strong>at</strong>ur verfügbar: RCTs<br />

Zeitraum: 01. 2008 bis 07. 2011<br />

Ausschlusskriterien für System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeiten: Fehlende Angaben zur Methodik<br />

bzw. D<strong>at</strong>enbanken, in denen recherchiert wurde, fehlende Angaben zu<br />

Ein-/Ausschlusskriterien, fehlende Qualitätsbewertung der Primärliter<strong>at</strong>ur<br />

Ausschlusskriterien für RCTs: Glaubwürdigkeit nicht gegeben<br />

Das Flussdiagramm zur Liter<strong>at</strong>urrecherche ist im Methodenpapier (Anhang 4, S. 16)<br />

dargestellt. Es wurden 53 System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeiten mit der Bewertungshilfe für<br />

System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeiten (Behrens & Langer 2010a) von jeweils zwei<br />

AutorInnen unabhängig voneinander bewertet. Von diesen erfüllten 27 System<strong>at</strong>ische<br />

Übersichtsarbeiten die geforderten Einschlusskriterien und entsprachen den qualit<strong>at</strong>iven<br />

Anforderungen. Die eingeschlossenen <strong>Evidence</strong>-basierten Bücher und System<strong>at</strong>ischen<br />

Übersichtsarbeiten sind im Methodenpapier (Anhang 5, S. 17–32) beschrieben und<br />

Aspekte der Glaubwürdigkeit angeführt. Die Erg<strong>ebn</strong>isse der System<strong>at</strong>ischen<br />

Übersichtsarbeiten wurden den Schlüsselfragen zugeordnet.<br />

Sofern keine System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeit zur Beantwortung der jeweiligen<br />

Fragestellungen gefunden werden konnte, wurde eine sensitive Recherche nach<br />

Randomisiert Kontrollierten Studien (RCTs) in denselben D<strong>at</strong>enbanken durchgeführt<br />

(Methodenpapier Anhang 6, S. 33–38). Vier RCTs wurden von zwei AutorInnen<br />

unabhängig voneinander bewertet und erfüllten die Einschlusskriterien (Tabelle 2). Im<br />

Flussdiagramm (Methodenpapier Anhang 7, S. 39) sind die Erg<strong>ebn</strong>isse der RCT<br />

Recherche dargestellt. Die vier eingeschlossenen RCTs aus der Upd<strong>at</strong>e Recherche<br />

sowie die herangezogenen RCTs aus der Recherche der ersten Version der <strong>Leitlinie</strong> sind<br />

im Methodenpapier (Anhang 8, S. 40–44) beschrieben.<br />

6


3.2 <strong>Evidence</strong>klassifizierung und Empfehlungsgraduierung<br />

Die Graduierung der Belege (<strong>Evidence</strong>klasse) und Empfehlungen (Empfehlungsgrad)<br />

wurde in Anlehnung an die Methoden der GRADE-Workinggroup vorgenommen (vgl.<br />

Jaeschke et al. 2008, Schünemann, Fretheim & Oxman 2006, Atkins et al. 2004).<br />

Demnach wurden bei der Erstellung der <strong>Evidence</strong>klassen das Studiendesign und die<br />

Studienqualität berücksichtigt (siehe Abbildung 3).<br />

Kriterien für die Abstufung der <strong>Evidence</strong>klassen sowie Begründungen für die jeweiligen<br />

<strong>Evidence</strong>klassen der Empfehlungen sind im Methodenpapiers (Anhang 9, S. 45–69)<br />

angeführt. Im Rahmen von zwei Konsensustreffen wurden die Empfehlungen durch ein<br />

multidisziplinäres Team (Ärzte, Physiotherapeuten, Diplomierte Pflegepersonen,<br />

Pflegehelferin, Angehörige, P<strong>at</strong>ientin, P<strong>at</strong>ienInnenombudsfrau) graduiert und<br />

gegebenenfalls formale Änderungen vorgenommen. Die Konsensusfindung wurde im<br />

nominalen Gruppenprozess (vgl. Rycraft-Mallone 2001) durch einen externen Moder<strong>at</strong>or<br />

durchgeführt. Bei der Graduierung der Empfehlungen wurden folgende Faktoren<br />

berücksichtigt:<br />

� Qualität der zugrundeliegenden Studien (<strong>Evidence</strong>klasse)<br />

� Abwägung zwischen dem Nutzen und unerwünschten Wirkungen<br />

� Erforderliche Kosten, Ressourcen<br />

� Anwendbarkeit der Maßnahme in der Praxis<br />

� Werte und Präferenzen (insbesondere vermutete P<strong>at</strong>ientInnen-/BewohnerInnen-<br />

präferenzen)<br />

<strong>Evidence</strong>klasse I<br />

Studiendesign: RCT, Qualität: hoch<br />

<strong>Evidence</strong>klasse II<br />

Studiendesign: RCT, Qualität: mäßig<br />

<strong>Evidence</strong>klasse III<br />

Studiendesign: Beobachtungsstudie oder RCT<br />

Qualität: niedrig (RCT), mäßig bis hoch (Beobachtungsstudie)<br />

Abbildung 3: <strong>Evidence</strong>klassen (vgl. Schünemann, Fretheim & Oxman 2006)<br />

7


Für Maßnahmen, bei denen sich die Studienlage eindeutig gegen die Anwendung<br />

ausspricht, konnte keine positive Empfehlung („Tue es“ oder „Tue es vielleicht“) graduiert<br />

werden. Empfehlungen für die Praxis, die auf keinem wissenschaftlichen Hintergrund<br />

beruhen, sogenannte ExpertInnenempfehlungen, sind farblich gelb gekennzeichnet und<br />

ohne <strong>Evidence</strong>klasse versehen. Empfehlungen für die Praxis, die auf wissenschaftlicher<br />

Liter<strong>at</strong>ur basieren sind farblich blau gekennzeichnet und mit einer <strong>Evidence</strong>klasse<br />

versehen. Nach einstimmigem Wunsch des Konsensusteams, formale Veränderungen<br />

bei einer Empfehlung vorzunehmen, wurde diese abgeändert, wobei die Kernaussage<br />

aus den Belegen der Liter<strong>at</strong>ur beibehalten werden musste. ExpertInnenempfehlungen<br />

konnten ebenfalls nur nach einstimmiger Zustimmung abgeändert bzw. neu formuliert<br />

werden. Der Ablauf des nominalen Gruppenprozesses sowie die Erg<strong>ebn</strong>isse der<br />

Konsensuskonferenzen (Abstimmungen, Abänderung von Empfehlungen) sind im<br />

Methodenpapier (Anhang 9, S. 45–69) einsehbar. Der Stärkegrad der jeweiligen<br />

Empfehlung ist durch das „Daumen-Symbol“ erkennbar und gemäß Abbildung 4 zu<br />

interpretieren (vgl. Jaeschke et al. 2008, Atkins et al. 2004).<br />

Tue es<br />

Diese Maßnahme sollte in der jeweiligen Pflegepraxis Anwendung finden.<br />

Tue es vielleicht<br />

Diese Maßnahme kann angewandt werden – es ist jedoch mit Risiken zu rechnen bzw. die<br />

Maßnahme erfordert zusätzliche Ressourcen.<br />

Tue es nicht<br />

Diese Maßnahme bringt mehr Risiken bzw. erfordert mehr Aufwand als Nutzen gegeben ist<br />

und sollte daher nicht angewandt werden.<br />

Abbildung 4: Stärkegrad der Empfehlungen<br />

3.3 Externe Begutachtung<br />

Die Rohfassung der <strong>Leitlinie</strong> wurde externen GutachterInnen zur Beurteilung der<br />

Verständlichkeit, Transparenz und Anwendbarkeit übermittelt. Als BegutachterInnen<br />

wurden potenzielle AnwenderInnen aus verschiedenen Bereichen der Pflegepraxis, der<br />

Pflegewissenschaft und dem Pflegemanagement gewählt (siehe externe<br />

BegutachterInnen S. III). Aufgrund der Beurteilungen wurden sprachliche, inhaltliche oder<br />

formale Veränderungen vorgenommen. Die offenen Fragestellungen, Kommentare der<br />

8


BegutachterInnen sowie vorgenommene Veränderungen können im Methodenpapier<br />

(Anhang 10, S. 70–74) eingesehen werden.<br />

4 <strong>Evidence</strong>-<strong>based</strong> Empfehlungen zur <strong>Sturzprophylaxe</strong><br />

In den Abbildungen 5 und 6 sind die Schlüsselempfehlungen der <strong>Leitlinie</strong> jeweils für das<br />

Setting Krankenhaus und Pflegeheim, in Form von Schritt-für-Schritt-Anleitungen<br />

(Algorithmen), dargestellt. Diese Schritt-für-Schritt-Anleitungen sollen die Kurzversion der<br />

<strong>Leitlinie</strong> ersetzen und können als solche in der Praxis angewandt werden. Die<br />

Abbildungen stehen ferner auf der EBN-Homepage in Form von Postern zum<br />

Downloaden zur Verfügung (http://www.<strong>ebn</strong>.<strong>at</strong>/cms/beitrag/10162225/5081745). Erläuterungen<br />

und Belege aus der Liter<strong>at</strong>ur (<strong>Evidence</strong>) zu den jeweiligen Empfehlungen finden Sie in<br />

den nachfolgenden Ausführungen in der <strong>Leitlinie</strong>.<br />

9


Abbildung 5: Schlüsselempfehlungen zur <strong>Sturzprophylaxe</strong> im Krankenhaus<br />

10


Abbildung 6: Schüsselempfehlungen zur <strong>Sturzprophylaxe</strong> in Langzeitpflegeinrichtungen<br />

11


4.1 Risikofaktoren für Stürze<br />

Ein Sturz ist ein Ereignis, das viele Risikofaktoren in sich birgt. Sturzrisikofaktoren können<br />

in interne (physiologische) Faktoren, wie altersphysiologische oder krankheitsbedingte<br />

Veränderungen, und externe Faktoren, wie gefährliche Umgebungsbedingungen,<br />

unterteilt werden. Weiters können situ<strong>at</strong>ionsbedingte Umstände, wie beispielsweise die<br />

Personalstruktur auf einer Abteilung, einen Einfluss auf die Sturzgefahr haben<br />

(Tideiksaar, S. 39–40, 2008). Die Gefahr zu stürzen erhöht sich mit der Anzahl der<br />

Risikofaktoren (Hill et al. 2004).<br />

Welche Risikofaktoren führen im Setting Krankenhaus am häufigsten zu Stürzen?<br />

Tabelle 3: Interne Risikofaktoren für Stürze im Setting Krankenhaus <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

• Stürze in der Anamnese<br />

• Gang- und Gleichgewichtsstörungen, Gangunsicherheit (insbesondere bei<br />

Aufmerksamkeit fordernder Übung, wie sprechen)<br />

• Verwendung von Gehhilfen<br />

• Schwäche in den unteren Extremitäten<br />

• Harninkontinenz, erhöhte Harnfrequenz und Unterstützungsbedarf beim<br />

Toilettenbesuch<br />

• Agitiertheit, Verwirrtheit und vermindertes Urteilsvermögen<br />

• Einschränkung der Sehfähigkeit<br />

• Einnahme von Medikamenten, die Stürze begünstigen, insbesondere<br />

o zentral aktive sed<strong>at</strong>ive Hypnotika<br />

o nichtsteroidale Antirheum<strong>at</strong>ika<br />

<strong>Evidence</strong>: Oliver et al. (2004) konnten in einer System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit, welche<br />

sich auf 13 Fall-Kontroll- und Kohortenstudien stützt und sich auf die Identifik<strong>at</strong>ion von<br />

Risikofaktoren für ältere und alte P<strong>at</strong>ientInnen im Krankenhaus bezieht, Faktoren<br />

eruieren, die signifikant häufiger bei gestürzten P<strong>at</strong>ientInnen vorzufinden waren, als bei<br />

nicht gestürzten Personen: Stürze in der Anamnese, Gangunsicherheit, Schwäche in den<br />

unteren Extremitäten, Harninkontinenz, erhöhte Harnfrequenz und Unterstützungsbedarf<br />

beim Toilettenbesuch, Agitiertheit, Verwirrtheit und vermindertes Urteilsvermögen sowie<br />

die Einnahme von bestimmten Medikamenten, die Stürze begünstigen.<br />

12


P<strong>at</strong>ientInnen mit Gang- und Gleichgewichtsstörungen haben laut den Erg<strong>ebn</strong>issen von<br />

zwei Kohortenstudien einer System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit ein erhöhtes Risiko zu<br />

stürzen (OR = 3.0 bzw. 6.2). Der Gebrauch von Gehhilfen konnte in einer Studie als<br />

Sturzrisikofaktor identifiziert werden (RR = 2.5, 95 % CI = 1.4–4.4) (Thurman, Stevens &<br />

Rao 2008).<br />

Beauchet et al. (2009) untersuchten, ob eine Veränderung des Ganges bei einer die<br />

Aufmerksamkeit fordernden Übung (z. B. Veränderung des Ganges bei gleichzeitigem<br />

Sprechen) ein Indik<strong>at</strong>or für Stürze sei. Sie sind zu dem Erg<strong>ebn</strong>is gekommen, dass die<br />

Chance zu stürzen, bei P<strong>at</strong>ientInnen mit Veränderungen des Ganges durch eine<br />

Aufmerksamkeit fordernde Übung im Verhältnis zu P<strong>at</strong>ientInnen, die keine<br />

Gangveränderung bei einer Aufmerksamkeit fordernden Übung aufweisen, um das 7-<br />

Fache erhöht ist. Die höchste Vorhersagekraft h<strong>at</strong>te der Indik<strong>at</strong>or bei institutionalisierten<br />

P<strong>at</strong>ientInnen.<br />

Das erhöhte Sturzrisiko durch Einschränkungen der Sehfähigkeit wurde in der<br />

System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit von Thurman, Stevens & Rao 2008 untersucht, wobei<br />

eine Kohortenstudie gefunden wurde, welche eine Sehkraftverminderung als signifikanten<br />

Risikofaktor identifiziert (RR = 1.7, 95 % CI = 1.2–2.3).<br />

Laut der System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit von Hegeman et al. (2009) kommt es durch die<br />

Einnahme von nichtsteroidalen Antirheum<strong>at</strong>ika zu einem erhöhten Sturzrisiko (13<br />

Studien, OR = 1.13–4.35) bei P<strong>at</strong>ientInnen in allen Einrichtungen.<br />

In der Liter<strong>at</strong>ur werden hauptsächlich interne Faktoren in Verbindung mit einem erhöhten<br />

Sturzrisiko untersucht. Qualit<strong>at</strong>iv hochwertige Studien zu externen Risikofaktoren fehlen<br />

laut dieser Recherche. Dennoch stellen externe Gefahrenquellen wie schlechtes Licht,<br />

fehlende Haltegriffe, nicht gekennzeichnete Stufen oder unpassendes Schuhwerk aus<br />

Erfahrungen der PraktikerInnen ein besonderes Risiko für sturzgefährdete Personen dar.<br />

Da Ursachen für Stürze von internen Faktoren der P<strong>at</strong>ientInnen und externen<br />

Faktoren auf der Abteilung abhängig sind, gibt es in jedem Bereich signifikante<br />

Faktoren, die gehäuft mit Stürzen in Verbindung stehen. Durch die Erhebung<br />

häufiger Sturzursachen auf der eigenen Abteilung können spezifische<br />

Risikofaktoren für Ihr Setting identifiziert werden.<br />

13


Welche Risikofaktoren führen im Setting Langzeitpflegebereich am häufigsten zu<br />

Stürzen?<br />

Menschen in Langzeitpflegeeinrichtungen weisen ein höheres Sturzrisiko aufgrund der<br />

häufigen multiplen internen Beeinträchtigungen auf. Allein die Situ<strong>at</strong>ion des Lebens in<br />

einer Pflegeeinrichtung geht mit einer Verdoppelung des Risikos zu stürzen einher (Norris<br />

et al. 2003).<br />

Tabelle 4: Interne Risikofaktoren im Setting Langzeitpflegeeinrichtung <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

• Stürze in der Anamnese<br />

• Demenz und/oder kognitive Beeinträchtigung<br />

• Unsicherer Gang (insbesondere bei Aufmerksamkeit fordernder Übung, wie sprechen)<br />

• Wanderndes Verhalten (wandering behavior)<br />

• Verwendung von Gehhilfen<br />

• Abhängigkeit im Transfer und der Rollstuhlmobilität<br />

• Einschränkungen in den Aktivitäten des täglichen Lebens<br />

• Sehr hohes Alter (älter als 87 Jahre)<br />

• Einnahme von Medikamenten, die Stürze begünstigen<br />

o angstlösende Medikamente<br />

o Einnahme mehrerer psychotroper Medikamente<br />

o Antidepressiva<br />

o nichtsteroidale Antirheum<strong>at</strong>ika<br />

<strong>Evidence</strong>: In der <strong>Leitlinie</strong> des N<strong>at</strong>ional Institute for Clinical Excellence (NICE 2004) wird<br />

beschrieben, dass Stürze in der Anamnese in prospektiven Kohortenstudien als<br />

häufigster Risikofaktor für das weitere Sturzgeschehen gilt.<br />

Laut der System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit von Thurman, Stevens & Rao (2008) gelten<br />

demente und kognitiv beeinträchtigte Personen als besonders stark sturzgefährdet<br />

(demente Personen OR = 1.9–6.7, kognitiv beeinträchtigte Personen OR = 1.4–15.2).<br />

Spezielle Risikofaktoren bei dementen und kognitiv eingeschränkten<br />

P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen werden auf S. 17–19 behandelt.<br />

Weitere Risikofaktoren bei institutionalisierten Senioren sind vorausgegangene Stürze,<br />

wanderndes Verhalten, Gebrauch von Gehhilfen, Einschränkungen in den Aktivitäten des<br />

täglichen Lebens, sehr hohes Lebensalter (über 87 Jahre), unsicherer Gang,<br />

14


Abhängigkeit im Transfer und der Rollstuhlmobilität, angstlösende Medikamente und die<br />

Einnahme von Psychopharmaka. (Hill et al. 2004).<br />

Sterke et al. (2008) untersuchten Auswirkungen von psychoaktiven Medikamenten bei<br />

BewohnerInnen von Langzeitpflegeeinrichtungen mit Demenz. Die Einnahme mehrerer<br />

psychotroper Medikamente ist in drei von drei Kohorten mit einem signifikant höheren<br />

Sturzrisiko assoziiert (RR = 1.3–10.3). Das Sturzrisiko erhöht sich bei der Einnahme von<br />

zwei psychotropen Medikamenten auf ein RR von 3.2, bei drei psychotropen<br />

Medikamenten auf ein RR von 6.7 und bei vier psychotropen Medikamenten auf ein RR<br />

von 10.3. Die Einnahme von Antidepressiva wurde in zehn von zwölf Kohorten mit<br />

vermehrten Stürzen in Verbindung gebracht (RR = 1.1–7.6), angstlösende Medikamente<br />

in zwei von zwei Kohorten (RR = 1.22–1.32).<br />

Die Erg<strong>ebn</strong>isse der System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit von Hegeman et al. (2009) und<br />

Beauchet et al. (2009) beziehen sich auf P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen im<br />

Langzeitpflegebereich und Krankenhaus und wurden bereits im Kapitel Risikofaktoren im<br />

Setting Krankenhaus (S.12/13) erläutert.<br />

In der intern<strong>at</strong>ionalen Liter<strong>at</strong>ur werden in Langzeitpflegeeinrichtungen als auch in<br />

Krankenhäusern hauptsächlich interne Faktoren in Verbindung mit einem erhöhten<br />

Sturzrisiko untersucht. Qualit<strong>at</strong>iv hochwertige Studien zu externen Risikofaktoren fehlen<br />

bislang. Dennoch stellen externe Gefahrenquellen wie schlechtes Licht, fehlende<br />

Haltegriffe, nicht gekennzeichnete Stufen oder unpassendes Schuhwerk, aus<br />

Erfahrungen der PflegepraktikerInnen, ein besonderes Risiko für sturzgefährdete<br />

Personen dar.<br />

Da Ursachen für Stürze von internen Faktoren der BewohnerInnen und<br />

externen Faktoren auf der Abteilung abhängig sind, gibt es in jedem Bereich<br />

signifikante Faktoren, die gehäuft mit Stürzen in Verbindung stehen. Durch die<br />

Erhebung häufiger Sturzursachen auf der eigenen Abteilung können spezifische<br />

Risikofaktoren für Ihr Setting identifiziert werden.<br />

15


Erhöhtes Sturzrisiko bei spezifischen Personengruppen<br />

� Neurologische Erkrankungen (alle Settings)<br />

P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit neurologischen Erkrankungen haben ein besonders<br />

hohes Sturzrisiko, da häufig mehrere interne Risikofaktoren gegeben sind (Thurman,<br />

Stevens & Rao 2008).<br />

Tabelle 5: Neurologisch erkrankte Personengruppen mit einem erhöhten Sturzrisiko <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

• P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen nach einem Insult insbesondere mit<br />

o eingeschränkter Balancefähigkeit<br />

o Hemineglect (Vernachlässigung einer Körperseite)<br />

o Selbstversorgungsdefizit bzw. Einschränkungen bei den Aktivitäten täglichen<br />

Lebens (ATL)<br />

• P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen, die an Parkinson erkrankt sind<br />

• P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit Demenz und/oder kognitiven Einschränkungen<br />

• P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit einer peripheren Neurop<strong>at</strong>hie<br />

<strong>Evidence</strong>: Thurman, Stevens & Rao (2008) untersuchten in ihrer System<strong>at</strong>ischen<br />

Übersichtsarbeit Studien zu neurologischen Erkrankungen, bei denen es zu einem<br />

signifikant erhöhten Sturzrisiko kommt. In vier Kohortenstudien wird der Insult als<br />

Risikofaktor untersucht, wobei drei Studien ein signifikant erhöhtes Sturzrisiko belegen<br />

(RR = 1.9–2.4). Eine prospektive Kohortenstudie bestätigt ein erhöhtes Sturzrisiko für<br />

Personen, die an Parkinson erkrankt sind (OR = 9.5) und sechs Kohortenstudien<br />

untersuchten das Sturzrisiko bei dementen und/oder kognitiv eingeschränkten Personen<br />

in verschiedenen Settings. Bei dementen und kognitiv eingeschränkten Personen ist das<br />

Sturzrisiko um ein Vielfaches erhöht (Demenz: OR = 1.9–6.7, kognitive<br />

Beeinträchtigungen OR = 1.4–15.2). Moder<strong>at</strong> Demente haben ein höheres Risiko zu<br />

stürzen als gering demente Personen (OR = 2.5). Eine Kohortenstudie kommt zu einer<br />

signifikant erhöhten Sturzgefahr bei Personen mit peripherer Neurop<strong>at</strong>hie (RR = 3.9).<br />

Campell & M<strong>at</strong>thews (2010) untersuchten, welche Faktoren bei Insultp<strong>at</strong>ientInnen<br />

besonders häufig zu Stürzen führen. Signifikante Sturzprädiktoren sind demnach<br />

einschränkte Balancefähigkeit (in vier von fünf Studien gab es einen signifikanten<br />

Zusammenhang mit Stürzen; in zwei Studien einen signifikant niedrigeren Wert auf der<br />

16


Berg-Balance Scala p < 0.01, in einer Studien HR = 4.5, in einer Studie OR = 3.85),<br />

Hemineglect (in fünf von neun Studien gab es einen signifikanten Zusammenhang mit<br />

Stürzen) und Selbstversorgungsdefizit bzw. Einschränkungen bei den ATL (bei sechs<br />

Studien war die Chance zu stürzen bei einem Selbstversorgungsdefizit erhöht,<br />

OR = 2.59–8.9).<br />

� P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit der Diagnose Krebs:<br />

Stürze sind ein häufiges, unerwünschtes Ereignis bei P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen im<br />

fortgeschrittenen Krebsstadium auf Palli<strong>at</strong>ivpflegeeinrichtungen.<br />

Tabelle 6: Risikofaktoren für P<strong>at</strong>ienten mit der Diagnose Krebs <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

• Alter > 80 Jahre<br />

• Niedriger Blutdruck im Liegen und/oder Sitzen<br />

• Gebrauch von Sehhilfen<br />

• Kognitive Beeinträchtigungen<br />

• Keine Opi<strong>at</strong>einnahme<br />

• Verwirrtheit<br />

• F<strong>at</strong>igue<br />

• Delirium<br />

• Chronisch obstruktive Lungenerkrankung<br />

• Einnahme von Neuroleptika<br />

<strong>Evidence</strong>: P<strong>at</strong>ientInnen mit der Diagnose Krebs waren Gegenstand der System<strong>at</strong>ischen<br />

Übersichtsarbeit von Stone, Lawlor & Kenny (2011). Signifikante Sturzrisikofaktoren<br />

(p < 0.05) auf Grundlage der Erg<strong>ebn</strong>isse der identifizierten prospektiven und<br />

retrospektiven Kohortenstudien im Setting Krankenhaus sind in der Tabelle 6 angeführt.<br />

Gibt es spezifische Risikofaktoren für Stürze bei dementen und kognitiv<br />

eingeschränkten P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen?<br />

P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit Demenz und/oder kognitiven Einschränkungen haben<br />

generell ein erhöhtes Risiko zu stürzen, wobei P<strong>at</strong>ientInnen mit einem höheren Grad der<br />

17


Demenz ein höheres Sturzrisiko haben als geringgradig demente Personen (Thurman,<br />

Stevens, Rao 2008).<br />

Tabelle 7: Risikofaktoren für Stürze und Verletzungen durch Stürze bei Demenz <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

Erhöhtes Sturzrisiko<br />

• Stürze in der Anamnese<br />

• Lewy-Körper-Demenz<br />

• Parkinson Syndrom<br />

• Hochgradige Demenz<br />

• Bestimmte Medikamentengruppen, die Stürze begünstigen<br />

o angstlösende Medikamente (Anxiolytika)<br />

o Einnahme mehrerer psychotroper Medikamente<br />

o Antidepressiva<br />

Erhöhtes Risiko für sturzbedingte Verletzungen<br />

• Schrittlängenvariabilität (verschiedene Schrittlängen während des Gangs)<br />

Erhöhtes Risiko für hüftgelenksnahe Frakturen<br />

• Niedrige Knochendichte<br />

• Geringere Aufnahme von Vitamin D<br />

• Niedrige Serumkonzentr<strong>at</strong>ion von ionisiertem Kalzium<br />

• Geringe Sonnenlichtdisposition<br />

<strong>Evidence</strong>: In drei System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeiten von Kohortenstudien und Fall-<br />

Kontrollstudien wurden Sturzrisikofaktoren bei dementen und/oder kognitiv<br />

eingeschränkten älteren Menschen untersucht.<br />

Härlein et al. (2009) untersuchten Risikofaktoren für Stürze und sturzbedingte<br />

Verletzungen bei dementen und kognitiv eingeschränkten Personen. Eine Studie konnte<br />

identifiziert werden, die im Pflegeheim durchgeführt wurde und Risiken für sturzbedingte<br />

Verletzungen untersuchte. Unterschiedliche Schrittlängen während des Ganges<br />

(Schrittlängenvariabilität) wurden als signifikanter Risikofaktor (p < 0.01) für sturzbedingte<br />

Verletzungen erkannt. Keine signifikanten Zusammenhänge mit Verletzungen durch<br />

Stürze ergaben die Faktoren Schrittgeschwindigkeit, Schrittlänge und Muskelkraft. Eine<br />

Studie, ohne Angabe zum Setting, identifizierte als Risikofaktoren für Stürze: Stürze in<br />

der Anamnese (OR = 16.0, 95 % CI = 4.4–58.0), Lewy-Körper-Demenz (OR = 3.8,<br />

95 % CI = 1.3–10.8) und Parkinson Syndrom (p=0.003). Risikofaktoren für<br />

hüftgelenksnahe Frakturen waren Fokus einer Kohortenstudie der Übersichtsarbeit von<br />

18


Härlein et al. (2009), wobei niedrige Knochendichte (p < 0.0001), niedrige<br />

Serumkonzentr<strong>at</strong>ion von ionisiertem Kalzium und 25-hydroxy-Vitamin D (p < 0.0001),<br />

geringe Sonnenlicht-disposition (p = 0.0046) signifikante Prädiktoren für hüftgelenksnahe<br />

Frakturen waren.<br />

P<strong>at</strong>ientInnen mit Demenz oder kognitiven Einschränkungen waren Gegenstand von<br />

sechs Kohortenstudien der System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit von Thurman, Stevens &<br />

Rao (2008). Demente Personen haben ein bis zu 6-fach erhöhtes Sturzrisiko<br />

(OR = 1.9–6.7); kognitiv beeinträchtigte Personen ein bis zu 15-fach erhöhtes Risiko<br />

(OR = 1.4–15.2). Moder<strong>at</strong> Demente haben ein höheres Risiko zu stürzen als geringgradig<br />

demente Personen (OR = 2.5).<br />

Sterke et al. (2008) untersuchten Auswirkungen von psychoaktiven Medikamenten bei<br />

BewohnerInnen von Langzeitpflegeeinrichtungen mit Demenz. Die Erg<strong>ebn</strong>isse der Studie<br />

sind im Kapitel Risikofaktoren im Setting Langzeitpflegebereich (S. 14/15) angeführt.<br />

4.2 Assessmentinstrumente zur Erhebung des Sturzrisikos<br />

Ist die Einführung von Assessmentinstrumenten wirksam, um Stürze zu<br />

verhindern?<br />

Die Einführung eines bestimmten Assessmentinstruments kann nicht<br />

empfohlen werden.<br />

Es konnten keine Interventionsstudien identifiziert werden, die untersuchten, ob<br />

die Einführung von Assessmentinstrumenten Stürze verhindern. Prognostische<br />

Eigenschaften von Sturzrisikoassessmentinstrumenten sind zu gering, um Stürze<br />

vorherzusagen. <strong>Evidence</strong>level III<br />

Hintergrund: Der Eins<strong>at</strong>z von Risikoskalen zur Verhinderung von Stürzen und zur<br />

Identifizierung sturzgefährdeter Personen wurde insbesondere in den letzten Jahren<br />

kritisch diskutiert (Köpke & Meyer 2009, Oliver & Healey 2009). Die Bewertung von<br />

Risikoskalen mit den typischen prognostischen Kenngrößen (Sensitivität und Spezifität)<br />

ist kritisch zu sehen, da das Auftreten eines Sturzes in der Zukunft liegt und demnach<br />

nicht zeitgleich mit der Risikoerhebung messbar ist. Zahlreiche Einflussfaktoren, wie<br />

prophylaktische Maßnahmen, können in dieser Zeit das Auftreten eines Sturzes<br />

19


eeinflussen. Es wird daher gefordert, den klinischen Nutzen von Risikoskalen mittels<br />

RCTs zu überprüfen (vgl. Behrens & Langer 2010, S.173).<br />

<strong>Evidence</strong>: Es konnte keine System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeit von RCTs und keine RCT<br />

identifiziert werden, welche die Wirksamkeit des Eins<strong>at</strong>zes von<br />

Risikoassessmentinstrumenten auf die Reduktion von Stürzen untersucht h<strong>at</strong>.<br />

Erfahrungen aufgrund der Implementierung am LKH-Univ. Klinikum Graz: Im Rahmen der<br />

<strong>Leitlinie</strong>nimplementierung in der klinischen Praxis wurde die Morse Sturzrisikoskala auf<br />

den Abteilungen zur Identifizierung sturzgefährdeter Personen verwendet. Trotz<br />

Einschulung über Grenzen und Nutzen von Assessmentinstrumenten wurden<br />

P<strong>at</strong>ientInnen meist ausschließlich aufgrund der Erg<strong>ebn</strong>isse der Risikoskala als<br />

sturzgefährdet diagnostiziert ohne Augenmerk auf weitere Sturzrisikofaktoren (Schrempf<br />

2011). Das Risikoassessmentinstrument wurde demnach nicht als Hilfsmittel verwendet<br />

und birgt somit die Gefahr, sturzgefährdeten Personen keine adäqu<strong>at</strong>e Versorgung<br />

zukommen zu lassen.<br />

Jede(r) P<strong>at</strong>ientIn/BewohnerIn sollte bei der Aufnahme in ein<br />

Krankenhaus/eine Langzeitpflegeeinrichtung hinsichtlich Sturzrisikofaktoren<br />

beobachtet und befragt und demnach als sturzgefährdet behandelt werden. Eine<br />

ausführliche Anamnese kann eine Grundlage zur Ermittlung von Risikofaktoren<br />

sein, wobei P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit einer positiven Sturzanamnese ein<br />

besonders hohes Sturzrisiko haben.<br />

Während des gesamten Aufenthalts im Krankenhaus/in der<br />

Langzeitpflegeeinrichtung sind P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen hinsichtlich<br />

Risikofaktoren zu beobachten und in regelmäßigen Abständen neu einzuschätzen.<br />

<strong>Evidence</strong>: Es wurden zahlreiche System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeiten und ein <strong>Evidence</strong>-<br />

basiertes Buch identifiziert, welche sich mit der Genauigkeit von verschiedenen<br />

Risikoskalen auseinandersetzen. Die Genauigkeit von diagnostischen Tests wird in der<br />

Regel mit den Kenngrößen der Sensitivität und Spezifität beurteilt, wobei möglichst hohe<br />

Werte erreicht werden sollen. Behrens & Langer (2004, S. 171), empfehlen eine<br />

Testgenauigkeit von mindestens 80 % für die Sensitivität, als auch für die Spezifität.<br />

20


Currie (2008) identifizierte 15 Sturzrisikoinstrumente und sechs Tests zum Erheben von<br />

Mobilitätseinschränkungen, die zur Identifizierung von sturzgefährdeten Personen<br />

untersucht wurden. Als die genauesten und praktikabelsten Instrumente im Setting<br />

Krankenhaus wurden das STRATIFY Risikoassessmentinstrument (Sensitivität: 66–83<br />

%, Spezifität: 47 %, PPV: 30 %), die MORSE Sturzrisikoskala (Sensitivität: 83 %,<br />

Spezifität: 29 %, PPV: 18 %) und das Hendrich Fall Risk Model II (Sensitivität: 75 %,<br />

Spezifität: 74 %) identifiziert. Die Einschätzung des Sturzrisikos durch die professionelle<br />

Pflegekraft (ohne Skala) erreichte ähnlich hohe Werte wie die Einschätzung mit<br />

Sturzrisikoskalen.<br />

Die höchste Vorhersagekraft für Stürze konnte erzielt werden, indem die professionelle<br />

Pflegekraft den Risikofaktor „Stürze in der Anamnese“ zur Vorhersage weiterer Stürze<br />

heranzog. Oliver et al. (2008) untersuchten das STRATIFY Risikoassess-mentinstrument<br />

bei st<strong>at</strong>ionären P<strong>at</strong>ientInnen in geri<strong>at</strong>rischen Rehabilit<strong>at</strong>ionseinrichtungen. Das Erg<strong>ebn</strong>is<br />

ihrer Metaanalyse aus vier Studien zeigte eine zu niedrige Sensitivität und einen zu<br />

niedrigen PPV, um dieses Instrument zur Identifizierung sturzgefährdeter P<strong>at</strong>ientInnen<br />

heranzuziehen (Sensitivität: 67,2 %, PPV: 23 %).<br />

Im Langzeitpflegebereich h<strong>at</strong> das Downtown Instrument (Faktoren: erhöhte<br />

Pflegeabhängigkeit, kognitive Einschränkungen, erhöhte Anzahl von körperlichen<br />

Symptomen, Angst, Depression) die höchste prospektive Validität zur Vorhersage von<br />

Stürzen (Sensitivität: 81–95 %, Spezifität: 35–40 %). Sturzrisikoinstrumente bei<br />

neurologisch auffälligen P<strong>at</strong>ientInnen waren Fokus der System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit<br />

von Thurman, Stevens & Rao (2008), wobei die Frage nach Stürzen in der Vergangenheit<br />

ähnlich hohe prospektive Werte der Validität erreichte (Sensitivität: 37–76 %, Spezifität:<br />

63–91 %) wie Sturzrisikoassessmentinstrumente. Kehinde (2009) untersuchte<br />

Instrumente zum Messen des Sturzrisikos bei älteren Menschen in der Langzeitpflege. Zu<br />

diesem Thema konnten 16 Instrumente identifiziert werden, bei acht Instrumenten lagen<br />

Angaben zur prospektiven Validität vor. Instrumente mit der höchsten Genauigkeit waren<br />

der Mobility Fall Chart (Sensitivität: 43–85 %, Spezifität: 69–82 %), der Downtown Index<br />

(Sensitivität: 91 %, Spezifität: 39 %), der Elderly Fall Screening Test (Sensitivität: 93 %,<br />

Spezifität: 78 %) welcher durchschnittlich in 17 Minuten durchgeführt werden kann und<br />

die MORSE Sturzrisikoskala (Sensitivität: 83 %, Spezifität: 83 %).<br />

21


Wie genau können das STRATIFY Risikoassessmentinstrument und die MORSE<br />

Sturzrisikoskala Stürze voraussagen?<br />

Die Unzulänglichkeit von Sturzrisikoerhebungsinstrumenten wurde bereits bei der Frage<br />

nach der Wirksamkeit von Sturzrisikoinstrumenten diskutiert. Sogar der Entwickler des<br />

STRATIFY Risikoassessmentinstruments (David Oliver) h<strong>at</strong> sich in einem Editorial gegen<br />

die Verwendung eines Sturzrisikoerhebungsinstruments im Setting Krankenhaus<br />

ausgesprochen (Köpke & Meyer 2009).<br />

<strong>Evidence</strong>: Das STRATIFY Risikoassessmentinstrument wurde in mehreren Studien im<br />

Setting Krankenhaus untersucht und erreichte Werte für die Sensitivität von 19–91 %, für<br />

die Spezifität von 47–88 %, für den PPV von 6–48 % und NPV von 80–99 % (Kehinde<br />

2009, Oliver et al. 2008). Die MORSE Sturzrisikoskala wurde im Setting Krankenhaus<br />

und im Setting Pflegeheim prospektiv validiert. Die Werte im Setting Krankenhaus lagen<br />

für die Sensitivität bei 83 %, für die Spezifität bei 29 % und für den PPV bei 18 % (Currie<br />

2008); im Setting Pflegeheim bei einem Grenzwert von 55 bei einer Sensitivität von 83%<br />

und einer Spezifität von 83 % (Kehinde 2009).<br />

Um eine angemessene Versorgung sicherzustellen, ist es von Bedeutung, möglichst allen<br />

sturzgefährdeten P<strong>at</strong>ientInnen eine <strong>Sturzprophylaxe</strong> zukommen zu lassen. Eine<br />

Sensitivität von 83 % würde bedeuten, dass 83 % der gestürzten P<strong>at</strong>ientInnen mit dem<br />

Instrument richtig als sturzgefährdet eingeschätzt wurden. Das heißt, dass 17 % der<br />

gestürzten P<strong>at</strong>ientInnen mit dem Instrument nicht als sturzgefährdet eingeschätzt wurden<br />

und demnach keine präventiven Maßnahmen erhalten h<strong>at</strong>ten.<br />

Eignen sich Tests zum Erheben von Gleichgewichtsstörungen und Gangstörungen<br />

zur Identifizierung von sturzgefährdeten Personen?<br />

Verwenden Sie keine Tests zum Erheben von Gleichgewichts- und<br />

Gangstörungen (Berg-Balance-Skala, Get up and Go Test, Standing unassisted<br />

Test, Tinetty Mobility Scale), um das Sturzrisiko Ihrer P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen<br />

zu erheben. <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

<strong>Evidence</strong>: Prognostische Eigenschaften von Tests zum Erheben von Gleichgewichts- und<br />

Gangstörungen (Berg-Balance-Skala, Get up and Go Test, Standing unassisted Test,<br />

Tinetty Mobility Scale) sind zu gering, um sturzgefährdete Personen zu identifizieren.<br />

22


Neuls et al. (2011) untersuchten in ihrer System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit die Berg-<br />

Balance Skala in Bezug auf ihre Vorhersagekraft für Stürze. Laut AutorInnen zeigen die<br />

Erg<strong>ebn</strong>isse der zwei gefundenen Diagnosestudien, dass die Vorhersagekraft<br />

unzureichend ist (Sensitivität: 85–92 %, Spezifität: 49–65 %) und die Berg-Balance Skala<br />

kein geeignetes Instrument ist, um Stürze vorherzusagen.<br />

Thurman, Stevens & Rao (2008) untersuchten Tests zum Erheben von Gleichgewichts-<br />

und Gangstörungen bei neurologisch erkrankten P<strong>at</strong>ientInnen zur Identifizierung<br />

sturzgefährdeter Personen, wobei folgende Werte für die prospektive Validität erreicht<br />

wurden: Get up and Go Test: Sensitivität 77–91 %, Spezifität 22 %; Standing unassisted<br />

Test: Sensitivität 31 %, Spezifität 90 %; Tinetty Mobility Scale: Sensitivität 62–96 %,<br />

Spezifität von 11–96 %.<br />

Zijlstra et al. (2008) untersuchten, ob zwei Balancefähigkeitserhebungen zur Erfassung<br />

des Sturzrisikos besser geeignet sind als eine einzelne Balancefähigkeitserhebung. Es<br />

konnte keine Studie identifiziert werden, welche die unterschiedlichen<br />

Erhebungsmethoden bei institutionalisierten P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen untersuchte.<br />

4.3 Sturzangst<br />

Welche Auswirkungen h<strong>at</strong> die Angst zu stürzen auf P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen?<br />

Angst vor Stürzen ist sowohl ein signifikanter Risikofaktor für zukünftige Stürze als auch<br />

eine Folge von Stürzen (NICE 2004). Personengruppen, die signifikant häufiger an<br />

Sturzangst leiden, sind P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit Einschränkungen in den ATL<br />

(p < 0.001), Stürzen in der Anamnese (p < 0.05) und Personen mit funktionalen<br />

Einschränkungen (p < 0.005) (Visschedijk et al. 2010).<br />

23


Tabelle 8: Auswirkungen von Sturzangst <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

Auswirkungen von Sturzangst (insbesondere bei P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit<br />

hüftgelenksnaher Fraktur in der Anamnese)<br />

• Höhere Mortalität<br />

• Höheres Risiko für Einweisung in eine Pflegeeinrichtung<br />

Risikofaktoren für weitere Stürze bei P<strong>at</strong>ientInnen mit Sturzangst<br />

• Funktionale Limit<strong>at</strong>ion<br />

• Geringe körperliche Aktivität (z. B. wenig Bewegung im Freien)<br />

<strong>Evidence</strong>: Visschedijk et al. (2010) untersuchten Auswirkungen von Sturzangst bei<br />

P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit hüftgelenksnahen Frakturen. Betroffene Personen mit<br />

Sturzangst h<strong>at</strong>ten zum einen eine signifikant höhere Mortalität (p = 0.02 bzw. OR = 4.22)<br />

als Personen ohne Sturzangst und zum anderen ein signifikant höheres Risiko für<br />

Einweisungen in Pflegeeinrichtungen (OR = 2.23). Geringe körperliche Aktivität (z. B.<br />

wenig Bewegung im Freien) galt als signifikantes Merkmal zur Vorhersage weiterer<br />

Stürze (OR = 1.96). P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit Sturzangst und funktionaler<br />

Limit<strong>at</strong>ion stürzten signifikant häufiger als P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit Sturzangst<br />

ohne funktionaler Limit<strong>at</strong>ion (p = 0.004).<br />

Welche Instrumente eignen sich, um Sturzangst zu messen?<br />

Erheben Sie Sturzangst indem Sie Ihre P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen kon-<br />

kret nach der Angst vor Stürzen fragen.<br />

<strong>Evidence</strong>: Zur Messung von Sturzangst werden in Studien verschiedene Skalen<br />

verwendet (Activity-rel<strong>at</strong>ed Balance Confidence Scale, Fall Efficiacy Scale), deren<br />

psychometrische Testung bisher jedoch ausständig ist (Visschedijk et al. 2010).<br />

Visschedijk et al (2010) haben in ihrer System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit zu<br />

Sturzerhebungsinstrumenten sieben Studien identifiziert, bei denen Sturzangst durch<br />

einfache Fragen erhoben wurde. Ebenso wird in der Guideline vom NICE (2004)<br />

empfohlen, Sturzangst durch eine einfache Frage „Haben Sie Angst vor Stürzen?“ oder<br />

24


durch die Einschätzung auf einer verbalen R<strong>at</strong>ing Skala (von nicht ängstlich bis sehr<br />

ängstlich) zu erheben.<br />

Wie kann Sturzangst reduziert werden?<br />

<strong>Evidence</strong>: Jung, Lee & Lee (2009) untersuchten in ihrer System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit<br />

Interventionen, um Sturzangst zu reduzieren, wobei drei Studien mit institutionalisierten<br />

Personen gefunden wurden. Die Mittelwertdifferenz (MWD) aller drei Studien ergab, dass<br />

es durch sturzpräventive Maßnahmen nicht zur Reduktion von Sturzangst kommt (MWD<br />

= 0.022, 95 % CI = -0.245–0.290, p > 0.05). Die nach Art der Intervention gepoolten<br />

Subgruppenanalysen ergaben, dass es durch die Intervention Körperübung zu keiner<br />

Reduktion von Sturzangst kommt (Metaanalyse von drei Studien – zusätzlich eine Studie<br />

bei nicht institutionalisierten Personen – MWD = 0.024, 95 % CI = -0.251–0.298, p ><br />

0.05).<br />

Bieten Sie P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit Angst vor Stürzen das Tragen<br />

von Hüftprotektoren an. <strong>Evidence</strong>klasse I<br />

Obwohl laut Liter<strong>at</strong>ur Bewegungsübungen mit Komponenten von Tai-Chi<br />

Sturzangst reduzieren können (<strong>Evidence</strong>klasse I), werden diese nicht empfohlen,<br />

da Bewegungsübungen mit Komponenten von Tai-Chi derzeit als nicht praktikabel<br />

angesehen werden.<br />

Andere Formen von Bewegungsübungen sind nicht geeignet, um Sturzangst<br />

zu reduzieren. <strong>Evidence</strong>klasse II<br />

Eine system<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeit zur Wirksamkeit von Tai-Chi identifizierte eine RCT,<br />

bei der es zu einer signifikanten Reduktion von Sturzangst durch Bewegungsübungen mit<br />

Tai-Chi kam (ABC-Scale p < 0.001), welche in der Übersichtsarbeit von Jung, Lee & Lee<br />

(2009) nicht inkludiert ist (Harling & Simpson 2008).<br />

Hüftprotektoren, zur Reduktion von Sturzangst, waren Fokus in einer Studie. Diese kam<br />

zu dem Erg<strong>ebn</strong>is, dass es durch das Tragen von Hüftprotektoren zu einer signifikanten<br />

Reduktion von Sturzangst, gemessen mit der Falls Efficiacy Scale, einer einfachen Frage<br />

und der Balance Confidence Scale, kam (MWD = 0.418, 95 % CI = 0.071–0.764, p <<br />

0.05) (Jung, Lee & Lee 2009).<br />

25


4.4 Multifaktorielle Interventionsprogramme<br />

Ist ein multifaktorielles Interventionsprogramm wirksam, um Stürze und<br />

Sturzfolgen zu reduzieren?<br />

Unter einem multifaktoriellen Interventionsprogramm versteht man<br />

Sturzpräventionsstr<strong>at</strong>egien, die aus mehreren Interventionen bestehen und auf die<br />

individuellen Risikofaktoren der P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen bzw. P<strong>at</strong>ientInnengruppen<br />

abgestimmt sind. Zahlreiche System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeiten von RCTs beschäftigten<br />

sich mit der Wirksamkeit von multifaktoriellen Präventionsprogrammen, wobei man zu<br />

unterschiedlichen, teilweise kontroversen Erg<strong>ebn</strong>issen gekommen ist (Currie 2008,<br />

Cusiamo, Kwok & Spadafora 2008, Stern & Jayasekara 2009, Sawka et al. 2010).<br />

Alle älteren und alten P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen in Krankenhäusern und<br />

Langzeitpflegeeinrichtungen mit Stürzen in der Anamnese oder als sturzgefährdet<br />

eingeschätzt sollten individuelle multifaktorielle Maßnahmen zur Sturzrisiko-<br />

reduktion erhalten. <strong>Evidence</strong>klasse II<br />

<strong>Evidence</strong>: Setting Krankenhaus: Cameron et al. (2010) untersuchten in ihrer<br />

System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit multifaktorielle Sturzpräventionsprogramme, um Stürze<br />

und sturzbedingte Verletzungen zu reduzieren. Gepoolte Erg<strong>ebn</strong>isse aus vier RCTs<br />

belegen die Wirksamkeit von Sturzpräventionsprogrammen zur Reduktion von Stürzen<br />

und gestürzten Personen im Setting Krankenhaus (Anzahl der Stürze: RR = 0.69, 95 %<br />

CI = 0.49–0.96; Anzahl der gestürzten Personen: RR = 0.73, 95 % CI = 0.56–0.96).<br />

Coussement et al. (2008) kommen in ihrer Metaanalyse zu dem Erg<strong>ebn</strong>is, dass es durch<br />

multifaktorielle Interventionen zu signifikant weniger Stürzen kommt (RR = 0.74, 95 % CI<br />

= 0.58-0.96), wobei bei Einbezug der Intraclasskorrel<strong>at</strong>ion von 0.01 aufgrund der<br />

Clusterrandomisierung,die Signifikanz nicht mehr gegeben ist (RR = 0.82, 95 % CI =<br />

0.65–1.03). Keine signifikanten Verbesserungen konnten durch die multifaktoriellen<br />

Interventionen für die Outcomes sturzbedingter Verletzungen (zwei RCTs), Schweregrad<br />

von sturzbedingten Verletzungen (eine RCT) und Zeitpunkt bis zum ersten Sturz (zwei<br />

RCTs) erreicht werden.<br />

26


Stern & Jayasekara (2009) inkludierten in ihrer Übersichtsarbeit drei RCTs zu<br />

multifaktoriellen Interventionen im Setting Akutkrankenhaus, wobei es in zwei Studien zu<br />

einer signifikanten Reduktion von Stürzen durch die Interventionen kam (IRR = 0.38, 95<br />

% CI = 0.20–0.76 bzw. p = 0.045). In einer RCT konnte die Krankenhausaufenthalts-<br />

dauer in der Interventionsgruppe zudem signifikant verkürzt werden (p = 0.028).<br />

Setting Langzeitpflegeeinrichtung: Die gepoolten Erg<strong>ebn</strong>isse aus sieben RCTs der<br />

System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit von Cameron et al (2010) zeigten, dass es durch<br />

multifaktorielle Interventionen zu einer nicht signifikanten Reduktion von Stürzen und<br />

Stürzern kommt (Anzahl der Stürze: RR = 0.82, 95 % CI = 0.62–1.08, gestürzte Personen<br />

RR = 0.93, 95 % CI = 0.86–1.01), wobei die gepoolten Studien st<strong>at</strong>istisch starke bis<br />

mäßige Heterogenität aufzeigten (I² = 85% bzw. I² = 54%). Die Anzahl von<br />

hüftgelenksnahen Frakturen konnte durch die multifaktoriellen Maßnahmen signifikant<br />

reduziert werden (Metaanalyse aus drei Studien: RR = 0.48, 95 % CI = 0.24–0.98).<br />

Cusiamo, Kwok & Spadafora (2008) untersuchten für Langzeitpflegeeinrichtungen<br />

multifaktorielle Interventionsprogramme, definiert als mindestens zwei<br />

Interventionsstr<strong>at</strong>egien, welche mindestens sechs Mon<strong>at</strong>e andauerten. Die fünf<br />

eingeschlossenen RCTs kamen zu widersprüchlichen Erg<strong>ebn</strong>issen. In zwei von vier<br />

Studien konnte die Anzahl der Stürze signifikant reduziert werden (RR = 0.78,<br />

95 % CI = 0.64–0.96 bzw. RR = 0.55, 95 % CI = 0.41–0.73), in einer von fünf Studien<br />

konnten Verletzungen durch Stürze signifikant reduziert werden (OR = 0.23,<br />

95 % CI = 0.06–0.94) und in drei von fünf Studien konnte die Anzahl von P<strong>at</strong>ientInnen mit<br />

multiplen Stürzen signifikant reduziert werden (OR = 0.58, 95 % CI = 0.38–0.89) bzw. RR<br />

= 0.56, 95 % CI = 0.35–0.89 bzw. p = 0.03).<br />

Um hüftgelenksnahe Frakturen durch Stürze zu reduzieren, legten Sawka et al. (2010)<br />

ihren Fokus auf multifaktorielle Interventionen und kamen dabei zu ähnlichen<br />

Erg<strong>ebn</strong>issen wie Cusiamo, Kwok & Spadafora 2008. In einer der drei identifizierten<br />

Studien kam es zu einer signifikanten Reduktion von hüftgelenksnahen Frakturen<br />

(RR = 0.23, 95 % CI = 0.06–0.94) (Sawka et al 2010).<br />

27


Aus welchen Komponenten sollte ein multifaktorielles Interventionsprogramm<br />

bestehen?<br />

Setting Krankenhaus: Planen Sie multifaktorielle Interventionsprogramme<br />

multidisziplinär. Im Vorfeld sollten Sturzrisikofaktoren Ihrer P<strong>at</strong>ientInnen<br />

umfassend erhoben werden und Grundlage für die Planung der Interventionen<br />

sein. <strong>Evidence</strong>klasse II<br />

<strong>Evidence</strong>: Setting Krankenhaus: Stern et al. (2009) identifizierten zwei wirksame<br />

multifaktorielle Präventionsprogramme zur Reduktion von Stürzen. Ein multidisziplinäres,<br />

multifaktorielles Präventionsprogramm beinhaltete eine individuelle Sturzrisikoerhebung,<br />

physio- und ergotherapeutische Maßnahmen, das Aushändigen von<br />

Inform<strong>at</strong>ionsbroschüren zum Thema Sturzprävention und das Angebot, Hüftprotektoren<br />

zu tragen. Durch die Interventionen kam es zu signifikant weniger Stürzen (p = 0.045)<br />

und zu 28 % weniger Verletzungen durch Stürze. Zu einer signifikanten Reduktion von<br />

Stürzen kam es weiters durch ein Programm bei P<strong>at</strong>ientInnen nach hüftgelenksnaher<br />

Fraktur in orthopädischen und geri<strong>at</strong>rischen Abteilungen. Das postoper<strong>at</strong>ive,<br />

multidisziplinäre Programm beinhaltete ein umfassendes geri<strong>at</strong>risches Assessment,<br />

Management von Sturzrisikofaktoren sowie Rehabilit<strong>at</strong>ion, Prävention, Erhebung und<br />

Behandlung von postoper<strong>at</strong>iven Komplik<strong>at</strong>ionen wie Sturz, Schmerz und Delir. Durch die<br />

Interventionen konnten Stürze signifikant reduziert (IRR = 0.38, 95 % CI = 0.20–0.76) und<br />

die Krankenhausaufenthaltsdauer verkürzt werden (p = 0.028) (Stern et al. 2009).<br />

Setting Langzeitpflegeinrichtung: Multifaktorielle Interventions-programme<br />

sollten multidisziplinär geplant werden und, wenn möglich, eine Komponente mit<br />

Körperübungen beinhalten. Grundlage der multifaktoriellen Interventionen sollte<br />

eine umfassende Erhebung der Sturzrisikofaktoren sein. <strong>Evidence</strong>klasse I<br />

<strong>Evidence</strong>: Setting Langzeitpflegeeinrichtung: Cameron et al. (2010) untersuchten in<br />

Subgruppenanalysen welche Komponenten von multifaktoriellen Präventionsstr<strong>at</strong>egien<br />

effektiv zur Reduktion von Stürzen sind.<br />

28


Die Subgruppenanalyse ergab, dass es durch multidisziplinär angelegte Interventionen zu<br />

einer signifikanten Reduktion von Stürzen kommt, im Gegens<strong>at</strong>z zu monodisziplinären<br />

Interventionen (RR = 0.60, 95 % CI = 0.51–0.72 versus RR = 1.11, 95 % CI = 0.90–1.37).<br />

Eine Metaanalyse, basierend auf vier Studien, ergab weiters eine signifikante<br />

Sturzreduktion durch multifaktorielle Programme mit der Komponente Körperübungen<br />

(RR = 0.60, 95 % CI = 0.51–0.72). Multifaktorielle Maßnahmen, basierend auf einem<br />

umfassenden Assessment, erreichten in einer weiteren Subgruppe signifikante<br />

Erg<strong>ebn</strong>isse für das Outcome Anzahl der Stürze (zwei Studien, RR = 0.59, 95 % CI =<br />

0.48–0.73) (Cameron et al. 2010).<br />

Sawka et al. (2010) untersuchten multifaktorielle Interventionen, um hüftgelenksnahe<br />

Frakturen zu reduzieren. In einer Studie mit den Komponenten Schulung der<br />

MitarbeiterInnen, Umgebungsmodifik<strong>at</strong>ion durch Pflegepersonen und<br />

PhysiotherapeutInnen, Körperübungen (Balance-, Gang-, Kräftigungs- und<br />

Transferübungen), Anpassen von Gehhilfen, Medikamentenreview, Angebot von<br />

Hüftprotektoren und Problemlösungskonferenzen nach Sturzereignissen kam es zu einer<br />

signifikanten Reduktion (RR = 0.23, 95 % CI = 0.06–0.94).<br />

4.5 Sturzpräventive Maßnahmen bei kognitiv eingeschränkten Personen<br />

Welche Maßnahmen sind bei kognitiv eingeschränkten sturzgefährdeten<br />

P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen indiziert?<br />

Gestalten Sie Maßnahmen zur Prävention von Verletzungen durch Stürze bei<br />

kognitiv eingeschränkten Personen multifaktoriell, nach bestehenden<br />

Risikofaktoren, und multidisziplinär. <strong>Evidence</strong>klasse II<br />

<strong>Evidence</strong>: Multifaktorielle Sturzpräventionsprogramme wurden von Cameron et al. (2010)<br />

bei kognitiv eingeschränkten Personen untersucht. Das gepoolte Erg<strong>ebn</strong>is aus zwei<br />

RCTs ergab keine signifikante Reduktion von Stürzen durch die Intervention (RR = 0.92,<br />

95 % CI = 0.81–1.05). In einer der RCTs kam es jedoch durch multidisziplinäre<br />

Interventionen bestehend aus Körperübungen, Medikamentenreviews, Beseitigen von<br />

Gefahrenquellen, Anbieten von Hüftprotektoren, MitarbeiterInnenschulungen und<br />

29


Problemlösungskonferenzen nach Sturzgeschehen zu einer signifikanten Reduktion von<br />

Verletzungen durch Stürze (p = 0.006).<br />

4.6 Orientierungstraining<br />

Kann man bei desorientierten P<strong>at</strong>ientInnen Stürze durch ein Orientierungstraining<br />

reduzieren?<br />

Die ungewohnte Umgebung im Krankenhaus oder der Langzeitpflegeeinrichtung kann<br />

Desorientierung verstärken. Durch umgebungsbedingte Faktoren wie fluoreszierendes<br />

Licht, das Sch<strong>at</strong>ten wirft und blendet, wird das Urteilsvermögen beeinflusst. Daher fällt es<br />

P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen schwer, Distanzen abzuschätzen (McCarter-Bayer, Bayer,<br />

Hall 2005):<br />

<strong>Evidence</strong>: Es konnte keine Studie identifiziert werden, die Orientierungstraining als<br />

Intervention oder Teilintervention in Bezug auf <strong>Sturzprophylaxe</strong> untersuchte.<br />

4.7 Bewegungsübungen<br />

Welche Bewegungsübungen können im Krankenhaus dazu beitragen, Stürze zu<br />

verringern?<br />

Geben Sie älteren und alten P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen Orientierung,<br />

indem Sie sich Zeit nehmen, ihnen das Zimmer, sanitäre Anlagen sowie die<br />

gesamte Abteilung zu zeigen. Weisen Sie auf potenzielle umgebungsbedingte<br />

Sturzrisiken hin. Beobachten Sie sturzgefährdete P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen<br />

hinsichtlich ihrer Orientierung und bieten Sie bei Bedarf Unterstützung an.<br />

Bewegungsübungen in Krankenhäusern und Rehabilit<strong>at</strong>ions-einrichtungen<br />

sollten durch PhysiotherapeutInnen betreut werden. <strong>Evidence</strong>klasse II<br />

30


Das Angebot von Gruppenübungen mit Elementen von Tai-Chi stellt im<br />

Setting Krankenhaus keine wirksame Maßnahme zur <strong>Sturzprophylaxe</strong> dar.<br />

<strong>Evidence</strong>klasse III<br />

Eine Frühmobilis<strong>at</strong>ion bei P<strong>at</strong>ientInnen nach Insulten, bei der P<strong>at</strong>ientInnen<br />

mehrmals täglich mobilisiert werden, sollte nicht zur <strong>Sturzprophylaxe</strong><br />

durchgeführt werden, da Stürzen damit nicht vorgebeugt wird. <strong>Evidence</strong>klasse I<br />

<strong>Evidence</strong>: Cameron et al. (2010) untersuchten die Wirksamkeit von betreuten<br />

Körperübungen bei P<strong>at</strong>ientInnen in Krankenhäusern und Rehabilit<strong>at</strong>ionseinrichtungen.<br />

Sie sind in einer Metaanalyse, bestehend aus drei RCTs, zu dem Erg<strong>ebn</strong>is gekommen,<br />

dass betreute Übungen durch PhysiotherapeutInnen zu signifikant weniger Stürzen<br />

führen (RR = 0.44, 95 % CI = 0.20–0.97).<br />

Eine Subgruppe einer RCT untersuchte körperliches Training zur Sturzreduktion und war<br />

in der System<strong>at</strong>ischem Übersichtsarbeit von Stern et al. (2009) inkludiert. Demnach führt<br />

ein einmal wöchentlich durchgeführtes Gruppentraining mit Elementen von Tai-Chi zu<br />

keiner Sturzreduktion im Setting Krankenhaus. Weiters kam es zu keiner signifikanten<br />

Verbesserung der Balancefähigkeit, Mobilität und Muskelkraft.<br />

Fokus der System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit von B<strong>at</strong>chelor et al. (2010) war es, wirksame<br />

Maßnahmen zur Sturzprävention bei P<strong>at</strong>ientInnen nach einem Insult zu identifizieren.<br />

Drei RCTs beschäftigten sich mit Körperübungen. Keinen Effekt auf die Verringerung von<br />

Stürzen zeigte eine RCT, bei welcher dreimal wöchentlich Gruppenübungen (Situp and<br />

Stand Übungen) zu je 45 Minuten durchgeführt wurden (p = 0.7). Eine weitere Studie, bei<br />

der die Intervention aus Frühmobilis<strong>at</strong>ion (Mobilis<strong>at</strong>ion mindestens zweimal täglich)<br />

bestand, ergab keine signifikante Sturzreduktion (p = 0.81). In einer Untersuchung zeigte<br />

sich eine signifikante Reduktion der Anzahl der gestürzten Personen (p < 0.05). Die<br />

Intervention bestand aus Symmetrieübungen und Sit up and Stand Übungen (fünfmal pro<br />

Woche für drei Wochen) mit Biofeedback (B<strong>at</strong>chelor et al. 2010).<br />

31


Welche Bewegungsübungen im Langzeitpflegebereich können dazu beitragen,<br />

Stürze zu verringern?<br />

Bieten Sie BewohnerInnen in Langzeitpflegeeinrichtungen mit einem er-<br />

höhten Sturzrisiko Körperübungen nicht als alleinige Maßnahme zur Reduktion<br />

von Stürzen an. <strong>Evidence</strong>klasse I<br />

Gebrechliche Personen benötigen bei Gehübungen besondere<br />

Aufmerksamkeit, um die in der Liter<strong>at</strong>ur beschriebene Erhöhung des<br />

Sturzrisikos zu minimieren.<br />

Körperübungen bei weniger sturzgefährdeten BewohnerInnen können<br />

Gleichgewichtsübungen, Bewegungsübungen mit einer Tai-Chi-Komponente<br />

oder Bewegungsübungen mit mechanischen Hilfsmitteln (Laufband, Feedback<br />

via Computer) beinhalten. <strong>Evidence</strong>klasse II<br />

<strong>Evidence</strong>: Laut der Metaanalyse von Cameron et al. (2010) kam es durch betreute<br />

Körperübungen im Setting Langzeitpflegeeinrichtungen (sieben Studien) zur keiner<br />

Reduktion von Stürzen (RR = 1, 95 % CI = 0.74–1.35). Ähnliche Erg<strong>ebn</strong>isse erlangten<br />

Sherrington et al. 2008, welche sechs Studien bei PflegeheimbewohnerInnen mit hohem<br />

Pflegebedarf miteinander poolten (RR = 1.17, 95 % CI = 0.92–1.49).<br />

Körperübungen, bestehend aus einer Komponente (z. B. Gehübungen, Kraftübungen,<br />

Balancetraining), führen zu keiner Sturzreduktion (drei Studien RR = 0.66,<br />

95 % CI = 0.37–1.21) oder Reduktion von gestürzten Personen (fünf Studien RR = 0.92,<br />

95 % CI = 0.74-1.14). Ebenso h<strong>at</strong> die Kombin<strong>at</strong>ion von verschiedenen Körperübungen<br />

keinen Effekt auf die Reduktion der Stürze (vier Studien RR = 1.37, 95 % CI = 1.01–1.85)<br />

und Anzahl der gestürzten Personen (drei Studien RR = 1.15, 95 % CI = 0.94–1.40). In<br />

der Subgruppenanalyse mit zwei Studien konnte durch Körperübungen mit mechanischen<br />

Hilfsmitteln (Laufband, Feedback via Computer) eine signifikante Reduktion von Stürzen<br />

(RR = 0.45, 95 % CI = 0.24–0.85), nicht jedoch die Anzahl gestürzter Personen<br />

(RR = 0.72, 95 % CI = 0.43–1.19) erzielt werden (Cameron et al. 2010).<br />

Eine Studie, bei der die Intervention aus dreimal täglich für jeweils zwei Minuten auf<br />

einem Bein zu stehen bestand, wurde in zwei System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeiten<br />

32


eingeschlossen. Durch die Intervention kam es zu keiner Reduktion von gestürzten<br />

Personen (RR = 0.9, 95 % CI = 0.65–1.23) (Cameron et. al 2010, Sawka et al. 2010)<br />

Sherrington et al. 2008 untersuchten in ihrer Metaanalyse mit insgesamt 44 RCTs<br />

verschiedene Aspekte von Bewegungsübungen bei älteren und alten Menschen<br />

hinsichtlich ihrer Effektivität. Bezüglich des Settings wurde bei den Metaanalysen jedoch<br />

nicht spezifiziert. Wirksame Effekte konnten in der Metaanalyse mit<br />

Gleichgewichtsübungen aufgezeigt werden (25 RCTs RR = 0.76, 95 % CI = 0.62–0.93),<br />

nicht hingegen bei den Metaanalysen zu Stretching Programmen (zwölf Studien<br />

RR = 0.89, 95 % CI = 0.69–1.15) und Gehübungsprogrammen, bei denen es sogar zu<br />

vermehrten Stürzen kam (27 Studien RR = 1.19, 95 % CI = 0.96–1.46). Keine Reduktion<br />

von Stürzen konnten bei P<strong>at</strong>ientInnen mit einem sehr hohen Sturzrisiko, unabhängig von<br />

der Art der Körperübungen, erzielt werden (29 Studien RR = 1.21, 95 % CI = 0.79–1.5);<br />

bei P<strong>at</strong>ientInnen mit mehr als zwei Stürzen pro Jahr in der Anamnese kam es zu einer<br />

Erhöhung der Sturzr<strong>at</strong>e durch Körperübungen (zehn Studien RR = 1.36,<br />

95 % CI = 1.05–1.77) (Sherrington et al. 2008).<br />

Körperübungen mit Tai-Chi im Langzeitpflegebereich waren Fokus von vier<br />

System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeiten, wobei Cameron eine Metaanalyse aus zwei RCTs<br />

durchführte und keinen Effekt zur Sturzreduktion aufzeigten konnte (Anzahl der Stürze<br />

RR = 0.96, 95 % CI = 0.77–1.19, gestürzte Personen RR = 1.1, 95 % CI = 0.74–1.61).<br />

Low et al. (2009) und Gregory & W<strong>at</strong>son (2009) inkludierten dieselben zwei RCTs, bei<br />

denen es durch Tai-Chi im Vergleich zu anderen Körperübungen zu keiner Vermin-<br />

derung von Stürzen kam (p = 0.27 bzw. p = 0,28). Bei gebrechlicheren älteren Menschen<br />

kam es in einer RCT durch Tai-Chi sogar zu einer Erhöhung des Sturzrisikos (HR = 2.95,<br />

95 % CI = 1.64–5.32). Im Gegens<strong>at</strong>z dazu kam es bei der Gruppe der weniger<br />

Gebrechlichen zu einer signifikanten Reduktion von Stürzen (HR = 0.39,<br />

95 % CI = 0.18–0.88) (Low et al. 2009, Gregory & W<strong>at</strong>son 2009). In der System<strong>at</strong>ischen<br />

Übersichtsarbeit von Harling et al. (2008) wurde eine weitere RCT inkludiert, die Tai-Chi<br />

versus Wellness Schulungsprogramm verglich. In der Tai-Chi-Gruppe kam es zu weniger<br />

Stürzen, Signifikanz wurde jedoch nicht erreicht (RR = 0.75, 95 % CI = 0.52–1.08).<br />

33


Sind Einzelübungen als sturzpräventive Maßnahme effizienter als<br />

Gruppenübungen?<br />

Es konnten keine RCTs identifiziert werden, welche die Effektivität von Gruppenübungen<br />

im Vergleich zu Einzelübungen untersuchen.<br />

4.8 Umgebungsgestaltung<br />

Wie soll die pflegetherapeutische Umgebung in Krankenhäusern und<br />

Langzeitpflegeeinrichtungen gestaltet sein, um Stürzen vorzubeugen?<br />

Umgebungsbedingte Risikofaktoren für Stürze in Krankenhäusern und<br />

Langzeitpflegeeinrichtungen sind schlechtes Licht, nasse, rutschige und polierte Böden,<br />

unebene Wege, nicht festgestellte Rollstühle oder Betten, unsicheres, unpassendes<br />

Schuhwerk und der unsachgemäße Gebrauch von Gehhilfen (Hill et al. 2004).<br />

Gestalten Sie die pflegetherapeutische Umgebung so, dass<br />

umgebungsbedingte Risiken für Stürze minimiert werden. <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

• Stellen Sie nach Pflegetätigkeiten die Betthöhe auf das niedrigste Niveau.<br />

Bei Verwendung von Niederflurbetten ist eine der Situ<strong>at</strong>ion angemessene<br />

Betthöhe einzustellen.<br />

• Sorgen Sie für trockene Fußböden (Augenmerk auf übergeschwapptes<br />

Waschwasser, verschüttete Getränke, Harn …).<br />

• Stellen Sie bei nassen Böden Warntafeln auf.<br />

• Tragen Sie dafür Sorge, dass keine Gegenstände auf dem Boden<br />

herumliegen.<br />

<strong>Evidence</strong>: Keine RCT untersuchte als alleinige Maßnahme die Wirksamkeit der<br />

Umgebungsmodifik<strong>at</strong>ion, um Stürze zu verhindern. In zwei RCTs stellten „Veränderungen<br />

34


der pflegetherapeutischen Umgebung“ Komponenten der multifaktoriellen Intervention dar<br />

(Healey et. al 2004, Jensen et al. 2003).<br />

Haeley et al. (2004) haben im Rahmen eines Sturzrisikofaktoren-Präventionsprogramms<br />

gezielte Maßnahmen gesetzt, um umgebungsbedingten und individuellen Risikofaktoren<br />

entgegenzuwirken. Bei den umgebungsbedingten Risikofaktoren wurde darauf geachtet,<br />

dass Böden trocken waren und keine Gegenstände herumlagen, Betten immer auf dem<br />

niedrigsten Niveau eingestellt waren und sicheres Schuhwerk getragen wurde. Durch die<br />

Interventionen konnten Stürze signifikant reduziert werden (RR = 0.71,<br />

95 % CI = 0.55–0.90), nicht jedoch Verletzungen durch Stürze. Auch bei Jensen et al.<br />

(2003) stellte die Beseitigung von Gefahrenquellen eine Komponente des multifaktoriellen<br />

Interventionsprogramms dar, wobei eine signifikante Reduktion von Stürzen erzielt<br />

werden konnte (OR = 0.78, 95 % CI = 0.64–0.96). B<strong>at</strong>chelor et al. (2010) identifizierten<br />

eine RCT, bei der als sekundäres Outcome untersucht wurde, ob der tägliche 15-minütige<br />

Aufenthalt im Freien zu weniger Stürzen führt. Stürze konnten durch diese Intervention<br />

nicht reduziert werden (RR = 1.08, 95 % CI = 0.86–1.36).<br />

4.9 Beseitigung externer Risikofaktoren<br />

Welches Schuhwerk trägt bei sturzgefährdeten Personen zu einem sicheren Gang<br />

bei?<br />

Eine Übersichtsarbeit h<strong>at</strong> ergeben, dass 86 % der P<strong>at</strong>ientInnen im Krankenhaus kein<br />

passendes Schuhwerk tragen; die Hälfte der Krankenhausp<strong>at</strong>ientInnen tragen Pantoffeln<br />

(Hill et al. 2004).<br />

Laut Koepsell et al. (2004) haben P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen, die Socken oder<br />

Pantoffel ohne ordentliche Sohle tragen, ein vier Mal höheres Sturzrisiko. Das Gehen<br />

ohne Schuhe und das Tragen von Seidenstrümpfen führte zu einem zehnmal höheren<br />

Sturzrisiko. Die geringsten Stürze wurden durch das Tragen von Sportschuhen<br />

verzeichnet (Koepsell et al. 2004).<br />

Achten Sie darauf, dass P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen gut passende Schuhe<br />

tragen, die ausreichend Halt geben, nicht einengen, die Ferse umschließen und<br />

eine rutschfeste Sohle haben.<br />

35


<strong>Evidence</strong>: Keine RCT untersuchte, welches Schuhwerk zu weniger Stürzen führt.<br />

Welche Komponenten zeichnen eine geeignete Gehhilfe aus?<br />

Durch inadäqu<strong>at</strong>e Gehhilfen kann es zu Einschränkungen in der Mobilität und zu einer<br />

Verminderung der Lebensqualität kommen (Hill et al. 2004).<br />

Gehhilfen müssen in funktionstüchtigem Zustand (Kontrolle des<br />

Reifendrucks, der Bremsen …) gehalten werden und für die jeweilige Person<br />

angepasst sein (z. B. Höhe). <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

<strong>Evidence</strong>: Keine Forschungsarbeit h<strong>at</strong> den Stellenwert von Gehhilfen oder Rollstuhl als<br />

alleinige Intervention zur <strong>Sturzprophylaxe</strong> untersucht.<br />

In der RCT von Jensen <strong>at</strong> al. (2003), bei der die Unterstützung mit Gehhilfen bzw. das<br />

Intakthalten der Gehhilfen in funktionstüchtigem Zustand ein Teil eines multiplen<br />

Sturzpräventionsprogramms war, kam es zu einer signifikanten Reduktion der Stürze (OR<br />

= 0.78, 95 % CI = 0.64–0.96).<br />

Ist es sinnvoll, Teppichböden oder Teppiche in Krankenhäusern/<br />

Langzeitpflegeeinrichtungen zur <strong>Sturzprophylaxe</strong> zu verwenden?<br />

werden.<br />

MitarbeiterInnen und potenzielle BenützerInnen von Gehhilfen sollten im<br />

richtigen Umgang mit Gehhilfen geschult sein.<br />

Teppiche können zur Stolperfalle werden und sollten daher vermieden<br />

<strong>Evidence</strong>: In zwei System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeiten wurde die RCT von Donald<br />

inkludiert, bei der es durch das Austauschen von Teppich- gegen Vinylböden in einem<br />

Krankenhaus zu einer Steigerung der Stürze kam (RR = 14.77, 95 % CI = 1.89–115.36)<br />

(Cameron et al. 2010, Coussement et al. 2008). Keine RCT untersuchte die Verwendung<br />

von Teppichen im Bezug auf Stürze.<br />

36


Beschluss Konsensuskonferenz: Da das Austauschen von Vinylböden gegen<br />

Teppichböden keine eigenverantwortlich pflegerelevante Maßnahme darstellt, wird keine<br />

Empfehlung für oder gegen das Austauschen von Böden gegeben.<br />

4.10 Eingeschränkte Sehfähigkeit<br />

Welche sturzpräventiven Maßnahmen sind bei einer eingeschränkten Sehfähigkeit<br />

indiziert?<br />

Eine eingeschränkte Sehfähigkeit ist ein interner Risikofaktor für Stürze (Hill et al. 2004).<br />

Hierzu gehören auch Sehprobleme bei Dunkelheit und in der Dämmerung.<br />

Seitenunterschiede in der Sehschärfe beider Augen schränken die Sehfähigkeit<br />

besonders ein (Runge 2005).<br />

Weisen Sie P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen, die eine Verbesserung der Sehfä-<br />

higkeit erfahren (z. B. durch geeignete Sehhilfe, K<strong>at</strong>arraktoper<strong>at</strong>ion), darauf hin,<br />

besonders achtsam zu sein, da sich die Sturzgefahr in der Phase der Anpassung<br />

an die neue Sehstärke erhöhen kann. <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

Achten Sie darauf, dass P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen beim Verlassen des<br />

Bettes ihre Sehhilfen tragen und dass Sehhilfen stets in gereinigtem Zustand sind.<br />

<strong>Evidence</strong>: In B<strong>at</strong>chelor et al. (2010) wurde eine RCT eingeschlossen, welche untersuchte,<br />

ob das Tragen von Fresnel-Linsen (sehr leichte und flache Linsen) bei P<strong>at</strong>ientInnen mit<br />

Gesichtsfeldeinschränkungen zu einer Verringerung der Sturzr<strong>at</strong>e führt. Durch die<br />

Intervention kam es zu einer Steigerung von Stürzen (RR = 1.17, 95 % CI = 0.29–4.72).<br />

37


4.11 Synkopiale Stürze oder plötzliche Stürze durch Ohnmacht<br />

Welche Maßnahmen sind bei P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit der Gefahr von<br />

synkopialen Stürzen oder plötzlichen Stürzen durch Ohnmacht indiziert?<br />

<strong>Evidence</strong>: Es konnte keine RCT gefunden werden, die pflegerelevante Maßnahmen<br />

untersuchte, um synkopiale Stürze vorzubeugen.<br />

4.12 Freiheitsbeschränkungen<br />

Ist eine Freiheitsbeschränkung eine wirksame Maßnahme zur Sturz- und<br />

Verletzungsreduktion?<br />

<strong>Evidence</strong>: Freiheitsbeschränkungen greifen in erheblichem Ausmaß in den persönlichen<br />

Lebensbereich des betroffenen Menschen ein. Aus diesem Grund h<strong>at</strong> die Österreichische<br />

Rechtsordnung Regelungen geschaffen, wonach nur unter eng umschriebenen, strengen<br />

Voraussetzungen eine Beeinträchtigung der persönlichen Bewegungsfreiheit erfolgen<br />

darf (nähere Inform<strong>at</strong>ionen finden Sie unter:<br />

(http://www.oegkv.<strong>at</strong>/fileadmin/docs/Publik<strong>at</strong>ionen/gepart_Freiheitsbeschraenkungen.pdf letzter Zugriff: 26.<br />

05. 2012).<br />

Fordern Sie P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit bekannten plötzlichen<br />

unvorhersehbaren Stürzen (z. B. Synkopen, bestimmte neurologische<br />

Erkrankungen) auf, bei der Mobilis<strong>at</strong>ion Hilfestellung durch das Pflegepersonal in<br />

Anspruch zu nehmen. Instruieren Sie P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen, sich bei<br />

Schwindel, Schwäche oder Übelkeit beim Personal zu melden.<br />

Freiheitsbeschränkungen zur <strong>Sturzprophylaxe</strong> sollten nur in Einzelfällen<br />

erwogen werden.<br />

38


Wenn sich eine freiheitsbeschränkende Maßnahme nicht vermeiden lässt,<br />

sollte sie von einem Arzt/einer Ärztin oder einem/einer damit betrauten<br />

Angehörigen der Gesundheits- und Krankenpflege angeordnet, dokumentiert und<br />

regelmäßig in ihrer Angemessenheit evaluiert werden. Die Entscheidung sollte mit<br />

Angehörigen kommuniziert werden. Weiters darf nur das gelindeste Mittel<br />

Anwendung finden.<br />

<strong>Evidence</strong>: Es konnte keine RCT gefunden werden, die belegt, dass sich<br />

Freiheitsbeschränkungen zur <strong>Sturzprophylaxe</strong> eignen. In der System<strong>at</strong>ischen<br />

Übersichtsarbeit von Healey et al. (2008) werden Auswirkungen des Anbringens von<br />

Seitenteilen, auf Stürze und Verletzungen durch Stürze untersucht. Die AutorInnen<br />

konnten keine RCT finden, welche diese Intervention als alleinige Maßnahme untersucht.<br />

Ebenso konnten Oliver et al. (2006) in ihrer System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit keine RCT<br />

mit dem Thema „Reduktion freiheitsbeschränkender Maßnahmen“ zur Sturzprävention<br />

identifizieren. Die Recherche nach RCTs ergab keine weiteren relevanten Treffer.<br />

4.13 Gehäufte/gezielte Observanz<br />

Ist es möglich, durch gehäufte/gezielte Observanz durch das Pflegepersonal bei<br />

sturzgefährdeten PersonenStürze zu reduzieren?<br />

In einer retrospektiven Analyse von Sturzprotokollen (N = 2146) wurde festgestellt, dass<br />

knapp 80 % der P<strong>at</strong>ientInnen in der Langzeitpflegeeinrichtung häufiger als einmal<br />

stürzten. Durch die Analyse der Sturzprotokolle (z. B. durch eine Sturzd<strong>at</strong>enbank)<br />

konnten individuelle Sturzmuster der P<strong>at</strong>ientInnen (Sturzzeitpunkt, Sturzort,<br />

Sturzursachen) erkannt werden (Hierzer 2011).<br />

Erhöhen Sie bei P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit gehäuften Sturzgeschehen<br />

die Häufigkeit der Observanz. Sind bei P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen mit<br />

gehäuftem Sturzgeschehen zeitliche Sturzmuster zu erkennen, sollte die<br />

vermehrte Observanz in diesen Zeiträumen st<strong>at</strong>tfinden.<br />

39


<strong>Evidence</strong>: Es konnte keine RCT gefunden werden, welche die Intervention vermehrter<br />

Observanz zur Sturzprävention untersuchte.<br />

Können durch die Positionierung des Zimmers von sturzgefährdeten<br />

P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen nahe am Schwesternstützpunkt Stürze vermieden<br />

werden?<br />

Wählen Sie für P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen, die gehäuft stürzen, ein<br />

Zimmer nahe dem Schwesternstützpunkt, um die Praktikabilität der gesteigerten<br />

Observanz zu erhöhen und im Falle eines Sturzereignisses rasch Hilfestellung<br />

leisten zu können.<br />

<strong>Evidence</strong>: Es wurde keine RCT identifiziert, bei der die nahe Positionierung<br />

sturzgefährdeter P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen am Schwesternstützpunkt hinsichtlich<br />

Sturzreduktion untersucht wurde.<br />

4.14 Aufklärung und Schulung von P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen und Angehörigen<br />

Kann man durch die Aufklärung und Schulung der P<strong>at</strong>ientInnen und deren<br />

Angehörigen Stürze vermeiden?<br />

Sturzgefährdete P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen sowie deren Angehörige<br />

sollten über das Bestehen eines erhöhten Sturzrisikos aufgeklärt werden und<br />

Inform<strong>at</strong>ionen über Sturzrisiken und Präventionsstr<strong>at</strong>egien erhalten.<br />

<strong>Evidence</strong>klasse III<br />

<strong>Evidence</strong>: Stern et al. (2009) identifizierten eine RCT, bei der es in einer Subgruppe (N =<br />

226), durch Schulung ausgewählter P<strong>at</strong>ientInnen im Krankenhaus zu einer signifikanten<br />

Reduktion der Sturzinzidenz im Vergleich zur Kontrollgruppe kam (p = 0.007). Die<br />

Schulung fand durch ErgotherapeutInnen zweimal wöchentlich st<strong>at</strong>t und h<strong>at</strong>te zur<br />

Intervention, P<strong>at</strong>ientInnen für jeweils 15 bis 30 Minuten über das Thema Sturz,<br />

40


Sturzrisiken und Präventionsstr<strong>at</strong>egien zu informieren. Zusätzlich erhielten die<br />

P<strong>at</strong>ientInnen eine Inform<strong>at</strong>ionsbroschüre zum Thema Sturz.<br />

Trägt eine P<strong>at</strong>ientInneninform<strong>at</strong>ionsbroschüre zum Thema Sturz zur Sturzreduktion<br />

bei?<br />

Bieten Sie Ihren P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen und deren Angehörigen In-<br />

form<strong>at</strong>ionen in schriftlicher Form zum Thema Sturz an. <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

<strong>Evidence</strong>: P<strong>at</strong>ientInneninform<strong>at</strong>ionsbroschüren wurden in einer RCT als Teil eines<br />

umfassenden Programms angeboten. Die von Stern et al. (2009) identifizierte Studie<br />

wurde bei der Frage nach der Wirksamkeit von P<strong>at</strong>ientInnenaufklärung und Schulung<br />

(S. 40/41) beschrieben.<br />

Werden durch das Miteinbeziehen von Angehörigen, Bekannten und freiwilligen<br />

HelferInnen Stürze verhindert?<br />

Machen Sie Besucher und Angehörige von P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen auf<br />

eine bestehende erhöhte Sturzgefahr aufmerksam und weisen Sie darauf hin, bei<br />

Bedarf (z. B. Mobilis<strong>at</strong>ion, Transfer, Gehübungen) Hilfe zu holen.<br />

<strong>Evidence</strong>: Es wurde keine RCT gefunden, die das Miteinbeziehen von Angehörigen,<br />

Bekannten und freiwilligen Helfern als Intervention oder Teilintervention zur<br />

Sturzprävention untersuchte.<br />

4.15 MitarbeiterInnenschulung<br />

Kann eine MitarbeiterInnenschulung zum Thema Sturzprävention das Wissen in<br />

Bezug auf Stürze erweitern und Stürze reduzieren?<br />

Um Stürze zu reduzieren, sind knappe Schulungsprogramme für einzelne<br />

MitarbeiterInnen keine effektive Maßnahme. <strong>Evidence</strong>klasse II<br />

41


Sensibilisieren Sie MitarbeiterInnen für die Them<strong>at</strong>ik Sturz z. B. durch<br />

Darlegen von Sturzhäufigkeiten Ihrer Abteilung oder Erinnerungshilfen wie Poster<br />

zu Sturzrisikofaktoren am Stützpunkt. Machen Sie Sturz zu einem Thema auf Ihrer<br />

Abteilung und beziehen Sie alle MitarbeiterInnen aktiv in die Entwicklung und die<br />

Umsetzung von Sturzpräventionsprogrammen mit ein. <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

<strong>Evidence</strong>: Cameron et al. (2010) inkludierten in ihrer System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit<br />

zwei RCTs, die sich mit der Schulung von MitarbeiterInnen zur Sturzprävention<br />

auseinandersetzten. In einer dieser RCTs wurde eine Pflegeperson je Abteilung für acht<br />

Stunden über Sturzprävention geschult, was zu keiner Reduktion von Stürzen führten<br />

(RR = 1.17, 95 % CI = 0.86–1.58). Bei der zweiten RCT konnte ebenfalls keine<br />

signifikante Reduktion von Stürzen durch eine halbtägige Schulung der Pflegepersonen,<br />

Pflegehelfer und St<strong>at</strong>ionsleitungen erzielt werden (IRR = 0.94, 95 % CI = 0.71–1.26).<br />

Meyer & Köpke (2010) identifizierten eine weitere Studie, die eine Schulung der<br />

MitarbeiterInnen in Pflegeheimen untersuchte. Durch das zweitägige<br />

Schulungsprogramm für das Personal kam es nach 18 Mon<strong>at</strong>en Follow-up zu keiner<br />

Reduktion von Stürzen (RR = 0.98, 95 % CI = 0.83–1.16).<br />

Bouwen, Lepeleire & Buntinx (2008) untersuchten, ob MitarbeiterInnenschulungen Stürze<br />

bei PflegeheimbewohnerInnen reduzieren. Durch die Interventionen, Schulungen über<br />

Sturzrisikofaktoren und möglichen umgebungs- sowie verhaltensbedingten<br />

Modifik<strong>at</strong>ionen, Erinnerungshilfen und Analysen der Sturzgeschehen kam es zu einer<br />

signifikanten Reduktion von Stürzen (OR = 0.46, 95 % CI = 0.26–0.79).<br />

Koh et al. (2009) berichteten in ihrer RCT von der Implementierung einer <strong>Leitlinie</strong> durch<br />

eine aktive Str<strong>at</strong>egie. Diese Str<strong>at</strong>egie bestand aus einer Arbeitsgruppe „<strong>Sturzprophylaxe</strong>“,<br />

Verantwortlichen auf den jeweiligen Abteilungen, Erinnerungshilfen (z. B. Poster zur<br />

Sturzrisikoerhebung auf Stützpunkt) und der Darstellung der aktuellen Sturzinzidenz in<br />

Form eines Posters am Stützpunkt. In dem Kontrollkrankenhaus wurde die <strong>Leitlinie</strong> zwar<br />

verbreitet, nicht jedoch strukturiert implementiert. Sechs Mon<strong>at</strong>e nach der<br />

Implementierung kam es in der Interventionsgruppe zu einer signifikanten Verbesserung<br />

der Wissensscores im Vergleich zur Kontrollgruppe (p = 0.001). Stürze konnten in der<br />

Interventionsgruppe zwar reduziert werden (von 1.4 auf 1.1 Stürze pro 1000<br />

P<strong>at</strong>ientInnentage), jedoch konnte keine st<strong>at</strong>istische Signifikanz erreicht werden.<br />

42


4.16 Medikamentenreview durch MedizinerInnen<br />

Kann ein Medikamentenreview durch MedizinerInnen dazu beitragen, Stürze in<br />

Krankenhäusern und Langzeitpflegeeinrichtungen zu reduzieren?<br />

Die Einnahme von Medikamenten, insbesondere von psychoaktiven, stellt ein Risiko für<br />

Stürze dar (Hegeman et al. 2009, Sterke et al. 2008). Eine deutsche Untersuchung in 30<br />

Pflegeheimen ergab, dass über 50 % der HeimbewohnerInnen mindestens ein<br />

psychotrop wirkendes Medikament einnehmen (Meyer et al. 2009).<br />

Bei sturzgefährdeten P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen, die regelmäßig<br />

Medikamente erhalten, sollte die vorgeschriebene Medik<strong>at</strong>ion von MedizinerInnen<br />

regelmäßig auf deren Notwendigkeit und Dosierung hin überprüft und<br />

gegebenenfalls angepasst werden. <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

<strong>Evidence</strong>: Cameron et al. (2010) inkludierten in ihrer Übersichtsarbeit zwei RCTs, welche<br />

die Wirksamkeit eines Medikamentenreviews durch MedizinerInnen/Phar-mazeutInnen in<br />

Langzeitpflegeeinrichtungen untersuchten. Die Anzahl der Stürze konnte durch die<br />

Intervention signifikant reduziert werden (eine Studie: RR = 0.62, 95 % CI = 0.53–0.72),<br />

nicht jedoch die Anzahl der gestürzten Personen (Metaanalyse aus zwei Studien: RR =<br />

0.90, 95 % CI = 0.62–1.32).<br />

4.17 Sturz- und verletzungspräventive Hilfsmittel<br />

Sind Stoppersocken eine geeignete Maßnahme, um Stürzen vorzubeugen?<br />

Bieten Sie P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen, die nachts häufig aufstehen (zum<br />

Beispiel, um die Toilette aufzusuchen) und denen das Anziehen von Schuhen<br />

Probleme bereitet, Socken mit einer rutschfesten Sohle bzw. eingearbeiteten Nop-<br />

pen für die Nacht an.<br />

<strong>Evidence</strong>: Es konnte keine RCT identifiziert werden, die Stoppersocken zur<br />

Sturzreduktion untersuchte.<br />

43


Können durch Betten-, Sessel-, M<strong>at</strong>tenalarme Stürze reduziert werden?<br />

Betten-, Sessel- und M<strong>at</strong>tenalarme sind keine effektiven Maßnahmen, um<br />

Stürzen vorzubeugen. <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

Betten-, Sessel- und M<strong>at</strong>tenalarme sollten nur gezielt Anwendung finden. Die<br />

Anwendung bezweckt, dass Pflegepersonen sturzgefährdeten bzw. gestürzten<br />

Menschen bei Bedarf rasch Hilfestellung leisten können.<br />

<strong>Evidence</strong>: Cameron et al. (2010), Coussement et al. (2008) und Currie (2008) inkludierten<br />

in ihren Übersichtsarbeiten jeweils eine Studie, bei der die Wirksamkeit eines<br />

Bettenalarmsystems zur Reduktion von Stürzen untersucht wurde. Durch den<br />

Bettenalarm, der bei Verlassen des Bettes aktiviert wurde, reduzierte sich die Anzahl der<br />

Stürze um 68 % im Vergleich zur Kontrollgruppe, was jedoch nicht st<strong>at</strong>istisch signifikant<br />

war (OR = 0.32, 95 % CI = 0.1–1.03).<br />

Currie (2008) inkludierte eine weitere RCT, bei der Betten- und Sesselalarmsysteme zur<br />

Reduktion von Freiheitsbeschränkungen und sekundär zur Reduktion von Stürzen<br />

untersucht wurden. Durch die Intervention konnten keine signifikanten Unterschiede<br />

zwischen den Gruppen erzielt werden (keine Angaben zu Effektmaßen verfügbar).<br />

Sind Hüftprotektoren eine effektive und effiziente Maßnahme, um hüftgelenksnahe<br />

Frakturen zu vermeiden?<br />

Bieten Sie P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen, bei denen Stürzen nicht wirksam<br />

vorgebeugt werden kann, das Tragen von Hüftprotektoren an, um<br />

hüftgelenksnahe Frakturen zu vermeiden. <strong>Evidence</strong>klasse II<br />

<strong>Evidence</strong>: System<strong>at</strong>ische Übersichtsarbeiten, welche bei Meyer & Köpke (2010) sowie in<br />

der ersten Version dieser <strong>Leitlinie</strong> (Schoberer et al. 2010) inkludiert wurden, deuteten<br />

darauf hin, dass es durch das Tragen von Hüftprotektoren zu einer signifikanten<br />

Reduktion von hüftgelenksnahen Frakturen kommt. Beim aktuellen Cochrane Review<br />

kamen Gillepsie, Gillepsie & Parker (2010) zu dem Erg<strong>ebn</strong>is, dass das Risiko für<br />

44


hüftgelenksnahe Frakturen zwar signifikant reduziert werden kann (RR = 0.81, 95 % CI =<br />

0.66–0.99), beim Poolen der Studien mit verdeckter Zuteilung der TeilnehmerInnen<br />

Signifikanz jedoch nicht mehr erreicht wird (acht Studien RR = 0.93, 95 % CI = 0.74–<br />

1.18). Sawka et al. (2010) inkludierten in ihrer Metaanalyse fünf RCTs, wobei sich ein<br />

signifikanter Effekt für das Tragen von Hüftprotektoren ergab (OR = 0.4, 95 % CI = 0.27–<br />

0.56).<br />

Bei zwölf Studien der Übersichtsarbeit von Gillepsie, Gillepsie & Parker (2010) wurden<br />

ökonomische Evalu<strong>at</strong>ionen vorgenommen. Im Großteil der Studien kamen die AutorInnen<br />

zu dem Erg<strong>ebn</strong>is, dass das Anbieten von Hüftprotektoren Kosten reduzieren kann. Bei<br />

den Kostenberechungsmodellen wurden jedoch Effektmaße herangezogen, welche die<br />

Wirksamkeit von Hüftprotektoren zur Reduktion von hüftgelenksnahen Frakturen belegen.<br />

Wie kann die Akzeptanz bei P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen zum Tragen von<br />

Hüftprotektoren erhöht werden?<br />

Die Akzeptanz zum Tragen von Hüftprotektoren wird in einigen Studien als gering<br />

bezeichnet und lag, bei den inkludierten Primärstudien von Gillepsie, Gillepsie & Parker<br />

(2010), zwischen 24 und 79 %. Als unerwünschte Wirkungen, welche die Akzeptanz<br />

beeinflussen, wurden leichte Hautirrit<strong>at</strong>ionen, leichte Abschürfungen, Schmerzen und<br />

Unbehagen geäußert. Weiters klagten P<strong>at</strong>ientInnen über eine erhöhte Abhängigkeit beim<br />

Toilettengang und Probleme beim selbstständigen An- und Auskleiden (Gillepsie,<br />

Gillepsie & Parker 2010).<br />

Schulen Sie P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen und deren Angehörige im Tragen<br />

von Hüftprotektoren und bieten Sie Inform<strong>at</strong>ionsm<strong>at</strong>erial über Hüftprotektoren<br />

an. Passen Sie Hüftprotektoren individuell an die jeweiligen<br />

P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen an bzw. lassen Sie Protektoren von geschultem<br />

Personal anpassen. Berücksichtigen Sie hierbei individuelle Wünsche der<br />

P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen in Bezug auf Größe und Ausführung der<br />

Protektoren. <strong>Evidence</strong>klasse II<br />

<strong>Evidence</strong>: Bentzen et al. (2008) untersuchten in ihrer RCT die Akzeptanz zum Tragen von<br />

Weichschalenprotektoren gegenüber Hartschalenprotektoren. Es konnte kein signifikanter<br />

Unterschied bei der Akzeptanz der unterschiedlichen Protektoren festgestellt werden<br />

45


(47 % versus 45 %). Elf Prozent der BewohnerInnen, die Weichschalenprotektoren<br />

trugen, stoppten die Intervention nach einem Mon<strong>at</strong>, im Vergleich zu 16% der<br />

BewohnerInnen mit Hartschalenprotektoren (p = 0.084). Es gab keine signifikanten<br />

Unterschiede bei den Begründungen für das Beenden des Hüftprotektortragens zwischen<br />

den Gruppen. Signifikant mehr BewohnerInnen mit Weichschalenprotektoren trugen<br />

diese über 24 Stunden am Tag im Vergleich zu den BewohnerInnen mit<br />

Hartschalenprotektoren.<br />

Cameron et al. (2011) untersuchten drei verschiedene Interventionen in Bezug auf die<br />

Akzeptanz des Tragens von Hüftprotektoren. Die Interventionsgruppe I erhielt das<br />

Angebot von drei Paar Hartschalenprotektoren, die vorab angepasst wurden, eine kurze<br />

Schulung zur Handhabung und eine Inform<strong>at</strong>ionsbroschüre zu deren Anwendung. Die<br />

Interventionsgruppe II erhielt das Angebot von drei Hartschalen- oder drei<br />

Weichschalenprotektoren (je nach Wunsch), Schulungseinheiten zur Förderung der<br />

Akzeptanz durch geschultes Pflegepersonal und Inform<strong>at</strong>ionsm<strong>at</strong>erial in Form einer<br />

Broschüre und Videos. Die Kontrollgruppe erhielt eine Broschüre zu Hüftprotektoren mit<br />

einer Kontaktnummer eines Anbieters von Hüftprotektoren. Nach drei Mon<strong>at</strong>en Follow-up<br />

trugen signifikant mehr BewohnerInnen in den Interventionsgruppen Hüftprotektoren im<br />

Vergleich zur Kontrollgruppe (Kontrollgruppe 0 %, Interventionsgruppe I 40 %,<br />

Interventionsgruppe II 39 %; p < 0.001); die Unterschiede zwischen den<br />

Interventionsgruppen waren nicht signifikant (p > 0.5). Nach sechs-mon<strong>at</strong>igem Follow-up<br />

war die Akzeptanz in den jeweiligen Gruppen ähnlich hoch (Kontrollgruppe 0 %,<br />

Interventionsgruppe I 42 %, Interventionsgruppe II 40 %).<br />

4.18 Sturzprävention und Lebensqualität<br />

Wie können sturzpräventive Maßnahmen dazu beitragen, die Lebensqualität von<br />

älteren und alten Menschen zu verbessern?<br />

Informieren Sie P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen umfassend über Sturzrisikofak-<br />

toren und sturzpräventive Maßnahmen und planen Sie die <strong>Sturzprophylaxe</strong> ge-<br />

meinsam mit P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen. Sichern Sie P<strong>at</strong>ientIn-<br />

nen/BewohnerInnen zu, bei Fragen Kontakt mit dem Krankenhaus- bzw. Langzeit-<br />

pflegeeinrichtungspersonal aufnehmen zu können. <strong>Evidence</strong>klasse II<br />

46


<strong>Evidence</strong>: Vappio et al. (2008) untersuchten in ihrer Übersichtsarbeit die Auswirkungen<br />

von Sturzpräventionsmaßnahmen auf die Lebensqualität. Zwei RCTs konnten gefunden<br />

werden, die in Krankenhäusern durchgeführt wurden und das Outcome Lebensqualität<br />

als sekundäres Outcome untersuchten. Durch ein inform<strong>at</strong>ionsorientiertes<br />

Entlassungsmanagement bei P<strong>at</strong>ientInnen nach Hüftfrakturen, welches aus der Planung<br />

der Entlassung, Inform<strong>at</strong>ionen zum Thema Sturz, dem Aushändigen von<br />

Inform<strong>at</strong>ionsm<strong>at</strong>erial zum Thema Sturz und der Zusicherung, jederzeit Kontakt nach der<br />

Entlassung aufnehmen zu können bestand, konnte die Lebensqualität der P<strong>at</strong>ientInnen<br />

signifikant erhöht werden (signifikant höhere Scores bei 6 von 8 Subskalen des Short<br />

Form 36). Wiederholte Stürze konnten jedoch nicht signifikant reduziert werden.<br />

In einer weiteren RCT konnte durch ein Balancetraining mit der Physiotherapie und<br />

konventionellen Bewegungsübungen (Gehen mit Stützkrücken, Stiegen steigen,<br />

allgemeine Schulung zur Bettmobilität und zum Transfer) im Vergleich zu konventionellen<br />

Bewegungsübungen alleinkeine signifikante Sturzreduktion sowie Verbesserung der<br />

Lebensqualität (gemessen mit visueller Analogskala und EuroQuol) erzielt werden.<br />

4.19 Analyse des Sturzgeschehens<br />

Trägt eine Analyse des Sturzgeschehens dazu bei, weitere Stürze zu vermeiden?<br />

Veranlassen Sie nach Sturzgeschehen Besprechungen im multidisziplinären<br />

Team, um die Sturzursache zu analysieren und sturzpräventive Maßnahmen zu<br />

planen bzw. zu adaptieren. <strong>Evidence</strong>klasse III<br />

<strong>Evidence</strong>: Es konnte keine Studie identifiziert werden, welche die Analyse des<br />

Sturzgeschehens als alleinige Intervention untersuchte. Sawka et al. (2010) untersuchten<br />

die Effektivität von multifaktoriellen Interventionen, um hüftgelenksnahe Frakturen durch<br />

Stürze zu reduzieren. Eine RCT der System<strong>at</strong>ischen Übersichtsarbeit beinhaltete als<br />

Teilkomponente der multifaktoriellen Intervention Problemlösungskonferenzen nach<br />

Sturzgeschehnissen im multidisziplinären Team. Durch die multifaktorielle Intervention<br />

kam es zu einer signifikanten Reduktion von hüftgelenksnahen Frakturen durch Stürze<br />

(RR = 0.23, 95 % CI = 0.06–0.94). Ebenso als Teilkomponente wurden<br />

Problemlösungskonferenzen nach Sturzgeschehen untersucht (Jensen et al. 2003).<br />

47


Durch die gesamten multifaktoriellen Interventionen kam es zu einer signifikanten<br />

Reduktion von Stürzen (OR = 0.78, 95 % CI = 0.64–0.96).<br />

48


5 Verfügbarkeit der <strong>Leitlinie</strong><br />

Die <strong>Leitlinie</strong>, Hilfsmittel zur Anwendung (Algorithmen in Form von Postern, Glossar zu<br />

verwendetem Fachvokabular) sowie das Methodenpapier sind in elektronischer Form auf<br />

der EBN Homepage unter http://www.<strong>ebn</strong>.<strong>at</strong>/cms/beitrag/10218156/5081774 kostenfrei verfügbar.<br />

Aufgrund des separ<strong>at</strong>en Methodendokuments wurde auf eine Kurzform der <strong>Leitlinie</strong><br />

verzichtet.<br />

6 Implementierung der <strong>Leitlinie</strong><br />

Die erste Version der <strong>Leitlinie</strong> wurde passiv (durch Inform<strong>at</strong>ionsveranstaltungen und<br />

Bestätigung der Durchsicht durch Sign<strong>at</strong>ur) am gesamten LKH-Univ. Klinikum<br />

implementiert. Da Schulungsmethoden und aktive Implementierungsansätze einen<br />

größeren Effekt als passive Str<strong>at</strong>egien der Inform<strong>at</strong>ionsverbreitung haben (Sachs 2006),<br />

wurde die erste Version der <strong>Leitlinie</strong> zusätzlich auf zwei Pilotkliniken (Neurologie und<br />

Nephrologie) unter Prozessbegleitung mit dem „3-Phasen-Modell nach Lewin“ (Martin<br />

2007) und auf zwei weiteren Kliniken (Augenklinik und Unfallklinik) im Rahmen einer<br />

Studie zur Aktionsforschung implementiert. An den Pilotkliniken war die Partizip<strong>at</strong>ion aller<br />

MitarbeiterInnen zentral. Die Veränderungen durch die Implementierung wurden mittels<br />

qualit<strong>at</strong>iven Interviews vor und nach der Implementierung gemessen. Durch die aktive<br />

Implementierung konnte erreicht werden, dass pflegerische Maßnahmen gezielter und<br />

leitlinienkonform eingesetzt werden und sich die interdisziplinäre Zusammenarbeit<br />

verbessert (Schrempf 2011, Schoberer 2011). Weiters ergab sich auf einer Abteilung, ein<br />

Jahr nach Abschluss des Projektes, eine Reduktion der Stürze (von 70 Stürzen auf 52 bei<br />

selber Bettenauslastung). Erg<strong>ebn</strong>isse der Implementierung waren ferner, dass<br />

standardisierte Arbeitsabläufe den individuellen pflegerischen Einzelfallentscheidungen<br />

vorgezogen und Empfehlungen der <strong>Leitlinie</strong> als verpflichtend anzuwendende Richtlinien<br />

verstanden wurden (Schrempf 2011). Um die effektive und korrekte Implementierung von<br />

<strong>Leitlinie</strong>n gewährleisten zu können, sind Grundkenntnisse zur <strong>Leitlinie</strong>nanwendung<br />

erforderlich. Fehlende Kenntnisse zur <strong>Leitlinie</strong>nanwendung können eine Barriere für die<br />

Anwendung darstellen.<br />

An den Kliniken, die im Rahmen der Studie zur Aktionsforschung die <strong>Leitlinie</strong><br />

implementierten, ergaben sich besondere Herausforderungen durch den<br />

unterschiedlichen Wissensstand der MitarbeiterInnen und unterschiedliche Motiv<strong>at</strong>ionen<br />

und Engagements. Als förderliche Faktoren für die Implementierung wurden genannt:<br />

Begriffe im Vorfeld zu klären, den Arbeitsaufwand klar für alle MitarbeiterInnen<br />

49


darzulegen, Anregungen der MitarbeiterInnen ernst zu nehmen und zu diskutieren und<br />

die PraktikerInnen vor Ort laufend durch ExpertInnen der Kleingruppen zu unterstützen<br />

(Granitz 2011). In der Abbildung 7 sind förderliche und hemmende Faktoren für die<br />

<strong>Leitlinie</strong>nimplementierung dargelegt.<br />

Abbildung 7: Förderliche und hemmende Faktoren der <strong>Leitlinie</strong>nimplementierung<br />

In der Empfehlung „MitarbeiterInnenschulung“ (S. 41–42) werden weiters förderliche<br />

Faktoren zu Implementierung von Wissen/<strong>Leitlinie</strong>n erläutert. Die verfügbaren Hilfsmittel<br />

(Algorithmen, Auditkriterien, Glossar) sollen dazu beitragen die Anwendbarkeit für<br />

PraktikerInnen zu erleichtern und die Implementierung zu fördern.<br />

7 Ressourcen für Implementierung<br />

Bei der Graduierung der <strong>Leitlinie</strong>nempfehlungen wurden erforderliche Kosten und<br />

Ressourcen berücksichtigt. Die Beseitigung von externen Risikofaktoren, wie fehlende<br />

Haltegriffe oder mangelnde Beleuchtung, kann dabei nicht als zusätzliche Ressource<br />

bezeichnet werden, da in Gesundheitseinrichtungen aufgrund gesetzlicher Vorgaben (z.<br />

B. Steiermärkische Pflegeheimverordnung 2004) gewisse Risikofaktoren nicht gegeben<br />

sein dürfen.<br />

Förderliche Faktoren<br />

�Partizip<strong>at</strong>ion �Partizip<strong>at</strong>ion aller MitarbeiterInnen<br />

�Arbeitsaufwand �Arbeitsaufwand klar darlegen<br />

�Begriffe �Begriffe klären<br />

�Anregungen �Anregungen der MitarbeiterInnen ernst<br />

nehmen<br />

�ExpertInnen �ExpertInnen als Unterstützung für die Praxis<br />

�Erinnerungshilfen �Erinnerungshilfen (Poster, Algorithmen für alle<br />

ersichtlich)<br />

�Rückmeldung �Rückmeldung geben (z.B. Sturzinzidenz)<br />

Die Optimierung von Pflegemaßnahmen (z. B. erhöhte Observanz nur in bestimmten<br />

Zeitintervallen) können Veränderungen der üblichen Organis<strong>at</strong>ion in der Einrichtung<br />

notwendig machen (z. B. mehr Personaleins<strong>at</strong>z während der Nacht). Weiters kann die<br />

Vermittlung von Grundkenntnissen zur <strong>Leitlinie</strong>nanwendung zeitlich Ressourcen des<br />

Pflegepersonals erfordern.<br />

8 Evaluierung des <strong>Leitlinie</strong>neins<strong>at</strong>zes<br />

Hemmende Faktoren<br />

�Fehlende �Fehlende Kenntnisse zur <strong>Leitlinie</strong>n-<br />

/Empfehlungsanwendung (Was ist eine <strong>Leitlinie</strong>,<br />

Richtlinie? Wie verbindlich sind Empfehlungen?)<br />

�Fehlende �Fehlende Motiv<strong>at</strong>ion der MitarbeiterInnen<br />

�Unterschiedlicher �Unterschiedlicher Wissensstand der<br />

MitarbeiterInnen<br />

Die nachfolgenden Struktur-, Prozess- und Erg<strong>ebn</strong>isqualitätskriterien (vgl. Donabedian<br />

1982), basierend auf den Empfehlungen dieser <strong>Leitlinie</strong>, dienen zur Unterstützung bei der<br />

50


Umsetzung und Evalu<strong>at</strong>ion der <strong>Leitlinie</strong>. Die Messmethoden sind lediglich Beispiele zur<br />

Messung der Qualitätskriterien.<br />

Tabelle 9: Messmethoden zur Evaluierung des <strong>Leitlinie</strong>neins<strong>at</strong>zes<br />

Strukturqualität<br />

• Bereitschaft des interdisziplinären Teams zur Beteiligung an der<br />

Sturzprävention ist gegeben<br />

• Vorgehen zur Erhebung des Sturzrisikos und Sturzangst von P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen<br />

ist geregelt (Beobachtung, Befragung,<br />

Anamnese)<br />

• Hilfsmittel zur Sturzprävention und Prävention sturzbedingter Verletzungen<br />

sind vorhanden (Gehhilfen, Hüftprotektoren, Stoppersocken<br />

u. a.)<br />

• St<strong>at</strong>ionsinterne Gehhilfen sowie mitgebrachte Gehhilfen der P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen<br />

sind in funktionstüchtigem Zustand<br />

• Handlungen nach Sturzgeschehen sind geregelt<br />

• Sturzhäufigkeiten der Abteilung liegen MitarbeiterInnen zur Einsicht<br />

auf<br />

Prozessqualität<br />

• Alle MitarbeiterInnen sind aktiv an der Entwicklung und Umsetzung<br />

von Sturzpräventionsprogrammen beteiligt<br />

• Sturzursachen (externe und interne) auf der eigenen Abteilung<br />

sind identifiziert<br />

• Risikofaktoren für Stürze und Sturzangst sind bei P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen<br />

erhoben<br />

• Maßnahmen gemäß individueller Risikofaktoren bzw. zur Reduktion<br />

von Sturzangst sind geplant und werden durchgeführt<br />

• Sturzgefährdete P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen und Angehörige<br />

sind über das erhöhte Sturzrisiko aufgeklärt und über Sturzrisiken<br />

sowie Präventionsmaßnahmen informiert<br />

• Hilfsmittel zur Sturz- und sturzbedingten Verletzungsprävention<br />

sind gezielt eingesetzt<br />

• Nach einem Sturzgeschehen sind Stürze im multidisziplinären<br />

Team analysiert und sturzpräventive Maßnahmen geplant bzw.<br />

adaptiert<br />

• MitarbeiterInnen wissen über Stürze (Häufigkeiten, Umstände) auf<br />

Ihrer Abteilung Bescheid<br />

Erg<strong>ebn</strong>isqualität<br />

• Sturzgefährdete Personen werden als solche erkannt<br />

• Anzahl der Stürze ist gesenkt<br />

• Anzahl der gestürzten Personen ist gesenkt<br />

• Sturzangst der P<strong>at</strong>ientInnen/BewohnerInnen ist gesenkt<br />

• Sturzbedingte Verletzungen sind reduziert<br />

• Sturzbezogene Lebensqualität ist bei Sturzgefährdeten verbessert<br />

Beispiele zur Messung der<br />

Qualität<br />

Schriftliche Vereinbarung<br />

Schriftliche Anforderungen gemäß<br />

Empfehlungen der <strong>Leitlinie</strong><br />

Anzahl an Hilfsmitteln<br />

Wöchentliche Überprüfung aller<br />

Gehhilfen<br />

Sturzanalyseprotokoll<br />

Sturzauswertungen auf St<strong>at</strong>ion<br />

Wöchentliche Teamsitzungen „Sturz“<br />

Poster Sturzrisikofaktoren<br />

Durchsicht Anamnese (Stichproben)<br />

Durchsicht Pflegeplanung (Stichproben)<br />

Protokoll Sturzanalyse<br />

Gespräch mit MitarbeiterInnen<br />

Übereinstimmung Anamnese mit<br />

Pflegediagnose „Sturz“<br />

jährliche Auswertung der<br />

Sturzd<strong>at</strong>en<br />

Gespräch mit P<strong>at</strong>ientInnen durch<br />

st<strong>at</strong>ionsfremde Person<br />

Auswertung der Sturzanalysen<br />

Short Form 36, VAS<br />

51


9 Fortschreibung<br />

Die Gültigkeitsdauer der <strong>Leitlinie</strong> beträgt fünf Jahre. Ab August 2017 liegt die <strong>Leitlinie</strong> in<br />

aktualisierter Form vor. Im Falle, dass vor der nächsten geplanten Fortschreibung<br />

Änderungen aufgrund neuer wissenschaftlicher Erkenntnisse vorgenommen werden<br />

müssen, wird dies auf der EBN Homepage angekündigt.<br />

10 Danksagung<br />

An der Erstellung und Realisierung dieser <strong>Leitlinie</strong> haben viele Menschen mitgewirkt,<br />

denen wir an dieser Stelle recht herzlich danken möchten.<br />

Allen voran gilt unser Dank unserer Pflegedirektorin Christa Tax, MSc. Sie h<strong>at</strong> die<br />

Entwicklung dieser <strong>Leitlinie</strong> immer positiv unterstützt und die erforderlichen zeitlichen<br />

Ressourcen zur Erstellung der <strong>Leitlinie</strong> zur Verfügung gestellt.<br />

Weiters möchten wir uns bei allen Beteiligten der Konsensuskonferenzen bedanken,<br />

insbesondere bei den MitarbeiterInnen der Geri<strong>at</strong>rischen Gesundheitszentren der Stadt<br />

Graz, die ihre Expertise bei der Empfehlungsformulierung und -graduierung einbracht und<br />

somit einen wertvollen Beitrag zur Umsetzbarkeit der Empfehlungen geleistet haben.<br />

Auch bei den externen BegutachterInnen möchten wir uns herzlich bedanken, denn ihre<br />

konstruktiven Kritiken haben wesentlich dazu beigetragen, dass die <strong>Leitlinie</strong> verständlich<br />

und praxisnah für die AnwenderInnen gestaltet wurde.<br />

52


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