VBW-Mietkunden fahren günstiger mit den Bussen und Bahnen der ...

Fachbeiträge
Doris Bäumer und Henrik Freudenau
VBW-Mietkunden fahren günstiger
mit den Bussen und Bahnen der
BOGESTRA
Nr. 34 Dezember 2003
Mit dem „VBW-Mobilitätsservice“ möchte
das Bochumer Wohnungsunternehmen VBW
BAUEN UND WOHNEN seine Zusatzdienstleistungen
rund um die Immobilie ausbauen.
Gestartet ist der neue Service im Oktober 2003
mit dem „VBW-MieterTicket“, einem ÖPNV-
Jahresabonnement für Bestandskunden sowie
dem „VBW-Starterpaket“ mit einem 7Tage-
SchnupperTicket für Neukunden. Erbracht wird
das neue Angebot in Kooperation mit der
Bochum-Gelsenkirchener Straßenbahn AG
(BOGESTRA).
Herausgeber
Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung
und Bauwesen des Landes Nordrhein-Westfalen (ILS NRW)
Fachbereich „Mobilität und Siedlungsentwicklung“
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Informationsnetzwerk „Wohnen plus Mobilität“ – Fachbeitrag Nr. 34 1
Doris Bäumer und Henrik Freudenau 1
VBW-Mietkunden fahren günstiger mit den Bussen und
Bahnen der BOGESTRA
Die VBW BAUEN UND WOHNEN GMBH ist mit gut 13.000 eigenen und rund 2.000 verwalteten
Mietwohnungen das größte Bochumer Wohnungsunternehmen. Erklärtes Unternehmensziel ist die
Ausweitung von Zusatzdienstleistungen rund um die Immobilie für Bestands- und Neukunden. Durch
die ILS-Fachtagung „Mieterticket & Co.“ ist die VBW auf das neue Servicefeld „Mobilitätsdienstleistungen
für Kunden der Wohnungswirtschaft“ aufmerksam geworden und hat angefangen, über mögliche
Angebote in diesem Bereich nachzudenken.
Zusammenarbeit von Forschung und Praxis
Um die bisherigen Erfahrungen anderer Unternehmen und Projekte nutzen zu können, bat die VBW
das ILS NRW um Unterstützung bei der Konzeptentwicklung und der dazu erforderlichen Koordination
der Akteure. Gemeinsam wurden mögliche Bausteine für einen „VBW-Mobilitätsservice“ erörtert,
Zielgruppen im VBW-Wohnungsbestand benannt und Möglichkeiten für einzelne VBW-Wohnstandorte
diskutiert.
Letztlich wurde die Entscheidung getroffen, nach Umsetzungsmöglichkeiten für Angebote im Bereich
ÖPNV zu suchen. Dazu hat das ILS NRW den Kontakt zum örtlichen Verkehrsunternehmen Bochum-
Gelsenkirchener Straßenbahn AG (BOGESTRA) hergestellt und die beiden lokal tätigen Unternehmen
an einen Tisch gebracht.
Die Idee, den VBW-Bestandskunden ein MieterTicket anzubieten, stieß bei den Marketing- und Vertriebsfachleuten
bei der BOGESTRA ebenso auf offene Ohren wie das Angebot eines Starterpakets für
VBW-Neukunden u.a. mit Informationen zum ÖPNV inklusive eines Gutscheins für ein 7 TageTicket
als Schnupperangebot, um das ÖPNV-Angebot am neuen Wohnstandort kennenzulernen.
In äußerst konstruktiven Kooperationsgesprächen konnten sich beide Parteien über die Modalitäten
(u.a. Finanzierung, Laufzeit, Vertriebs- und Abrechnungswege, Marketing und Design) vertraglich
einigen. Es wurden die gemeinsamen Vorteile und gegenseitigen Verpflichtungen festgehalten. Letztlich
erforderte der Kooperationsvertrag von beiden Seiten ein gewisses unternehmerisches Risiko: Für
die VBW ist dies vor allem mit dem Nicht-Erreichen einer Mindestabnahme verbunden, für die BO-
GESTRA bezieht sich das Risiko auf Einnahmeausfälle insbesondere durch Wechselkunden 2 .
Das VBW-MieterTicket für Bestandskunden
Als neuer Kooperations- und Vertriebspartner der BOGESTRA bietet die VBW ihren Mietkunden seit
Oktober 2003 ein MieterTicket an. Dabei handelt es nicht um einen neuen Fahrschein, sondern es basiert
auf den bestehenden Abo-Fahrscheinen des Verkehrsverbundes Rhein-Ruhr (VRR). Das Schlagwort
MieterTicket fungiert lediglich als Werbewort für die Offerte. Angeboten werden die Abo-
Produkte Ticket2000 und Ticket2000 9 Uhr (in allen drei Preisstufen) sowie das BärenTicket 3 .Um
1 Doris Bäumer und Henrik Freudenau arbeiten als wissenschaftliche Mitarbeiter im Fachbereich „Mobilität
und Siedlungsentwicklung“ am Institut für Landes- und Stadtentwicklungsforschung und Bauwesen des Landes
Nordrhein-Westfalen (ILS NRW) in Dortmund.
2 VBW-Mieter, die bereits Kunde der BOGESTRA sind, können ihr herkömmliches Abo gegen das MieterTicket
eintauschen. Diese Einnahmeausfälle müssen durch Neukunden über das MieterTicket kompensiert
werden.
3 Das BärenTicket ist ein neues Abo-Angebot im VRR für Personen ab 60 Jahre. Zu einem vergleichsweise
günstigen Preis ist es u.a. verbundweit gültig und erlaubt die 1.-Klasse-Nutzung (Infos unter www.vrr.de).

Informationsnetzwerk „Wohnen plus Mobilität“ – Fachbeitrag Nr. 34 2
eine Weitergabe der MieterTickets an Nicht-VBW-Kunden (und damit den Missbrauch) auszuschließen,
werden die Abos ausschließlich personengebunden ausgestellt.
Der durch die Kooperation ermöglichte Preisvorteil basiert auf einer Mindestabnahme und wird direkt
an die Mietkunden weitergegeben. So ist es für VBW-Kunden 4 möglich, die o.g. VRR-Tickets im Vergleich
zum Einzelverkauf um 11,5 % günstiger
zu erwerben – ein entscheidendes Kriterium
für die Nachfrage.
Der Preisvorteil alleine reicht aber nicht aus,
wenn das Produkt den VBW-Mietkunden
nicht kommuniziert und bekanntgemacht
wird. Deshalb war die Einführung mit einer
umfangreichen Werbekampagne verbunden.
So wurden alle VBW-Miethaushalte mit einem
persönlichen Anschreiben über das neue
Angebot informiert. Dem Schreiben lag ein
Flyer mit Kurzbeschreibung und den Konditionen
sowie ein Bestellformular mit Rückumschlag
für das MieterTicket bei. Ebenso
wurde per Plakataushang im VBW-
KundenCenter und in den VBW-Siedlungen,
auf der VBW-Website und der VBW-Mieterzeitung
für das Angebot geworben. Das Layout
der Werbemittel wurde zur Wiedererkennung
dem Corporate-Design der VBW angepasst,
auf denen aber immer deutlich die
BOGESTRA als Anbieter und Kooperationspartner
zu erkennen ist. Flankiert wurde der
Start des MieterTickets zudem durch einen
gemeinsamen Pressetermin mit lokalen Berichterstattern.
Des Weiteren wurden alle Mieter- und Objektbetreuer der VBW – also genau die Personen mit direktem
Kontakt zum Mietkunden – von der BOGESTRA über die Konditionen und Bezugsmodalitäten
des MieterTickets in Form von Schulungen in Kenntnis gesetzt. Zur Verbreitung des Angebotes wurden
zudem bestehende Mieterinitiativen und Kontaktpersonen aus Seniorenwohnanlagen als Multiplikatoren
eingebunden sowie Dolmetscher zur Vermittlung des Angebotes eingesetzt.
Und die Mühen und das unternehmerische Risiko haben sich bislang für beide Partner gelohnt: Gut
zwölf Wochen nach Start des MieterTickets wurden bereits ca. 830 Stück verkauft. Knapp die Hälfte
davon (45 %) als 9 Uhr-Abo (zumeist in der Preisstufe A), ein Viertel (27 %) als BärenTicket und das
restliche Viertel (28 %) als Ticket2000 (überwiegend in der Preisstufe A (70 %), aber auch in B
(20 %) und in C (10 %)).
Besonders erfreulich ist, dass ca. jedes dritte MieterTicket von einem Neuabonnementen nachgefragt
wurde. Mit den bisherigen Absatzzahlen sind VBW und BOGESTRA zufrieden. Ein endgültiges Fazit
zum MieterTicket und sein Fortbestand werden die beiden Parteien allerdings erst nach einem Jahr,
dem Zeitraum der Erprobung, ziehen.
4 VBW-Mitarbeiter sind ebenfalls berechtigt, das MieterTicket zu erwerben.

Informationsnetzwerk „Wohnen plus Mobilität“ – Fachbeitrag Nr. 34 3
Das VBW-Starterpaket für Neukunden
Ein weiteres Modul des VBW-Mobilitätsservice ist das Starterpaket für die jährlich ca. 1.200 Neukunden.
Das Paket beinhaltet neben Informationen zum
ÖPNV-Angebot (Stadtteilfahrpläne, Nachtbusfahrplan
etc.) auch einen Gutschein für ein – für den
Neukunden kostenloses – 7 TageTicket (Preisstufe
A). Mit diesem Schnupperangebot soll der Neumieter
das Bus & Bahn-Angebot an seinem neuen
Wohnstandort kennenlernen und vor allem unverbindlich
testen können.
Das Starterpaket wird den Neukunden bei Vertragsabschluss
persönlich durch den VBW-Mieterbetreuer
überreicht.
Weitere Module des VBW-Mobilitätsservice
Um den VBW-Mobilitätsservice langfristig als attraktives Servicefeld zu etablieren, ist eine ständige
Weiterentwicklung und fortlaufende Anpassung notwendig. Aufgrund des erfolgreichen Starts mit
dem MieterTicket denkt die VBW über eine Ausweitung ihrer Mobilitätangebote nach. In Frage
kommt hier in erster Linie ein auf ausgewählte Wohnsiedlungen
konzentriertes Car-Sharing-Angebot in Kooperation
mit dem lokalen Anbieter stadtmobil CarSharing GmbH.
Aber auch weniger aufwendige Dienste wie zum Beispiel
die Bereitstellung von lokalen aber auch überregionalen
Verkehrsinformationen auf der VBW-Website (z.B. zum
Fahrplanwechsel) oder eine aktuelle Berichterstattung über
den Mobilitätsservice in der Mieterzeitung (um ihn nicht in
Vergessenheit geraten zu lassen) gehören dazu.
5
siehe auch www.agenda21.nrw.de
Beflügelt werden die Aktivitäten der VBW auch durch die
gerade erlangte Ernennung des VBW-Mobilitätsservice zum
Agenda 21 NRW-Best Practice Beispiel 5 im Themenbereich
„Klimaschutz und nachhaltige Mobilität“. Mit dieser Auszeichnung
würdigt die Landesregierung von Nordrhein-
Westfalen den Innovationsgehalt des Projektes und empfiehlt
es zur Nachahmung.

Informationsnetzwerk „Wohnen plus Mobilität“ – Fachbeitrag Nr. 34 4
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Dortmund, November 2003