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zerischen Arbeitsgemeinschaft<br />
öffentlicher Bibliotheken (SAB) und<br />
von Bibliothek Information Schweiz.<br />
Gemäss der Erhebung des Bundesamtes<br />
für Statistik zum Kulturverhalten<br />
haben innert eines Jahres 64,3<br />
Prozent der jungen Menschen zwischen<br />
15 und 29 Jahren mindestens<br />
einmal eine Bibliothek besucht. «Bei<br />
den 12-, 13- und 14-Jährigen liegen<br />
die Zahlen hoch und höher. Kinder<br />
und Jugendliche gehen umso mehr<br />
in die Bibliothek, je jünger sie sind»,<br />
erklärt Locher.<br />
Mädchen bleiben meist treue<br />
Mitglieder, wenn sie älter werden,<br />
männliche Benutzer gehen den Bi -<br />
bliotheken auf dem Weg in die<br />
Pubertät eher verloren. Dennoch:<br />
Die Schweizer Bibliotheken haben<br />
im Jahr 20 Millionen Besucher. «Das<br />
sind zehn Mal mehr, als die Fussballnationalliga<br />
A hat», sagt Locher.<br />
Bücher zu allen Themen – sogar am<br />
Sonntag<br />
Bibliotheken seien die Kulturinstitutionen<br />
mit dem grössten Publikum<br />
in der Schweiz, und damit das so<br />
bleibe, müsse man viel tun. «Natürlich<br />
erreichen wir auch nicht alle<br />
Menschen, aber wir geben uns grosse<br />
Mühe. Sie finden bei uns Medien<br />
zu allen Themen der Welt, die sie sich<br />
denken können», sagt Locher. Und<br />
das in einigen Bibliotheken seit Kurzem<br />
auch sonntags. Ein Angebot, das<br />
insbesondere vom männlichen Pu -<br />
blikum und von Alleinstehenden<br />
sehr positiv angenommen wird, der<br />
Zuspruch ist gross.<br />
Dass Kinder, Jugendliche und<br />
Erwachsene, Männer und Frauen<br />
etwas finden, das sie anspricht, dafür<br />
werden Bibliothekare ausgebildet.<br />
Sie müssen literarische Spürnasen<br />
sein und das Angebot immer frisch<br />
halten, damit ihre Bibliothek interessant<br />
bleibt. Deshalb erneuern<br />
öffentliche Bibliotheken jedes Jahr<br />
etwa 10 bis 20 Prozent ihres Bestandes,<br />
verschenken oder verkaufen<br />
ihn. Nach fünf bis spätestens zehn<br />
Jahren wird der Bestand so komplett<br />
erneuert. «Das ist wichtig, denn<br />
während die Jugendlichen zu meiner<br />
Zeit noch Karl May gelesen<br />
haben, lesen sie heute Harry Potter<br />
und Vampirromane. So etwas muss<br />
man dann einfach dahaben», sagt<br />
Locher. Mit der Zeit gehen heisst<br />
auch, mit den neuen Medien gehen.<br />
Deshalb haben auch die E-Books<br />
Einzug gehalten in den Schweizer<br />
Bibliotheken. Die Nutzungsraten<br />
liegen laut Locher jedoch wie im<br />
Buchhandel auch noch im einstelligen<br />
Prozentbereich.<br />
Neue Medien sind allerdings kein<br />
Königsweg, um Jugendliche in die<br />
Bibliothek zu locken. «DVDs spielen<br />
praktisch keine Rolle mehr, Filme<br />
und Musik streamen die Jugendlichen<br />
zu Hause», sagt Danièle Kammacher,<br />
Vizedirektorin der Kornhausbibliotheken<br />
in Bern. Für<br />
E-Books interessieren sich Mittvierziger<br />
mehr als die ganz Jungen. «Die<br />
jungen Leute lesen ja meist übers<br />
Handy, und darauf ein ganzes Buch<br />
zu lesen, ist doch etwas mühsam»,<br />
mutmasst Kammacher. Rund ein<br />
Viertel der Nutzer der Kornhausbibliotheken<br />
sind zwischen 13 und<br />
25 Jahre alt. Neue Projekte in der<br />
jüngeren Vergangenheit haben dazu<br />
geführt, dass diese Zahl leicht gestiegen<br />
ist.<br />
Der erste Kontakt läuft oft über<br />
die Schule<br />
Es gibt eine Gruppe, für die ergibt<br />
sich der Bezug zur Bibliothek ganz<br />
automatisch, sagt Kammacher. Das<br />
sind Kinder, die aufs Gymnasium<br />
gehen, die als Hausaufgaben Aufträge<br />
bekommen, etwas zu einem<br />
bestimmten Thema zu recherchieren,<br />
verbunden mit einem Besuch in<br />
Wo früher Karl May stand,<br />
stehen heute Vampirromane<br />
und Harry Potter.<br />
der Bibliothek. Spätestens aber bei<br />
Studienbeginn ergibt sich der Kontakt<br />
zu einer solchen Einrichtung<br />
automatisch. «Damit fallen jedoch<br />
all die jungen Menschen weg, die<br />
eine Berufsausbildung machen, und<br />
das ist eine grosse Menge», sagt<br />
Kammacher.<br />
Die Kornhausbibliotheken haben<br />
deswegen die Zusammenarbeit mit<br />
der Berner Gewerbeschule intensiviert.<br />
Jede Klasse von dort wird mit<br />
einer Führung und einem Leseprojekt<br />
mit der Institution Bibliothek<br />
vertraut gemacht. «Viele der Jugendlichen<br />
erfahren hier zum ersten Mal,<br />
wie sie ein Buch zu einem bestimmten<br />
Thema finden und ausleihen<br />
können, und viele bleiben dann<br />
begeistert hängen und werden zu<br />
regelmässigen Besuchern», sagt<br />
Kammacher. Damit die dranbleiben,<br />
gibt es im zweiten Stock der Kornhausbibliothek<br />
eine Lounge-Zone,<br />
Tablets, Games und eine grosse<br />
Jugendbibliothek sowie spezielle<br />
Lesungen oder englisches Storytelling<br />
für die jungen Besucher. Zudem<br />
lesen sie – wie in fast allen Schweizer<br />
Bibliotheken – gratis. >>><br />
Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />
Juni/Juli <strong>2017</strong>81