06-07/2017

Fritz + Fränzi Fritz + Fränzi

12.06.2017 Aufrufe

Erziehung & Schule Wie Fritz+Fränzi laufen lernte Die Schweiz hat kein Ministerium für Familien. Aber seit 16 Jahren einen engagierten Ratgeber für Eltern von schulpflichtigen Kindern. Die Geschichte von Fritz+Fränzi ist ein Lehrbeispiel für Mut, Leidenschaft und Engagement. Text: Ellen Ringier Bild: Maurice Haas / 13 Photo An meinem 50. Geburtstag im Jahre 2001 waren meine beiden Töchter 10 und 8 Jahre alt. Nichts deutete auf die Pubertätskrisen hin, die mein Mann und ich in nicht allzu fernen Zeiten zu bewältigen haben würden ... Unsere Welt war (noch) heil! Und trotzdem schien es mir, dass Eltern zu sein sich mit jedem Jahr schwieriger gestaltete, schwieriger jedenfalls als Eltern zu werden. In den Schulen meiner Kinder nahm die Zahl der verhaltensauffälligen Kinder im gleichen Mass zu wie die Zahl der gestressten Lehrer. Die Elternabende wurden mit jedem Jahr besser besucht und mir kam es vor, als wären einige Eltern ausgesprochen fordernd – weil überfordert. Was, so fragte ich mich damals, ist zu tun? Wie so oft im Dr. Ellen Ringier präsidiert Leben half der Zufall. In Form einer um einiges jüngeren die Stiftung Elternsein. Werbefachfrau, alleinerziehende Mutter zweier Töchter im Sie ist Mutter zweier Töchter. Alter der meinen: Sabine Danuser. «Lass uns zusammen ein Elternmagazin zu Erziehungsfragen herausgeben!» Ein Ratgeber, der die wirklich drängenden Fragen der Eltern von schulpflichtigen Kindern und Jugendlichen beantworten sollte. Keine Themen rund um die Geburt, keine Antworten auf wunde Kinderpopos, keine Rezepte, Rätsel, Kindermode und dergleichen, wie sie in allen kommerziellen Magazinen zu finden waren und sind. «Die Suche nach einem Namen war schwierig. Zur Auswahl standen ‹Saugoofen› und ‹Max und Moritz›.» Die Herausgeberin sollte eine Stiftung sein, eine Nullnummer wurde gebastelt. Ich konsultierte einen Verlagsprofi, der uns einen jährlichen Millionenverlust in Aussicht stellte. Doch Sabine und ich hatten nur eine Sorge: «Wie sollten wir unser Elternmagazin nennen?» Es war der damals bekannte Werber Hermann Strittmatter, der uns nach einem Brainstorming auf die Sprünge half: «Es geht um Kinder und Jugendliche, die man Saugoofe nennen würde, das sollte daher der Titel >>> Bild: Maurice Haas / 13 Photo 70 Juni/Juli 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

sein!» Auf dem Heimweg redeten Sabine und ich uns in Rage: Ja, wir würden unsere Kinder unter Umständen Saugoofen nennen, was aber denken Eltern, wenn ihre Kinder und Jugendlichen so bezeichnet werden? Wir mussten uns etwas anderes einfallen lassen. «Eltern-Ratgeber» kam uns zu bieder vor. Vielleicht «Max und Moritz»? Es mag ja sein, dass zu Wilhelm Buschs Zeiten (er schrieb das Buch 1865) nur Jungs zu Streichen aufgelegt waren, im 2001 waren die Mädchen in Sachen Erziehungsprobleme definitiv gleichberechtigt. Und so suchten wir nach zwei Namen, die für beide Geschlechter einen frechen Klang hatten, «Fritz+Fränzi» war geboren. «Eine freche Schlagzeile gefällig? Voilà: ‹Legal, illegal, scheissegal: Die Jugend berauscht sich.›» 16 Jahre später kann ich mich nur wundern, wie wir es geschafft haben, von 2001 bis 2009 sechs Ausgaben jährlich mit nur drei fest angestellten Mitarbeitern und Sabines Ex-Mann als Fotografen zu publizieren! Als Herausgeberin kümmerte ich mich um den Vertrieb und die Anzeigen. Wir schafften es, die kantonalen Erziehungsdirektoren davon zu überzeugen, dass die Schulen unser Elternmagazin den Eltern abzugeben hätten. Später wurde der damalige und heutige Präsident des LCH, Beat Zemp, unser Vertriebspartner. Raiffeisen, Manor, Amag, Otto’s und Coop gehörten zu den ersten Anzeigenkunden, die das Magazin mitgetragen haben – manche sogar mit einem finanziellen Beitrag obendrauf! Meine telefonischen Bemühungen, Anzeigen zu schnorren, gestalteten sich eher schwierig. Häufige Antwort auf die Frage, wer ich sei: «Ja, vom Ringier, das habe ich verstanden, aber wie lautet ihr Name?» Dass die Frau des bekannten Verlegers selber Anzeigen akquirierte, taten viele anfänglich als Scherz ab. Inhaltlich konnten wir uns von Beginn weg auf Beiträge unserer Inhalts- Partner SVEO (Schweizerische Vereinigung der Elternorganisationen), Pro Juventute, MMI (Marie Meierhofer Institut für das Kind) und S&E (Schule und Elternhaus) verlassen. Deren Kompetenz in Erziehungsfragen machte Fritz+Fränzi schnell zum richtigen Erziehungsratgeber. Und bei alldem tat ich – mein Beruf ist Juristin – schamlos so, als verstünde ich etwas vom Verlagswesen. Oder gar von Erziehung! «Armutsrisiko Kinder» (Was sie kosten, fordern, verprassen) hiess der erste Titel im September 2001. «Jetzt reicht’s» (Wenn Kinder uns an unsere Grenzen bringen) der zweite. Ich kenne bis heute niemanden, der so frech titeln konnte wie Sabine Danuser! Was halten Sie von «Friss oder stirb!» (Essstörungen bei Kindern und Jugendlichen) oder «Dumm und frech» (Schulschwächen und Verhaltensauffälligkeiten) oder «Störfall Kind?» (Paare mit schulpflichtigen und älteren Kindern berichten über ihre Entwicklung). Weitere Beispiele gefällig? «Väter – Konkurrenzkampf zwischen Familie, Beruf und ich», «Grosseltern – Alte Freunde», «Rabeneltern» (Spagat zwischen Beruf und Familie), «Klasse und Rasse» (Faktoren der Chancengleichheit) oder «Legal, illegal, scheissegal: Die Jugend berauscht sich». Wir schüttelten uns oft vor Lachen, auch wegen den Titelfotos! Unvergesslich der «Geldfresser» oder «Feindbild Lehrer». Einmal sind wir ganz offensichtlich zu weit gegangen. Unser Cover «Mein letzter Wille – Wenn Jugendliche nicht mehr leben wollen» >>> Fritz+Fränzi 1/2003 Thema: Jugendsuizid Fritz+Fränzi 1/2005 Thema: Jugendgewalt Fritz+Fränzi 3/2005 Thema: Armutsrisiko Fritz+Fränzi 1/2006 Thema: Lehrer Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Juni/Juli 201771

sein!» Auf dem Heimweg redeten Sabine und ich uns in Rage: Ja, wir<br />

würden unsere Kinder unter Umständen Saugoofen nennen, was aber denken<br />

Eltern, wenn ihre Kinder und Jugendlichen so bezeichnet werden? Wir<br />

mussten uns etwas anderes einfallen lassen. «Eltern-Ratgeber» kam uns zu<br />

bieder vor. Vielleicht «Max und Moritz»? Es mag ja sein, dass zu Wilhelm<br />

Buschs Zeiten (er schrieb das Buch 1865) nur Jungs zu Streichen aufgelegt<br />

waren, im 2001 waren die Mädchen in Sachen Erziehungsprobleme definitiv<br />

gleichberechtigt. Und so suchten wir nach zwei Namen, die für beide<br />

Geschlechter einen frechen Klang hatten, «Fritz+Fränzi» war geboren.<br />

«Eine freche Schlagzeile gefällig?<br />

Voilà: ‹Legal, illegal, scheissegal:<br />

Die Jugend berauscht sich.›»<br />

16 Jahre später kann ich mich nur wundern, wie wir es geschafft haben,<br />

von 2001 bis 2009 sechs Ausgaben jährlich mit nur drei fest angestellten<br />

Mitarbeitern und Sabines Ex-Mann als Fotografen zu publizieren! Als Herausgeberin<br />

kümmerte ich mich um den Vertrieb und die Anzeigen. Wir<br />

schafften es, die kantonalen Erziehungsdirektoren davon zu überzeugen,<br />

dass die Schulen unser Elternmagazin den Eltern abzugeben hätten. Später<br />

wurde der damalige und heutige Präsident des LCH, Beat Zemp, unser<br />

Vertriebspartner.<br />

Raiffeisen, Manor, Amag, Otto’s und Coop gehörten zu den ersten Anzeigenkunden,<br />

die das Magazin mitgetragen haben – manche sogar mit einem<br />

finanziellen Beitrag obendrauf! Meine telefonischen Bemühungen, Anzeigen<br />

zu schnorren, gestalteten sich eher schwierig. Häufige Antwort auf die<br />

Frage, wer ich sei: «Ja, vom Ringier, das habe ich verstanden, aber wie lautet<br />

ihr Name?» Dass die Frau des bekannten Verlegers selber Anzeigen<br />

akquirierte, taten viele anfänglich als Scherz ab.<br />

Inhaltlich konnten wir uns von Beginn weg auf Beiträge unserer Inhalts-<br />

Partner SVEO (Schweizerische Vereinigung der Elternorganisationen), Pro<br />

Juventute, MMI (Marie Meierhofer Institut für das Kind) und S&E (Schule<br />

und Elternhaus) verlassen. Deren Kompetenz in Erziehungsfragen machte<br />

Fritz+Fränzi schnell zum richtigen Erziehungsratgeber.<br />

Und bei alldem tat ich – mein Beruf ist Juristin – schamlos so, als verstünde<br />

ich etwas vom Verlagswesen. Oder gar von Erziehung!<br />

«Armutsrisiko Kinder» (Was sie kosten, fordern, verprassen) hiess der<br />

erste Titel im September 2001. «Jetzt reicht’s» (Wenn Kinder uns an unsere<br />

Grenzen bringen) der zweite.<br />

Ich kenne bis heute niemanden, der so frech titeln konnte wie Sabine<br />

Danuser! Was halten Sie von «Friss oder stirb!» (Essstörungen bei Kindern<br />

und Jugendlichen) oder «Dumm und frech» (Schulschwächen und Verhaltensauffälligkeiten)<br />

oder «Störfall Kind?» (Paare mit schulpflichtigen und<br />

älteren Kindern berichten über ihre Entwicklung). Weitere Beispiele gefällig?<br />

«Väter – Konkurrenzkampf zwischen Familie, Beruf und ich», «Grosseltern<br />

– Alte Freunde», «Rabeneltern» (Spagat zwischen Beruf und Familie),<br />

«Klasse und Rasse» (Faktoren der Chancengleichheit) oder «Legal, illegal,<br />

scheissegal: Die Jugend berauscht sich». Wir schüttelten uns oft vor Lachen,<br />

auch wegen den Titelfotos! Unvergesslich der «Geldfresser» oder «Feindbild<br />

Lehrer».<br />

Einmal sind wir ganz offensichtlich zu weit gegangen. Unser Cover<br />

«Mein letzter Wille – Wenn Jugendliche nicht mehr leben wollen» >>><br />

Fritz+Fränzi 1/2003<br />

Thema: Jugendsuizid<br />

Fritz+Fränzi 1/2005<br />

Thema: Jugendgewalt<br />

Fritz+Fränzi 3/2005<br />

Thema: Armutsrisiko<br />

Fritz+Fränzi 1/20<strong>06</strong><br />

Thema: Lehrer<br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi<br />

Juni/Juli <strong>2017</strong>71

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