06-07/2017

Fritz + Fränzi Fritz + Fränzi

12.06.2017 Aufrufe

Mai 2017 Kurt Alberma n ist ärztlicher Leiter des Instituts Kinders ele Schweiz iks. Kinder, deren Mu ter oder Vater psychisch erkrankt, werden oft in eine Erwachsenenro le gedrängt. Der Kinderpsychiater Kurt Albermann erklärt, warum sie häufig übersehen werden, worunter sie am meisten leiden und wie es Betro fenen gelingt, zu einem Sozialpädiatrisches Zentrum Winterthur, erster Stock. Kurt Albermanns Händedruck zur Begrüssung ist fest, sein Lächeln charmant. Mit einer einladenden Geste weist er den Weg in ein Sitzungszimmer und o feriert Ka f e. Während des Gesprächs haut er mehrmals so fest auf den Tisch, da s das Getränk aus der Tasse zu schwappen droht. «Ich bin manchmal ein bi schen lebhaft», sagt er dann und lächelt. He r Alberma n, Sie ne nen Kinder, die mit einem psychisch erkrankten fa len. Sie sprechen nicht darüber, wie es ihnen geht und da s die Eltern manchmal komisch war. Sie ging ein Problem haben. So übersieht es morgen zu Mi ta geben so lte, und kaufte dafür ein. Ihre Eltern phasenweise vor Müdigkeit kaum man ihre Bedürfni se in der Situa­ Ist es nicht eher so, dass gerade diese Kinder oft au fä lig sind in ihrem Verhalten? übersehen. Kö nen Sie einen Fall ne nen, der spielsweise Kinder mit einer depre siven Mu ter oder einem Vater leiden? der Und was erwartete den T enager nach Schule? Ich erinnere mich an eine Vierzehnjährige mit zwei jüngeren Geschwistern, die sich an unsere Beratungsste le gewandt hat. Seit sie denken konnte, kümmerte sie sich um die lagen Table tenpackungen. Die stän­ Mu ter und um ihre Ge schwister. dige Unsicherheit und Sorge um die Mu ter veränderte die Hierarchie zu mu ste schon früh ihre eigenen Be­ selbs traurig. Und wütend. Sie ha te kaum Ko leginnen, schäm­ Weil diese Kinder häufig nicht aufgegrenzt, weil sie nie Zeit ha te und Sie überlegte bereits am Vortag, was auch nicht zum Sport. Von den Protion, in der sie leben. waren geschieden. Die Mu ter kam etwas, ihr wäre es peinlich gewesen, «Ich gehe in der Schweiz von bis zu 300 000 betroffenen Wie sah ihr Tag konkret aus? machte Zmorge und Znüni. Sie schafft es kaum zum Unte richt, weil sie die Schwester noch in den Kindergarten und den Bruder zu den Nachbarn bringen mu ste. Im besten Fa l eine «funktionierende» Mu ter. Es kam aber auch vor, da s die Tochter die Sanität rufen mu ste, weil sich die Mu ter nicht wecken lie s. Auf dem Nach tisch Hause. Die Vierzehnjährige übernahm die Ro le der Erwachsenen. Sie dürfni se hintanste len. Oft war sie Mit welchen Folgen? te sich, jemanden mit nach Hause zu bringen. In der Kla se wurde sie aus­ blemen ihrer Mu ter wu ste niemand Man schätzt, da s in der Schweiz 20 000 bis 50 000 Kinder mit einem psychisch erkrankten Elterntei leben. Woher kommt diese Zahl? Sie stammt aus einer Umfrage, die wir in Winterthur bereits vor Leserbriefe «Das Niveau ist beeindruckend» Monatsinterview « Viele Kinder schämen sich für die Krankheit ihrer Eltern – und fühlen sich schuldig» harmonischen Familienleben zurückzufinden. Interview: Sandra Casalini Bilder: Filipa Peixeiro / 13 Photo Elternteil aufwachsen, in einer Studie «verge sene Kinder». Warum? Kindern aus.» Manchmal schon. Aber der Zusammenhang, da s ein Elternteil eine psychische Erkrankung hat, wird aus dem Be t. Deshalb weckte das Mädchen morgens die jüngeren Geschwister, half beim Ankleiden, darüber zu sprechen. Die Leistungen in der Schule waren gut, obwohl sie sich oft unendlich müde fühlte. zeigt, unter welchen Belastungen bei- >>> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi April 2017 45 «Schade, dass die öffentliche Berufs beratung nicht erwähnt wurde» (Sonderheft «Berufswahl», Mai 2017) Die Roboter kommen Welche Berufe verschwinden werden Was will ich werden? Cool bleiben! Alles Wissenswerte zur Stellensuche – auf 68 Seiten! Wie Eltern ihre Kinder am besten unterstützen Welcher Job passt zu mir? Wie Jugendliche den richtigen Beru finden Berufswahl Kürzlich hat uns Ihr Heft «Berufswahl» erreicht. Ich habe als Verantwortliche für dieses Themenfeld im Kanton Bern die Beiträge von Herrn Michel und die Illustration durch Herrn Adhihetty natürlich genau angeschaut. Ich war erfreut von der Qualität und den ausgewählten Themen und gratuliere Ihnen zu diesem rundum gelungenen Heft! Das Niveau ist wirklich beeindruckend und deckt sämtliche Fragebereiche, die Eltern von Jugendlichen im Berufswahlalter auch bei uns in der Beratung äussern, sehr gut ab. Einzig einen kleinen Wermutstropfen möchte ich erwähnen: Eltern wenden sich häufig auch an die öffentliche Berufsberatung und nutzen unsere Dienstleistungen in der Information und Beratung zur Klärung ihrer Anliegen. Dass Eltern Jugendliche im Prozess eng begleiten und auch an den Gesprächen mit unseren Fachleuten teilnehmen, ist ausdrücklich erwünscht und schweizweit eine etablierte Tradition. Deshalb finde ich es schade, dass die öffentliche Berufsberatung im Heft nicht explizit als professionelle Anlaufstelle genannt wird. Durch unsere enge Zusammenarbeit mit den Volksschulen und unsere spezifischen Angebote für Eltern werden diese überhaupt erst an den Prozess der Berufswahl an sich herangeführt. Sicher können einige Jugendliche auch ohne Beizug der Berufsberatung einen erfolgreichen Berufswahlentscheid treffen, doch die Mehrheit der Jugendlichen und deren Eltern nutzen zumindest unser Informationsangebot. Es wäre deshalb sicher auch von Interesse gewesen, uns als Anlaufstelle speziell auch für Eltern zu erwähnen. Shirley Barnes (per Mail) Geschäftsbereichsleiterin Berufswahl Kanton Bern «Als Mutter kann man an diesem Anspruch fast zerbrechen» (Monatsinterview, Heft 4/2017) Als Mutter mit mehreren Kindern und mit einer Traumafolgestörung hat mich das Interview mit Herrn Albermann natürlich brennend interessiert. Das Interview zeigt aber nur einen kleinen Teil der Probleme, die aus einer psychischen Beeinträchtigung resultieren. Die Kinder werden einem nicht automatisch weggenommen, aber die «Hilfe», die ich erhalten habe, gleicht zum Beispiel eher einer «Überwachung» und ist für mich eher demütigend. Ich finde, es kommt auch sehr darauf an, welche psychische Erkrankung die Mutter oder der Vater hat. Es gibt nicht nur depressive Eltern. Das ganze Spektrum der dissoziativen Störungen wird hier nicht genannt. Ein Aspekt scheint mir auch wichtig zu sein. Seit ich die Diagnose einer Traumafolgestörung erhalten habe, habe ich das Gefühl, eh nichts mehr richtig machen zu können. Sämtliche Schwierigkeiten, und seien sie auch noch so normal, werden mit meiner Befindlichkeit als Mutter in Zusammenhang gebracht. Denn es gilt die Regel: «Geht es den Eltern gut, dann geht es auch den Kindern gut.» An diesem Anspruch kann man als Mutter fast zerbrechen, denn egal, was man tut, es ist nie mehr genug. So stehe ich mit einem Schuldgefühl auf und gehe mit diesem auch wieder ins Bett. Dann hätte ich mir zum Schluss noch etwas konkretere Hilfsangebote gewünscht, zum Beispiel ein paar konkrete Adressen. Grundsätzlich finde ich es gut, dass die Diskussion über dieses heikle Thema stattfindet. Maja Gfeller-Christen, Bern (per Mail) Schreiben Sie uns! Ihre Meinung ist uns wichtig. Sie erreichen uns über: leserbriefe@fritzundfraenzi.ch oder Redaktion Fritz+Fränzi, Dufourstrasse 97, 8008 Zürich 66 Juni/Juli 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

Nicole Althaus alles «geil» findet. Peter Schneider von zwei Kindern, 16 und 12. und Mu ter von zwei Kindern, 10 und 7. erwachsenen Sohnes. Haben Sie auch eine Frage? Schreiben Sie eine E-Mail an: redaktion@fritzundfraenzi.ch Lehrer und Schüler sind uneins, wie viel das Bü feln nach der Schule bringt. Do sier Eine Frage – drei Meinungen Nie mehr Hausaufgaben? Der beste Freund unseres Sohnes, 13, betitelt a le möglichen Personen als «schwul». Wie sollen wir eingreifen, wenn fremde Kinder Schimpfwörter benutzen? Claudia, 37, und Marc, 38, Suhr AG Sie sorgen in vielen Familien regelmässig für Frust und Ärger: Hausaufgaben. Sind Hausaufgaben wirklich nötig? Warum schafft man sie nicht einfach ab? Und mit welchen Tricks geht das Lernen leichter? Eine Annäherung an ein hoch emotionales Thema. Text: Claudia Landolt Bilder: Désirée Good / 13 Photo Der Junge ist alt genug, um eine klare Ansage zu hören: da s «schwul» kein Schimpfwort ist, sondern eine sexuelle Ausrichtung. Da s es genau so falsch und sexistisch ist, «schwul» als Schimpfwort zu gebrauchen, wie «Nigger» ra sistisch ist und da s Sie deshalb das in ihrem Haus nicht dulden. Tonia von Gunten Greifen Sie ein, und zwar so: «Du bezeichnest andere Menschen al schwul. Darüber möchte ich mit di reden. Mich stört, da s du da sagst, und ich wei s nicht, was daran lustig sein so l. Ich wünsche mir, da s du deinen Umgang mit Leuten überdenkst und damit aufhörst, Mitmenschen aufgrund ihres Au sehens oder ihrer sexue len Präferenz zu beleidigen. Wie siehst du das?» «Gleiches mit Gleichem vergelten ist keine Lösung» Wenn der Freund Ihres Sohnes einen gewi sen Sinn für paradoxe Ironie hä te, könnten Sie ihm sagen, sie fänden den Gebrauch des Wortes «schwul» als Schimpfwort «total behindert» und wo lten das Wort daher in Ihrer Gegenwart nicht mehr hören. Andererseits mü sen sie auch nicht a lzu hysterisch reagieren, denn ein Schwulenha ser wird man kaum deshalb, weil man in seiner unbedarften Jugend un ­ angemessenen Schimpfwörtern ausgesetzt war. Man wird auch keine Nymphomanin, weil die Freundin Nicole Althaus, 48, ist Kolumnistin, Autorin und Mitglied der Chefredaktion der «N Z am So ntag». Zuvor war sie Chefredaktorin von «wir eltern» und hat den Mamablog auf «Tagesanzeiger. ch» init iert und geleitet. Nicole Althaus ist Mu ter Tonia von Gunten, 43, ist Elterncoach, Pädagogin und Buchautorin. Sie leitet elternpower.ch, ein Programm, das frische Energie in die Familien bringen und Eltern in ihrer Beziehungskompetenz stärken möchte. Tonia von Gunten ist verheiratet Peter Schneider, 59, ist praktizierender Psychoanalytiker, Autor und SRF-Satiriker («Die andere Pre seschau»). Er lehrt als Privatdozent für klinische Psychologie an der Uni Zürich und ist Profe sor für Entwicklungspsychologie an der Uni Bremen. Peter Schneider ist Vater eines 82 April 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Bilder: A ne Gabriel-Jürgens / 13 Photo, Pino Stranieri, HO «Das Fundament für den späteren Berufsweg» 10 April 2017 Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi April 2017 1 (Eine Frage – drei Meinungen, Nr. 4/2017) (Dossier «Hausaufgaben», Nr. 4/2017) Herr Schneider schreibt zum Thema «Hilfe, der Freund unseres Sohns betitelt alle möglichen Personen als ‹schwul›» Folgendes: «Wenn der Freund Ihres Sohnes einen gewissen Sinn für paradoxe Ironie hätte, könnten Sie ihm sagen, Sie fänden den Gebrauch des Wortes ‹schwul› als Schimpfwort ‹total behindert›.» Was ist schlimmer, ein Kind, das als Schimpfwort schwul verwendet, oder ein Psychoanalytiker und Privatdozent für klinische Psychologie, der den Rat gibt, solche Kinder als total behindert zu bezeichnen? Wenn sich jemand falsch verhält, dann ist er nicht behindert, denn behinderte Menschen sind keine Menschen, die sich falsch verhalten. Gleiches mit Gleichem vergelten ist auch im gewissen Sinn für paradoxe Ironie keine Lösung. Irene Gresch-Gisler, Trachslau (per Mail) Warum diese Debatte? Die Eltern, die ja arbeiten müssen, um zwei Autos und ein Einfamilienhaus bezahlen zu können, finden keine Zeit mehr, mit ihren Kindern Hausaufgaben zu lösen. Die Eltern sind von ihren Jobs gefordert, und am Abend wollen sie Ruhe haben. Für viele Eltern sind die Kinder nur noch Staffage und ein Zeigeprodukt. Gemeinsam die Hausaufgaben machen bringt einen Dialog und Wärme in die Beziehung – wie auch die gemeinsam erarbeitete gelungene Lösung. Hausaufgaben erledigen ist das Fundament für den späteren Berufsweg. Ein Kind braucht Disziplin, denn das Leben schenkt einem nicht viel. Als Jungmenschen müssen sie wissen: ohne Fleiss kein Preis. E. Schürmann, Gams (per Brief) Richtig Grosswerden mit bunten Schulbleistiften Aller Anfang ist schwer – aber mit STABILO macht Schreibenlernen einfach Spass! STABILO begleitet Schüler von 5 bis 12 Jahren bei allen Herausforderungen und Lern-Etappen: In bunten Farben sind die Schulbleistifte Weggefährten für die Jüngsten. Schreibenlernen, Zeichnen und Skizzieren. Der EASYgraph für Schreibanfänger, der Trio und Trio dick für Grundschüler und der pencil 160, der in jedem Schulfach überzeugt. Bunter Schreibspass für alle – unabhängig von Können und Schreibdruck! Der EASYgraph macht Lust aufs Schreibenlernen Durch die ergonomische Dreikantform und die passgenauen Griffmulden finden Vorschulkinder und Schüler ab 5 Jahren intuitiv die richtige Handhaltung. Die Finger der Schreibhand bleiben auch beim intensiven Üben von Buchstaben und Zahlen locker und entspannt. Für farbverliebte Schreibanfänger gibt es den EASYgraph in den Farben petrol, blau, pink, orange und grün, für linkshändige ABC-Schützen erstrahlt der Schaft des EASYgraphs in petrol, blau und pink. Trio und Trio dick – die Begleiter für die Grundschulzeit Der Dreikant-Schulbleistift, der zu den Fähigkeiten passt: Mit einer bruchsicheren Grafitmine ist der Trio der richtige Begleiter für Grundschüler, die schon erste Erfahrungen mit Bleistiften gesammelt haben. Feine Linien, Kästchen und Kreise sind kein Problem. Der Trio dick hat eine breitere Mine (3.15mm) für die kleinen Schreibanfänger, die noch ein wenig Übung für den richtigen Schreibdruck brauchen. Die beiden Bleistifte leuchten in den fünf schicken Schaftfarben petrol, blau, pink, orange und grün und in den Härtegraden HB (mittelweich) – perfekt für Schreibanfänger und der ideale Begleiter zum Schreibenlernen. Im pencil 160 stecken 160 Jahre an Erfahrung Bruchsichere Grafitmine? Na klar! Der neue Sechskant-Bleistift pencil 160 ist nicht nur superpraktisch und ein echter Alleskönner sondern auch schön bunt: In fünf strahlend frischen Farben – petrol, blau, pink, orange und gelb – bringt der pencil 160 gute Laune, saubere Linien und neue Kreativität in jedes Schulfach. Dank extrem hoher Qualität ist auf die Mine (2.2mm) des pencil 160 auch in stressigen Situationen Verlass. Der Bleistift ist erhältlich mit und ohne Radierer. 160 Jahre Stiftexperte, 160 Jahre bunt – das muss gefeiert werden! STABILO zeigt mit dem neuen pencil 160, was einen farbenfrohen Alleskönner ausmacht. Der Schulbleistift passend zum Jubiläum – in fünf trendbewussten Farben.

Mai <strong>2017</strong><br />

Kurt Alberma n<br />

ist ärztlicher<br />

Leiter des<br />

Instituts<br />

Kinders ele<br />

Schweiz iks.<br />

Kinder, deren Mu ter oder Vater psychisch erkrankt, werden oft in eine Erwachsenenro le<br />

gedrängt. Der Kinderpsychiater Kurt Albermann erklärt, warum sie häufig übersehen<br />

werden, worunter sie am meisten leiden und wie es Betro fenen gelingt, zu einem<br />

Sozialpädiatrisches Zentrum<br />

Winterthur, erster Stock. Kurt<br />

Albermanns Händedruck zur<br />

Begrüssung ist fest, sein Lächeln<br />

charmant. Mit einer einladenden<br />

Geste weist er den Weg in ein<br />

Sitzungszimmer und o feriert Ka f e.<br />

Während des Gesprächs haut er<br />

mehrmals so fest auf den Tisch, da s<br />

das Getränk aus der Tasse zu<br />

schwappen droht. «Ich bin<br />

manchmal ein bi schen lebhaft»,<br />

sagt er dann und lächelt.<br />

He r Alberma n, Sie ne nen Kinder,<br />

die mit einem psychisch erkrankten<br />

fa len. Sie sprechen nicht darüber,<br />

wie es ihnen geht und da s die Eltern<br />

manchmal komisch war. Sie ging<br />

ein Problem haben. So übersieht es morgen zu Mi ta geben so lte,<br />

und kaufte dafür ein. Ihre Eltern<br />

phasenweise vor Müdigkeit kaum<br />

man ihre Bedürfni se in der Situa­<br />

Ist es nicht eher so, dass gerade diese<br />

Kinder oft au fä lig sind in ihrem Verhalten?<br />

übersehen.<br />

Kö nen Sie einen Fall ne nen, der<br />

spielsweise Kinder mit einer depre siven<br />

Mu ter oder einem Vater leiden? der<br />

Und was erwartete den T enager nach<br />

Schule?<br />

Ich erinnere mich an eine Vierzehnjährige<br />

mit zwei jüngeren Geschwistern,<br />

die sich an unsere Beratungsste<br />

le gewandt hat. Seit sie denken<br />

konnte, kümmerte sie sich um die<br />

lagen Table tenpackungen. Die stän­<br />

Mu ter und um ihre Ge schwister.<br />

dige Unsicherheit und Sorge um die<br />

Mu ter veränderte die Hierarchie zu<br />

mu ste schon früh ihre eigenen Be­<br />

selbs traurig. Und wütend.<br />

Sie ha te kaum Ko leginnen, schäm­<br />

Weil diese Kinder häufig nicht aufgegrenzt,<br />

weil sie nie Zeit ha te und<br />

Sie überlegte bereits am Vortag, was<br />

auch nicht zum Sport. Von den Protion,<br />

in der sie leben.<br />

waren geschieden. Die Mu ter kam etwas, ihr wäre es peinlich gewesen,<br />

«Ich gehe in der<br />

Schweiz von bis zu<br />

300 000 betroffenen<br />

Wie sah ihr Tag konkret aus?<br />

machte Zmorge und Znüni. Sie<br />

schafft es kaum zum Unte richt,<br />

weil sie die Schwester noch in den<br />

Kindergarten und den Bruder zu den<br />

Nachbarn bringen mu ste.<br />

Im besten Fa l eine «funktionierende»<br />

Mu ter. Es kam aber auch vor,<br />

da s die Tochter die Sanität rufen<br />

mu ste, weil sich die Mu ter nicht<br />

wecken lie s. Auf dem Nach tisch<br />

Hause. Die Vierzehnjährige übernahm<br />

die Ro le der Erwachsenen. Sie<br />

dürfni se hintanste len. Oft war sie<br />

Mit welchen Folgen?<br />

te sich, jemanden mit nach Hause zu<br />

bringen. In der Kla se wurde sie aus­<br />

blemen ihrer Mu ter wu ste niemand<br />

Man schätzt, da s in der Schweiz<br />

20 000 bis 50 000 Kinder mit einem<br />

psychisch erkrankten Elterntei leben.<br />

Woher kommt diese Zahl?<br />

Sie stammt aus einer Umfrage, die<br />

wir in Winterthur bereits vor<br />

Leserbriefe<br />

«Das Niveau ist<br />

beeindruckend»<br />

Monatsinterview<br />

« Viele Kinder schämen sich<br />

für die Krankheit ihrer Eltern –<br />

und fühlen sich schuldig»<br />

harmonischen Familienleben zurückzufinden. Interview: Sandra Casalini Bilder: Filipa Peixeiro / 13 Photo<br />

Elternteil aufwachsen, in einer Studie<br />

«verge sene Kinder». Warum?<br />

Kindern aus.»<br />

Manchmal schon. Aber der Zusammenhang,<br />

da s ein Elternteil eine<br />

psychische Erkrankung hat, wird<br />

aus dem Be t. Deshalb weckte das<br />

Mädchen morgens die jüngeren<br />

Geschwister, half beim Ankleiden,<br />

darüber zu sprechen. Die Leistungen<br />

in der Schule waren gut, obwohl sie<br />

sich oft unendlich müde fühlte.<br />

zeigt, unter welchen Belastungen bei- >>><br />

Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi April <strong>2017</strong> 45<br />

«Schade, dass die<br />

öffentliche<br />

Berufs beratung nicht<br />

erwähnt wurde»<br />

(Sonderheft «Berufswahl»,<br />

Mai <strong>2017</strong>)<br />

Die Roboter kommen<br />

Welche Berufe<br />

verschwinden werden<br />

Was will ich<br />

werden?<br />

Cool bleiben!<br />

Alles Wissenswerte zur<br />

Stellensuche – auf 68 Seiten!<br />

Wie Eltern ihre Kinder am<br />

besten unterstützen<br />

Welcher Job passt zu mir?<br />

Wie Jugendliche den<br />

richtigen Beru finden<br />

Berufswahl<br />

Kürzlich hat uns Ihr Heft «Berufswahl» erreicht. Ich habe als<br />

Verantwortliche für dieses Themenfeld im Kanton Bern die<br />

Beiträge von Herrn Michel und die Illustration durch Herrn<br />

Adhihetty natürlich genau angeschaut. Ich war erfreut von<br />

der Qualität und den ausgewählten Themen und gratuliere<br />

Ihnen zu diesem rundum gelungenen Heft! Das Niveau ist<br />

wirklich beeindruckend und deckt sämtliche Fragebereiche,<br />

die Eltern von Jugendlichen im Berufswahlalter auch bei uns<br />

in der Beratung äussern, sehr gut ab.<br />

Einzig einen kleinen Wermutstropfen möchte ich<br />

erwähnen: Eltern wenden sich häufig auch an die öffentliche<br />

Berufsberatung und nutzen unsere Dienstleistungen in der<br />

Information und Beratung zur Klärung ihrer Anliegen. Dass<br />

Eltern Jugendliche im Prozess eng begleiten und auch an<br />

den Gesprächen mit unseren Fachleuten teilnehmen, ist<br />

ausdrücklich erwünscht und schweizweit eine etablierte<br />

Tradition. Deshalb finde ich es schade, dass die öffentliche<br />

Berufsberatung im Heft nicht explizit als professionelle<br />

Anlaufstelle genannt wird. Durch unsere enge Zusammenarbeit<br />

mit den Volksschulen und unsere spezifischen<br />

Angebote für Eltern werden diese überhaupt erst an den<br />

Prozess der Berufswahl an sich herangeführt. Sicher können<br />

einige Jugendliche auch ohne Beizug der Berufsberatung<br />

einen erfolgreichen Berufswahlentscheid treffen, doch die<br />

Mehrheit der Jugendlichen und deren Eltern nutzen<br />

zumindest unser Informationsangebot. Es wäre deshalb<br />

sicher auch von Interesse gewesen, uns als Anlaufstelle<br />

speziell auch für Eltern zu erwähnen.<br />

Shirley Barnes (per Mail)<br />

Geschäftsbereichsleiterin Berufswahl Kanton Bern<br />

«Als Mutter kann man an diesem<br />

Anspruch fast zerbrechen»<br />

(Monatsinterview, Heft 4/<strong>2017</strong>)<br />

Als Mutter mit mehreren Kindern und mit einer Traumafolgestörung<br />

hat mich das Interview mit Herrn Albermann natürlich<br />

brennend interessiert. Das Interview zeigt aber nur einen<br />

kleinen Teil der Probleme, die aus einer psychischen Beeinträchtigung<br />

resultieren. Die Kinder werden einem nicht<br />

automatisch weggenommen, aber die «Hilfe», die ich erhalten<br />

habe, gleicht zum Beispiel eher einer «Überwachung» und ist<br />

für mich eher demütigend. Ich finde, es kommt auch sehr<br />

darauf an, welche psychische Erkrankung die Mutter oder<br />

der Vater hat. Es gibt nicht nur depressive Eltern. Das ganze<br />

Spektrum der dissoziativen Störungen wird hier nicht<br />

genannt.<br />

Ein Aspekt scheint mir auch wichtig zu sein. Seit ich die<br />

Diagnose einer Traumafolgestörung erhalten habe, habe ich<br />

das Gefühl, eh nichts mehr richtig machen zu können.<br />

Sämtliche Schwierigkeiten, und seien sie auch noch so<br />

normal, werden mit meiner Befindlichkeit als Mutter in Zusammenhang<br />

gebracht. Denn es gilt die Regel: «Geht es den Eltern<br />

gut, dann geht es auch den Kindern gut.» An diesem Anspruch<br />

kann man als Mutter fast zerbrechen, denn egal, was man tut,<br />

es ist nie mehr genug. So stehe ich mit einem Schuldgefühl<br />

auf und gehe mit diesem auch wieder ins Bett.<br />

Dann hätte ich mir zum Schluss noch etwas konkretere<br />

Hilfsangebote gewünscht, zum Beispiel ein paar konkrete<br />

Adressen. Grundsätzlich finde ich es gut, dass die Diskussion<br />

über dieses heikle Thema stattfindet.<br />

Maja Gfeller-Christen, Bern (per Mail)<br />

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Redaktion Fritz+Fränzi, Dufourstrasse 97, 8008 Zürich<br />

66 Juni/Juli <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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