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06-07/2017

Fritz + Fränzi

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Elterncoaching<br />

Belohnungen:<br />

ein zweischneidiges Schwert<br />

«Was halten Sie von Belohnungen?» Diese Frage wird<br />

mir von Eltern und Lehrpersonen immer wieder gestellt.<br />

Fabian Grolimund<br />

ist Psychologe und Autor («Mit<br />

Kindern lernen»). In der Rubrik<br />

«Elterncoaching» beantwortet<br />

er Fragen aus dem Familienalltag.<br />

Der 37-Jährige ist verheiratet<br />

und Vater eines Sohnes, 4,<br />

und einer Tochter, 1. Er lebt<br />

mit seiner Familie in Freiburg.<br />

www.mit-kindern-lernen.ch<br />

www.biber-blog.com<br />

Während Belohnungsprogramme<br />

ein fester<br />

Bestandteil vieler<br />

Erziehungskurse<br />

sind, finden sich auch Stimmen,<br />

die jede Form von Belohnung<br />

verteufeln und diese sogar als moderne<br />

Form der Bestrafung sehen. Ich<br />

selbst würde zu einem sorgsamen<br />

Umgang raten.<br />

Belohnungen können hilfreich sein<br />

Belohnungen können für Kinder wie<br />

auch für Erwachsene eine Unterstützung<br />

sein. Sie können als eine Art<br />

Krücke dienen, die uns das Gehen<br />

erleichtert, bis die Beine genügend<br />

Kraft haben, um uns zu tragen. Das<br />

gilt besonders dann, wenn bestimmte<br />

Handlungen zu Beginn schwerfallen<br />

oder unangenehm sind, mit<br />

zunehmender Übung aber Freude<br />

bereiten.<br />

Ich denke dabei zum Beispiel an<br />

ein Mädchen mit einer Leseschwäche.<br />

Es las sehr langsam und stockend<br />

und empfand einen zunehmenden<br />

Widerwillen gegen das<br />

Belohnen Sie Ihr Kind möglichst<br />

nicht zusätzlich für Dinge,<br />

die es sowieso gerne tut.<br />

Lesen. Zudem fand das Mädchen es<br />

«total ungerecht», dass es in den<br />

Sommerferien jeden Tag 15 Minuten<br />

lesen sollte. Da es in den Ferien<br />

zuvor fast alle Buchstaben wieder<br />

vergessen hatte, war das Üben<br />

jedoch dringend nötig.<br />

Zwei kleine Belohnungen sollten<br />

dem Mädchen zu Beginn das Lesen<br />

erleichtern. Die erste Belohnung<br />

bestand darin, dass sich die Eltern<br />

bereit erklärten, abwechselnd zu<br />

lesen. Nach ein paar Zeilen las ihm<br />

die Mutter oder der Vater den Rest<br />

der Seite vor. Es durfte sich zurücklehnen<br />

und die Geschichte geniessen.<br />

Diese Belohnung ist deswegen<br />

sinnvoll, weil sie in einem engen<br />

Zusammenhang mit der Tätigkeit<br />

steht und dem Kind verdeutlicht:<br />

Lesen gibt dir Zugang zu wunderbaren<br />

Geschichten.<br />

Die zweite Belohnung sollte die<br />

«Kosten» aufwiegen, die für das<br />

Mädchen entstanden. Es fand es zu<br />

Beginn der Beratung «total ungerecht»,<br />

dass ihm die schöne Freizeit<br />

gestohlen werde, um lesen zu üben<br />

– das werde von den anderen Kindern<br />

auch nicht verlangt. Die Eltern<br />

und ich mussten ihm beipflichten<br />

und vereinbarten daher Folgendes:<br />

Du darfst während der Ferien selbst<br />

entscheiden, ob du lesen möchtest.<br />

Wenn du deine wertvolle Freizeit<br />

dafür hergibst, darfst du dafür am<br />

Abend eine halbe Stunde länger aufbleiben<br />

– so geht dir die Zeit nicht<br />

Illustration: Petra Dufkova / Die Illustratoren<br />

54 Juni/Juli <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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