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06-07/2017

Fritz + Fränzi

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Monatsinterview<br />

>>> denen es bestimmte Dinge<br />

absolut nicht isst, muss man sich<br />

keine Sorgen machen – bei einer einfach<br />

gemischten Kost gleicht sich das<br />

über Wochen und Monate wieder<br />

aus. Noch einmal: Die Kost sollte so<br />

ausgewogen wie möglich sein.<br />

Wie schaffe ich das?<br />

Indem ich nicht nur ein Lebensmittel<br />

auf den Tisch bringe, sondern<br />

verschiedene. Und dem Kind die<br />

Wahl lasse. Vielleicht will es nur zwei<br />

oder drei der angebotenen Sachen,<br />

aber das ist total in Ordnung. Warum<br />

sollten Kinder da anders sein als wir?<br />

Wir suchen uns ja auch das aus, was<br />

uns schmeckt. Ich kann nicht steuern,<br />

was das Kind sich aussucht, aber<br />

ich kann sehr wohl steuern, worin<br />

die Auswahl besteht.<br />

Darf das Kind dann auch beim Einkaufen<br />

aussuchen, was es essen<br />

möchte?<br />

Das ist ein zweischneidiges Schwert.<br />

Zum einen: Eltern sollten ihre Kinder<br />

auf jeden Fall mitnehmen zum<br />

Einkaufen. Allerdings würde ich mit<br />

Kindern vor allem auf Märkte gehen.<br />

Dort kann eigentlich nichts schiefgehen.<br />

Auf so einem grossen Bauernmarkt<br />

sieht ein Kind die Äpfel<br />

neben den Tomaten und den Eiern,<br />

die Salate, die Käsesorten, das Fleisch<br />

«Eltern sollten mit<br />

Kindern häufig<br />

auf Bauernmärkte<br />

gehen. So ein<br />

Einkauf hat<br />

etwas ungeheuer<br />

Sinnliches.»<br />

im Metzgerwagen. Es erlebt die jahreszeitlichen<br />

Variationen. So ein<br />

Einkauf hat einen ungeheuer sinnlichen<br />

Aspekt, ich empfehle, das so oft<br />

wie möglich zu machen, auf alle Fälle<br />

einmal wöchentlich.<br />

Marguerite Dunitz-Scheer über ...<br />

... bio: Grundsätzlich ist jede Nahrung so<br />

naturbelassen wie möglich einzukaufen<br />

und so wenig verarbeitet wie möglich zu<br />

konsumieren. Je mehr Konservierungsstoffe<br />

ein Produkt hat, umso eher lasse ich<br />

die Finger davon – ausser wenn ich mich<br />

für eine Südpolexpedition ausrüste.<br />

... vegan: Das ist für mich eine extreme<br />

Form der Ernährung, von der ich Eltern<br />

von heranwachsenden Kindern abrate.<br />

Eltern, die ihr Kind streng vegan ernähren<br />

möchten, sollten auf jeden Fall einen<br />

Diätologen konsultieren und darauf<br />

achten, dass die Eiweissversorgung<br />

sichergestellt ist.<br />

... vegetarisch: Kinder können pro blemlos<br />

mit einer vegetarischen Ernährung aufwachsen,<br />

sie ist eiweissreich und enthält<br />

genügend Kalzium. Vegetarische Kost<br />

kann fantastisch geschmackvoll sein, aber<br />

Haben Sie noch einen Tipp?<br />

Man sollte es, so gut es geht, vermeiden,<br />

gerade jüngere Kinder mit in<br />

einen Supermarkt zu nehmen, der ja<br />

von Haus aus auf Verführung angelegt<br />

ist. Ich bin dort diejenige, welche<br />

die Auswahl aktiv beeinflusst. Die<br />

Kinder dürfen sich bei der Auswahl<br />

der Joghurts und Müeslis austoben.<br />

Meine Kinder wussten immer, dass<br />

ich keine Süssigkeiten kaufe. Wir<br />

hatten nie welche zu Hause, weil mir<br />

klar war, dass sie genug unterwegs<br />

bekommen, bei Freunden, an Geburtstagspartys<br />

oder wenn wir auf<br />

Reisen waren. Das genügt vollkommen.<br />

Also habe ich nie etwas gekauft,<br />

von dem ich nicht wollte, dass meine<br />

Kinder es essen.<br />

Sehr diszipliniert.<br />

Ich halte das für eine sinnvolle Herangehensweise.<br />

So erspart man sich<br />

unzählige Debatten und anstrengende<br />

Situationen. Am schlimmsten<br />

finde ich Süssigkeiten-Belohnungsschubladen.<br />

Denn dann fängt man<br />

an, Essen in gutes und schlechtes<br />

einzuteilen, und dabei sind plötzlich<br />

leider muss man erst nach Indien reisen,<br />

um das im Alltag zu erleben.<br />

... Geschmack: Ein Schweizer Kind<br />

kann meist mit zwölf Monaten zehn verschiedene<br />

Geschmäcker unterscheiden,<br />

ein französisches vierzig. Während<br />

Schweizer und deutsche Restaurants<br />

eigens Menüs mit angeblich kinderkompatiblen<br />

Fischstäbchen, Pommes und<br />

Spaghetti mit Tomatensauce auf die Karte<br />

setzen, liegt der Gedanke eines speziellen<br />

Kinderessens Eltern in vielen anderen Kulturen<br />

völlig fern. Indische Kinder wachsen<br />

zum Beispiel mit sehr würzigen Speisen<br />

auf, der Nachwuchs von Eskimos mit<br />

rohem Fisch, und in Israel essen selbst<br />

die Kleinsten schon geschmacksintensiven<br />

Hummus, Falafel und Oliven. Weil sie<br />

es von den Grossen so kennen.<br />

die ungesunden Sachen die erstrebenswerten.<br />

Der Klassiker: Komm,<br />

jetzt iss noch was von den Nudeln<br />

und dem Brokkoli, dann gibts<br />

danach auch die Schokolade. Wer<br />

Essen hierarchisiert, sorgt dafür, dass<br />

es schnell begehrte Lieblinge und<br />

einen Kampf darum gibt. Wenn Sie<br />

diese Belohnungsstrategien einmal<br />

anfangen, haben Sie verloren und<br />

sind erpressbar. Ganz zu schweigen<br />

davon, dass ein Kind so kein vernünftiges<br />

Verhältnis zu Nahrungsmitteln<br />

aufbauen kann.<br />

Welche Rolle spielen gemeinsame<br />

Mahlzeiten für die Essentwicklung?<br />

Da treffen Sie einen Nerv, denn der<br />

aktuelle Zustand ist eine Katastrophe.<br />

Eine gemeinsame Mahlzeit am<br />

Tag in einer Familie – das muss man<br />

doch mit ein bisschen Organisationstalent<br />

schaffen! Aber nein, einer<br />

isst um fünf, der andere um sechs,<br />

der Dritte abends um neun, wenn er<br />

endlich nach Hause kommt. Recht<br />

häufig ist, dass die Kinder um sechs<br />

essen und die Eltern dann allein um<br />

acht, wenn die Kinder im Bett sind.<br />

36 Juni/Juli <strong>2017</strong> Das Schweizer ElternMagazin Fritz+Fränzi

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