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Monatsinterview<br />
>>> Bühne, auf der Kinder Essverhalten<br />
erleben und erlernen – die ist<br />
sinnlich fast lebenslang präsent und<br />
absolut entscheidend. Essen ist eine<br />
interaktive und soziale Entwicklungsleistung,<br />
und wenn die daheim<br />
«Kinder lernen das<br />
zu mögen, was man<br />
ihnen serviert.<br />
Das ist eine Frage<br />
der Erziehung.»<br />
gut funktioniert, muss in der Schule<br />
nicht die Bedeutung von Kohlenhydraten<br />
oder Ernährungspyramiden<br />
erklärt werden.<br />
Viele Eltern machen die Erfahrung,<br />
dass Kinder einfach schwierige Esser<br />
sind.<br />
Kinder lernen das zu mögen, was<br />
Eltern ihnen servieren. Das ist auch<br />
eine Frage der Erziehung. So, wie wir<br />
auf eine Hygieneentwicklung achten<br />
und den Kindern beibringen, sich die<br />
Haare zu kämmen, die Zähne zu putzen<br />
oder die Hände zu waschen. So<br />
selbstverständlich und diskussionslos<br />
muss auch die tägliche Essentwicklung<br />
stattfinden. Wir haben<br />
dafür ja zwölf, dreizehn Jahre Zeit.<br />
Und wann fängt man am besten mit<br />
der Esserziehung an?<br />
Es gibt kein Alter, wo man sagen<br />
könnte, dass die Kinder nicht empfänglich<br />
sind für die Esskultur um sie<br />
herum. Genau genommen fängt das<br />
alles schon vor der Geburt an, bei der<br />
Ernährung der Schwangeren. Und<br />
auch ein drei Monate altes Baby, das<br />
der Papa im Tragegurt vor sich hat,<br />
registriert, ob der Papa eine Suppe<br />
löffelt oder in eine Wurst beisst.<br />
Viele Kinder, die von ihren Eltern als<br />
schwierige Esser beschrieben werden<br />
oder die tatsächlich essgestört sind,<br />
fallen aber in der Kindertagesstätte<br />
überhaupt nicht auf.<br />
Diese Beobachtung mache ich auch.<br />
Dort essen sie völlig normal, und die<br />
Erzieher sind erstaunt, wenn sie<br />
hören, dass es damit zu Hause Probleme<br />
geben soll. Das Problem ist<br />
eigentlich, dass Eltern dazu neigen,<br />
das Essen zu analysieren, und eine<br />
halbe Wissenschaft daraus machen,<br />
was das Kind isst oder eben verweigert.<br />
Damit entsteht ein Machtpotenzial,<br />
eine Konfliktzone, wo ein<br />
wichtiger Bestandteil des Essens<br />
kaputtgeht: der Lustanteil, der stark<br />
durch das Umfeld bestimmt wird.<br />
Aber wenn mein Kind nun mal strikt<br />
Gemüse boykottiert? Das ist doch<br />
eine Situation, mit der ich mich ausein<br />
andersetzen muss.<br />
Der Wahn mit dem Gemüse kommt<br />
aus der Erwachsenenwelt, meist von<br />
solchen Leuten, die oft selbst gegen<br />
Übergewicht kämpfen und vielleicht<br />
schon ein Leben lang Diät halten.<br />
Nur etwa fünf Prozent der Kinder<br />
sind im Volksschulalter bereits echte<br />
Gemüseliebhaber. Die Minderheit<br />
aller gesunden Kinder liebt also<br />
Gemüse, ab der Pubertät ändert sich<br />
das dann. Das macht überhaupt<br />
nichts, kein Kind muss gezwungen<br />
werden, Gemüse zu essen. Damit<br />
macht man schlimmstenfalls sogar<br />
die Geschmackspräferenzentwicklung<br />
kaputt und sorgt höchstens<br />
dafür, dass dieser Mensch dann auch<br />
in späteren Jahren kein Gemüse mag.<br />
Natürlich soll niemand Zucker pur<br />
löffeln, aber man kann Gemüsemuffeln<br />
Vitamintropfen geben, und von<br />
Gemüse allein kann sowieso kein<br />
Kind wachsen.<br />
Wovon dann?<br />
Von einem Mix aus allen Nährstoffen:<br />
Kohlenhydrate, Eiweiss und<br />
Fett. Plus Vitamine und Mineralstoffe.<br />
Kein Extrem ist gut. Monotone<br />
Kost ist das Schlimmste, was Sie<br />
Ihrem Kind antun können. Als<br />
Faust regel gilt, dass ein wachsendes<br />
Kind ein Gramm Eiweiss pro Tag<br />
und Kilo Körpergewicht zu sich nehmen<br />
sollte – und es ist egal, ob das<br />
aus vollwertigem Getreide, aus Käse,<br />
Fleisch, Fisch, Wurst oder der Schokomilch<br />
kommt. Selbst wenn ein<br />
Kind mal Phasen hat, in >>><br />
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