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Nationaldenkmal - Gesellschaft Berliner Schloss eV

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<strong>Gesellschaft</strong> <strong>Berliner</strong> <strong>Schloss</strong> e.V.<br />

unter der Inschrift die Reichsinsignien: Kaiserkrone,<br />

Königsmantel, Zepter und Reichsschwert, dazu das<br />

geschriebene (verfassungsmäßige) Gesetz, die neue Zeit<br />

charakterisierend.<br />

An den vier abgeschrägten Ecken dieses mehrfach<br />

gegliederten Sockels, leicht beschwingte, auf Kugeln<br />

herabschwebende, weibliche Idealgestalten, dem Sieger<br />

Blumen und Kränze streuend, Sieges- und Friedensgöttinnen,<br />

auf eine Kugel von 80 cm Durchmesser leicht<br />

die Fußspitze aufsetzend, trotz der großen Dimensionen<br />

von einer bezaubernden Anmut und Grazie und von,<br />

großer Formenschönheit, zeigen diese Figuren den Meister<br />

Begas in der Beherrschung der Formen und Maße<br />

auf der Höhe seiner Kunst.<br />

Vor den Längsseiten des Sockels, auf der obersten Stufe<br />

der Treppe sitzend, die dreifach lebensgroßen Gestalten<br />

des Krieges (rechts) und des Friedens (links); der Krieg,<br />

dargestellt durch die muskulöse Gestalt eines jungen<br />

Kriegers. Die Rechte auf den Boden stemmend, die Linke<br />

auf das gegen den Boden gestemmte Schwert stützend,<br />

sitzt er da, zum Aufspringen bereit, die durch Wilhelms I.<br />

Militärreorganisation geschaffene Kriegsbereitschaft des<br />

Deutschen Reiches trefÀich verkörpernd. Auf der<br />

gegenüberliegenden (linken) Seite des Sockels die<br />

Gestalt des Friedens, ein jugendlich kräftiger Mann mit<br />

gelocktem Haar, den linken Arm auf die zweiköp¿ge<br />

Janusbüste stützend. Vollgereifte, schwer<br />

niederhängende Ährenbündel und der dicht mit reifen<br />

Früchten beladene Apfelzweig deuten auf die Segnungen<br />

des Friedens hin.<br />

Hinter diesen beiden Kolossalgestalten die wunderbar<br />

schön ausgeführten Flachreliefs des Krieges und des<br />

Friedens. Den Hintergrund des Kriegsreliefs bildet eine<br />

sturmgepeitschte, von Blitzen durchzuckte, wildaufgeregte<br />

Landschaft, die zerstörenden Wirkungen des Krieges<br />

zeigend. Menschenskelette bedecken den Boden.<br />

Auf der linken Seite schlägt der Blitz zündend in einen<br />

Gottesacker. Auf wildem Rosse, mit mordgierigen Blicken,<br />

das medusenähnliche Haupt von Schlangen umzüngelt,<br />

in jeder Hand eine Brandfackel schwingend, von gierigen<br />

Geiern und Raben umkrächzt, rast die wilde, entsetzliche<br />

Gestalt der Kriegsfurie über das sturmgepeitschte, vor<br />

kurzem noch im Ährenschmuck prangende Ackerfeld<br />

dahin. Zwei Mordgesellen sind ihre Begleiter, der eine mit<br />

der Linken das feuersprühende Roß an der Mähne<br />

geleitend, mit der Rechten die Stachelgeißel schwingend,<br />

der andere ihm voranschreitend, mit dem breiten,<br />

sichelförmigen Schwert nicht nur die Halme und Blumen<br />

des Feldes, sondern auch das blühende Menschenleben<br />

dahinmähend: Männer- und Jünglingsgestalten in<br />

ergreifenden, der grausigen Wirklichkeit abgelauschten<br />

Stellungen, der eine rückwärts mit ausgestreckten Armen<br />

überschlagend; rechts davon eine rührend schöne<br />

Jünglingsgestalt, mit beiden Händen bemüht, sich von<br />

dem furchtbaren Streiche aufzurichten, während sein<br />

Gefährte zur Rechten, gefällt vom Krummschwerte des<br />

fürchterlichen Mähers, im Todeskampfe mit der Hand<br />

krampfhaft den Boden krallt. Angsttvoll kniet an dem<br />

Zerstörungswege die junge Mutter, den nackten Knaben<br />

mit ihrem Leibe zu schützen, während links am Wege die<br />

Not kauert, ein in Lumpen gehülltes Weib, mit blassem,<br />

abgehärmten Antlitz, das Kinn in dumpfer VerzweiÀung in<br />

die Hand gestützt, neben ihr ein dem Hunger erliegendes<br />

Knäblein, den abgezehrten, vom Elend entkräfteten<br />

Körper mühsam mit den hageren Armen auf den Boden<br />

stützend.<br />

Einen lieblichen Gegensatz zu diesen Schrecken des<br />

Krieges bildet das Friedensrelief. Über der anmutigen<br />

Hügellandschaft liegt heiterer Sonnenschein. Sanft sich<br />

schlängelnde Pfade führen zu traulichen Hütten empor.<br />

Am Fuße des Hügels, zur linken Hand, liegt der Hirt in idyllischer<br />

Ruhe inmitten seiner Herde, während zur Rechten<br />

ein junger Landmann behaglich an einen jungen Stier<br />

lehnt. Zwischen diesen beiden Gruppen schreitet, den<br />

Genius des Friedens zu ihrer Rechten, halb schwebenden<br />

Ganges die Göttin des Friedens, eine entzückende<br />

Frauengestalt, in reicher Fülle Blumen und Früchte auf<br />

ihren Weg streuend, die ein Knabe zu ihrer Linken auf<br />

dem Haupte trägt. In dankbarer Verzückung ausschauend<br />

zu der holden Göttin, knien im Vordergrunde zur<br />

Linken zwei Gestalten, links eine junge Bäuerin, rechts<br />

ein alter Landmann im groben Kittel, die Hände wie zum<br />

Gebet gefaltet. Dankbaren Gefühls für das segensvolle<br />

Friedenswalten der himmlischen Göttin, pÀanzt die junge<br />

Mutter mit ihrem Knäblein im Vordergrunde rechts die<br />

Friedenseiche. Alles atmet Heiterkeit und Glück; himmlischer<br />

Friede und holder Märchenglanz ist über die<br />

gesegnete Landschaft ausgegossen,<br />

Auf dem so geschmückten Sockel erhebt sich die<br />

mächtige Reiter¿gur des Wiederherstellers des Deut-<br />

Beschreibung<br />

schen Reiches, von dem Genius des Friedens geleitet.<br />

Leicht geÀügelten Ganges, den Palmenzweig in der<br />

Linken, das edle Haupt mit dem Lorbeer umwunden, den<br />

Blick schwärmerisch zu dem Helden emporgerichtet, die<br />

herrlichen Glieder von einer leichten Gewandung umÀossen,<br />

schwebt er dahin, eine entzückende Wohlgestalt,<br />

welche unverkennbar die Züge der Tochter des Meisters<br />

Begas trägt.<br />

Der Kaiser selbst sitzt in edler, natürlicher Haltung im<br />

Sattel des mächtigen, vorwärtsstrebenden Streitrosses,<br />

zu dessen breithalsiger Gestalt der Hippokrates, das<br />

frühere Leibpferd des Kaisers, als Modell gedient hat.<br />

Über der einfachen Generalsuniform trägt der Held den<br />

schlichten Feldmantel, dessen weiter Kragen malerisch<br />

im Winde zurückÀattert. Die Linke lenkt das prächtige<br />

Schlachtroß am Zügel, die Rechte stützt sich mit dem<br />

Feldherrnstab gegen den Schenkel. Das Haupt bedeckt<br />

der unbebuschte Goldhelm. Hoheit, Würde und Milde<br />

thronen auf dem Antlitz des Herrschers, dessen Heldengestalt<br />

der Künstler in der Auffassung wiedergegeben<br />

hat, wie ihn das Volk kurz nach dem Kriege von 1871<br />

erschaute, in der Rüstigkeit und Frische des Körpers und<br />

Geistes, und wie er noch heute in der Erinnerung des<br />

deutschen Volkes fortlebt.<br />

Die Formen und einzelnen Teile des Denkmals gehen ins<br />

Riesenhafte. Die Gesamthöhe von Roß und Reiter<br />

beträgt 9 m, die des Kopfes mit dem Helm allein 1 m.<br />

Gesamthöhe des Denkmals über der StraßenÀäche 20 m<br />

(etwa die Höhe eines vierstöckigen Gebäudes). Bei einer<br />

Wandung von nur 5 mm Stärke sind 1770 Zentner Bronze<br />

zu dem Reiterdenkmal verwendet worden. Der nach dem<br />

Wachsschmelzverfahren von der Gladenbeckschen<br />

Kunstgießerei hergestellte Guß ist auch den größten<br />

Feinheiten des Modells gerecht geworden.“<br />

aus: Müller-Bohn, H.: „Die Denkmäler Berlins in Wort und<br />

Bild“, Berlin 1905, Verlag: I.M. Spaeth, S. 7-11<br />

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