<strong>Gesellschaft</strong> <strong>Berliner</strong> <strong>Schloss</strong> e.V. Ansichten Abb.33: Rückseite zum Spreekanal mit den vier allegorischen Sandsteingruppen (LAB) Abb.35: Blick vom <strong>Schloss</strong> auf die Hauptgruppe (LDAB) 10
<strong>Gesellschaft</strong> <strong>Berliner</strong> <strong>Schloss</strong> e.V. unter der Inschrift die Reichsinsignien: Kaiserkrone, Königsmantel, Zepter und Reichsschwert, dazu das geschriebene (verfassungsmäßige) Gesetz, die neue Zeit charakterisierend. An den vier abgeschrägten Ecken dieses mehrfach gegliederten Sockels, leicht beschwingte, auf Kugeln herabschwebende, weibliche Idealgestalten, dem Sieger Blumen und Kränze streuend, Sieges- und Friedensgöttinnen, auf eine Kugel von 80 cm Durchmesser leicht die Fußspitze aufsetzend, trotz der großen Dimensionen von einer bezaubernden Anmut und Grazie und von, großer Formenschönheit, zeigen diese Figuren den Meister Begas in der Beherrschung der Formen und Maße auf der Höhe seiner Kunst. Vor den Längsseiten des Sockels, auf der obersten Stufe der Treppe sitzend, die dreifach lebensgroßen Gestalten des Krieges (rechts) und des Friedens (links); der Krieg, dargestellt durch die muskulöse Gestalt eines jungen Kriegers. Die Rechte auf den Boden stemmend, die Linke auf das gegen den Boden gestemmte Schwert stützend, sitzt er da, zum Aufspringen bereit, die durch Wilhelms I. Militärreorganisation geschaffene Kriegsbereitschaft des Deutschen Reiches trefÀich verkörpernd. Auf der gegenüberliegenden (linken) Seite des Sockels die Gestalt des Friedens, ein jugendlich kräftiger Mann mit gelocktem Haar, den linken Arm auf die zweiköp¿ge Janusbüste stützend. Vollgereifte, schwer niederhängende Ährenbündel und der dicht mit reifen Früchten beladene Apfelzweig deuten auf die Segnungen des Friedens hin. Hinter diesen beiden Kolossalgestalten die wunderbar schön ausgeführten Flachreliefs des Krieges und des Friedens. Den Hintergrund des Kriegsreliefs bildet eine sturmgepeitschte, von Blitzen durchzuckte, wildaufgeregte Landschaft, die zerstörenden Wirkungen des Krieges zeigend. Menschenskelette bedecken den Boden. Auf der linken Seite schlägt der Blitz zündend in einen Gottesacker. Auf wildem Rosse, mit mordgierigen Blicken, das medusenähnliche Haupt von Schlangen umzüngelt, in jeder Hand eine Brandfackel schwingend, von gierigen Geiern und Raben umkrächzt, rast die wilde, entsetzliche Gestalt der Kriegsfurie über das sturmgepeitschte, vor kurzem noch im Ährenschmuck prangende Ackerfeld dahin. Zwei Mordgesellen sind ihre Begleiter, der eine mit der Linken das feuersprühende Roß an der Mähne geleitend, mit der Rechten die Stachelgeißel schwingend, der andere ihm voranschreitend, mit dem breiten, sichelförmigen Schwert nicht nur die Halme und Blumen des Feldes, sondern auch das blühende Menschenleben dahinmähend: Männer- und Jünglingsgestalten in ergreifenden, der grausigen Wirklichkeit abgelauschten Stellungen, der eine rückwärts mit ausgestreckten Armen überschlagend; rechts davon eine rührend schöne Jünglingsgestalt, mit beiden Händen bemüht, sich von dem furchtbaren Streiche aufzurichten, während sein Gefährte zur Rechten, gefällt vom Krummschwerte des fürchterlichen Mähers, im Todeskampfe mit der Hand krampfhaft den Boden krallt. Angsttvoll kniet an dem Zerstörungswege die junge Mutter, den nackten Knaben mit ihrem Leibe zu schützen, während links am Wege die Not kauert, ein in Lumpen gehülltes Weib, mit blassem, abgehärmten Antlitz, das Kinn in dumpfer VerzweiÀung in die Hand gestützt, neben ihr ein dem Hunger erliegendes Knäblein, den abgezehrten, vom Elend entkräfteten Körper mühsam mit den hageren Armen auf den Boden stützend. Einen lieblichen Gegensatz zu diesen Schrecken des Krieges bildet das Friedensrelief. Über der anmutigen Hügellandschaft liegt heiterer Sonnenschein. Sanft sich schlängelnde Pfade führen zu traulichen Hütten empor. Am Fuße des Hügels, zur linken Hand, liegt der Hirt in idyllischer Ruhe inmitten seiner Herde, während zur Rechten ein junger Landmann behaglich an einen jungen Stier lehnt. Zwischen diesen beiden Gruppen schreitet, den Genius des Friedens zu ihrer Rechten, halb schwebenden Ganges die Göttin des Friedens, eine entzückende Frauengestalt, in reicher Fülle Blumen und Früchte auf ihren Weg streuend, die ein Knabe zu ihrer Linken auf dem Haupte trägt. In dankbarer Verzückung ausschauend zu der holden Göttin, knien im Vordergrunde zur Linken zwei Gestalten, links eine junge Bäuerin, rechts ein alter Landmann im groben Kittel, die Hände wie zum Gebet gefaltet. Dankbaren Gefühls für das segensvolle Friedenswalten der himmlischen Göttin, pÀanzt die junge Mutter mit ihrem Knäblein im Vordergrunde rechts die Friedenseiche. Alles atmet Heiterkeit und Glück; himmlischer Friede und holder Märchenglanz ist über die gesegnete Landschaft ausgegossen, Auf dem so geschmückten Sockel erhebt sich die mächtige Reiter¿gur des Wiederherstellers des Deut- Beschreibung schen Reiches, von dem Genius des Friedens geleitet. Leicht geÀügelten Ganges, den Palmenzweig in der Linken, das edle Haupt mit dem Lorbeer umwunden, den Blick schwärmerisch zu dem Helden emporgerichtet, die herrlichen Glieder von einer leichten Gewandung umÀossen, schwebt er dahin, eine entzückende Wohlgestalt, welche unverkennbar die Züge der Tochter des Meisters Begas trägt. Der Kaiser selbst sitzt in edler, natürlicher Haltung im Sattel des mächtigen, vorwärtsstrebenden Streitrosses, zu dessen breithalsiger Gestalt der Hippokrates, das frühere Leibpferd des Kaisers, als Modell gedient hat. Über der einfachen Generalsuniform trägt der Held den schlichten Feldmantel, dessen weiter Kragen malerisch im Winde zurückÀattert. Die Linke lenkt das prächtige Schlachtroß am Zügel, die Rechte stützt sich mit dem Feldherrnstab gegen den Schenkel. Das Haupt bedeckt der unbebuschte Goldhelm. Hoheit, Würde und Milde thronen auf dem Antlitz des Herrschers, dessen Heldengestalt der Künstler in der Auffassung wiedergegeben hat, wie ihn das Volk kurz nach dem Kriege von 1871 erschaute, in der Rüstigkeit und Frische des Körpers und Geistes, und wie er noch heute in der Erinnerung des deutschen Volkes fortlebt. Die Formen und einzelnen Teile des Denkmals gehen ins Riesenhafte. Die Gesamthöhe von Roß und Reiter beträgt 9 m, die des Kopfes mit dem Helm allein 1 m. Gesamthöhe des Denkmals über der StraßenÀäche 20 m (etwa die Höhe eines vierstöckigen Gebäudes). Bei einer Wandung von nur 5 mm Stärke sind 1770 Zentner Bronze zu dem Reiterdenkmal verwendet worden. Der nach dem Wachsschmelzverfahren von der Gladenbeckschen Kunstgießerei hergestellte Guß ist auch den größten Feinheiten des Modells gerecht geworden.“ aus: Müller-Bohn, H.: „Die Denkmäler Berlins in Wort und Bild“, Berlin 1905, Verlag: I.M. Spaeth, S. 7-11 11