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Aloha - mein längster Tag

Das Abenteuer Ironman Hawaii Triathlon Worldchampionship

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Hansueli Amacher<br />

<strong>Aloha</strong> - <strong>mein</strong> <strong>längster</strong> <strong>Tag</strong><br />

18. Oktober 1986<br />

Das Abenteuer Ironman Hawaii Triathlon Worldchampionship<br />

e m<br />

edition mogamo


2. Auflage 2017<br />

Copyright © mogamo<br />

Texte HU.Amacher<br />

Gestaltung mogamo<br />

Satz mogamo<br />

Lektorat Ulrich Schlampig


Hansueli Amacher<br />

<strong>Aloha</strong> - <strong>mein</strong> <strong>längster</strong> <strong>Tag</strong><br />

18. Oktober 1986<br />

Das Abenteuer Ironman Hawaii Triathlon Worldchampionship


Inhalt<br />

He looks very tired 5<br />

Vorwort 7<br />

Wie alles begann 8<br />

Was soll aus mir einmal werden? 8<br />

Der Auslöser 8<br />

1984 - das erste Jahr 9<br />

1985 - das zweite Jahr 12<br />

1986 - das dritte Jahr 15<br />

Vorbereitung 16<br />

Trainingswoche mit Gümmelern 16<br />

Wettkämpfe 16<br />

Letzter Materialtest 17<br />

Carls Tipps 18<br />

Motivationsfaktoren 19<br />

Begeistert, aber mässig talentiert 19<br />

Fredi Guyer 21<br />

Nizza 21<br />

Magnum 22<br />

Ein böser Traum 23<br />

Nörgeler, Missgünstler und Neider 23<br />

Anreise und Klimaschock 24<br />

Adorni 26<br />

Kailua Pier 27<br />

Japanische Organisation 28<br />

Sterben im Wind 28<br />

The Captain of her Heart 30<br />

Sightseeing 31<br />

Spirit of Ironman 32<br />

Röslis Arm 33<br />

Check In 35<br />

The Night before 36


Race Day 39<br />

04.00 39<br />

Vor dem Start 39<br />

Action 41<br />

Land in Sicht 42<br />

On the Road to Hawi 44<br />

I‘m flying 46<br />

Hämmerchen 46<br />

Marathon! 50<br />

He looks smart 50<br />

Immer lächeln 51<br />

Die Füsse! 51<br />

Bouillon 51<br />

Ukulele 53<br />

Duschen 56<br />

After Party 57<br />

The Day after 58<br />

Laufen! 58<br />

Goodbye Kailua-Kona 58<br />

Holydays 60<br />

Waikiki 60<br />

Es gibt ein Hofbräuhaus auf Hawaii 60<br />

Polinesische Kultur 61<br />

Wieso Duke Kahanamoku einmalig bleibt 63<br />

Japanese Restaurant 64<br />

Alle Drinks! 64<br />

Nachwehen 66<br />

Back home 66<br />

Der weitere Weg 68<br />

San Diego 70<br />

Kulturreisen 72<br />

Heute 72<br />

Nachbetrachtung 74<br />

Variante 1 74<br />

Variante 2 75<br />

Einige Fakten 77<br />

Ironman 77<br />

1986 77


6


He looks very tired<br />

Samstag, 18. Oktober 1986, kurz vor 22 Uhr. Soeben laufe ich durch das<br />

Ziel.<br />

«You are an Ironman!», verkündet der Speaker lautstark und ich hätte jetzt<br />

allen Grund, stolz und glücklich zu sein. Aber gerade jetzt, in diesem so<br />

einmaligen Moment, fällt mir nichts Lustiges mehr ein. Ich bin zu müde,<br />

platt, fix und fertig.<br />

Ich höre noch eine Frauenstimme aus dem Publikum:<br />

«Oh, he looks very tired.»<br />

Mir wird ein Blumenring und die begehrte Finisher-Medaille umgehängt,<br />

das Finisher-T-Shirt übergeben und auf die Schultern geklopft. Hawaii-Girls<br />

jubeln, Hawaii-Boys trommeln und irgendwelche Typen gratulieren mir.<br />

«Everything ok?»<br />

Ich will in <strong>mein</strong> Hotelzimmer, ich will liegen, ich will jetzt nur noch <strong>mein</strong>e<br />

Ruhe.<br />

5


6


Vorwort<br />

Am 18. Oktober 1986 erreichte ich spät abends als Finisher das Ziel der<br />

Ironman Triathlon World Championship auf dem Alii Drive in Kailua-Kona<br />

auf Big Island, Hawaii.<br />

Die Teilnahme am weltweit prestigeträchtigsten Ausdauerwettbewerb<br />

war zu dieser Zeit noch ein richtiges Abenteuer.<br />

30 Jahre später erinnere ich mich nicht mehr an jedes Detail. Vieles bleibt<br />

aber unvergesslich und ist stark in <strong>mein</strong>er Erinnerung geblieben.<br />

Die Sportart Triathlon, damals noch von sogenannten Spinnern und Verrückten<br />

betrieben, hat sich in der Zwischenzeit zu einer etablierten Sportart<br />

entwickelt. Eines ist jedoch gleich gross geblieben: die Faszination, an<br />

einem solchen Anlass dabei zu sein und das Ziel zu erreichen.<br />

Ich reiste mit einer kleinen Gruppe nach Hawaii. Bereits 1982 hatte René<br />

Friedli als erster Schweizer am Ironman teilgenommen. Wir gehörten aber<br />

immer noch zu den ersten Eidgenossen, welche die Reise in den Pazifik und<br />

in neue sportliche Dimensionen wagten.<br />

Mit auf dieser Reise war auch ein Küchenchef aus Baar. Mit ihm teilte<br />

ich das Hotelzimmer und wir verbrachten und genossen auch die <strong>Tag</strong>e<br />

nach dem Wettkampf, unseren wohlverdienten Urlaub im Ferienparadies,<br />

zusammen. Mit seiner offenen, unkomplizierten und auch reflektierenden<br />

Art war er für mich eine Bereicherung und eine echte Unterstützung.<br />

Er ist leider bereits 2003 von uns gegangen. Auf einer Ferienreise mit<br />

seiner Frau Silvia in Mexiko brach er plötzlich zusammen – sein Herz hatte<br />

aufgehört zu schlagen. Dieses Buch ist Pepi Werder gewidmet.<br />

«Warum schreibst du das Ganze nicht auf, das hat dir doch so viel bedeutet<br />

und vielleicht machst du mit deiner Geschichte auch Andern eine Freude?»<br />

Da gab es doch so viele lustige Episoden - wir hatten viel zu lachen. Natürlich<br />

nicht immer, aber manche kleine Tragödie wurde später mit Tränen in<br />

den Augen wiedergegeben.<br />

Meine Kameraden von damals? Die existieren fast nicht mehr. Die haben<br />

sich entweder irgendwie verflüchtigt oder sie weilen, wie Pepi, gar<br />

nicht mehr unter uns.<br />

Also begann ich zu schreiben …<br />

7


Wie alles begann<br />

Was soll aus mir einmal werden?<br />

Ich erblickte 1957 an einem kalten Wintertag das Licht der Welt. Ich war<br />

offenbar ein stattlicher Mocken von über 4 Kilogramm. Bei <strong>mein</strong>em Vater,<br />

einem ehemaligen Kranz-Schwinger, kam Hoffnung auf. Ist das vielleicht ein<br />

kommender Schwingerkönig?<br />

Bald folgte die erste Ernüchterung. Ich war eher kränklich und zog in den<br />

ersten Schuljahren so ziemlich alle Kinderkrankheiten in Serie durch. An<br />

einem heftigen Keuchhusten soll ich tatsächlich einmal fast erstickt sein.<br />

Ich genoss Angina, Grippen und seuchte öfters dahin.<br />

Der Besuch von Schwingfesten ödete mich schon bald einmal ziemlich<br />

an, das war offensichtlich nicht <strong>mein</strong>e Welt. Ich stänkerte und es entbrannten<br />

bereits die ersten Familien internen Kulturkämpfe.<br />

Fussball faszinierte mich und nicht diese dicken Stiernacken mit ihren<br />

Bürstenschnittfrisuren.<br />

«Heugümper» nannte Vater die Fussballer und «22 A………. die einem<br />

Ball nachrennen.»<br />

Dann kamen die Beatles, Stones und Jimi Hendrix - und ich wurde nicht<br />

Schwingerkönig.<br />

Der Auslöser<br />

Kurz vor Weihnachten 1983 sass ich mit <strong>mein</strong>em damaligen Berufskollegen<br />

Peter in einer Bar in Zürich:<br />

«Hast du gehört, da gab es diesen Sommer einen Wettkampf, wo sie<br />

schwimmen, radfahren und abschliessend laufen und das über wahnsinnige<br />

Distanzen.»<br />

«Total gestört, was die da tun, die spinnen doch sicher alle.»<br />

«Ganz bestimmt, die müssen alle einen Knall haben.»<br />

René Friedli hatte 1982 als erster Schweizer beim Ironman Triathlon auf<br />

Hawaii teilgenommen und er organisierte 1983 in Zürich den ersten Swiss<br />

Triathlon. Der Anlass fand in den Medien reichlich Resonanz. Gerade<br />

jetzt hatte auch die Ausdauer- und Fitnesswelle die Schweiz erreicht. Fitness-Clubs<br />

schossen wie Pilze aus dem Boden, Jane Fonda wurde zur Aerobic-Göttin<br />

und der trendige Teil der Gesellschaft begab sich auf den Weg,<br />

die Grenzen auszuloten.<br />

8


Ich hatte mit einem Partner ein Architekturbüro gestartet und es lief von<br />

Beginn weg besser als erwartet. Ich hätte allen Grund gehabt, zufrieden<br />

zu sein. Doch irgendetwas schien noch zu fehlen. Da fehlte noch der Kick.<br />

Meine musikalische Karriere hatte ich zwischenzeitlich auch auf Eis gelegt.<br />

Peter hatte gerade die erste Scheidung hinter sich und war jetzt daran,<br />

sich neu zu orientieren.<br />

«Hei, das wäre doch etwas für uns!»<br />

«Hä, hast du schon zu viel geschluckt?»<br />

«Nein, aber ich <strong>mein</strong>e, mit ein wenig Vorbereitung sollte das doch zu<br />

schaffen sein, die haben da ja auch eine Kurzdistanz, 1.5 km Schwimmen,<br />

60 km Radfahren und 15 km Laufen, das könnten wir packen!»<br />

«Du spinnst doch total - ich <strong>mein</strong>e, wir haben ja schon allerhand Blödsinn<br />

gemacht und mit unseren Streichen halb Zürich auf den Kopf gestellt,<br />

aber so einen Quatsch habe ich wirklich nicht nötig!»<br />

Peter sagte nichts und wir schwiegen eine Weile vor uns hin und starrten<br />

auf unsere Gläser.<br />

Da drängte der verhängnisvolle Satz aus mir heraus:<br />

«Ok, wenn du es machst, mache ich es auch und ich nehme dir mindestens<br />

eine Viertelstunde ab.»<br />

Die Wette galt.<br />

1984 - das erste Jahr<br />

Ich hatte die letzten beiden Jahre ein wenig Squash und Tennis gespielt<br />

und versuchte mich auch als Jogger. Aber weiter als 5 km an einem Stück<br />

war ich noch nie gekommen. Mein Körpergewicht hatte auch stetig zugenommen<br />

und lag schon fast bei 90 Kg.<br />

Nun begann ich regelmässig zu joggen, fuhr mit einem sogenannten Halbrenner<br />

immer weitere Strecken und besuchte das Hallenbad.<br />

Und bald einmal hatte ich mich soweit gesteigert, dass ich 10 km an<br />

einem Stück rennen konnte und über 1 Km war ich auch schon einige Male<br />

geschwommen. Auch der Blick auf die Waage bescherte mir erste Erfolgsmeldungen.<br />

9


Schon rückte der Sommer näher und der <strong>Tag</strong> der Entscheidung stand bevor.<br />

Von Peter hatte ich nicht mehr viel gehört. Er orientierte sich offenbar<br />

neu, beteuerte aber jedes Mal, wenn ich ihn fragte, dass er es immer noch<br />

ernst <strong>mein</strong>e und er meldete sich auch für den Swiss Triathlon an. Irgendwie<br />

traute ich ihm nicht so ganz. Er war ein wenig schlitzohrig. Trainierte<br />

er wohl wie ein Verrückter und tat nur so, als nähme er unsere Wette total<br />

auf die leichte Schulter?<br />

An einem heissen Julitag war es soweit. Ich hatte <strong>mein</strong>en Halbrenner halb<br />

renntauglich gemacht und passende Laufschuhe gefunden. Peter erschien<br />

tatsächlich mit einem richtigen Rennvelo. Der Zustand dieses Göppels liess<br />

allerdings darauf schliessen, dass er in den letzten Jahren nicht allzu viele<br />

Kilometer gefressen hatte. Ich war mir jetzt ziemlich sicher, 15 Minuten<br />

gegen Peter wären ein Klacks. Wir begaben uns zum Start und wünschten<br />

uns alles Gute. Von da an waren wir Gegner.<br />

Irgendwie schaffte ich die Schwimmstrecke im kühlen Zürichsee, pedalte<br />

60 Km herunter und schleppte mich unter drückender Hitze über die<br />

Laufstrecke. Bereits nach etwa 5 Km begann aber der Überlebenskampf.<br />

Bei - von mir geschätzten - 55 Grad im Schatten schleppte ich mich ins Ziel.<br />

Ich hatte <strong>mein</strong>en ersten Triathlon beendet.<br />

Jetzt wartete ich auf Peter. Unterwegs hatte ich ihn gesehen, er winkte<br />

jedes Mal fröhlich. Hatte ich ihn unterschätzt, war ich mit <strong>mein</strong>er Ankündigung,<br />

ihm mindestens 15 Minuten abzunehmen, etwa zu optimistisch<br />

gewesen?<br />

10 Minuten waren bereits vergangen, Peter war noch nicht in Sicht.<br />

Nach 2 oder 3 weiteren Minuten stieg <strong>mein</strong>e Zuversicht. Nach 15 Minuten<br />

dann die grosse Erleichterung, ich hatte es geschafft. Ich hatte <strong>mein</strong>en<br />

ersten Triathlon geschafft, ich hatte Peter geschafft, aber auch ich war total<br />

geschafft.<br />

18 Minuten nach mir erreichte Peter das Ziel. Er war so kaputt wie man<br />

nur kaputt sein kann.<br />

Wir lagen wie tote Fliegen im Rasen und Peter sagte nur noch:<br />

«Nie wieder!»<br />

Er hielt Wort und wurde nachher nie mehr an einem Sportanlass gesehen.<br />

10


In mir aber wurde etwas geweckt.<br />

An der Expo im Rahmen des Swiss Triathlons entdeckte ich die Ausschreibung<br />

für den 1. Seeländer Triathlon am Bielersee. Da war auch die<br />

Halbironman-Distanz ausgeschrieben.<br />

Wer einen Drittel schafft, der schafft auch die Hälfte!<br />

Ein paar Wochen später, es war wieder sauheiss, stand ich am Start am Bielersee.<br />

1.9 Km Schwimmen, 90 Km Velo und ein Halbmarathon, das würde<br />

wohl hart werden.<br />

Bereits auf der dritten von vier Velo-Runden klebte ich bei einem fast<br />

überhängenden Anstieg förmlich am Teer. Irgendwie schaffte ich auch die<br />

letzte Runde noch und ich konnte <strong>mein</strong> Velo endlich abgeben. 21 Km sollten<br />

ja zu Fuss auch irgendwie zu schaffen sein. Die zogen sich dann aber<br />

endlos dahin. Ich trabte, ich marschierte, ich trabte wieder bis ich wieder<br />

marschieren musste und es waren wieder über geschätzte 60 Grad am<br />

Schatten, und die Strecke lag ja, entlang eines Kanals, voll in der prallen<br />

Sonne.<br />

Schlussendlich erreichte auch ich noch das Ziel. Da wurde schon fleissig<br />

aufgeräumt. Aus der Rangliste konnte ich dann <strong>mein</strong>en ersten Podestplatz<br />

ersehen: 3. Rang Overall - von hinten. Zum Glück kannte mich in der Gegend<br />

niemand und ich hatte auch wohlweislich <strong>mein</strong>e Aktion zuhause nicht<br />

an die grosse Glocke gehängt.<br />

Ich packte <strong>mein</strong>e Sachen und fuhr noch den langen Weg mit <strong>mein</strong>em<br />

alten Renault nach Hause. Auch der lief irgendwie auf den Felgen. Ich registrierte<br />

das zwar, war aber zu kaputt, um der Sache auf den Grund zu gehen.<br />

Der Motor der alten Karre klopfte und stotterte und wir erreichten gerade<br />

noch <strong>mein</strong> Haus. Am nächsten Morgen ging gar nichts mehr, der Renault<br />

hatte seinen Geist endgültig aufgegeben.<br />

Ich nicht, denn in mir brodelte es: «So nicht mit mir!»<br />

Als erstes schaffte ich mir einen sportlichen neuen Ford Sierra mit Dachträger<br />

und ein richtiges Rennvelo an.<br />

Den kommenden Winter über trainierte ich so viel ich konnte. Im Dezember<br />

1984 wurde in Bremgarten der Pitsch-Fitnessclub eröffnet. Da wurde ich<br />

Stammgast und schloss mich auch einer Laufgruppe an. Ich gründete auch<br />

11


eine Schwimmgruppe und konnte mit einer ehemaligen Spitzenschwimmerin<br />

eine kompetente Trainerin gewinnen. Die langen Winterabende verbrachte<br />

ich vor dem Fernseher, zog mir Kriegs- und Abenteuerfilme rein<br />

und strampelte dazu auf der Velorolle.<br />

Meine Freunde und Kollegen mussten zurückstehen und Frauen störten<br />

mich generell nur beim Formaufbau …<br />

1985 - das zweite Jahr<br />

1985 konnte ich mich bei ein paar Kurztriathlons bereits im Mittelfeld platzieren.<br />

Am Swiss Triathlon absolvierte ich die 2-Dritteldistanz bereits recht<br />

respektabel und hatte dabei <strong>mein</strong>e Zeitvorgabe klar unterboten. Da hörte<br />

ich, dass im September in Nizza eine Weltmeisterschaft über eine ähnliche<br />

Distanz stattfinden sollte. Aus der Schweiz war eine Reise organisiert und<br />

ich schnupperte zum ersten Mal in der grossen Triathlonwelt.<br />

Am Mittwoch-Abend vor dem Rennen, zwei <strong>Tag</strong>e vor dem Abflug nach Nizza,<br />

erreichte mich spät abends die Mitteilung, dass Fredi Guyer, <strong>mein</strong> enger<br />

Mitarbeiter und Freund mit dem Motorrad tödlich verunglückt sei.<br />

Am nächsten Morgen Krisensitzung im Büro. Arbeitsmässig schon stark<br />

am Anschlag, traf uns dieser Schicksalsschlag hart.<br />

Fredis Beerdigung würde nach <strong>mein</strong>er Rückkehr aus Nizza stattfinden.<br />

Da unter diesen Umständen an eine vernünftige Arbeit im Büro sowieso<br />

nicht zu denken war, beschloss ich, die Reise trotzdem anzutreten.<br />

Die Abwechslung tat mir vorerst gut. Ich lernte einige der Schweizer Spitzentriathleten,<br />

wie Müggi Müller und Markus Wepfer kennen. Unter ihnen<br />

war auch Vroni Steinmann aus Hausen am Albis, wie ich aus dem Säuliamt.<br />

Vroni hatte die ersten Swiss Triathlons gewonnen und galt zu der Zeit in der<br />

Schweiz als das Mass der Dinge bei den Damen.<br />

Nizza war eine grosse Sache, die berühmten Amerikaner wie Dave Scott<br />

und Mark Allen waren alle am Start. Die Medien waren überall präsent und<br />

der Anlass professionell organisiert.<br />

Ich konnte mir jetzt ein Bild über den aktuelle Stand in diesem neuen<br />

Sport verschaffen. Ich war immer noch mit <strong>mein</strong>em modifizierten Halbrennen<br />

unterwegs und auch Punkto Ernährung und Trainingslehre noch ein<br />

12


ziemliches Greenhorn.<br />

Der Wettkampf begann gut. Ich stand ja nicht gerade unter Favoritendruck<br />

und ging das Ganze relativ gelassen an. Ich hatte mir einen Neoprenanzug<br />

zugelegt und die Schwimmstrecke im, zu dieser Jahreszeit bereits eher<br />

kühlen, Mittelmeer so absolviert, wie ich es mir etwa vorgestellt hatte. Ich<br />

fuhr mittlerweile auch schon ganz ordentlich die Berge hoch und machte<br />

mir für die anspruchsvolle und stark kupierte Velostrecke keine grossen<br />

Sorgen. Wirklich Respekt hatte ich aber vor der 30 Km langen Laufstrecke<br />

und der Gesamtdistanz generell.<br />

Schon nach wenigen Kilometern führte die Velostrecke in die Berge<br />

oberhalb Nizza. Es war ein ständiges Auf und Ab mit gefährlichen Kurven.<br />

An einigen Stellen lag auch heimtückischer Splitt und mancher Teilnehmer<br />

machte Bekanntschaft mit dem Asphaltbelag, den Randsteinen oder einem<br />

Abhang. Der Anblick dieser gestürzten Athleten mit ihren Schürfungen und<br />

blutenden Wunden fuhr bei mir zunehmend ein. Auf einmal sah ich bei<br />

jedem am Boden liegenden Triathleten <strong>mein</strong>en Freund Fredi, welcher am<br />

Mittwoch mit seinem Motorrad von einem Lastwagen überfahren worden<br />

war.<br />

Nizza 1985: noch mit Halbrenner und Riemenhelm!<br />

13


Diese Situation überforderte mich zusehends, damit hatte ich nicht gerechnet.<br />

Ich hielt in einer Ortschaft an und setzte mich auf eine Mäuerchen.<br />

Sofort kamen Zuschauer zu mir und versuchten mich aufzumuntern. Sie<br />

konnten nicht verstehen, dass ich nicht mehr weiterfahren wollte. Ich sah<br />

noch einigermassen frisch aus und ich war unverletzt. Liebenswürdige Einheimische<br />

brachten mir köstliche Trauben, welche ich auch genüsslich ass.<br />

Aber weiterfahren ging nicht mehr. Ich hatte jetzt ein Problem mit dem ich<br />

nicht umzugehen wusste.<br />

In einem Sanitätswagen mit gestürzten Wettkämpfern nahm ich Platz,<br />

froh, dass ich unversehrt geblieben war.<br />

Von einigen anderen Teilnehmern aus <strong>mein</strong>er Gruppe bekam ich dann<br />

zu spüren, dass sie für Aufgeben kein grosses Verständnis haben. Das<br />

macht man in dem Sport nicht. Ich war noch ein unbeschriebenes Blatt und<br />

sie dachten wohl, dass ich einfach von der Strecke überfordert gewesen<br />

sei. Ich liess die Leute in dem Glauben, ich wollte im Moment nicht über<br />

<strong>mein</strong> Problem sprechen.<br />

Wieder zuhause, wurden nach der Beerdigung von Fredi die wichtigsten Pendenzen,<br />

mehr oder weniger automatisch, erledigt. Das Leben ging weiter.<br />

Bald danach war das Schlimmste überstanden und die Normalität wieder<br />

eingekehrt. Da nahm bei mir der Gedanken über eine Teilnahme am Ironman<br />

Hawaii Form an. Carl Kupferschmid hatte in diesem Jahr einen sensationellen<br />

3. Rang erreicht und war gerade in der Sportszene ein Thema.<br />

Ich hatte mich mit Fredi viel über Sport unterhalten. Als mehrmaliger<br />

Schweizer Meister im Satus-Kunstturnen hatte er ein Aufgebot für den Nationalkader<br />

- damals unter dem legendären Fit mit Jack Günthard - abgelehnt.<br />

Er befürchtete, dass ihm damit die Freude am Turnen genommen<br />

und auch der Aufwand zu viel geworden wäre. Ich verstand ihn. Das wichtigste<br />

ist die Passion, wenn man etwas tun muss, soll man es tun, wenn<br />

nicht, soll man es lassen.<br />

Ich hatte jetzt eine Passion. Ich werde Finisher am härtesten Rennen<br />

der Welt. Das tönt doch reichlich ambitioniert für einen, der in seiner frühen<br />

Kindheit öfters kränkelte und auch als Fussballer nicht gerade für seine<br />

Kondition bekannt war.<br />

14


Wie liess sich jetzt <strong>mein</strong> nochmals gesteigerter Trainingsumfang mit der<br />

Situation im Büro vereinbaren? Die Antwort mag erstaunlich sein. Mit dem<br />

Druck bei der Arbeit verstärkte sich auch das Bedürfnis nach einem Ausgleich.<br />

Und da ist Ausdauersport perfekt.<br />

Mein Leben bestand jetzt vorwiegen aus Arbeiten und Trainieren. Und<br />

wenn ich einmal keines von beidem tat, ruhte ich mich aus. Manche Einladung<br />

sagte ich nun ab, ich war nicht mehr oft auf Partys und auf der Gasse<br />

- aber ich war erfüllt.<br />

Das <strong>mein</strong> soziales Leben nicht total austrocknete, hatte auch mit dem<br />

Fitnessclub in Bremgarten zu tun. Nebst einem dezidierten Krafttraining<br />

trieb ich Gymnastik und turnte in den Aerobic-Gruppen mit, oft als der<br />

einzige Mann. Aber ich mochte die koordinativen Übungen, war beweglich<br />

und schätzte das Stretching. Ausserdem waren da ja auch immer wieder<br />

knackige Trainerinnen engagiert. Doch ich war diszipliniert genug, möglichen<br />

Techtelmechteln aus dem Weg zu gehen, sie würden nur <strong>mein</strong>en Formaufbau<br />

stören. Ich hatte schliesslich ein Ziel.<br />

1986 - das dritte Jahr<br />

Im November 1985 fand in Zürich die Gründungsversammlung des TRI,<br />

des Schweizerischen Triathlon-Verbandes statt. Der erste Präsident, Peter<br />

Boll, bot da auch gleich eine Reise zum Ironman Hawaii an. Er hatte bereits<br />

im Vorjahr teilgenommen. Ich begann gleich, ihn mit Fragen zu durchlöchern.<br />

Neben mir stand da auch ein kräftig gebauter, ein paar Jahre älterer<br />

Kerl, welcher aufmerksam zuhörte. Pepi Werder wollte auch nach Hawaii<br />

und wir kamen ins Gespräch. Er wohnte mit seiner Familie in Baar, keine<br />

halbe Stunde von mir entfernt. Wir verstanden uns auf Anhieb und hatten<br />

dann auch viel Spass zusammen bei unserem grossen Abenteuer. Pepi war<br />

unkompliziert und ein feiner Mensch mit einem gesunden Humor.<br />

Irgendwann zu diesem Zeitpunkt war ich auch noch dabei, als der Triathlon<br />

Klub Zürich gegründet wurde. Der Triathlon-Sport war auf dem Weg, erwachsen<br />

zu werden.<br />

15


Vorbereitung<br />

Trainingswoche mit Gümmelern<br />

Im Mai verbrachte ich eine Woche mit einer Gruppe Hobby-Rennfahrer in<br />

Gabbice Mare an der italienischen Adriaküste, nicht weit von Rimini entfernt.<br />

An <strong>mein</strong>em Rennrad waren jetzt die neuen Click-Pedals montiert.<br />

Mit ihnen konnte man jetzt unbeschwert stürzen …<br />

Als Helmträger war man damals noch ein Weichei und Warmduscher.<br />

Allfällige Bemerkungen konterte ich jeweils mit: «Wo nichts drin ist, gibt es<br />

auch nichts zu schützen».<br />

Auch Punkto Kleidung waren die Gümmeler noch traditionsbewusst.<br />

Weisse Socken waren ein Muss. Ich trug meistens gar keine Socken: «Ist<br />

doch eher für Weicheier und Warmduscher».<br />

Die hügelige Gegend im Hinterland und die milden Temperaturen behagten<br />

mir. Ebenso das Essen. Nach einer Woche mit langen Ausfahrten<br />

im hügeligen Gelände und ergänzenden Laufeinheiten schaute ich schon<br />

ziemlich blöd aus der Wäsche, als ich zuhause wieder auf die Waage stand.<br />

Ich hatte nicht wie erwartet abgenommen, sondern sogar zwei Kilogramm<br />

zugelegt – oh Schande. Ich hielt es bisher als ein Triathleten-Privileg, dass<br />

man grenzenlos futtern könne, ja sogar müsse. Nicht bei mir und ich musste<br />

in Zukunft leider vermehrt auf eine gezielte Ernährung achten.<br />

Wettkämpfe<br />

Ich bestritt nur wenige Wettkämpfe. Den Murten- und den Bieler-Triathlon<br />

und in Zürich lief ich <strong>mein</strong>en ersten Halbmarathon. Die Zeit von 1.30 entsprach<br />

etwa <strong>mein</strong>en damaligen Möglichkeiten.<br />

Ich musste <strong>mein</strong>e Trainings möglichst mit <strong>mein</strong>er Arbeit koordinieren.<br />

Ich hatte auch abends und an Wochenenden Sitzungen und Besprechungen,<br />

konnte aber dafür tagsüber trainieren. In <strong>mein</strong>er Umgebung hatte<br />

sich <strong>mein</strong> Plan bereits herumgesprochen und ich stiess auch meistens auf<br />

Verständnis.<br />

Meine Vorbereitung lief nicht schlecht und ich verdaute jetzt auch längere<br />

Trainingseinheiten immer besser. Ich fuhr mit dem Velo bis ins Emmental<br />

um dann auf dem Rückweg den Hügelzug des Lindenberges noch<br />

beissend zu überwinden. Auch der kleine Schlussanstieg nach der Reussebene<br />

zu <strong>mein</strong>em Haus in Ottenbach kam mir dann öfters extrem steil<br />

vor. Zuhause hiess es dann gleich duschen, etwas essen und ab ins Büro<br />

16


oder zu einer Besprechung. Bloss keine Müdigkeit vortäuschen, du willst ja<br />

schliesslich ein Ironman werden.<br />

Im September wurden dann die <strong>Tag</strong>e kürzer und die Temperaturen sanken.<br />

Es wurde langsam Zeit und der Termin rückte näher.<br />

Wenn ich zwischendurch kaputt vom Training, relaxend auf dem Bett lag,<br />

wurde ich schon manchmal von Zweifeln befallen: «Nimmst du dir da nicht<br />

zu viel vor? Wirst du das wirklich schaffen? Was, wenn du einbrichst?»<br />

So verinnerlichte ich mir: Finisher oder Spital - dazwischen wird es nichts<br />

geben!<br />

An den Spital dachte ich aber nicht wirklich, ich fixierte mich nur auf<br />

eines: Finisher!<br />

Und ich war jetzt bereit - beinahe.<br />

Letzter Materialtest<br />

Ein Problem hatte ich noch. Erst seit kurzer Zeit waren Laufschuhe mit<br />

brauchbarer Dämpfung auf dem Markt. Das war für mich von grosser Bedeutung.<br />

Ich habe relativ breite Füsse und einen hohen Rist. Da kamen viele<br />

Schuhe mit einer normalen Form für mich gar nicht erst in Frage. Skifahren<br />

und Schlittschuhlaufen waren für mich bisher immer getrübte Vergnügen<br />

gewesen, welche ich kaum schmerzfrei geniessen konnte. Auch Wanderschuhe<br />

und die mässig geliebten Militärschuhe waren nicht optimal.<br />

Ich hatte schon einige Laufschuhe ausprobiert, war aber noch nicht<br />

glücklich geworden. Klar war, dass ich für die lange Distanz Schuhe mit<br />

einer hohen Stabilität im Fersenbereich benötigte. Einige Modelle waren<br />

zwar bequem, aber nur für Distanzen bis etwa 15 Kilometer geeignet.<br />

Am besten erschien mir ein Modell der Firma mit dem Raubtier als Logo.<br />

Aber auch sie hatten mich bisher noch nicht restlos überzeugt.<br />

Ein abschliessender Test, den Dammwegen der Reuss entlang, sollte<br />

Klarheit bringen. Flussaufwärts bis nach Mühlau, über die Brücke und wieder<br />

zurück nach Ottenbach.<br />

Ich lief die etwa 15 Km bis zur Lorzen-Einmündung in die Reuss, zog<br />

<strong>mein</strong>e Schuhe und Socken aus und watete durch die Lorze. Anschliessend<br />

zog ich <strong>mein</strong>e Laufsocken wieder über die noch nassen Füsse und rannte<br />

problemlos die restlichen, etwa 8 Km nach Hause. Test bestanden.<br />

17


Carls Tipps<br />

Carl Kupferschmid wurde 1985 in der Schweiz nach seinem sensationellen<br />

dritten Rang auf Hawaii schlagartig bekannt. Während sich die Allge<strong>mein</strong>heit<br />

noch über die galaktischen Leistungen eines solchen Spinners wunderte,<br />

war er für uns, auch aufgrund seines Tüftelns und seiner Akribie,<br />

natürlich sehr interessant.<br />

Es waren einige Räubergeschichten im Umlauf. Von haushohen Wellen<br />

auf der Schwimmstrecke, von orkanartigen Seitenwinden auf der Radstrecke,<br />

von Haifischen, Südsee-Killerkarpfen, von schmelzenden Schuhsohlen<br />

auf der Laufstrecke usw. war die Rede.<br />

Anlässlich der Gründungsversammlung des TRI hatten wir Gelegenheit<br />

uns mit Carl zu unterhalten und er gab uns auch bereitwillig Auskunft. Im<br />

Nachherein erwiesen sich Carls Tipps als sehr wertvoll - was er sagte hatte<br />

wirklich Hand und Fuss.<br />

Er empfahl uns, einfach gut zu trainieren und eine gute Kondition zu<br />

erlangen, vorerst unabhängig von Distanzen und Leistungen. Er war der<br />

Meinung, dass ein gut trainierter Athlet überall bestehen könne, wenn er<br />

sich den auch richtig verhalten würde.<br />

Bezüglich Nahrung riet er von zu grossen Experimenten ab, man solle<br />

sich auch auf das Gefühl verlassen.<br />

Es gäbe auch keinen ultimativen Trainingsplan. Klar gebe es allge<strong>mein</strong><br />

gültige Grundregeln, aber schlussendlich sei das Training individuell auf die<br />

jeweiligen Bedürfnisse und Möglichkeiten abzustimmen.<br />

Der teilweise hohe Wellengang im Pazifik sei gewöhnungsbedürftig,<br />

aber nach ein paar Schwim<strong>mein</strong>heiten im Salzwasser sollte man das Gefühl<br />

für die speziellen Bedingungen bekommen.<br />

Er riet uns auch, sich auf vertrautes und bewährtes Material zu verlassen<br />

und nicht im letzten Moment noch Änderungen vorzunehmen.<br />

Carl zählte jetzt zu den Favoriten. Auf einem der letzten Rad-Trainings<br />

brach er sich aber bei einem Sturz das Schlüsselbein. Er hatte, um Gewicht<br />

zu sparen, zu viel von seinem Lenker-Vorbau abgeschliffen. Der brach dann,<br />

Carl küsste den Asphalt und Hawaii fand ohne ihn statt.<br />

18


Motivationsfaktoren<br />

Begeistert, aber mässig talentiert<br />

Sport begeisterte mich schon als kleiner Junge, als ich die ersten Bilder in<br />

Zeitungen, Büchern und später im Fernsehen sah. Mich faszinierten Grossanlässe.<br />

1966 sah ich <strong>mein</strong>en ersten Fussballmatch. Ein Bekannter <strong>mein</strong>es<br />

Vaters besass bereits einen Fernseher. Der legendäre WM-Final zwischen<br />

England und Deutschland faszinierte mich unge<strong>mein</strong>. Der englische Torhüter<br />

Gordon Banks «Mr. Savety» wurde <strong>mein</strong> Held.<br />

Mutter hatte weniger Freude an <strong>mein</strong>er neuen Leidenschaft. Statt in der<br />

Schule zu brillieren, hechtete ich jetzt unentwegt in jede Wiese, auf jeden<br />

Rasenfleck, genau wie Gordon Banks.<br />

Meine Hosen waren mit grünen Flecken, mit «Grasmösen» übersäht.<br />

Ich glich bald mehr einem Vietnam-Kämpfer, als einem braven Schweizer<br />

Volksschüler.<br />

Als Torhüter war ich nicht schlecht. Ich war unerschrocken, reflexschnell<br />

und lautstark in <strong>mein</strong>en Anweisungen an <strong>mein</strong>e Vorderleute. Bei den, für<br />

uns so eminent wichtigen, Schülerturnieren war ich oft der matchentscheidende<br />

Faktor – nicht immer zu unseren Gunsten. Meine weitere Karriere<br />

beschränkte sich dann aber später auf ein paar heroische Big Saves an<br />

Grümpelturnieren.<br />

Turnen fand ich auch noch toll. Aber beim einfachen Salto war bei mir<br />

bereits die Obergrenze erreicht. Es dauerte auch etwa bis zur 5. Klasse bis<br />

ich endlich die Kletterstange ganz hoch kam.<br />

Gerne wäre ich ein superschneller Sprinter gewesen, aber einzig die<br />

beiden grössten Schnecken in <strong>mein</strong>er Klasse waren noch langsamer. Zum<br />

Langstreckler fehlte mir die richtige Einstellung. Was sollte ich mich da<br />

über weite Strecken (über 1 Km) abmühen, es gab ja schliesslich Motorräder<br />

und Autos.<br />

Im Schwimmunterricht fiel ich nur gerade als Grobian im Wasserball auf<br />

und Handball mochte ich nicht. Nach <strong>mein</strong>en Vorstellungen war der Ball<br />

zum Treten da, Punkt.<br />

So besann ich mich auf <strong>mein</strong>e wahre Stärke. Ich kommentierte. Ich war<br />

gleichzeitig Protagonist, z.B. ein siegreiches Turnierpferd oder der überragende<br />

Spieler auf dem Fussballplatz. Meine mässigen körperlichen Performancen<br />

kompensierte ich durch eine Mischung aus Fachchinesisch, Gezeter<br />

und Gebrüll. Beni Thurnheer kam erst später, verglichen mit mir war er<br />

19


dann aber höchstens die Kopie.<br />

Einmal wurde ich sogar Olympiasieger im Zehnkampf. Der König der Athleten<br />

hatte nach der Siegerehrung mit Fahnenaufzug und Nationalhymne<br />

noch mindestens eine halbe Stunde zu tun, um all die selber gebastelten<br />

Wettkampfeinrichtungen wieder aus unserer Wiese zu entfernen.<br />

In der Oberstufe mussten wir jeden <strong>Tag</strong> in die Nachbarge<strong>mein</strong>de Obfelden<br />

pedalen. Sommer und Winter, und über Mittag ging es nach Hause<br />

zum Essen. Das gab mir vielleicht eine gewisse Grundkondition.<br />

Wir spielten auch viel im Freien und an der Reuss. Aber von einer sportlichen<br />

Karriere war ich weit weg.<br />

Während und nach der Ausbildung war ich mit <strong>mein</strong>en weiteren Leidenschaften<br />

auch zu beschäftigt. Ich spielte sogar eine Weile professionell<br />

in einer Showband – abends, und tagsüber sollte ich ja noch irgendwie<br />

Architekt werden.<br />

Hin und wieder wurde ich von Kollegen zum Tennis oder Squash mitgenommen.<br />

Da stellte ich mich gar nicht so schlecht an, nahm das Ganze aber<br />

nicht zu ernst. Bei einem Squash-Turnier erreichte ich sogar das Finale, das<br />

ich auch fast für mich entschied. Dann riss bei mir der Faden und ich verlor<br />

tatsächlich noch. Ich ärgerte mich schon ein wenig. Als ich den hässlichen<br />

Siegerpokal sah, war ich aber mit <strong>mein</strong>em gewonnenen Badetuch und dem<br />

Saunagutschein ganz zufrieden.<br />

Triathlon wurde dann <strong>mein</strong> Ding. Der Sport steckte noch in den Kinderschuhen.<br />

Der Leistungslevel war zu Beginn noch nicht so hoch. Ziemlich<br />

bald konnte man schon an grossen Wettkämpfen, sogar an Weltmeisterschaften<br />

teilnehmen.<br />

Und in der 2. Hälfte der 1980er-Jahre fand ein Quantensprung in der<br />

Entwicklung des Materials, der Ernährung und Trainingslehre statt. Dinge<br />

die mich zusätzlich faszinierten.<br />

Und so erfüllte sich jetzt <strong>mein</strong> Bubentraum. Ich wurde zwar nicht der<br />

ganz grosse Champion, aber ich war dabei.<br />

Als ich im Sommer 1987, nach <strong>mein</strong>er Hawaii-Teilnahme wieder einmal<br />

in der Reuss baden ging, stand die versammelte Dorfjugend von Ottenbach<br />

beim Pontonierhaus und ich hörte einen leise sagen «Er hat den Ironman<br />

20


gemacht». Ich wurde vom ganzen Haufen ehrfürchtig beglotzt und bestaunt,<br />

liess mir natürlich nichts anmerken und genoss es innerlich, auch<br />

einmal ein Held zu sein, wenn auch nur ein kleiner.<br />

Fredi Guyer<br />

Der Unfalltod von Fredi Guyer im September 1985 traf mich hart. Ich hatte<br />

nicht nur einen Freund und engen Mitarbeiter verloren, er war auch ein<br />

Vorbild gewesen. Ein Muster an Fairness und Anstand, hatte er auch stets<br />

eine positive Grundeinstellung. Und trotz seiner Gewissenhaftigkeit und<br />

Beharrlichkeit, nahm er manches nicht ernster als es eigentlich war.<br />

Beim Training dachte ich oft an ihn, er hätte sicher Freude an mir gehabt.<br />

Auf der Strecke in Hawaii wurde er in den härtesten Phasen ein wichtiger<br />

Motivationsfaktor: «Du darfst nicht aufgeben - du läufst jetzt auch für<br />

deinen toten Freund!»<br />

Nizza<br />

Die Reaktion einiger anderer mitgereister Triathleten auf <strong>mein</strong>e Aufgabe in<br />

Nizza wirkte auf mich befremdend. Ohne die genauen Gründe für <strong>mein</strong>e<br />

Aufgabe zu kennen, wurde ich nachher mehr oder weniger von ihnen ignoriert.<br />

Verlierer, welche aufgeben, hatten in diesem Klub offenbar nichts<br />

verloren.<br />

Bereits in der folgenden Saison sahen sie mich nur noch von hinten.<br />

Es gab aber auch sehr positive Erlebnisse. Markus Wepfer sendete mir<br />

als einer der ersten Gratulationen nachdem ich in Hawaii Finisher geworden<br />

war. Umso mehr freute ich mich, als er im folgenden Jahr Schweizer<br />

Meister über die Langdistanz wurde. Und bei seinem Comeback am Ironman<br />

Switzerland 1997, wo er einen starken 11. Rang belegte, bereitete ich<br />

als Speaker Markus einen eindrücklichen Empfang beim Zieleinlauf auf der<br />

Landiwiese.<br />

21


Magnum<br />

Seit 1985 lief diese sehr populäre Serie mit Tom Selleck als Magnum P.I.<br />

auf ARD. In einer Folge nimmt er tatsächlich am «Iron Man», damals noch<br />

auf Oahu ausgetragen, teil. Ich war Magnum-Fan. Was der kann, musste<br />

ich auch tun!<br />

22


Ein böser Traum<br />

Bei einer Doppelbelastung von Beruf und Sport läuft man Gefahr, seine sozialen<br />

Kontakte zu vernachlässigen. Um das zu verhindern, behielt ich auch<br />

das wöchentliche Mittagessen mit drei Freunden im Programm.<br />

Bei unserem letzten Treffen vor <strong>mein</strong>er Abreise erzählte mir Maurizio<br />

Bugno, er hätte geträumt «wie ich in Hawaii auf der Strecke zusammenbrechen<br />

würde».<br />

Er arbeitete in der Verunsicherungsbranche und ich war mir nicht sicher,<br />

wie er das nun ge<strong>mein</strong>t hatte. Ich konnte mir aber auch nicht vorstellen,<br />

dass er mir irgendetwas Schlechtes wünschen würde.<br />

Als ich dann in Hawaii auf der Laufstrecke untendurch musste, dachte<br />

ich ein paar Mal an seine Worte und ich lief und lief und lief …<br />

Nörgeler, Missgünstler und Neider<br />

Auch solche gab es leider. Ich war beruflich erfolgreich und erfüllte mir<br />

<strong>mein</strong>en Traum. Das schien offenbar nicht allen zu gefallen. Auch in Ottenbach,<br />

wo ich wohnte und aufgewachsen war, machte sich dies manchmal<br />

bemerkbar.<br />

Ein älterer Bruder eines Schulkollegen gab sich einmal die grösste Mühe,<br />

mir zu erklären, wieso ich für diesen Sport ungeeignet sei. Auch auf Doping<br />

wurde ich angesprochen und, dass solche Leistungen ohne Hilfsmittel gar<br />

nicht erst möglich wären …<br />

Ich konnte mich über positive Zusprüche freuen, sie motivierten mich.<br />

Und so beschloss ich, auch die negativen Kommentare zu nutzen, auch<br />

sie würden mich motivieren. Und wenn sich jemand nicht mit mir freuen<br />

konnte, war das dann letztendlich sein Problem.<br />

23


Anreise und Klimaschock<br />

Am 10. Oktober flogen wir nach Los Angeles und übernachteten dort.<br />

Dabei lernte ich die übrigen Teilnehmer unserer Gruppe schon ein wenig<br />

kennen. Damals war die englische Sprache noch nicht Allge<strong>mein</strong>gut und<br />

bereits bei der Bestellung im Restaurant des Flughafenhotels bekundeten<br />

einige unserer wackeren Eidgenossen Mühe, um zu ihrem Essen zu kommen<br />

und es wurde heftig gemault.<br />

Am nächsten <strong>Tag</strong> nach dem Flug nach Honolulu stand uns noch der Inselhüpfer<br />

nach Kailua-Kona auf Big Island bevor.<br />

Schon im gekühlten Flughafen von Honolulu spürte ich die für uns eher<br />

ungewohnte schwüle Hitze ein wenig. Auf dem Flug nach Kailua-Kona fanden<br />

wir bereits im Innern des immer noch gekühlten Flugzeuges, dass die<br />

Luft schon arg schwül sei. Die werden schon wissen was sie tun und wir<br />

können uns bereits im Flugzeug akklimatisieren, dachten wir.<br />

Wir landeten mitten in einer windigen Steppe und blickten auf einige<br />

wenige kleine Gebäude und Unterstände. Die Türe wurde geöffnet und wir<br />

durften nach draussen.<br />

Schock! Wie eine Wand schlug mir die Hitze entgegen. Ich hatte schon gehört,<br />

dass die Hitze, die Luftfeuchtigkeit und der Wind hier die Hölle sein<br />

können. Alles Räubergeschichten, dachte ich jeweils. Am liebsten wäre ich<br />

gleich wieder umgekehrt.<br />

Pepi war jahrelang in der Welt herum gekommen. Jetzt konnte ich von<br />

seinen Erfahrungen profitieren. «Das ist nur der erste Moment, du gewöhnst<br />

dich bald daran.»<br />

Ich hatte jetzt aber schon einen Moment Zweifel, ob ich mir da nicht<br />

wirklich zu viel zugemutet hatte.<br />

Wir luden unsere Bike-Cases in bereit stehende Fahrzeuge. Ich war schon<br />

völlig durchnässt, ich hatte ja auch das komfortabelste Modell. Peter Boll<br />

bemerkte nur, «ob ich eigentlich ein Klavier mitgenommen hätte».<br />

Zu allem Luxus war es auch das einzige Modell ohne Rollen. Es war unsere<br />

erste und zugleich allerletzte ge<strong>mein</strong>same Reise.<br />

Die Fahrt ins Hotel dauerte nur ein paar Minuten, zeigte uns aber schon<br />

einen Teil der Rad- und Laufstrecke und auch Kailuna-Kona.<br />

24


Das Royal Kona Resort, wie es damals noch hiess, lag direkt am Meer.<br />

Durchschwitzt und durstig bezogen wir unsere Zimmer.<br />

Von unserem Balkon im 2. Stock aus hatten wir direkte Sicht auf die<br />

Schwimmstrecke und deren Wendepunk - phantastisch. Ein wenig beängstigend<br />

wirkten die Wellen schon, wenn sie auf die rohen Lavaklippen direkt<br />

vor uns aufschlugen. Ja, ja, der Pazifik ist halt nicht der Türlersee.<br />

Dann wurden wir mit einem Apéro begrüsst. Da bestaunte ich auch zum<br />

ersten Mal die bunten Koi-Fische im Teich bei der Hotel-Lobby. Sie gefielen<br />

mir und ich fragte an der Rezeption, ob die auch auf der Speisekarte stehen<br />

würden. Der nette Hawaiianer gab sich alle Mühe, nett zu bleiben.<br />

Es begann mir hier zu gefallen. Der kühle Drink, die Propeller an der Decke<br />

und der typische Hawaii-Sound, so etwa hatte ich es mir vorgestellt. Das<br />

wäre doch der ideale Platz für Ferien …<br />

Zurück in unserem Zimmer begannen wir uns einzurichten.<br />

25


Adorni<br />

Schon beim Checkin in Zürich war uns ein Kamerad aufgefallen. Etwa 50<br />

Jahre alt, gross gewachsen, braungebrannt und gepflegte graue Haare. Ein<br />

attraktive Erscheinung von einem älteren Herrn, aber offensichtlich auch<br />

ein Tollpatsch mit zwei linken Händen. Zum Glück hatte Curt Wüst seine<br />

Margrit mit dabei.<br />

Wir packten auf unserem Balkon unserer Räder aus den Boxen. Da<br />

strahlte vom Balkon nebenan auch schon Curt zu uns herüber und fragte<br />

uns freundlich, ob wir ihm vielleicht das Velo zusammensetzten könnten,<br />

er sei in solchen Sachen völlig unbegabt.<br />

Ich sah Pepi kurz an und antwortete ihm, dass wir uns gleich um ihn<br />

kümmern würden.<br />

«Will uns der verarschen? Hast du schon einmal so einen gesehen?»<br />

Wir warteten erst einmal ab. Tatsächlich meldete er sich nach einer Weile<br />

wieder und verkündete, dass alles in Ordnung sei, Margrit habe ihm das<br />

Velo zusammengestellt.<br />

«Was ist das bloss für einer?» Jetzt wollten wir es genauer wissen und<br />

wir suchten seinen Eintrag in der Starterliste: Curt Wüst, 50, Romanshorn,<br />

Attorney.<br />

«Attorney, der soll Anwalt sein, Justicia Halleluja!»<br />

Bereits beim Abendessen hatten wir dann das weitere Vergnügen und<br />

ich fühlte ihm ein wenig auf den Zahn.<br />

«Sag mal Curt, du bist also Anwalt?»<br />

«Ach was, ich bin ein einfacher Angestellter und habe es nie zu etwas<br />

gebracht. Alle <strong>mein</strong>e Bekannten sind Direktoren oder Chefs. Ich musste etwas<br />

hinschreiben und da fand ich Attorney töne doch noch ganz gut.» Er<br />

war ein sympathischer Kerl und wir hatten an und mit ihm später noch viel<br />

Spass.<br />

Wir nannten ihn dann auch nur noch Adorni, das tönte irgendwie wie<br />

Attorney. Vittorio Adorni war in den 1960er-Jahren ein berühmter Radrennfahrer<br />

und sogar Profiweltmeister gewesen.<br />

26


Kailua Pier<br />

Start und Ziel des Ironman befinden sich direkt beim Kailua Pier und vor<br />

dem Hotel King Kamehameha.<br />

In der Woche vor dem Rennen herrschte hier jeden Morgen ein emsiges<br />

Treiben. Seit 6 Uhr in der Frühe gaben sich hier die Teilnehmer den letzten<br />

Schliff, oder versuchten sich wie wir, sich zuerst einmal an das ungewohnte<br />

Salzwasser und den Wellengang zu gewöhnen.<br />

Die Wettkampfstrecke war schon markiert und wenn wir jeweils, nicht<br />

gerade als die Ersten, erschienen, waren schon hunderte Schwimmer unterwegs.<br />

Die ersten 200 Meter befindet man sich noch im geschützten Hafen,<br />

nachher erreicht man das offene Wasser. Die Strecke führt parallel der<br />

Kona-Coast entlang. In etwa 6 Meter Tiefe sieht man die Lavafelsen und die<br />

Unterwasserwelt ist lebendig und farbenfroh.<br />

Ich war vorher noch nie im Pazifik geschwommen und bekundete am Anfang,<br />

wie erwartet, auch Mühe. Doch von <strong>Tag</strong> zu <strong>Tag</strong> ging es besser und ich<br />

gewöhnte mich auch an das Brennen des Salzwassers im Mund. Ich lernte,<br />

mit den Wellen umzugehen. Man muss einfach immer weiterschwimmen<br />

und darf sich nicht von Strömungen irritieren lassen.<br />

Nachher gab es gewöhnlich noch einen kleinen Schwatz mit anderen Athleten.<br />

Auf dem Rückweg ins Hotel genossen wir dann in einem gemütlichen<br />

Coffee-Shop noch einen köstlichen Kona-Kaffee und fühlten uns wie in den<br />

Ferien …<br />

27


Japanische Organisation<br />

Wir hatten gerade all unser Gepäck aus dem Bus gezerrt. Sie waren vom<br />

Keahole Airport direkt ins Hotel gebracht worden. Und da lagen nun Veloboxen,<br />

Koffer und Sporttaschen kreuz und quer an einem Haufen.<br />

Ein grosser Bus mit etwa 20 Japanern erschien. Sie stiegen aus, holten<br />

sehr diszipliniert ihr persönlichen Gepäckstücke aus dem unteren Teil des<br />

Fahrzeuges und stellten sich dann in ihren einheitlichen Anzügen mit ihren<br />

einheitlichen Veloboxen exakt in eine Reihe. In der Zwischenzeit hatte<br />

eine Mechaniker seine kleine portable Werkstatt aufgestellt und einer nach<br />

dem andern liess sich jetzt sein Velo zusammensetzten und kontrollieren.<br />

Das Ganze wickelte sich so ruhig und speditiv ab, dass bei uns der Verdacht<br />

aufkam, die hätten das Zuhause schon öfters und minuziös geübt.<br />

Wir wunderten uns überhaupt über die Japaner. Sie bewegten sich immer<br />

in Gruppen, verhielten sich sehr zurückhaltend und schienen andauernd<br />

zu grinsen.<br />

Japaner sind generell gute Schwimmer, sie schwammen wie Fische und<br />

trotz ihren eher kurzen Beinen zappelten sie auch zügig über die Laufstrecke.<br />

Auf den Velos sahen sie eher weniger gut aus, da fehlten den Mitsubishis<br />

wohl einfach noch zwei weitere Räder.<br />

Sterben im Wind<br />

Die allgegenwärtige Euphorie im Vorfeld des grossen Rennens kann dazu<br />

verlocken, irgendwelche Trainingsversäumnisse vor Ort noch kompensieren<br />

zu wollen.<br />

Ich wollte mich zuerst einmal akklimatisieren. Vorerst nur ein wenig locker<br />

schwimmen, uns an die Verhältnisse im Pazifik gewöhnen und den<br />

Wind spüren auf der Radstrecke.<br />

Der ehrgeizige Peter Boll hatte aber bereits für den ersten Morgen einen<br />

Bus organisiert. Der würde in Hawi, am Wendepunkt der Velostrecke, auf<br />

uns warten damit wir die 80 Km durch die Lavawüste zurückfahren könnten.<br />

Wir würden so einen Eindruck bekommen was uns am <strong>Tag</strong> X erwarten<br />

28


würde. Das schien mir vorerst zu viel und ich meldete mich ab.<br />

Etwas später ging ich dann mit Pepi in gemächlichem Tempo auf die<br />

Radstrecke. Wir wollten nicht schon am ersten <strong>Tag</strong> den Hammer fassen.<br />

Nach ein paar Kilometer kam uns bereits Vroni Steinmann entgegen.<br />

«Die spinnen ja, einen solchen Seich mache ich sicher nicht mit!» Als bereits<br />

erfahrene Athletin wusste sie was sie tat und hatte sich schon bald<br />

einmal von der Gruppe verabschiedet und kehrt um.<br />

Wir strampelten noch eine Weile auf kleinen Gängen weiter, kehrten dann<br />

auch um und kamen beeindruckt, aber nicht weiters ermüdet zurück ins<br />

Hotel.<br />

Da hörten wir auf dem Balkon nebenan Curt. Er war in Tränen aufgelöst.<br />

Er hatte sich der Gruppe um Peter Boll angeschlossen und eine Weile lang<br />

gut mitgehalten. Dann hätten ihn Krämpfe geplagt, er sei umgekehrt und<br />

ganz alleine auf dem Highway fast verreckt vor Schmerzen wegen seiner<br />

Krämpfe.<br />

«Ich werde es nicht schaffen, ich werde hier sterben, ich bin so enttäuscht.»<br />

Wir schalteten sofort auf Psychologie:<br />

«Nein, nein, Curt, wir sind auch fast gestorben, aber das ist nur am Anfang<br />

so, nachher gewöhnt man sich daran.»<br />

Wir verliessen ein Häufchen Elend, Curt war offensichtlich völlig am Boden<br />

zerstört. Wir machten uns ernsthaft Sorgen um ihn.<br />

Ein wenig später, beim Abendessen erkannten wir Curt aber bereits beinahe<br />

nicht wieder. Er war gut gelaunt, wirkte überhaupt nicht angeschlagen<br />

und wollte nach dem Essen noch eine Laufeinheit einschalten.<br />

«Aber Curt, du warst doch heute Nachmittag total fertig.»<br />

«Ja, ja, aber das ist überhaupt kein Problem, ich habe immer diese verdammten<br />

Krämpfe und noch NIE einen Wettkampf aufgegeben!»<br />

Später fanden wir heraus, dass er schon über 300 Waffenläufe, diverse<br />

Marathons und sonstige Ausdauerwettkämpfe bestritten hatte und offenbar<br />

wirklich noch nie aufgegeben hatte.<br />

In den nächsten Jahren liefen wir uns öfters wieder über den Weg und<br />

überall wo ich hinkam, war er bereits ein Begriff. Über Curt liessen sich<br />

wahrscheinlich mehrere Bücher schreiben.<br />

29


The Captain of her Heart<br />

Vernünftigerweise nahmen wir die Besichtigung der gesamten Velostrecke<br />

mit dem Auto vor. Lucien und Rösli, unser Berner Paar hatte sich uns angeschlossen<br />

und wir genossen die Fahrt zum Wendepunkt, nach Hawi, durch<br />

die heisse und windige Lavawüste.<br />

Wir hielten von Zeit zu Zeit an, stiegen aus dem leicht klimatisierten Wagen,<br />

spürten das Klima und lehnten uns gegen den beeindruckend starken<br />

Wind. Dabei hatten wir unseren Spass, wohlwissend, dass uns der am <strong>Tag</strong><br />

X noch vergehen könnte.<br />

Wir bewunderten die Wörter, Sätze und kleine Kunstwerke, welche entlang<br />

des Highways aus den weissen Steinen gestaltet wurden. Was für ein<br />

reizvoller Kontrast zu dem tiefschwarzen Lavagestein, das hier teilweise<br />

nur spärlich überwachsen war.<br />

Wir fuhren so dahin. Für ein paar Stunden hatte sich, auch dank den gemütlichen<br />

Bernern, ein wenig ein richtiges Feriengefühl breit gemacht. Aus<br />

dem Radio ertönte angenehmer Mainstreamsound aus einer lokalen Radiostation.<br />

Da traute ich <strong>mein</strong>en Ohren nicht, das konnte ich fast nicht glauben.<br />

Im Vorjahr hatte der Zürcher Kurt Meier, der sich nun Maloo nannte, zusammen<br />

mit einem Partner unter dem Namen Double mit «The Captain of<br />

her Heart» einen grossen Hit gelandet. Man sprach sogar von Welthit. Und<br />

genau dieser Song ertönte jetzt hier, auf der anderen Seite der Welt, 12<br />

Stunden von der Schweiz entfernt, aus dem Radio. Für mich hatte das etwas<br />

Magisches und jedes Mal, wenn heute der Song wieder einmal ertönt,<br />

werde ich an diesen speziellen Moment an diesem speziellen Ort erinnert.<br />

Pepi Werder, Rösli und Lucien Junker<br />

30


Sightseeing<br />

Big Island, die grösste Insel von Hawaii, ist spektakulärer, als es auf den<br />

ersten Blick scheint. So sind auf relativ kleinem Raum fast alle Klimazonen<br />

der Erde vertreten. Auf den über 4000 Meter über Meer gelegenen Vulkankegeln<br />

Mauna Kea und Mauna Loa liegt permanent Schnee. Auf Big Island<br />

befindet sich mit der Parker Ranch auch die grösste Rinderfarm der USA.<br />

An der Kona-Küste wird köstlicher Kaffee produziert und einmal im Jahr<br />

treffen sich hier eigenartige Kreaturen mit einem sonderbaren Benehmen.<br />

Leider war unsere Zeit begrenzt und es galt ja auch, sich vor dem Wettkampf<br />

zu schonen und nicht unnötig Kräfte zu verschwenden.<br />

Wir fuhren zusammen mit anderen Teilnehmern aus unserer Gruppe mit<br />

dem Mietauto der Küste entlang zuerst ganz in den Süden und dann in<br />

den Hawaiian Volcanoes National Park. Der Vulkan Kilauea ist seit den<br />

1980er-Jahren immer wieder aktiv und bietet ein einzigartiges Naturschauspiel.<br />

Dies ist besonders bei Nacht, wenn sich die heisse Lava über das Land<br />

und schliesslich unter Tosen und Zischen in den Pazifik ergiesst ein imposantes<br />

Spektakel.<br />

Ganz in der Nähe befand sich auch der Kahena Black Sand Beach und<br />

anschliessend besuchten wir noch kurz die alte Hauptstadt Hilo ganz im<br />

Norden. Gerne hätten wir auch noch die fantastischen Wasserfälle an der<br />

tropischen Küste besucht, die Zeit war aber bereits fortgeschritten und wir<br />

kehrten wieder zurück nach Kailua.<br />

Dieser Ausflug war eine tolle Abwechslung, aber unsere Gedanken und<br />

auch Gespräche waren natürlich immer ein wenig anderswo.<br />

31


Spirit of Ironman<br />

Der vielzitierte Spirit of Ironman wird in Kailua Kona in jeder Ecke gepflegt.<br />

Jeder Ironman-Triathlet ist ein Individualist, ein Einzelgänger, wenn nicht<br />

sogar Egoist, Egozentriker, Sonderling, Eigenbrötler oder ganz einfach ein<br />

Spinner. Die meisten können mit fast allen diesen Attributen ganz gut leben<br />

und/oder sind sogar ein bisschen stolz darauf.<br />

Und trotz- oder gerade deswegen ist auch die soziale Komponente sehr<br />

wichtig. Die Organisatoren haben sich deshalb diverse Events einfallen lassen.<br />

Bei der Ironman Parade am Mittwoch-Abend repräsentieren die Teilnehmer<br />

wie bei der Olympiade ihre Nation und laufen stolz mit ihrer Landesflagge<br />

über den Alii Drive.<br />

Die Carbo Loading Party am Donnerstag-Abend dient, wie es der Name<br />

schon sagt, dem so wichtigen Aufnehmen von Kohlenhydraten vor dem<br />

Wettkampf.<br />

Am Awards Banquet, am Abend nach dem Rennen, werden alle Sieger<br />

und Siegerinnen aller Kategorien geehrt, ehemalige Teilnehmer werden<br />

verehrt, Sponsoren gebauchpinselt, Helden vergöttert und es wird einem<br />

bei jeder Gelegenheit klar gemacht, dass man, jetzt in den Orden der Ironmänner<br />

aufgenommen, etwas ganz besonderes sei.<br />

Hier findet sich die weltweite Ironman-Familie zusammen und zelebriert<br />

ihre Passion.<br />

Leider hielt unser Reiseorganisator nicht viel von solchen Events und<br />

wir liessen sie, seinem Rat folgend, allesamt aus. Bei <strong>mein</strong>en folgenden<br />

Teilnahmen holte ich dies dann gründlich nach. Unter den asketischen<br />

Triathleten galt ich ja schliesslich als so etwas wie ein Party-Löwe.<br />

Die Art und Weise, wie die Amerikaner solche Events gestalten, faszinierte<br />

mich schon. Da wird Begeisterung zelebriert, da werden Emotionen geweckt<br />

und man erlebt, sofern man dafür empfänglich ist, diese ganz speziellen -<br />

eben magischen - Momente.<br />

32


Röslis Arm<br />

Rösli Junker, eine zierliche, freundliche Person, war bereits 53 Jahre alt<br />

und eine erfahrene Ausdauersportlerin. Sie hatte schon unzählige Läufe bis<br />

zur Marathon-Distanz absolviert und freute sich jetzt zusammen mit ihrem<br />

Mann Lucien auf ihre bisher grösste Herausforderung.<br />

Unglücklicherweise brach sich Rösli wenige Wochen vor der Abreise beim<br />

Velotraining einen Arm. Ihr Traum Hawaii - ge<strong>mein</strong>sam mit Lucien - schien<br />

zu platzen. Radfahren und Laufen könnte gehen, aber Schwimmen war unvorstellbar.<br />

Doch die beiden hatten eine Idee. Wenn man schon ein Leben lang zusammen<br />

gehalten hatte, gab es auch hier eine Möglichkeit.<br />

Rösli sollte sich während der ganzen Schwimmstrecke an Luciens Schultern<br />

festhalten und nur mit ihren kurzen Beinen strampeln. Lucien würde<br />

sich und Rösli so mit einer etwas tieferen Crawlhaltung durch das Wasser<br />

ziehen. Zuhause hatte diese Käfer-Huckepack-Technik offenbar funktioniert.<br />

Aber 3.8 Km sind lang und die Wellen ein Thema.<br />

Das Ziel war nun, dass die beiden ge<strong>mein</strong>sam vor dem Kontrollschluss die<br />

Schwimmstrecke bewältigen würden um dann, jetzt jedes für sich, den<br />

restlichen Wettkampf zu bestreiten.<br />

Sie sagten, der grosse Knackpunkt sei die Schwimmstrecke. Wenn sie<br />

diese schaffen würde, wäre der Rest Formsache, sie seien ja erfahrene Radfahrer<br />

und Läufer.<br />

Würden es die beiden sympathischen Berner schaffen? Würden sie nicht<br />

aus dem Rennen genommen, denn offiziell war jede fremde Hilfe, ob von<br />

aussen oder einem anderen Teilnehmer untersagt.<br />

Wir waren mächtig gespannt.<br />

33


34


Check In<br />

Nach der Registration und der Wettkampfbesprechung an den Vortagen,<br />

standen am Freitag nur noch der Check In und die Bike Inspection auf dem<br />

Programm.<br />

Da bekamen wir zu ersten Mal die Gründlichkeit der ansonsten so lockeren<br />

Amerikaner zu spüren. Vorschriften, ob sinnvoll oder nicht, sind da, um<br />

genau eingehalten zu werden, Punkt.<br />

Die Startnummern mussten, genauso wie es uns an der Wettkampfbesprechung<br />

erklärt wurde, an den Dresses und am Velo befestigt werden.<br />

Die Laufschuhe mussten mit Leuchtmarkierungen versehen werden.<br />

Keine Markierungen, kein Start. Das musste sogar der grosse Dave Scott<br />

erfahren. Obwohl er ganz sicher noch weit vor der Dunkelheit das Ziel erreichen<br />

würde, musste auch er seine Schuhe noch mit eiligst organisierten<br />

Leuchtklebern versehen. Er blieb aber cool und locker.<br />

Unsere Velos wurden gründlich geprüft. Bremsen, Befestigung der Startnummern<br />

usw.<br />

Ein Wort noch dazu: 1986 waren noch ausschliesslich normale Rennvelos<br />

am Start. Neu waren zu dieser Zeit nur die Click-Pedals.<br />

In den folgenden paar Jahren wird sich das Bild dann drastisch ändern.<br />

Von da an kreuzten auch die hintersten und letzten Agegrouper mit Aerolenkern,<br />

Karbonrädern und Zeitfahrmaschinen auf.<br />

Jetzt aber standen 1039 Velos startbereit auf dem Pier. Damals noch ein<br />

eindrückliches Bild, würde das Ganze heute wohl eher einem Flohmarkt<br />

oder einer Velosammlung für Afrika gleichen.<br />

35


The Night before<br />

Die Zeit in Kailua Kona war bisher wie im Flug vorüber gegangen. Am Sonntag<br />

waren wir angekommen und bereits war Freitagabend, der Abend vor<br />

dem grossen Abenteuer.<br />

Die Nachtessen hatten wir meistens zusammen mit andern Teilnehmern<br />

aus unserer Gruppe verbracht. Unsere Dolmetscher-Dienste bei der<br />

Bestellung des Essens waren gefragt und wir mussten manchmal auch<br />

einem lieben Miteidgenossen klar machen, dass hier die Sösseli nicht genau<br />

so wie bei ihm zuhause gekocht würden. Ich wunderte mich auch über<br />

die Abneigung Einzelner gegenüber allem, was aus dem Meer kam. Dabei<br />

befanden wir uns hier auch kulinarisch in einem Paradies.<br />

Jetzt, am Abend vor dem Rennen, hatten sich die meisten aber zurückgezogen<br />

und stellten sich auf den grossen <strong>Tag</strong> ein.<br />

Die nahmen das alle offenbar noch viel ernster als wir. Wir besuchten<br />

noch kurz den nachmaligen Nationalcoach Manfred Mettler in seinem Zimmer.<br />

Er sass beinahe andächtig da und schob sich langsam Bissen für Bissen<br />

seines abenteuerlich aussehenden Wundermüeslis in den Mund. Er wirkte<br />

wie ein thailändischer Mönch beim Meditieren. Wir wünschten ihm eine<br />

gute Nacht und er nickte nur.<br />

So fand die Party an diesem Abend im kleinsten Rahmen statt. Im Restaurant<br />

trafen wir auch fast keine Athleten mehr. Wir wurden sogar von Touristen<br />

gefragt ob wir morgen auch mitmachen würden und warum wir noch<br />

nicht im Bett seien. Das um etwa 7 p.m.!<br />

Anschliessend spazierten wir noch etwas ausserhalb von Kailua. Wir<br />

hatten herausgefunden, wo es die besten Milkshakes gab. Da schlürften<br />

wir genüsslich die Köstlichkeit und gingen anschliessend gemütlich noch<br />

zum Start und Ziel beim Kailua Pier.<br />

Da war alles schon aufgebaut und bereit. Wir setzten uns auf die Tribüne<br />

und ich schilderte Pepi, was ich vorhatte. Zuerst wollte ich heroisch einlaufen,<br />

noch irgendeinen publikumswirksamen Spass zum Besten geben,<br />

um mich anschliessend, nach einer Massage, auf genau diese Tribüne zu<br />

setzten und all denjenigen, welche ich weit hinter mir gelassen hatte, bei<br />

ihrem Zieleinlauf zuzusehen und applaudieren.<br />

Es kam anders …<br />

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Es war sehr ruhig geworden in Kailua. Auf dem Rückweg ins Hotel trafen<br />

wir nur noch ein paar Touristen.<br />

Wir trafen dann noch kurz die letzten Vorbereitungen und legten uns<br />

hin.<br />

Da ging mir noch einmal durch den Kopf, was ich mir für den grossen <strong>Tag</strong><br />

vorgenommen hatte.<br />

Kurz nachdem ich ein gutes Jahr zuvor in Nizza aufgegeben hatte und ich<br />

mich mit dem Gedanken einer Hawaii-Teilnahme befasste, hatte ich schon<br />

eine klare Vorstellung, wie ich mich im Rennen verhalten würde. Es würde<br />

kein Schleck werden und ich hatte noch wenig Erfahrung. Ich war mir der<br />

Gefahr des Aufgebens wohl bewusst. Bloss, man geht nicht nach Hawaii<br />

um aufzugeben.<br />

Für mich gab es nur eine akzeptable Möglichkeiten: Ich komme ins Ziel<br />

und werde Finisher. Einen Plan B, die Aufgabe, gab es nicht.<br />

Der Zieleinlauf hätte auch mit Stil zu erfolgen. 1982 gingen die Bilder<br />

von Julie Moss um die Welt, als sie, in Führung liegend, auf allen Vieren<br />

kriechend die Ziellinie überquerte. Sie wurde dabei noch überholt, die Bilder<br />

gingen um die Welt und machten den Ironman schlagartig bekannt.<br />

Das alles gefiel mir nicht. Ich wollte freudig lachend ins Ziel kommen.<br />

Dann fiel ich in den Schlaf und genoss <strong>mein</strong>e letzte, kurze Nacht als Ironman-Jungfrau.<br />

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Race Day<br />

04.00<br />

Schon meldet sich der Wecker. Wohl kaum einer der 1039 Teilnehmer dürfte<br />

gut geschlafen haben. Das ist normal und hat auf die kommende Leistung<br />

keinen grossen Einfluss mehr.<br />

Ich habe mir am Vorabend noch alles bereitgestellt. Ich trinke Tee,<br />

esse eine Banane, eine Portion Müesli, einen Salami und 4 grosse Gurken<br />

(Scherz). Allzu grossen Appetit habe ich noch nicht.<br />

Auf <strong>mein</strong>e Frage, was denn heute los sei und warum er schon herumgeistere,<br />

gibt mir Pepi keine Antwort. Er sammelt sich. Hat wohl heute<br />

noch etwas vor, der Junge!<br />

Den Ernst der Lage richtig einschätzend, verzichte ich auch auf einen<br />

<strong>mein</strong>er gewohnten Streiche. Pepi scheint starke Nerven zu haben. Wie<br />

starke, will ich nicht ausgerechnet heute herausfinden.<br />

Jahre später, noch im Hotelzimmer vor der WM in Avignon, bekam <strong>mein</strong><br />

damaliger Zimmerpartner beinahe Bauchkrämpfe wegen <strong>mein</strong>en Sprüchen.<br />

Er lieferte dann das Rennen seines Lebens und erklärte nachher, dass auch<br />

ich zu einem Teil an seinem Erfolg schuld gewesen wäre. Ich hätte wohl<br />

Mental-Coach oder so etwas werden sollen …<br />

Um 5 Uhr begeben wir uns auf den Weg zum Start. Unser Hotel liegt gut einen<br />

Kilometer vom Pier entfernt. Viele sind schon unterwegs, unschwer zu<br />

unterscheiden, angespannte Athleten und nervöse Betreuer. Es wird wenig<br />

gesprochen. Jetzt gilt es ernst.<br />

Vor dem Start<br />

Am Pier herrscht schon ein emsiges Treiben. Obwohl noch tiefe Nacht, ist<br />

der ganze Startbereich taghell ausgeleuchtet. TV-Equipen mit ihren Kameras<br />

schwirren herum. Jetzt bloss nicht gross beeinflussen lassen, einfach die<br />

Rennvorbereitung genau wie geplant vornehmen. Ich kontrolliere noch<br />

<strong>mein</strong> Velo, pumpe die Collees und platziere zwei Bidons mit Wasser in<br />

ihren Haltern.<br />

Ich hatte bisher mit isotonischen Getränken keine guten Erfahrungen<br />

gemacht und verzichte auch hier und bei den Verpflegungsposten, den Aid<br />

Stations, darauf.<br />

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Noch einmal kurz auf die Toilette, dann esse ich nochmals eine Banane,<br />

ziehe mich um und gebe <strong>mein</strong>en Kleiderbeutel ab. Die Zeit ist jetzt rasch<br />

fortgeschritten und ich werde noch mit dicken Filzschreibern endgültig<br />

renntauglich gemacht. Die Nummer 187 schmückt jetzt auch <strong>mein</strong>e Oberarme<br />

und -Schenkel.<br />

Am kleinen Sandstrand in der Kailua Bai drängen sich jetzt hunderte markierte<br />

Triathleten und treiben ihre letzten Vorbereitungen. Um 06.29 ist die<br />

Sonne aufgegangen. Wir können jetzt auch die relativ hohen Wellen auf<br />

der Schwimmstrecke erkennen. Das dürfte heute hart werden.<br />

Nur noch mit der Badehose, einer weissen Badekappe und der<br />

Schwimmbrille, den sogenannten Goggels, bekleidet, gehe ich ins 26 Grad<br />

angenehm warme Wasser. Ich schwimme kurz ein wenig hin und her, lockere<br />

mich und kann tatsächlich den Moment ein wenig geniessen. Jetzt ist es<br />

dann soweit, der grosse <strong>Tag</strong> steht bevor. Mann, und ich bin auch dabei - ist<br />

das Leben nicht phantastisch!<br />

Mittlerweile sind alle Wettkämpfer im Wasser. Ich wünsche noch kurz Pepi<br />

alles Gute.<br />

Noch 10 Minuten bis zum Start, ertönt es aus den Lautsprechern, und es<br />

wird rundherum leise. Das traditionelle Gebet wird gemurmelt. Es ist jetzt<br />

gespenstisch ruhig, die vielen Zuschauer am Pier und den Mauern entlang<br />

dem Alii Drive verschwinden fast wie im Nebel. Alles rückt jetzt in weite<br />

Ferne, jede und jeder ist jetzt mit sich alleine.<br />

Es ertönt noch die amerikanische Nationalhymne.<br />

Noch 5 Minuten. Ich denke noch kurz an zuhause, wie mir jetzt <strong>mein</strong>e Familie,<br />

<strong>mein</strong>e Freude und Kollegen die Daumen drücken werden.<br />

Noch eine Minute. Ich höre noch vereinzelte Zurufe aus dem Publikum.<br />

«Go, Ted, you can do it!», «Jerry, go for Ironman, i love you!»<br />

Ich finde das lustig und hätte am liebsten auch noch etwas gerufen, «Go<br />

Swiss Rocket», «Excuse me, has somebody seen my Dolfin?» oder mit verstellter<br />

Stimme: «Rocky, i am pregnant».<br />

Ich lasse es aber bleiben, mir war jetzt doch auch ein bisschen mulmig<br />

geworden.<br />

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10, 9, 8 … der Countdown wird von den Meisten mitgezählt und dann erfolgt<br />

mit einem lauten Knall der Startschuss aus einer Kanone.<br />

Action<br />

Vor mir spritzt das Wasser wild auf und ich sehe nur noch Badekappen und<br />

Arme über dem Wasser und der Pazifik beginnt zu toben.<br />

Ich habe mich ziemlich weit hinten eingestellt. Von da sollte ich in Ruhe<br />

losschwimmen können, denke ich. Es dauert aber nur ein paar Sekunden<br />

und schon beginnen die Schwimmer vor, hinter und neben mir, loszustürmen.<br />

Vor wenigen Augenblicken haben diese Kreaturen noch gebetet,<br />

von Gott und Frieden gesprochen und jetzt legen sie los wie die Furien.<br />

Jeder nur für sich, voll und ganz auf sich selbst konzentriert, stürmt jetzt<br />

die «Ironman-Familie» den Pazifik (Meer des Friedens oder der Ruhe). Es<br />

geht jetzt plötzlich nur noch ums blanke Überleben. Das muss auch ich, will<br />

ich denn schlussendlich das Ziel erreichen. Also stürze ich mich mit in das<br />

Getümmel.<br />

Ich verliere den Boden unter den Füssen und auch die Wellen nehmen<br />

Form an. Bei der Vorbereitung an den Vortagen konnte man sich noch in<br />

Ruhe daran und an das Salzwasser gewöhnen. Das ist jetzt vorbei. Jetzt ist<br />

noch ein Faktor dazugekommen: die Bestie Mensch! Ich werde von hinten<br />

gestossen, von links gestossen, von rechts gestossen und ich stosse den<br />

vor mir schwimmenden. Ich versuche konzentriert in <strong>mein</strong>en Rhythmus zu<br />

kommen, werde aber unablässig von anderen Schwimmern gestupft und<br />

gestossen und geschlagen. Zum Glück war ich in <strong>mein</strong>er kurzen Wasserball-Karriere<br />

ein eher grober Spieler.<br />

Endlich kann ich mich ein wenig ungestörter bewegen, da werde ich<br />

von hinten an einem Fuss gepackt. Und schon spüre ich die Zähne eines<br />

menschlichen Haifisches in <strong>mein</strong>er Fusssohle. Versucht mich da jemand zu<br />

beissen?! Ich ziehe das Bein kurz an und schlage aus wie ein Pferd. Ich habe<br />

wohl ziemlich heftig getroffen. Erkennen kann ich aber in dem Getümmel<br />

nichts und ich werde nie erfahren, wem ich da eine verpasst hatte. Jedes<br />

Jahr überstehen ein paar der Iron-Warrier den Start nicht oder nicht unversehrt.<br />

Nachdem die Meute Richtung offenes Meer den Kona-Pier verlassen<br />

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hat, sammeln die Helfer jeweils verloren gegangene Goggels, Badekappen,<br />

Gebisse*, Schlagstöcke*, Stuhlbeine*, Stellmesser*, Harpunen*, Hellebarden*<br />

und Torpedos* zusammen.<br />

*Quatsch.<br />

Schon kommen böse Gedanken in mir hoch. Soll ich einem der begleitenden<br />

Kanufahrer sein Paddel entreissen und in diesem Sauhaufen für Ordnung<br />

sorgen? Da sagt mir eine innere Stimme, dass ich mich jetzt wieder<br />

auf <strong>mein</strong> Vorhaben konzentrieren soll.<br />

Das Schlimmste ist jetzt überstanden und ich finde zu <strong>mein</strong>em Rhythmus.<br />

Ich wollte die Schwimmstrecke vorsichtig und kräftesparend angehen.<br />

Das ist aber fast nicht möglich. Der hohe Wellengang und die lieben Mitschwimmer<br />

erschweren mir die Orientierung und ich muss höllisch aufpassen,<br />

dass ich nicht zu sehr vom Kurs abkomme. OK, ich war noch nie in<br />

Australien …<br />

Mit ein wenig Abstand schwimme ich dann nach 1800 Metern um zwei<br />

Ausflugsboote, welche wie Bojen die Hälfte der Schwimmstrecke signalisieren.<br />

Ich will so dem Gedränge aus dem Weg zu gehen. Kein schlechter<br />

Entscheid, denn bereits prügeln sich wieder einige <strong>mein</strong>er Sportskameraden<br />

um den kürzesten Weg.<br />

Land in Sicht<br />

Das Kailua Pier ist immer noch in weiter Ferne und wegen der Wellen meist<br />

gar nicht zu erkennen. Ich kann jetzt aber <strong>mein</strong> Tempo schwimmen und<br />

auch auf den Grund des Meeres sehen. Da tummeln sich auch zahlreiche<br />

Fische und andere Meeresbewohner. Was die jetzt wohl von uns denken?<br />

Meine Arme werden schwerer. Gut, dass ich mich jetzt langsam dem Ausstieg<br />

nähere. Jetzt kann ich auch schon die Anfeuerungsrufe der Zuschauer<br />

hören. Das tut gut, Land ahoi!<br />

Ich hatte Respekt vor Übelkeit oder eventuellen Gleichgewichtsproblemen<br />

beim Erreichen des Landes gehabt. Das ist jetzt nicht so schlimm, aber<br />

der Gaumen brennt wegen dem salzigen Meerwasser.<br />

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On the Road to Hawi<br />

Um die Wechselzone herrscht eine Stimmung wie in einem Fussballstadion.<br />

Lautstark werde ich angefeuert, als es auf die ersten Meter der 180 Km<br />

langen Velostrecke geht. Ich bin mir der Gefahr eines Überdrehens <strong>mein</strong>es<br />

Motors bewusst und versuche auch die ersten paar Anstiege - immer noch<br />

in Kailua - möglichst locker anzugehen. Aber jetzt erwacht das Wettkampftier<br />

in mir. Ich bin jetzt in <strong>mein</strong>em Element und bereits auf den ersten Kilometern<br />

überhole ich grob geschätzt ca. 500 Strampler.<br />

Oben auf dem Queen Kaahumanu Highway angekommen, habe ich<br />

80 Km, zuerst welliges Gelände durch die windige, dünn bewachsene Lavawüste<br />

und nachher den Anstieg nach Hawi zum Wendepunkt vor mir.<br />

Schon bald pedale ich einen guten Rhythmus und passiere den Keahole<br />

Airport. Dabei nehme ich an jeder Aid-Station, alle 8 Km, zwei Bidons mit<br />

Wasser auf. Einen trinke ich dann unterwegs leer und den Rest schütte ich<br />

mir jeweils kurz vor der nächsten Station als willkommene Abkühlung in<br />

den Nacken.<br />

Ich überhole stetig und fühle mich gut, saugut sogar. «Hei, ich bin auf dem<br />

Bike-Course des Ironman und heute ist offensichtlich MEIN <strong>Tag</strong> - ich fliege!»<br />

Nach dem Städtchen Kawaihae nimmt dann in die Steigung ihren Anfang.<br />

Jetzt wird es zum ersten Mal härter. Die Steigung ist mässig steil, aber<br />

der böhige und heisse Gegenwind, der berühmt-berüchtigte Mumuku,<br />

zeigt jetzt, nach gut zwei Stunden auf dem Bike, seine Wirkung. Ich versuche<br />

möglichst konzentriert und locker zu bleiben und überhole und überhole<br />

immer weiter.<br />

Die Steigung zieht sich hin. Jetzt könnte dann der Wendepunkt etwa<br />

kommen. Dort kann ich <strong>mein</strong>e persönliche Verpflegung fassen. Ich habe<br />

bloss einige Energieriegel in <strong>mein</strong>em Beutel (Gel gab es damals leider noch<br />

nicht).<br />

Zurück nach Kona: Zuerst leicht abfallend, aber wegen des starken Windes<br />

immer noch anstrengend, dann die Abfahrt hinunter nach Kawaihae.<br />

Der Mumuku macht seinem Namen alle Ehre. Er hat die Eigenheit, dass er<br />

sich gegen Mittag dreht. Man fährt nach Hawi gegen den Wind, um ihn anschliessend<br />

auf dem Retourweg, auf der genau gleichen Strecke, nochmals<br />

frontal oder seitlich zu geniessen. Und da er böhig ist, ist er unberechenbar,<br />

man muss jede Sekunde auf der Hut sein.<br />

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An diesem <strong>Tag</strong> werden die bisher heissesten Temperaturen in der Geschichte<br />

des Ironman bis 2015 gemessen und der Oktober 1986 ist mit einem<br />

Monatsschnitt von 34,5 °C der heißeste je Gemessene. Leute: und ich<br />

bin dabei!<br />

I’m flying<br />

Ich fühle mich immer noch gut. Wo stehe ich bloss im Vergleich zu <strong>mein</strong>en<br />

Schweizer Kameraden? Vor dem Wendepunkt konnte ich noch keinen entdecken.<br />

Schon möglich, dass ich aber jemand verpasst habe, ich befinde<br />

mich ja im Raser-Mode.<br />

Nach einer Weile sehe ich, wie Vroni Steinmann den Berg hinaufkommt.<br />

Sie sieht locker aus, aber ich muss mindestens 20 Minuten vor ihr liegen.<br />

Sie ist zu diesem Zeitpunkt europäische Spitzenklasse bei den Damen und<br />

ich fühle mich immer noch saugut.<br />

Wenig später erscheint auch Pepi. Er sieht gut aus und wir rufen uns ein<br />

freudiges «<strong>Aloha</strong>» zu. So werden wir uns in Zukunft stets begrüssen. Und<br />

bei Pepi zuhause bin ich nur als <strong>Aloha</strong> bekannt.<br />

Bereits erreiche ich Kawaihae und hier beginnt wieder der wellige Ritt<br />

durch die Lavawüste Richtung Kailua. Da entdeckte ich auch Rösli Junker.<br />

Die zierliche Person sieht mit ihrem riesigen Helm, dem dieser <strong>Tag</strong>e populären<br />

«Kiwi»-Helm, aus wie ein radfahrender Fliegenpilz. Ich freue mich<br />

sehr, hat sie doch ihren Knackpunkt gemeistert und die Schwimmstrecke,<br />

mit Hilfe von Lucien, noch innerhalb der Limite absolviert und konnte so<br />

das Rennen fortsetzten.<br />

Hämmerchen<br />

Ich bin jetzt insgesamt bereits über 5 Stunden unterwegs und beginne die<br />

Strapazen zu spüren. Der Kopf ist heiss, der ganze Körper erhitzt wie ein<br />

Heizkörper, der Hintern tut mir weh, die Muskeln brennen und mehr und<br />

mehr bekomme ich Schluckweh vom ständigen Trinken. Ich beginne jetzt<br />

bereits Cola zu trinken. Ich hab mir das eigentlich für die Laufstrecke vorbehalten,<br />

aber ich spüre, dass ich jetzt einen Energieschub brauche.<br />

Bei einer leichten Gegensteigung kommt dann die erste Krise. Auf einmal<br />

fühle ich mich schwer und träge. Ich realisiere jetzt, dass ich in der<br />

Euphorie des ständigen Überholens <strong>mein</strong>en Motor etwas überdreht habe.<br />

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Diese Strecke und die Distanz sind unerbittlich. Einmal im Manko, kann<br />

man das praktisch nicht mehr korrigieren. Ich habe mit einem knallharten<br />

<strong>Tag</strong> gerechnet, es wird aber härter werden, halleluja!<br />

Krisen sind zum Überwinden da. Das weiss jeder Ausdauersportler und jeder,<br />

auch noch so erfahrene Athlet, kommt in einem Langdistanzrennen<br />

einmal an diesen Punkt. Einen Zacken langsamer kämpfe ich mich jetzt weiter<br />

über den Asphalt durch die Lavafelder. Hin und wieder kann ich noch<br />

einen überholen, aber bereits jetzt werde ich ein paar Mal überholt.<br />

Jetzt bin ich mental gefordert. Ich sehne mir das Ende der Velostrecke<br />

herbei und passiere wieder den Keahole Airport. Es ist jetzt nicht mehr so<br />

weit bis Kailua.<br />

In der Zwischenzeit bekomme ich auch Mühe mit der Nahrungsaufnahme.<br />

Mein Rachen schmerzt mit jedem Bissen. Weiche Bananenstücke würge<br />

ich hinunter wie trockenes Brot aus Sägemehl.<br />

Doch Kailua will und will noch nicht kommen.<br />

Endlich ist es soweit. Doch vorher ist noch eine kurze Gegensteigung zu<br />

bewältigen. Ich spüre <strong>mein</strong>e sauren Oberschenkelmuskeln, <strong>mein</strong>e Beine<br />

sind schwer, sehr schwer geworden. In Kailua dann zwei kurze Abfahrten.<br />

Hier kann ich die Beine ausschütteln. Aber der Hintern schmerzt, die Hände<br />

surren und <strong>mein</strong> Schädel fühlt sich an wie ein Kürbis im Dampfkochtopf.<br />

Hier stehen wieder massenhaft Zuschauer. Der Applaus und die Anfeuerungsrufe<br />

tun gut. Die letzten 10 Km der Radstrecke führen entlang dem<br />

Pazifik zur Wechselzone Richtung Kona Surf Hotel.<br />

Zu dieser Zeit befindet sich die Wechselzonen noch an verschiedenen Orten.<br />

Gewendet wird auf der Laufstrecke direkt auf dem Queen Kaahumanu<br />

Highway. Der Ausflug ins Energie Lab bleibt uns noch erspart.<br />

Kurz vor der Wechselzone nochmals ein giftiger Anstieg. Hier muss ich<br />

noch einmal stark beissen, dann sause ich hinunter und nach über sechs<br />

Stunden auf der Velostrecke kann ich jetzt <strong>mein</strong> Velo an bereitstehende<br />

Helfer abgeben. «Great Race, Number 187!»<br />

Mein Zustand macht mir Sorgen, ich wäre jetzt eigentlich schon reif für das<br />

Körbchen.<br />

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Marathon!<br />

Ich bin in <strong>mein</strong>em Leben bisher noch keinen ganzen Marathon gelaufen.<br />

Die längste an eine Stück gelaufenen Distanz beträgt 30 Km, sieht man einmal<br />

von den <strong>Tag</strong>e- und Nächtelangen Irrmärschen durch Wälder und über<br />

Berge als Mitglied der Schweizer Armee ab. Im Vorfeld habe ich mir gedacht,<br />

die Schwimm- und die Radstrecke musst du schaffen, der Rest ergibt<br />

sich dann schon.<br />

Ich habe zügig gewechselt und trage jetzt leichte Laufhosen, ein lockeres<br />

Shirt und einen Visor. Meine Füsse fühlen sich beim Überstülpen der<br />

Laufsocken wie Bügeleisen an. Wie würden sich jetzt <strong>mein</strong>e Laufschuhe<br />

bewähren?<br />

Gleich die ersten paar hundert Meter geht es wieder steil hoch zum Alii<br />

Drive. Da marschiere ich ein paar Meter. Oben angekommen denke ich,<br />

dass die nächsten paar hundert Meter, welche leicht bergab führen, ideal<br />

sind, um in einen angenehmen Laufrhythmus zu kommen.<br />

Meine Beine fühlen sich aber wie Holzpfähle an. Und ich merke, dass<br />

mir jetzt auch die Kraft für ein sauberes Abrollen fehlt. Ich fühle mich kotzeschlecht<br />

und schlarpe irgendwie dahin.<br />

Ich muss marschieren, an ein Joggen oder sogar an einen flüssiges Laufen<br />

ist nicht mehr zu denken. Also schleppe ich mich von Aid Station zu Aid<br />

Station. Sie sind jeweils zwei Kilometer voneinander entfernt, die Distanz<br />

kommt mir aber mit jedem Mal länger vor.<br />

Dann kommen mir auch Vroni und Pepi - immer noch auf dem Velo -<br />

entgegen. Vroni sagt mir später, dass sie nicht geglaubt hätte, dass ich noch<br />

finishen werde, als sie mich so daherkommen sah.<br />

He looks smart<br />

Die ersten 10 Km führen auf dem Alii Drive, entlang der Küste, zurück<br />

nach Kailua. Beide Seiten der Strecke sind mit Gartenanlagen und schmucken<br />

Häusern bebaut. Fast überall stehen Zuschauer und versuchen mich<br />

mit wohlwollenden Zurufen aufzumuntern. Ich habe jetzt grosse Mühe und<br />

muss mich arg zusammennehmen. Am liebsten würde ich jetzt die «you’re<br />

looking good» -Zurufe mit «du mir auch» beantwortet. Wo ist denn bloss<br />

<strong>mein</strong>e «immer ein Lächeln auf der Lippe-Haltung» geblieben?<br />

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Ich fühle mich schlecht, sauschlecht, kotzeschlecht und ich halte Ausschau<br />

nach einem ruhigen Plätzchen. Das ist hier gar nicht einfach zu finden.<br />

Trotzdem finde ich eine Stelle, wo ich hinter einem Mäuerchen mit Stil eine<br />

Pizza pflanzen kann. Die zu frühe und zu starke Aufnahme von Coke hat<br />

<strong>mein</strong>en Magen zu stark strapaziert und er rebelliere nun heftig.<br />

Kaum wieder auf der Strecke, nach ein paar Metern trabend, muss ich<br />

wieder marschieren. «He looks smart», bemerkt eine ältere Lady. Sie <strong>mein</strong>t<br />

offensichtlich mich und denkt wohl, dass ich es einfach ein wenig lockerer<br />

und gepflegter als die andern nehmen würde - <strong>mein</strong>e liebe Tante!<br />

Dann erreiche ich endlich das Zentrum von Kailua. Die zurückliegende Strecke,<br />

mit ihren kleinen wunderschönen Stränden, habe ich nicht sonderlich<br />

geniessen können, zu sehr bin ich jetzt mit <strong>mein</strong>en immer akuter werdenden<br />

Problemen beschäftigt.<br />

Immer lächeln<br />

In Kailua stehen wieder tausende von Zuschauern am Streckenrand. Hier<br />

kann ich einfach nicht daherschlarpen wie ein schmelzender Bremsklotz,<br />

hier ist Haltung angesagt, Helden sind gefragt! Ein paar Mal höre ich auch<br />

<strong>mein</strong>en Namen und ich folge René Friedlis Credo und versuche zu lächeln.<br />

Immer lächeln und locker wirken. Ich habe mich tatsächlich soweit zusammengerafft,<br />

dass ich diese etwa 2 Meilen trabe und dabei lächle. Dies gelingt<br />

mir fast immer und als ich eine Schweizer Fotografin entdecke, schenke<br />

ich ihr <strong>mein</strong> sonnigstes Lächeln.<br />

Das Foto erscheint dann in der Zeitschrift Crawl, und ich werde in der Triathlonszene<br />

schlagartig als immer gut gelaunter Sunnyboy bekannt. Zum<br />

Glück haben die mich nicht beim Zieleinlauf fotografiert - aber davon später.<br />

Die Füsse!<br />

Dieser Effort bleibt natürlich nicht unbestraft und bei den zwei Steigungen<br />

im oberen Teil von Kailua schleiche ich bereits wieder schmelzend über den<br />

heissen Asphalt.<br />

Oben angelangt, werfe ich einen Blick hinaus auf die weitere Laufstrecke<br />

in der Lavawüste. Es wird langsam dunkel und jeder Teilnehmer fasst<br />

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einen grünen Leuchtstab. Ein faszinierendes Bild, diese hunderten, wie<br />

Glühwürmchen dahinjoggenden Athleten. Leider fehlt mir jetzt aber jeder<br />

Sinn für Poesie.<br />

Schon nach wenigen Kilometern machen sich <strong>mein</strong>e Füsse stärker bemerkbar.<br />

Die Schuhwahl ist offensichtlich nicht die Richtige gewesen und<br />

<strong>mein</strong>e Fusssohlen beginnen sich aufzulösen. Schon bald weiss ich nicht<br />

mehr, wie ich auf <strong>mein</strong>e Füsse stehen soll, es schmerzt in jeder denkbaren<br />

Position. Ich fühle mich wie auf Schlittschuhen - mit umgekehrten Kufen<br />

und frisch geschliffen.<br />

Aber ich schleppe mich weiter, immer weiter, weiter, weiter. Da passiert<br />

mich auch Vroni Steinmann. Sie ist wie üblich munter und wünscht mir<br />

noch kurz alles Gute. War sie vorher schon der Meinung, dass ich es nicht<br />

schaffen würde, so ist sie jetzt sicher. Ich versuche ja Stil zu bewahren, allzu<br />

dramatische Grimassen vor lauter Schmerz und «Gemööge» mag ich nicht.<br />

Aber ich bin jetzt groggy und da lässt sich kaum mehr Walzer tanzen.<br />

«Nein, nein, ich werde nicht zusammenbrechen, ich werde finishen, und<br />

zwar mit Stil!» Meine Vorstellung von Ziel oder Spital scheint jetzt Tatsache<br />

zu werden und jetzt kommt eine <strong>mein</strong>er Stärken ins Spiel. Ich bin auch psychisch<br />

belastbar. Je hektischer oder schlimmer eine Situation, desto klarer<br />

und bestimmter sind <strong>mein</strong>e Gedanken.<br />

Ich erreiche den Wendepunkt auf dem Queen Kaahuamanu Highway. Noch<br />

16 Kilometer. Ich werde es schaffen, zwar halbtot und mit einer wenig berauschenden<br />

Zeit, aber ich werde Finisher!<br />

Andauernd werde ich jetzt von anderen Läufern überholt. An manch einem<br />

bin ich wohl am Morgen auf der Velostrecke vorbeigeflogen wie ein<br />

Adler. Jetzt will ich nur noch ins Ziel - ohne Adler.<br />

Bouillon<br />

Der Gaumen schmerzt immer mehr, ich kann kaum noch schlucken. Mein<br />

Magen hat sich wieder etwas erholt, ich bin auch hungrig, aber Bananen<br />

kann ich schon gar nicht mehr sehen, <strong>mein</strong>e Riegel habe ich auch schon<br />

alle verdrückt und sonst tut einfach alles weh.<br />

Da entdecke ich an einer Aid Station einen dämpfenden Topf. Bouillon?<br />

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Ich staune ungläubig. Hätte mir vorher jemand erzählt, dass hier Bouillon<br />

erhältlich sei, hätte ich ihm glatt den Vogel gezeigt.<br />

Vorsichtig nehme ich ganz kleine Schlücke. Eine Wohltat, das hätte ich<br />

nie gedacht. Es geht mir gleich wieder etwas besser.<br />

Und wieder kämpfe ich mich bis zum nächsten Verpflegungsposten und<br />

denke auch an Fredi Guyer. Er hätte wohl die Stirn gerunzelt ob <strong>mein</strong>er<br />

anfänglichen Euphorie. Ganz sicher hätte er mich aber angespornt und er<br />

wäre nachher sicher auch stolz auf mich gewesen, wie ich in dieser heiklen<br />

Situation nicht aufgegebe.<br />

Ich muss jetzt sowieso sämtliche Register <strong>mein</strong>er Motivations-Trickkiste<br />

ziehen. Ich verwandle <strong>mein</strong>e zerschundenen Fusssohlen in Luftkissen und<br />

gleite wie ein Luftkissenboot über den glühend heissen Asphalt. Jedes Luftkissenboot<br />

wäre dabei geschmolzen - ich nicht.<br />

Ich steuere <strong>mein</strong>e Gedanken Richtung Nordpol und kühle so <strong>mein</strong>e Sohlen.<br />

Ich versuche mir einzubilden, dass ich in Führung liegen würde und bei<br />

einem Sieg nie mehr arbeiten müsste.<br />

Ich beginne jetzt Rhythmus-Muster zu laufen und summe dazu solche<br />

Sachen wie «Grüezi wohl Frau Stirnmaa», «Es gibt kein Bier auf Hawaii»<br />

und «Highway to Hell».<br />

Ukulele<br />

Heute spiele ich auch gerne Ukulele. Und ich weiss noch, wann ich zum<br />

ersten Mal eine spielte. An einer der nächsten Aid Station muss ich mich<br />

kurz auf einen Sessel setzen und <strong>mein</strong>e Schuhe ein wenig anders binden.<br />

Da entdecke ich auf einem Camping-Sessel eine Ukulele. Sie liegt einfach<br />

so da und scheint mir zu sagen «spiel mich, Baby!» Was ich denn auch tue.<br />

Als Gitarrist bringe ich auch ein paar Akkorde hervor und gebe den begeisterten<br />

Helfern ein kurzes Ständchen.<br />

«Where are you from?»<br />

«Switzerland!»<br />

«Do you have Ukuleles there?»<br />

«Not yet!»<br />

«No?» «How comes you know to play?»<br />

Als ein bald einmal Finisher antworte ich obercool:<br />

«An Ironman is able to do everything!»<br />

53


Aber ich muss jetzt wieder weiter. Kurz vor dem letzten leichten Anstieg<br />

vor Kailua holt mich Pepi ein. Er hat auch kaputte Füsse, auch er ist ziemlich<br />

knülle und sehnt sich das Ziel herbei.<br />

«Wollen wir zusammen gehen?» Ich lehne dankend ab, ich finde es in<br />

<strong>mein</strong>er Situation besser, alleine zu gehen und er entschwindet mit seinem<br />

Glühstäbchen wieder in der dunklen Nacht.<br />

Ich schaffe die letzte Steigung auch noch und schleppe mich Richtung<br />

Zentrum von Kailua. Noch zwei Meilen. Immer mehr Zuschauer stehen<br />

jetzt wieder am Streckenrand, spornen an oder gratulieren bereits.<br />

Ich biege nach einem kurzen Stück abwärts in den Alii-Drive ein. Nur noch<br />

wenige hundert Meter und ich raffe mich zu <strong>mein</strong>em letzten Effort zusammen.<br />

Ich trabe Richtung Ziel, der Speaker erwähne auch <strong>mein</strong>en Namen:<br />

«Such a small country and so many contestants, here is Hääänsueeli<br />

Amachchcher from Swiiiitzerläääänd!»<br />

Ich habe alles gegeben und ich will mit Stil einlaufen. Das schaffe ich<br />

noch, aber für das obligate Lächeln auf der Ziellinie fehlt mir die Energie.<br />

Dies werde ich mir nie so richtig verzeihen können.<br />

Und ich höre noch die Frauenstimme im Hintergrund: «Oh, he looks very<br />

tired». Und ich bin mir sicher, dass diese blöde Kuh mich ge<strong>mein</strong>t haben<br />

muss!<br />

«Hääänsueeli, you are an Ironman!»<br />

Mir wird ein Lei um den Hals gehängt, die Finisher-Medaille wird mir umgehängt,<br />

das Finisher-T-Shirt übergeben, Hawaii-Girls gratulieren mir, man<br />

klopfte mir auf die Schultern.<br />

«Is everything ok?»<br />

«Yes, yes, thanks.»<br />

Ich will jetzt aber ins Hotel, subito, ich will liegen, ich will nur noch <strong>mein</strong>e<br />

Ruhe.<br />

Ich verzichte auf irgendwelche Betreuung, auf Massage, auf jede Art von<br />

sonstiger Wellness oder medizinischer Versorgung.<br />

54


Ich besorge mir noch <strong>mein</strong>en Beutel mit <strong>mein</strong>en Kleidern, zwänge mich<br />

zwischen den Zuschauern durch und schlarpe Richtung Hotel. Jetzt muss<br />

ich - unerwartet - noch einmal Finisher werden. Individualist Amacher from<br />

Switzerland hat es nämlich überhaupt nicht für nötig gehalten, sich irgendwelche<br />

Betreuung für nach dem Rennen zu organisieren.<br />

Mindestens zwei Mal muss ich mich noch hinsetzten um mich kurz auszuruhen.<br />

Einige Leute gratulieren mir im Vorübergehen zum Finisher.<br />

«Congrats! Great Job, man!» und noch besser: «You still looking good!»<br />

Wenn ihr wüsstet, wie ihr mir jetzt alle Mal könnt!<br />

55


Duschen<br />

Kaum im Zimmer angekommen, habe ich ein riesiges Bedürfnis nach duschen.<br />

Mein ganzer Körper ist verklebt und es juckt mich überall und sogar<br />

noch mehr. Und <strong>mein</strong>e Füsse! Die zerschundenen Fusssohlen würden wohl<br />

nochmals furchtbar brennen. Pepi ist noch nicht eingetroffen und ich überwinde<br />

mich. Darauf bin ich bis heute noch ein bisschen Stolz. Ich hätte jetzt<br />

allen Grund, mich einfach hinzulegen. Aber ich reisse mich zusammen.<br />

Wohltuend fliesst das Wasser aus der Brause über <strong>mein</strong>en Körper. Das tut<br />

ja so gut. Da erreichen aber die ersten Tropfen <strong>mein</strong>e Fuss-Sohlen. Jetzt<br />

geht es los. Ich weiss heute nicht mehr genau, was ich alles von mir gab. Es<br />

muss eine Symphonie mit Schreien, Fluchen und Jammern sein. Zum Glück<br />

kann mich niemand hören.<br />

Die nächste Herausforderung wartet: shamponieren. Nochmals ein Aufbrennen<br />

bei den Sohlen. Nochmals die Symphonie.<br />

Ich frottiere mich ab. Zuerst wie normal, eher zügig. Dann aber immer<br />

vorsichtiger. Kaum ein Körperteil, der nicht schmerzt. Ich habe zwar keinen<br />

starken Sonnenbrand, aber ich habe einen stattlichen «Wolf» zwischen den<br />

Beinen und die Haut ist an einigen Stellen aufgeschürft.<br />

Meine Füsse sehen furchtbar aus. Wie eine einzige grosse Blase löse sich<br />

in den nächsten <strong>Tag</strong>en die oberste Schicht der Sohle ab. Das sieht aus wie<br />

eine zerquetschte Pizza Margarita. Schade, dass davon kein Foto existiert.<br />

Dann lege ich mich auf <strong>mein</strong> Bett und versuche mich zu entspannen. Ich<br />

bin noch zu leer um klare Gedanken zu haben, ich muss mich jetzt einfach<br />

einmal ein wenig erholen.<br />

Pepi trifft ein. Auch er ist geschafft, er war aber schlauer als ich und hat<br />

bereits eine wohltuende Massage und eine kurze Behandlung seiner Füsse<br />

hinter sich. Zuerst freut er sich aber, dass ich auch Finisher bin. Mein Zeugs<br />

habe ich einfach neben <strong>mein</strong> Bett geworfen und da liegt jetzt auch <strong>mein</strong>e<br />

Medaille!<br />

Wir erzählen uns kurz das Wichtigste, dann will auch Pepi duschen.<br />

Ich höre ihn die Dusche aufdrehen, Wasser plätschert und dann ertönen<br />

Geräusche der Art, wie ich sie vorher von mir gegeben habe. Ich muss lachen,<br />

ge<strong>mein</strong>sames Schicksal verbindet halt einfach.<br />

Nachher legt auch er sich auf sein Bett und es wird ruhig.<br />

56


Beinahe unheimlich jetzt, diese Ruhe. Wir sind seit 4 Uhr in der Frühe auf<br />

gewesen und jetzt, etwa 20 Stunden später, im Körper ist noch eine grosse<br />

Hitze, manche Teile schmerzen und ich bin noch völlig aufgewühlt und<br />

trotzdem halbtot. Ich liege einfach nur noch da.<br />

After Party<br />

Nach etwa einer halben Stunde regen sich die ersten Lebensgeister wieder.<br />

Und wir beginnen, uns unsere Erlebnisse zu berichten.<br />

Da klopft es an der Türe. Draussen stehen ein paar andere aus unserer<br />

Gruppe und wollen wissen, wie es uns gegangen ist. Auf einmal herrscht<br />

grosse Freude, alle haben das Ziel erreicht. Auch Rösli ist in gutem Zustand<br />

noch weit vor dem Kontrollschluss eingetroffen.<br />

Und so feiern wir spontan eine kleine Party im Innenhof bei unseren<br />

Zimmern. Jeder schildert seine wichtigsten Eindrücke.<br />

Ich lege dann vor Freude noch einen mehrminütigen Kasatschok hin …<br />

Nach so einem intensiven und langen Einsatz ist man noch eine Weile aufgedreht<br />

und nicht in der Lage zu schlafen. Aber so langsam werden wir alle<br />

müde und die Party löst sich auf.<br />

Jetzt realisiere ich zum ersten Mal, dass ich etwas Besonderes geschafft<br />

habe. Meine Voraussetzungen und <strong>mein</strong>e bisherigen Erfahrungen waren<br />

bescheiden. Es war eigentlich eine Frechheit, was ich mir da vorgenommen<br />

hatte. Aber ich hatte es geschafft, ich hatte nicht aufgegeben, ich hatte unterwegs<br />

auch nie daran gedacht.<br />

Ich wollte nur durchkommen,<br />

unbedingt: Ziel oder Spital!<br />

57


The Day after<br />

Laufen!<br />

Ein wunderschöner Sonntag-Morgen in einem wunderschön gelegenen<br />

Hotel an der Kona-Küste auf Big Island in Hawaii. Wie könnte man schöner<br />

erwachen als heute. Nein, nein, ich hatte nicht geträumt: Ich war jetzt<br />

Ironman-Finisher!<br />

Die Sonne war schon seit einer Stunde aufgegangen und die Strahlen<br />

drangen in unser Zimmer.<br />

Aufstehen! Doch wie fühlte sich <strong>mein</strong> Körper an. Ich konnte jedes Teil,<br />

jede Muskel, jeden Knochen einzeln spüren. Ich raffte mich zusammen und<br />

wollte neben das Bett treten. Meine Füsse!<br />

Den ganzen <strong>Tag</strong> über musste ich mich zu jedem Schritt überwinden.<br />

Aber ich musste.<br />

An diesem <strong>Tag</strong> mussten wir unsere Velos im Kona Surf abholen und sie<br />

auch bereits wieder in ihre Boxen verpacken. Wir mussten auch ans Frühstücksbuffet.<br />

Dort krochen noch andere Helden herum. Und wie schon gesagt,<br />

ge<strong>mein</strong>sames Schicksal verbindet und wir begegneten dem vor allem<br />

mit Galgenhumor.<br />

«Wer kommt nachher Tennis spielen?»<br />

«Wann ist eigentlich das Rennen, eingelaufen wären wir jetzt.»<br />

Goodbye Kailua-Kona<br />

Wir schleppten uns nochmals ins Zentrum von Kailua, weitere Ausflüge waren<br />

jetzt kein Thema. Da hinkten noch Weitere herum; vom Rennen ebenfalls<br />

gezeichnete Helden. Aber alle waren glücklich, erleichtert und froh.<br />

Ein deutscher Teilnehmer erklärte uns, dass er sich jetzt wahnsinnig darauf<br />

freuen würde, nach Hause zu gehen, er vermisse seine Familie so sehr.<br />

Das erinnerte uns daran, dass wir heute noch packen müssten, am<br />

nächsten <strong>Tag</strong> würden wir nach Honolulu fliegen.<br />

Abends traf sich unserer Gruppe nochmals zum Essen. Auf Peter Bolls<br />

Empfehlung hin, nahmen wir nicht am offiziellen Awards Banquet teil. Ein<br />

Fehler, diese Anlässe und Feiern gehören einfach zum Ironman Hawaii.<br />

Zusammen mit einigen Anderen hatten wir noch eine Woche Ferien in<br />

Honolulu auf Oahu gebucht. Andere reisten noch auf weitere Inseln und<br />

Vroni Steinmann sogar direkt wieder nach Hause, zurück in ihr geliebtes<br />

Säuliamt.<br />

58


So nahm der Abend seinen Ausklang und auch ein wenig Wehmut machte<br />

sich jetzt bemerkbar.<br />

Am nächsten Morgen bewegte ich mich schon wieder ein wenig besser,<br />

aber es war immer noch eine Tortur.<br />

Wir schleppten unser Gepäck und unsere Veloboxen - ich hatte ja die<br />

Grösste, ohne Rollen, ohne Klavier! - zum bereitstehen Bus und fuhren zum<br />

Keahole Airport. Die Strecke kannten wir jetzt zur Genüge. Vorgestern noch<br />

hatten wir uns hier auf dem Velo und zu Fuss durchgequält. Ich hatte zu<br />

diesem Zeitpunkt gemischte Gefühle. Es gabt in späteren Jahren Teilnehmer<br />

wie Peter Burger, die dermassen litten, dass sie erklären «nie wieder<br />

hier aufzutauchen» und sich auch daran hielten.<br />

Ich hätte sicher auch <strong>mein</strong>e Gründe gehabt, das zu sagen, aber ich sagte<br />

nichts. Ich hatte diese Teilnahme als ein einmaliges Ereignis angesehen und<br />

damals noch keine Ahnung vom Virus «Ironman Hawaii».<br />

Auf dem kleinen Flughafen entstand dann noch etwas Hektik, für Hawaii<br />

eigentlich unüblich. Hunderte Triathleten drängten sich mit ihren Boxen<br />

auf relativ engem Raum. Als ich <strong>mein</strong>e Kiste schleppte, mir der Schweiss<br />

über das Gesicht ran und die Füsse brannten wie ein Kaminfeuer, verfluchte<br />

ich die ganze Sache. Die bekannte Frage stand wieder einmal zuvorderst:<br />

«Wieso tust du dir so etwas an? Brauchst du das wirklich? Du könntest es<br />

doch so schön haben!»<br />

Dann hob unser Inselhüpfer ab und wir blickten ein letztes Mal auf Kailua<br />

und die Kona Coast.<br />

«Goodbye - oder vielleicht auf Wiedersehen?»<br />

59


Holydays<br />

Waikiki<br />

In der 800‘000 Seelen fassende Metropole Honolulu war es mit der beschaulichen<br />

Stimmung von der Kona Coast vorbei. Unser Hotel befand sich<br />

in der zweiten Reihe, direkt hinter dem weltberühmten Strand von Waikiki.<br />

Dazwischen noch eine mehrspurige und verkehrsreiche Hauptstrasse.<br />

Den ersten <strong>Tag</strong> verbrachten wir am Strand und hingen einfach herum. Das<br />

milde Salzwasser tat <strong>mein</strong>en Füssen gut und bereits zwei <strong>Tag</strong>e später verspürte<br />

ich keine grossen Schmerzen mehr. Auch <strong>mein</strong> Körper erholte sich<br />

überraschend schnell und gut von den Strapazen. Jetzt konnte ich noch für<br />

ein paar <strong>Tag</strong>e die Ferien wirklich geniessen, das hatte ich mir verdient.<br />

Abends flanierten wir den zahlreichen Restaurants und Bars am Strand entlang.<br />

Wir amüsierten uns in den Souveniershops ob all des Zeugs welches<br />

da auf Touristen aus aller Welt wartete, wir schlürften feine Drinks und<br />

warfen einen Blick auf all die Girls und zwischendurch entdeckten wir immer<br />

wieder sonnenverbannte, austrainierte Gestalten mit weissen Flecken<br />

in Zahlenform auf ihren Waden: Hawaii-Finisher! Die Startnummer wurde<br />

uns ja mit dicken Filzschreibern direkt auf die Haut aufgetragen. Nachher<br />

wurde die Haut einen speziellen <strong>Tag</strong> lang spezialgebräunt. Wenn man nachher<br />

die Farbe abwusch, hatte man das Negativ in Weiss auf Oberarmen und<br />

Waden. Das sah natürlich lustig aus und erinnerte mich an Sträflinge. Escaped<br />

from Ironman!<br />

Wir hielten nach einem Restaurant Ausschau, da entdeckten wir ein<br />

Schild und konnten es fast nicht glauben.<br />

Es gibt ein Hofbräuhaus auf Hawaii<br />

Da gab es doch tatsächlich ein Hofbräuhaus auf Hawaii! Das mussten wir<br />

sehen. Es lag im Souterrain und war authentisch eingerichtet. Wir blieben<br />

gleich, um auch hier zu essen.<br />

In einer Ecke spielte Franzl auf einer Orgel alpenländische Musik. Der<br />

sympathische Österreicher spielte jeden Abend hier. Zuerst dachten wir<br />

noch an das Oktoberfest. Aber das Hofbräuhaus war das ganze Jahr offen<br />

und offenbar sehr beliebt.<br />

Zu dieser Zeit waren bei uns Österreicherwitze populär und wir deckten<br />

60


den armen Franzl auch gleich mit ein paar Müsterchen ein.<br />

In einer Pause setzte er sich zu uns.<br />

«Liebe Schweizer, wisst ihr was wir Österreicher nicht haben?»<br />

«Keine Ahnung, sag schon».<br />

«Nette Nachbarn!»<br />

Das sass, der liebe Franzl hatte uns eine Lektion erteilt.<br />

Polynesische Kultur<br />

Wir hatten Gutscheine für Mietautos. Jemand hatte die Idee, man könnte<br />

die für einen <strong>Tag</strong> gegen einen Kleinbus eintauschen und ge<strong>mein</strong>sam zum<br />

polynesischen Kulturzentrum fahren. Es lag etwa eine Fahrstunde entfernt,<br />

auf der anderen Seite von Oahu. Gute Idee, ich beschloss die Sache in die<br />

Hand zu nehmen und am nächsten Morgen stand ein komfortabler Kleinbus<br />

mit Fahrer und Reiseführer Amacher vor dem Hotel.<br />

Das Zentrum war ein traumhafter Park, wo sich die verschiedenen Inseln<br />

und Kulturen von ganz Polynesien präsentierten. Das Ganze war natürlich<br />

sehr touristisch ausgelegt.<br />

Kaum angekommen, bildeten sich wieder unsere kleinen Grüppchen<br />

und wir vereinbarten, uns gegen Abend wieder zu treffen um dann noch<br />

die grosse Show zu geniessen.<br />

Pepi und ich amüsierten uns den ganzen <strong>Tag</strong> über prächtig. Wir trieben<br />

unsere Spässe mit den fröhlichen Repräsentanten der einzelnen Kulturen<br />

und erfuhren auch einiges darüber.<br />

Vor einem schmucken gemauerten Kirchlein stand ein blonder Engel in<br />

einem langen, weissen Kleid. Eigentlich ein heisser Feger, fanden wir und<br />

sprachen sie an. Da entdeckte ich im Kirchlein eine kleine Orgel und fragte<br />

sie, ob ich ein wenig darauf spielen dürfe. Sie nickte süss und ich legte einen<br />

Boogie-Woogie auf den trägen Tasten hin. Pepi war begeistert, der blonde<br />

Engel wohl weniger, sie liess sich aber nichts anmerken, sie vertrat hier die<br />

missionierenden Mormonen. Wir verabschiedeten uns dann höflich.<br />

Wie vereinbart, trafen wir abends unsere Kollegen. Sie warteten schon ungeduldig<br />

und wollten sofort zurück ins Hotel.<br />

Pepi und ich wollten aber die Show keinesfalls verpassen. Das war auch<br />

so vereinbart. Da sagte einer: «Wenn wir jetzt demokratisch abstimmen<br />

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würden, wäre die Mehrheit für eine sofortige Abfahrt.» Ich sah kurz Pepi<br />

an und sagte: «Demokratie ist an und für sich eine gute Sache. Aber ich<br />

habe die Schlüssel für den Bus und wir werden uns die Show ansehen und<br />

nachher zurückfahren.»<br />

Sie murmelten noch etwas.<br />

Die Show war ganz lustig, wenn auch nicht unbedingt der Hammer.<br />

Unsere Mit-Eidgenossen und Möchtegern-Demokraten bestiegen danach<br />

sichtlich unzufrieden den Bus. Ja, ja, Kultur und Sport sind halt zwei paar<br />

verschiedene Schuhe.<br />

Viel wurde auf der Rückfahrt nicht mehr gesprochen. Wir waren müde<br />

und die Demokraten sauer.<br />

Als ich den Bus zurückbrachte, reservierte ich für die nächsten <strong>Tag</strong>e einen<br />

sportlichen roten Ford Fiero. Der sah ein wenig wie Magnums Ferrari aus<br />

und wir fuhren die nächsten <strong>Tag</strong>e wie kleine Könige auf Oahu herum.<br />

62


Wieso Duke Kahanamoku einmalig bleibt<br />

Duke Kahanamoku, oder kurz nur Duke genannt, ist eine Legende auf Hawaii.<br />

Er war in den 1920er-Jahren Olympiasieger im Schwimmen geworden,<br />

er war Filmstar und er war der König der Surfer.<br />

Am Strand von Waikiki konnte man jede Grösse von Surfbrettern mieten<br />

und ausprobieren. Ich hatte schon öfters im Fernsehen Surfer bewundert,<br />

wie sie elegant über die Welle glitten. Und auch ein paar Surfer weiter<br />

draussen im Meer sahen gut aus.<br />

Das kann wohl nicht so schwierig sein, ich bin ja schliesslich ein Schweizer<br />

Skifahrer und Neo-Ironman. Folglich mietete ich das grösste Modell,<br />

Duke Kahanamoku-Size!<br />

Ich schwamm hinaus zu den anderen Surfern und beobachtete sie eine<br />

Weile lang. Dann versuchte ich es auch.<br />

Pepi war schlau genug gewesen, es nicht einfach zu versuchen. Und so<br />

konnte er <strong>mein</strong>e kläglichen Versuche, erste einmal auf dem Brett zu stehen<br />

und nachher sogar noch zu gleiten, genüsslich vom Land aus beobachten.<br />

Nach einer Weile kehrte ich ernüchtert und desillusioniert zurück - ich<br />

würde beim Triathlon bleiben und auch in Zukunft wieder am Skilift anstehen.<br />

Immerhin wurde ich später in Kalifornien noch ein ganz passabler Body-<br />

Surfer.<br />

63


Japanese Restaurant<br />

In Hawaii leben viele Japaner und Hawaii ist auch bei japanischen Touristen<br />

äusserst beliebt. Da war es nicht schwierig ein typisch japanisches Restaurant<br />

zu finden.<br />

Ich musste aber alleine hingehen. Nicht einmal Küchenchef Pepi liess<br />

sich überreden mitzukommen.<br />

Ich war dann tatsächlich in diesem gut besuchten Restaurant auch der<br />

einzige Gast mit runden Augen und langer Nase.<br />

Ich hatte schon davon gehört, dass die Japaner beim Essen andere Gewohnheiten<br />

pflegten als wir.<br />

Und da schlürften und schmatzten sie denn auch in einem Masse und<br />

mit einem solchen Geräuschpegel, dass ich mir wie in einer Saumästerei<br />

vorkam. Ich passte mich natürlich sogleich an und schlürfte und schmatzte<br />

was das Zeug hielt – vielleicht dann doch ein bisschen zu viel. Aus <strong>mein</strong>en<br />

Augenwinkeln konnte ich sehen, wie die Japaner mich diskret und jetzt mit<br />

zum Teil runden Augen beobachteten. Ob ihr Lächeln anerkennend oder<br />

bloss höflich war, konnte ich jedoch nicht genauer einschätzen.<br />

Alle Drinks!<br />

Hawaiianischen Drinks sind allgegenwärtig. Vor jedem Restaurant und vor<br />

jeder Bar werden diese farbenprächtigen Cocktails mit tollen Fotos und<br />

verlockenden Slogans angepriesen.<br />

Vor dem Wettkampf hielten wir uns natürlich noch vollständig zurück.<br />

Diese mit Alkohol angereicherten Fruchtsäfte sollen angeblich ihre Tücken<br />

haben, so, so.<br />

Ich hatte in den ersten <strong>Tag</strong>en in Honolulu schon einige Mai Tais, Chi Chis,<br />

Lava Pits und Blue Hawaiis genossen und wollte es jetzt noch genau wissen.<br />

Ich wollte ALLE gängigen Drinks einmal probiert haben.<br />

Wir wollten uns mit den Andern wieder am Waikiki Strand treffen. Da noch<br />

genügend Zeit vorhanden war, beschoss ich eines Morgens <strong>mein</strong>e erste<br />

Probetour zu starten. Das tropische Klima begünstigte das Durstgefühl<br />

stark und ich hatte immer noch Nachholbedarf von Kona. An einem schattigen<br />

Plätzchen genoss ich <strong>mein</strong>en ersten Drink, und auch den zweiten.<br />

Dann probierte ich noch den dritten und weil der so gut schmeckte, auch<br />

64


gleich noch einen vierten. Nach dem fünften Drink beschloss ich dann Vernunft<br />

walten zu lassen. Ich konnte <strong>mein</strong>e Mission ja auch am Nachmittag<br />

noch fortsetzten. Immer noch im Schatten, erhob ich mich und bemerkte,<br />

dass ich jetzt ein wenig Mühe mit dem Gleichgewicht hatte. Ich riss mich<br />

zusammen, das hatte ich ja in den letzten <strong>Tag</strong>en gründlich gelernt.<br />

Ich betrat das in der prallen Sonne liegende Trottoir, da traf mich ein Blitz!<br />

Mir wurde schwindlig, <strong>mein</strong>e Beine schienen sich zu verselbständigen und<br />

ich konnte mich gerade noch an einen massiven Gusslaternenpfahl retten.<br />

Um den klammerte ich mich wie ein Baby an seine Mama. Ich realisierte,<br />

wie die Leute, zum Teil verwundert aber auch belustigt, an mir vorbei<br />

gingen - peinlich. Nach ein paar Minuten - mir kamen sie wie Stunden vor<br />

- konnte mich wieder einigermassen sammeln.<br />

Was nun? Ich schaffte es noch, die Laterne loszulassen, irgendwie die<br />

Strasse zu überqueren und <strong>mein</strong>e Leute am Strand zu treffen.<br />

Dort setzte ich mich ins knietiefe, leicht kühlende Wasser und wartete<br />

einfach einmal auf bessere Zeiten. Pepi realisierte, dass man mich jetzt in<br />

Ruhe lassen sollte.<br />

Nicht so der Betreuer eines anderen Teilnehmers. Er begann mich zu foppen<br />

und anzuspritzen. Meine klar und deutlich ausgesprochene Warnung<br />

nahm er nicht ernst und so konnte er nachher zuhause von einem unvergesslichen<br />

Erlebnis erzählen - wenn er denn noch wollte. Er weiss jetzt, wie<br />

die letzten Momente des Opfers eines Krokodils sein können.<br />

Ich fühlte mich danach wieder frischer und legte mich neben Pepi auf <strong>mein</strong>e<br />

Schilf-Matte.<br />

«Ich dachte einen Moment lang, dass du ernst machst.» So ganz Unrecht<br />

hatte er nicht. Aber das Krokodil in mir konnte sich noch rechtzeitig<br />

auf seine humane Herkunft besinnen.<br />

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Nachwehen<br />

Back home<br />

Ende Oktober kehrten wir zurück in die Schweiz. Ich hatte kein grosses<br />

Aufheben wegen <strong>mein</strong>es grossen Planes gemacht. Nicht viele Leute waren<br />

informiert. Ich hatte aber brav Postkarten an <strong>mein</strong>e Verwandten, Freunde<br />

und einige Bekannten geschickt.<br />

Meine Rückkehr fiel demzufolge Ende Oktober relativ nüchtern aus. Auf<br />

dem Flughafen verabschiedete ich mich noch von einigen der übrigen Teilnehmer.<br />

Pepi war von seiner Familie freudig empfangen worden, seine beiden<br />

Söhne waren mächtig stolz auf ihren Vater und da <strong>mein</strong> Haus am Weg<br />

lag, brachten sie mich auch noch nach Hause.<br />

Bei Nacht und Nebel betrat ich <strong>mein</strong> altes Haus, wo ich von einem<br />

selbstgemalten Poster <strong>mein</strong>es Schwagers überrascht wurde.<br />

Ich besuchte noch <strong>mein</strong>e Eltern und erklärte ihnen, dass ich jetzt wieder<br />

da sei.<br />

Am nächsten Morgen wartete im Büro ein Früchtekorb auf <strong>mein</strong>em<br />

Tisch - und viel Arbeit. Ich erzählte bei einem Kaffee kurz das Wichtigste<br />

von <strong>mein</strong>em Abenteuer und schon wurde ich wieder ans Telefon gerufen –<br />

ich war wieder in der Realität angekommen.<br />

Dann fiel ich in ein Loch. Mir haben weitere Teilnehmer später ähnliches<br />

berichtet. Man hat sich so lange sein grosses Ziel vorbereitet, der <strong>Tag</strong> X war<br />

gekommen, ging vorüber und man reiste nach den schönen Ferientagen im<br />

Paradies Hawaii wieder nach Hause in den kalten Herbst mit seinen bereits<br />

langen Nächten.<br />

Arbeitsmässig war ich stark ausgelastet und ich folgte jetzt mancher Einladung,<br />

welcher ich vorher abgesagt hatte, und erzählte natürlich jeweils<br />

bereitwillig von <strong>mein</strong>em Abenteuer.<br />

Aber ich verspürte eine Leere.<br />

Im Affoltern Anzeiger war bereits ein Bericht erschienen und in der folgenden<br />

Zeit wurde ich immer wieder auf <strong>mein</strong>e Teilnahme am Ironman<br />

angesprochen.<br />

Am schönsten waren aber die Treffen mit Pepi. Jetzt konnten wir die<br />

Erlebnisse aus der Distanz betrachten. Dabei haben wir auch sehr viel gelacht:<br />

«Weisst du noch …»<br />

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67<br />

The King of Waikiki


Der weitere Weg<br />

Für Pepi war dieser Trip ein einmaliges Abenteuer.<br />

Bei mir war aber etwas geweckt worden. Der Arbeitsdruck war nicht<br />

kleiner geworden, die Freude fehlte aber und ich vermisste auch Fredi sehr.<br />

Über <strong>mein</strong>en weiteren sportlichen Weg hatte ich mir vorher keine Gedanken<br />

gemacht, aber nun war klar, dass ich weitermachen würde.<br />

Ich nahm <strong>mein</strong> Training wieder auf und machte auch weiter Fortschritte.<br />

Und im Frühling stand für mich fest: Ich fliege 1987 wieder nach Hawaii!<br />

Ich traute mir zu, aus <strong>mein</strong>en Fehlern zu lernen und die richtigen Schlüsse<br />

zu ziehen und diesmal eine gute Wettkampfzeit zu erreichen.<br />

Vor allem in der Schlussphase der Vorbereitung fehlte mir die Zeit für<br />

ein wirklich gutes Training aber schon manchmal. Aber ich dachte, dass ich<br />

das mit <strong>mein</strong>er, jetzt grösseren, Erfahrung wettmachen könnte.<br />

Die Vorzeichen standen nicht gut als, ich am 10. Oktober 1987 wieder in<br />

an den Start ging. Kurz nach der Ankunft in Kailua hatte ich mir eine böse<br />

Magenverstimmung eingehandelt. Ich hatte wohl zu viele kalte Getränke<br />

getrunken und jetzt rebellierte <strong>mein</strong> Magen dagegen.<br />

Noch nicht ganz erholt, ging ich an den Start. Bereits auf der Schwimmstrecke<br />

bekundete ich grosse Mühe, auf der Radstrecke musste ich mich dann<br />

unzählige Male übergeben und es putzte mich so richtig durch. Ich wollte<br />

sogar noch die Laufstrecke packen. Aber nach 16 Km waren die Schmerzen<br />

in <strong>mein</strong>em Magen schon so gross, dass ich befürchtete, dass hier vielleicht<br />

etwas irreparabel in Mitleidenschaft gezogen werden könnte.<br />

Ich setzte mich bei einer Aid-Station hin und wartete ein paar Minuten<br />

um den Kreislauf hinunterzufahren. Dann trank ich einen Schluck Cola. Als<br />

der gleich wieder und im hohen Bogen hoch kam, zog ich <strong>mein</strong>e Startnummer<br />

aus und gab auf.<br />

Bereits eine Stunde später hatte ich mich recht gut erholt. Es war nichts<br />

wirklich Ernsthaftes passiert und ich begann an mir und <strong>mein</strong>em Entscheid<br />

zu zweifeln. Eine Aufgabe in Hawaii ist wirklich schwer zu verdauen. Sie<br />

machte mir in den kommenden Wochen noch zu schaffen.<br />

Später akzeptierte ich <strong>mein</strong>e Aufgabe. Eine gute Zeit wäre unter diesen<br />

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Umständen nicht möglich gewesen. Der entscheidende Faktor war aber,<br />

dass ich mir zum Zeitpunkt der Aufgabe ernsthafte Sorgen um <strong>mein</strong>e Gesundheit<br />

machte.<br />

Die folgenden Ferientage auf Oahu und Maui konnte ich aber nicht mehr<br />

richtig geniessen.<br />

So lag ich an einem traumhaften Strand in Lahaina auf Maui und brütete<br />

vor mich hin.<br />

Auf einmal fiel es mir wie Schuppen von den Augen.<br />

«Ich höre auf!»<br />

«Nein, nicht mit dem Triathlon, sondern mit <strong>mein</strong>er bisherigen beruflichen<br />

Tätigkeit.»<br />

Unser Architekturbüro lief gut und es herrschte auch im Planungs- und<br />

Bauwesen gerade wieder Hochkonjunktur. Aber mit Fredi war so etwas wie<br />

die Seele gegangen, <strong>mein</strong> Geschäftspartner schien bereits zu stagnieren<br />

und die Aufgaben begannen sich zu repetieren.<br />

«Deja vue» - nicht mehr <strong>mein</strong> Ding! Ich musste neu ansetzen.<br />

1988 wollte ich mich am Ironman Europe, in Roth, Deutschland, für den<br />

Ironman Hawaii qualifizieren. Und ich war gut in Form. Schwimmen und<br />

Radfahren waren mir bei guten Bedingungen gelungen. Nach etwa 15 Km<br />

auf der Laufstrecke kam dann eine kleine Krise. Die hätte ich gut beissen<br />

können, so viel Erfahrung hatte ich mittlerweile.<br />

Ich tat dann spontan, was aber wohl schon länger in mir schlummerte.<br />

Ich verliess die Wettkampfstrecke und trank an einem Zuschauerstand ein<br />

Bier. Die Leute ermunterten mich doch weiter zu machen. Ich sah noch<br />

nicht gezeichnet aus.<br />

Aber <strong>mein</strong> Entschluss war gefallen. Die Lang- und Ultradistanzen waren<br />

nicht <strong>mein</strong> Ding, das dauerte mir alles viel zu lange. Meine körperlichen<br />

Voraussetzungen waren auch nicht optimal. Ich war schlicht kein typischer<br />

Ausdauersportler. Somit hatte ich mit der Langdistanz abgeschlossen.<br />

Die Kurzdistanzen faszinierten mich aber weiterhin und da wurde ich auch<br />

immer besser.<br />

69


San Diego<br />

1989 wurde ein weiterer Traum war. Ich zog als Fulltime-Triathlet nach San<br />

Diego.<br />

Da fühlte ich mich schnell einmal wohl, hatte viel Spass, reiste viel umher<br />

und die Resultate waren sogar noch besser als erwartet. Ein Höhepunkt<br />

war der «Beauty and the Biest»-Triathlon auf den US-Virgin Islands in der<br />

Karibik. Da meldete sich auch <strong>mein</strong> Interesse an anderen Kulturen an. Dies<br />

würde <strong>mein</strong>e nähere Zukunft noch stark prägen.<br />

Im Sommer kehrte ich nach Europa zurück und startete am 6. August an<br />

den erstmals ausgetragenen Weltmeisterschaften über die Kurzdistanz,<br />

heute Olympisch Distanz, in Avignon.<br />

1989: WM Avignon<br />

70


Im Herbst zog ich wieder nach Carlsbad, bei San Diego und im Oktober<br />

auch wieder nach Hawaii.<br />

Dort verbrachte ich die meiste Zeit mit dem nachmaligen Gigathlon-Sieger<br />

Urban Schumacher. Ich war vorher in Kalifornien auf ihn gestossen und<br />

wir hatten eine tolle Zeit zusammen.<br />

In Kona wurden wir Zeugen des faszinierendsten Duelles, welches je in diesem<br />

Sport stattfand. «Iron War»: der bisher 6-fache Ironman Dave Scott<br />

wurde von Mark Allen gefordert. Vom Schwimmstart weg bis 3 Meilen vor<br />

dem Ziel in Kailua-Kona kämpften sie Schulter an Schulter bis Mark Allen<br />

den entscheidenden Antritt auslöste und den ersten seiner 6 Siege einfuhr.<br />

Die Siegerzeit von 8 Stunden und 9 Minuten und der abschliessende Marathon<br />

in 2 Stunden 40 Minuten pulverisierten damals alle gängigen Vorstellungen.<br />

Zurück in der Schweiz verspürte ich im kalten November auf einem längeren<br />

Lauf mit einem Kollegen Schmerzen in <strong>mein</strong>em linken Knie. Ich nahm<br />

das noch nicht weiters ernst, jeder hat einmal kleinere Blessuren oder Beschwerden.<br />

Die Sache war aber gravierender. Im Frühjahr 1990 reiste ich von Carlsbad<br />

frustriert wieder ab, zurück in die Schweiz. Mein Knie wurde nicht besser,<br />

ganz im Gegenteil, jetzt reagierte auch <strong>mein</strong> rechtes noch negativ. Es<br />

folgte eine Zeit der Ungewissheit, Operationen und erfolglosen Therapien.<br />

Ich haderte mit mir und dem Schicksal. Hatte ich es übertrieben? Hatte<br />

ich <strong>mein</strong>em vielleicht nicht so optimalen Körper, obwohl ich vielseitig und<br />

- wie ich <strong>mein</strong>te - körperbewusst trainiert hatte und auf <strong>mein</strong>en Körper<br />

gehört hatte, zu viel zugemutet?<br />

Ich fand darauf nie eine klare Antwort. Eines blieb aber klar: Ich durfte<br />

Abenteuer erleben, welche ich nicht missen möchte – und ich lebte <strong>mein</strong>en<br />

Traum!<br />

Der Bub welche in der Wiese hinter seinem Elternhaus von grossen Wettkämpfen<br />

geträumt hatte, durfte mehrmals an Weltmeisterschaften teilnehmen.<br />

Er hat da zwar nicht Medaillen und Ruhm gewonnen - aber er war<br />

dabei!<br />

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Am Jahreswechsel 1996/97 lernt ich auf einer Bikereise in Tansania <strong>mein</strong>e<br />

Frau Käthi kennen. Sie hatte auch einige Jahre in San Diego gelebt. Ich war<br />

mittlerweile Haupt-Speaker am neu entstandenen Ironman Switzerland<br />

geworden und wir reisten im Oktober mit einigen Mitgliedern der Organisation<br />

nach Hawaii. Ich genoss das damals unge<strong>mein</strong>, mit dem Wettkampfsport<br />

hatte ich abgeschlossen, mit Ultradistanzen ja sowieso. Und<br />

so betrachtete ich die Triathleten, feuerte sie an und war froh, dass ich das<br />

selber nicht mehr tun musste.<br />

Kulturreisen<br />

Obwohl durch <strong>mein</strong>e Kniebeschwerden limitiert, kam mir <strong>mein</strong>e gute Kondition<br />

dann auf vielen Reisen in fremde Kulturen, meistens in einer kleinen<br />

Gruppe und auf dem Bike, zugute.<br />

Ich wandelte - oder pedalte - auf den Spuren der Musik, sammelte<br />

zahlreiche Trommeln und weitere Instrumente, die Videos integrierte und<br />

machte weitere Träume - wenn auch in wesentlich bescheidenerem Rahmen<br />

- wahr. Denn der Bub hatte ja auch davon geträumt, dass er ein grosser<br />

Indianerhäuptling, Musicalstar, Gitarrenheld, Filmstar, Unterhaltungskünstler<br />

und Spassmacher sei.<br />

Heute<br />

Der Sport allge<strong>mein</strong> und der Triathlon insbesondere haben sich stark weiterentwickelt.<br />

Ich verfolge das Geschehen immer noch interessiert, wenn<br />

auch aus Distanz. Grosse Rennen, Triathlon, Mountainbike und auch Strassenradsport<br />

verfolge ich jetzt vor dem Fernseher oder Online. Ich bin ein<br />

Couch-Potato geworden und das ist ganz gut so.<br />

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73


Nachbetrachtung<br />

Bereits 1986 hatte ich <strong>mein</strong> Tun - trotz aller Begeisterung und Passion -<br />

manchmal kritisch hinterfragt. Wieso macht man so etwas? Braucht man<br />

das? Das Aufkommen solcher Fragen lässt bereits eine gewisse Ambivalenz<br />

der Meinung dazu erkennen. Auch 30 Jahre später, nach vielen weiteren<br />

Erlebnissen und Erfahrungen, hat sich das noch nicht geändert.<br />

Deshalb verfasse ich <strong>mein</strong>e Nachbetrachtung jetzt in 2 Varianten:<br />

Variante 1<br />

Die eigenen Grenzen finden, sich mit Gleichgesinnten in einem fast übermenschlich<br />

erscheinenden Einzelwettkampf als Individualist durchzusetzen,<br />

etwas zu vollbringen, was die Meisten für fast unmöglich hielten, das<br />

beinhaltete eine grosse Faszination.<br />

Um die halbe Welt reisen, um dann in einem traumhaften Urlaubsparadies<br />

unter klimatisch harten Bedingungen in einem Wettkampf diese Distanzen<br />

zurückzulegen, war ein spezieller Anreiz.<br />

Der Mythos Hawaii und die Ironman Wordchampionship beinhalteten<br />

eine grosse Versuchung. Manchen Teilnehmer erfasste der Virus Ironman<br />

bei seiner Teilnahme und er kam wieder, einige sogar über Jahre immer<br />

wieder.<br />

Wir wurden für ein paar <strong>Tag</strong>e wie Helden behandelt und fühlen uns wie<br />

in einer grossen Familie (ausser beim Schwimmstart).<br />

Für manchen Teilnehmer wurde der Wettkampftag am Ironman zu einem<br />

der grössten oder sogar zum grössten <strong>Tag</strong> in seinem Leben.<br />

Man war noch ein Nonkonformist, ein normaler Mensch tat so etwas<br />

nicht.<br />

Damals waren wir auch noch in einem gewissen Sinn Pioniere. Die<br />

Sportart, wie auch die Fitness- und Ausdauersportwelle war noch jung. Es<br />

gab noch viel zu entdecken, entwickeln und erforschen. Das war speziell<br />

für mich ein grosser Reiz und ich bin dankbar, dass ich gerade in der Zeit<br />

zwischen 1985-1990 dabei sein durfte. Innerhalb dieser kurzen Zeit entwickelten<br />

sich sämtliche Faktoren dieses Sportes, wie Material, Ernährung<br />

und Trainingslehre in einem Masse weiter wie nie zuvor oder auch danach<br />

nicht mehr.<br />

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Bei <strong>mein</strong>er Teilnahme 1986 fuhren wir noch mit normalen Rennvelos<br />

mit Speichenrädern und trainierten nach Gefühl. 3 Jahre später fuhren wir<br />

aerodynamisch mit Zeitfahrmaschinen und trainierten nach Pulsfrequenzen.<br />

Die Pionierzeit war endgültig vorüber.<br />

Variante 2<br />

Als Mitglieder unserer Wohlstandsgesellschaft waren wir auf der Suche<br />

nach neuen Herausforderungen. Wir konnten gute Ausbildungen geniessen<br />

und nachher, auch dank der Hochkonjunktur, sehr komfortabel leben.<br />

Die Gesellschaft hatte sich immer mehr weg von der Ge<strong>mein</strong>schaft und<br />

auch Familie, hin zum Individualismus und zur Selbstverwirklichung entwickelt.<br />

Das Leistungsdenken und Konkurrenzverhalten wurde immer mehr<br />

gefördert und war auch im beruflichen Alltag angesagt.<br />

Der Triathlon, sowohl über die Olympische- wie über die Ironman-Distanz,<br />

zählt heute weltweit zu den populärsten Sportarten überhaupt.<br />

Die Leistungen sind dank ausgeklügelten Trainingsmethoden, Ernährung<br />

und Coaching wesentlich berechenbarer geworden. Und damit wurde auch<br />

die Leistungsdichte viel stärker. Die Entwicklungen in den Bereichen Material,<br />

Trainingslehre, Coaching und Ernährung erfolgt nur noch in kleinen<br />

Schritten. Die Leistungen werden heute fast in einer Konformität wie Hochschul-<br />

und Geschäftsabschlüsse erreicht.<br />

Triathlon wurde immer kommerzieller, professioneller und auch irgendwie<br />

konventioneller.<br />

Auf die Frage, ob ich heute, unter diesen Rahmenbedingungen, überhaupt<br />

noch Spass hätte, diesen Sport leistungsmässig zu betreiben, habe<br />

ich keine klare Antwort.<br />

Letztendlich lebt und handelt man immer im Kontext seiner Zeit.<br />

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Wow - ich war jetzt offiziell zertifizierter Ironman-Finisher!<br />

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Einige Fakten<br />

Ironman<br />

Am 18. Oktober 1986 fand in Hawaii bereits der 10. Ironman statt.<br />

1039 starteten, 951 erreichten das Ziel.<br />

Das Startgeld betrug damals 100 Dollars.<br />

Erstmals wurde insgesamt 100‘000 Dollar Preisgeld bezahlt.<br />

Dave Scott in 8:28:37 und Paula Newby-Fraser in 9:49:14 waren die Sieger.<br />

Der Oktober 1986 war bis heute der heisseste in der Geschichte des<br />

Ironman.<br />

1986<br />

... gab es noch kein Internet, PC und Handy.<br />

... kostete ein Dollar 1.70 Franken.<br />

... geschah die Reaktorkatastrophe von Tschernobil.<br />

... explodierte die Raumfähre Challenger.<br />

... schlug an der Fussball-WM in Mexico Argentinien Deutschland mit 3:2.<br />

... stand Reinhold Messner auf dem Lhotse und wurde damit der erste<br />

Mensch der alle 14 Achttausender bestiegen hatte.<br />

... gab es noch Autos welche mit Benzin betrieben wurden - heute immer<br />

noch.<br />

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Am 18. Oktober 1986 erreichte<br />

ich spät abends als Finisher das<br />

Ziel der Ironman Triathlon World<br />

Championship auf dem Alii Drive in<br />

Kailua-Kona auf Big Island, Hawaii.<br />

Die Teilnahme am weltweit prestigeträchtigsten<br />

Ausdauerwettbewerb<br />

war zu dieser Zeit noch ein<br />

richtiges Abenteuer.<br />

30 Jahre später erinnere ich mich<br />

nicht mehr an jedes Detail. Vieles<br />

bleibt aber unvergesslich und ist<br />

stark in <strong>mein</strong>er Erinnerung geblieben.<br />

Die Sportart Triathlon, damals<br />

noch von sogenannten Spinnern<br />

und Verrückten betrieben, hat sich<br />

in der Zwischenzeit zu einer etablierten<br />

Sportart entwickelt. Eines<br />

ist jedoch gleich gross geblieben:<br />

die Faszination, an einem solchen<br />

Anlass dabei zu sein und das Ziel zu<br />

erreichen.<br />

e m<br />

edition mogamo

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