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<strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong><br />
<strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong> (*1858; ����1925)<br />
Maler und Freimaurer<br />
Selbstbildnis mit Skelett<br />
<strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong> (eigentlich Franz Heinrich Louis) wurde am 21. Juli 1858 in Tapiau,<br />
Ostpreußen, geboren. Sein Vater, Franz-Heinrich <strong>Corinth</strong> (1829-1889), war von Beruf<br />
Gerber mit eigenem Betrieb. Seine Mutter, Amalie Wilhelmine <strong>Corinth</strong>, verwitwete Opitz,<br />
hatte aus erster Ehe bereits fünf Kinder. <strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong> wächst auf im elterlichen Hof. 1866<br />
kommt er auf das Kneiphöfsche Gymnasium nach Königsberg und wohnt dort bei der<br />
Schwester seiner Mutter. Die Ferien verbringt er immer im Elternhaus.<br />
1873 stirbt seine Mutter. Nach Abschluß des Gymnasiums lebt <strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong> wieder im<br />
Elternhaus und beginnt zu zeichnen. Mit seinen Zeichnungen drückte er die Querelen und<br />
Streitereien seiner Halbgeschwister aus, welche auch in späteren Werken immer wieder in<br />
Erscheinung treten, wie z.B. bei: "Kain - 1895", "Der geblendete Simson - 1912", "Der rote<br />
Christus - 1922", und andere.<br />
Sein Nichtverstehen mit seinen Halbgeschwistern verbitterte ihn bis zu seinem Tode. Er,<br />
<strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong>, der die Harmonie so liebte, versuchte, mit den soeben genannte Werken sich<br />
wieder Luft zu verschaffen. Als 61-jähriger sagte er einmal über sich selbst bei einer<br />
Ausstellung in Königsberg:
<strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong><br />
Das Verständnis des Vaters ermöglicht <strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong> den Besuch der Königsberger<br />
Kunstakademie von 1876-1880. Er studiert unter Professor Otto Günther (Genremaler,<br />
1838-1884) und zeichnet viel am Hafen, bei den Fischern und auf dem Schlachthof, wo ihn<br />
das Treiben besonders faszinierte. 1878 reist er mit seinem Lehrer und einigen<br />
Studienfreunden nach Berlin und Thüringen.<br />
1880, auf Empfehlung Prof. Günthers, siedelt <strong>Corinth</strong> nach München über und besucht dort<br />
an der Kunstakademie die Klasse von Franz von Defregger. Im Herbst des gleichen Jahres<br />
wird er Schüler von Ludwig Löfftz (wie Defregger ein Genre-, Historien- und<br />
Landschaftsmaler). Am 1. Oktober 1882 absolviert er nach zweijähriger Studienzeit in<br />
München in der Münchener Türkenkaserne seinen Militärdienst.<br />
1883 besucht Franz Heinrich <strong>Corinth</strong> seinen Sohn <strong>Lovis</strong>. Hierbei entsteht auch das bekannte<br />
Gemälde: "Porträt des Vaters mit Weinglas", signiert und datiert 1883. (Heute im Besitz der<br />
Stadt München, Galerie im Lenbachhaus.) Es ist das erste bedeutende Porträt <strong>Corinth</strong>s<br />
überhaupt.<br />
1884 geht <strong>Corinth</strong> auf einige Empfehlungen hin nach Antwerpen zu dem Maler Paul Eugène<br />
Gorge und bleibt dort drei Monate. Hier malt <strong>Corinth</strong> Gorge zum ersten mal; weitere<br />
Bildnisse von ihm entstehen 1898 und 1908 bei einem Besuch im Atelier von Gorge in<br />
Antwerpen. Danach besucht er die Akademie Julian in Paris und studiert bei Bougereau und<br />
Robert Fleury bis zum Sommer 1886 hauptsächlich Akt- und Figurenmalerei. Anschließend<br />
geht er dann zurück nach Deutschland.<br />
Den Winter 1887/88 verbringt <strong>Corinth</strong> in Berlin, wo er Max Georg Klinger (geb. 1857,<br />
Historienmaler und Radierer) und Karl Stauffer-Bern (1857-1891, Porträtmaler und<br />
Radierer) begegnet. Noch immer ein Suchen und Studieren der verschiedensten Einflüsse.<br />
Die bedeutendsten Bilder in dieser Zeit sind die Darstellungen seines Vaters, den er 1888<br />
bei Besuchen in Königsberg mehrmals malt. Eins davon entsteht im Oktober: "Vater Franz<br />
Heinrich <strong>Corinth</strong> auf dem Krankenlager" (im Besitz der Stadt Frankfurt, Galerie im<br />
Städelschen Kunstinstitut). Wenige Monate später, am 10. Januar 1889, stirbt der Vater.<br />
<strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong> bleibt eine Zeit lang in Königsberg und bekommt als Suchender Kontakt mit<br />
der Freimaurerloge "Immanuel" in Königsberg. In dieser Loge wird er im Alter von fast 32<br />
Jahren am 27.03.1890 aufgenommen, wo er sich mit der königlichen Kunst der Freimaurerei<br />
auseinandersetzt und sich sehr vertieft ihr widmet und das in Wort und Bild, vor allem nach<br />
seiner Umsiedelung 1891 nach München. Er bezieht hier die Wohnung und das Atelier in der<br />
Giselastraße 7, wo er nun 10 Jahre bleibt. Porträts, religiöse Bilder und Historien, mit Einfluß<br />
der Freimaurerei, entstehen neben Stilleben und Landschaften. Angeregt durch Otto<br />
Eckmann beginnt er auch 1891 grafisch zu arbeiten.<br />
1896 wird er Gründungsmitglied der Freimaurerloge "In Treue fest" in München. Im gleichen<br />
Jahr, am 16. Oktober, wird <strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong> in den Meistergrad erhoben. Bis zu seinem Tode<br />
im Jahre 1925 gehört er dieser Loge an.<br />
1896 entsteht auch sein bekanntes Bild: "Selbstbildnis mit Skelett". (Abgebildet in Humanität<br />
Nr. 4, 1979.) Es steht durch die Konfrontierung der eigenen Person mit dem Tod, in der<br />
versachlichten Form eines Skeletts als Atelierrequisit, und mit der Angabe des eigenen Alters<br />
von 38 Jahren. Mit diesem Bilde beginnt <strong>Corinth</strong> die Reihe der Selbstbildnisse, von denen er<br />
über 40 Stück malt und unendlich viele zeichnet und radiert.
<strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong><br />
1898/99 malt er "Die Logenbrüder"(eigentlich "Trinkspruch in der Loge In Treue fest"). Hier<br />
handelt es sich um ein Gruppenbildnis von zwölf Angehörigen seiner Loge "In Treue fest"<br />
(siehe Humanität Nr. 4, 1979, Seite 29). Dieses Bild hat eine Größe von 113 x 162,5 cm und<br />
ist im Besitz der Städtischen Galerie im Lenbachhaus, München. Auf diesem Bild ist in der<br />
oberen Reihe als zweiter von links der Versicherungsdirektor Conrad Müller dargestellt, den<br />
er 1900 auch porträtierte. Es ist das Bild: "Porträt des Logenmeisters Müller mit dem<br />
Hammer", 117 x 90 cm groß und heute im Besitz des Deutschen Freimaurer-Museums in<br />
Bayreuth.<br />
So richtig heimisch scheint sich <strong>Corinth</strong> in München und der Münchener Malerszene rund<br />
um den "Malerfürsten" Franz von Lenbach nie gefühlt zu haben. Ab 1900 pendelt <strong>Corinth</strong>,<br />
inzwischen weithin bekannt für sein recht ausgelassenes Leben in der Boheme, zwischen<br />
München und Berlin. 1901 siedelt <strong>Corinth</strong> nach Berlin über, eröffnet dort eine Malschule und<br />
wird Mitglied der "Berliner Secession". In dieser Zeit pflegt er auch seine Freundschaft mit<br />
Max Liebermann und Gerhart Hauptmann. Zwei Jahre später heiratet <strong>Corinth</strong> seine 23 Jahre<br />
jüngere Malschülerin Charlotte Berend. Mit ihr bekommt er innerhalb von sechs Jahren zwei<br />
Kinder (Thomas und die fünf Jahre jüngere Wilhelmine). Häufig portraitiert <strong>Corinth</strong> seine<br />
Familie.<br />
<strong>Corinth</strong> eröffnet zur gleichen Zeit in seinem Atelier eine Malschule für Damen. Seine erste<br />
Schülerin ist Charlotte Berend. Mit ihr reist er im Sommer 1902 zum Landschaftsstudium<br />
nach Horst in Pommern. 1903 heiraten sie.<br />
Am 13. Oktober 1904 wird sein Sohn Thomas geboren. Frau und Kind bilden die Motive für<br />
viele seine Bilder. Große Figurenbilder entstehen, wie z.B. "Jugend des Zeus", 1905, 120 x<br />
150 cm. Dieses Bild, heute im Besitz der Bremer Kunsthalle, ist ein Beispiel für die<br />
Verquickung von Mythologie und Wirklichkeit.<br />
1919 beginnt <strong>Corinth</strong> mit dem Bau seines Landhauses in Urfeld am Walchensee (Schweiz)<br />
und zieht sich von nun an mehr und mehr vom gesellschaftlichen Leben zurück.
<strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong><br />
Am 15. März 1921 erhält <strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong> die Ehrendoktorwürde der Universität Königsberg,<br />
und zwischenzeitlich ist er immer wieder am Walchensee.<br />
Sein 1924 geschaffenes Portrait des Reichspräsidenten Friedrich Ebert ist sein letztes großes<br />
Werk.<br />
Bei seinem Aufenthalt in München und von seiner Loge "In Treue fest" inspiriert, entstehen<br />
im Jahr seines Todes noch sechs grafische Blätter über seine geliebte Freimaurerei. Er nannte<br />
diese Blätter "Zeremonien". Es handelt sich hier um Farblithographien schwarz, rot, blau und<br />
gelb, die mit vier Steinen im Litho-Verfahren gefertigt werden.<br />
Blatt I: "Der Suchende"<br />
<strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong> stellt die Szene in der Vorbereitungskammer der Loge<br />
dar. Hier sitzend der Suchende, der sich vor der feierlichen Handlung<br />
einer Prüfung unterziehen muß. In einer dunklen Kammer soll er sich<br />
vorbereiten mit Beantwortung der schriftlichen fragen. Brüder im<br />
Hintergrund, an den Schürzen und den hohen Hütten erkennbar, sind<br />
gekommen, um von ihm das Prüfungs-Schriftstück zu holen.<br />
Blatt II: "Aufnahme in I"<br />
Zeigt einen Ausschnitt aus einem Tempelraum. Zwischen zwei Säulen<br />
mit brennenden Kerzen kniet der Suchende, dem mit einer Binde die<br />
Augen verschlossen sind. Im Vordergrund zwei Aufseher, die folgende<br />
Werkzeuge erkennen lassen: Links das Senkblei und rechts der<br />
Hammer. Rundum, diese Szene erweckt Ehrfurcht vor dem großen<br />
Baumeister aller Welten.<br />
Blatt III: "Aufnahme in III"<br />
Wird so betitelt, weil die hier skizzierte Szene zweifelsfrei zu einem<br />
Ritual der Freimaurer gehört, wohl eine Erhebung des Gesellen zum<br />
Meister. Die Brüder im Rund mit Meisterschürzen und hohen Hüten<br />
sowie der Hammer in der rechten Hand des Meisters weisen diese als<br />
Freimaurer aus. Im Hintergrund im Lichtschein einer brennenden<br />
Kerze ein Totenschädel, wohl hinweisend auf die Konfrontation mit<br />
dem Tod.<br />
Blatt IV: "Tafelloge"<br />
Hier erkennt man deutlich den weiß gedeckten Tisch mit Rotwein<br />
gefüllten Gläsern, zu einem Trinkspruch gerichtet. In Verbindung eines<br />
feierlichen Zeremoniells sitzen die Brüder in ihrer festlichen Kleidung,<br />
Ketten oder Bänder mit Bijous um den Hals und mit dem hohen Hut<br />
bedeckt, an der Tafel.
<strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong><br />
Blatt V: "Die Rede"<br />
Hierbei dürfte es sich ebenfalls um eine Tafelloge handeln; denn um<br />
den Tisch sitzen Freimuarer in festlicher Kleidung und mit ihren hohen<br />
Hüten sowie den Bijou-Bändern um den Hals. Die dargestellte Szene<br />
auf der erleuchteten Bühne im Hintergrund, ein Redner mit<br />
Meisterschürze, aber ohne Hut, ist mir unklar. Da <strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong><br />
Zeremonienmeister seiner Loge "In Treue fest" war, könnte er sich<br />
hier in dieser Szene vielleicht selbst dargestellt haben.<br />
Blatt VI: "Trauerloge"<br />
Hier erkennt man sofort, daß dies von allen sechs Blättern das einzige,<br />
bei dem die Brüder den Kopf nicht mit dem hohen Hut bedecken,<br />
sondern den Hut anhebend halten. Im Vordergrund die zwei Säulen mit<br />
den brennenden Kerzen und dem Meister, dazwischen der Sarg,<br />
bedeckt mit schwarzem Tuch. dieser festgehaltene Moment deutet<br />
darauf hin, daß hier vom großen Baumeister aller Welten die Rede ist,<br />
und diese Zeremonie dem Gedenken an die "in den ewigen Osten"<br />
abberufenen Brüder gewidmet ist.<br />
Kurz darauf, am 15. Juni 1925, reist <strong>Lovis</strong> <strong>Corinth</strong> nach Amsterdam, um noch einmal die<br />
Arbeiten von Rembrandt und Frans Hals zu sehen. Auf dieser Reise erkrankt er in Holland,<br />
und am 17. Juli 1925, 4 Tage vor seinem 67. Geburtstag, stirbt er in Zandvoort in einem<br />
einsamen Hotelzimmer. Auf dem Waldfriedhof in Stahnsdorf bei Berlin ist seine Grabstätte.