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Der Marienaltar im Weigenheimer Ortsteil Reusch Text: Claus Seifert | Fotos: H. P. Bacherle Text und Fotos: Claus Seifert Die Gemeinde Weigenheim, gelegen zwischen Uffenheim und der westlichen Bruchkante des Steigerwalds mit entsprechend hochwertigen Weinlagen, hat gut 1000 Einwohner. Die evangelische Kirche in dem kleinen Ortsteil Reusch ist eingebettet zwischen frisch sanierten Fachwerkhäusern und großen Bauernhöfen. Einst war der Zugang von Süden, durch den 1733 aufgelassenen Friedhof – dort atmet die von 1491 bis 1511 errichtete, ursprünglich katholische, vermutlich seit 1528 evangelische Kirche mit Glockenturm im Nordosten etwas mehr Luft. Man sieht dem v.a. im 30jährigen Krieg beschädigten, 1701 in der heutigen Form geweihten Gotteshaus von außen einige Um- und Anbauten an, da diese bei der letzten Restaurierung gezielt hervorgehoben wurden. Wir wollen Ihnen im <strong>einSteiger</strong> künftig alljährlich ein Kunstwerk aus dem südlichen Steigerwald vorstellen. Die Region steckt voller historischer Bauten wie Burgen, Schlösser, Kirchen oder Türme. Aber auch Einzelwerke der Bildhauerei oder Malerei verdienen eine besondere Aufmerksamkeit. Die Berichte sollen keine erschöpfenden kunsthistorischen Abhandlungen sein. Vielmehr wollen wir mit durchaus persönlichen Anmerkungen von Menschen, die in enger Beziehung zum Kunstwerk stehen, neugierig machen und dem Betrachter und Besucher am Ende selbst das Urteil über Qualität und Bedeutung des Werks überlassen. Selbst beim Eintritt in die Kirche werden die kunsthistorischen Schätze nicht gleich augenfällig. Christoph Rabenstein, ehemaliger Pfarrer in Reusch, hat 1991 ein gut 70seitiges Buch über den Ort und den spätgotischen Flügelaltar verfasst. Auch er hatte kein kunsthistorisches Kompendium zum Ziel. Doch wuchs dadurch das Interesse gerade am Marienaltar deutlich, wie die anhaltend hohe Zahl an Führungen durch die Kirche zeigt. Einige Legenden und Mythen hat Rabenstein widerlegt. Andererseits konnten bis heute nicht alle Fragen zur Entstehungsgeschichte und Deutung des Altars beantwortet werden. Ob, wie Prof. H. Steindorff bei seiner Begutachtung des Altars anno 1892 schreibt, „unleugbar der Maler dem Bildhauer überlegen gewesen ist“, sei dahingestellt. Tatsächlich liegt der wahre Schatz des Retabels wohl primär nicht in der Darstellung von Maria mit dem Kinde und den vier männlichen, ebenfalls stattlichen 1,25m großen Schnitzfiguren an ihrer Seite. Künstlerisch Hochwertiges finden wir eher im Detail und am Rand. Der Altar passt gut in die Kirche – doch wurde er nicht für sie errichtet. Das bei spätmittelalterlichen Pilgern auf Grund seiner Reliquien und Abgeschiedenheit bekannte, 1525 zerstörte Augustinerkloster in Birklingen (heute zu Iphofen) war die ursprüngliche Heimstatt des Altars, der den Reisenden neben weiteren Altären auf das noch heute existierende Gnadenbild Mariens hinführte. Darstellungsform und Details wie die kuhfußförmigen Schuhe der Figur des Heiligen Wenzel rechts außen deuten auf eine Entstehung unseres Altars um 1490 hin. Für die Spätzeit der Gotik noch typisch tritt der Künstler zurück hinter das Werk und den Auftraggeber. Der Künstler-Eigenkult z.B. eines Albrecht Dürer setzt sich erst später durch. Klar ist, dass mehrere Personen an dem Altar wirkten, wahrscheinlich eine Künstlerwerkstatt aus Ulm (um Michel Erhard, Hans Holbein, vielleicht Tilman Riemenschneider) oder Nürnberg (um Michael Wolgemut, ggf. sogar Dürer). 47
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