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Bergsinne - Klettersteige zwischen Tirol und Bayern

Geschichten und alle Infos zu Klettersteigen zwischen St. Johann in Tirol, Schwendt, Kössen, Reit im Winkl, Walchsee und Kufstein. Im Kaisergebirge, den Kitzbühelern und den Chiemgauer Alpen werden Klettersteige mit Topo und viel Wissenswertem beschrieben.

Geschichten und alle Infos zu Klettersteigen zwischen St. Johann in Tirol, Schwendt, Kössen, Reit im Winkl, Walchsee und Kufstein. Im Kaisergebirge, den Kitzbühelern und den Chiemgauer Alpen werden Klettersteige mit Topo und viel Wissenswertem beschrieben.

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KAISERWINKL<br />

Historisches & Wissenswertes<br />

die innige Verb<strong>und</strong>enheit der Walchseer mit ihrem Dr. Karl<br />

Kaser symbolisieren.<br />

Auf meine Fragen, was mein Großvater für Walchsee getan<br />

habe, erklärte mir eine Walchseerin lapidar: „Joki, du<br />

kannst dir gar nicht vorstellen, was dein Großvater alles<br />

für Walchsee <strong>und</strong> für uns alle getan hat – niemand kann<br />

sich das heute vorstellen...” Glück bedeutete für ihn zunächst<br />

einmal zu geben. Bei Gott, er bekam dafür ein Vielfaches<br />

zurück.<br />

Dr. Kaser nahm seit jeher viele Bekannte <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>e<br />

mit auf seinen Reisen nach Walchsee. Seine Mitreisenden<br />

waren vornehmlich aus der Wiener Heimat. Im folgenden<br />

Beitrag von Hermann Kaser sieht man in welch künstlerischem<br />

Umfeld sich Dr. Kaser bewegte. Maler, Musiker,<br />

Schauspieler <strong>und</strong> Wissenschaftler waren Teil dieses Kreises.<br />

Auch dies war ein weiteres Zeichen für seine Fähigkeit<br />

Menschen mit unterschiedlichen Prägungen zusammenzubringen.<br />

Diese Eigenschaften spiegeln sich ja im Besonderen<br />

in seinen Fotografien wider, die Dinge, die Natur <strong>und</strong><br />

Menschen ins richtige Licht zu rücken.<br />

DER WIENER FREUNDESKREIS VON<br />

HERMANN KASER IM KAISERWINKL<br />

Zeit seines Lebens war Dr. Kaser ein überaus geselliger<br />

Mensch, der sehr leicht zu allen Mitmenschen Zugang<br />

fand. Als er 1900 mit Familie <strong>und</strong> Fre<strong>und</strong>en nach Walchsee<br />

kam, hatte schon die „Verbannung des Menschen aus der<br />

Kunst” begonnen (der sogenannten abstrakten Kunst), die<br />

der spanische Philosoph Ortega y Gasset so bitter beklagte.<br />

Walchsee mit dem Hochmoor der Schwemm.<br />

Im Hintergr<strong>und</strong> das Kaisergebirge<br />

Carl Suchanek mit Begleitung bei der Insekten-Forschung<br />

in Walchsee.<br />

In diesem „Walchseer-Wiener-Kreis” war davon nichts zu<br />

bemerken. Der Maler Rudolf Rössler, der Dichter Alfred<br />

Forschneritsch, die Komponisten Josef Reiter <strong>und</strong> Rudolf<br />

Mittermüller, der <strong>Tirol</strong>er Volksliedforscher Franz-Friedrich<br />

Kohl, sie alle beeinflussten sich gegenseitig. Letzterer<br />

war hauptberuflich Entomologe <strong>und</strong> erforschte schon<br />

vor dem 1. Weltkrieg die Insektenwelt des größten <strong>Tirol</strong>er<br />

Hochmoors der Schwemm. Dazu kam der Wiener Kulturhistoriker,<br />

Volksk<strong>und</strong>ler <strong>und</strong> Bienenforscher Karl Emil<br />

Blümml, der u.a. die Mozartforschung in neue Bahnen<br />

lenkte sowie die junge Mela Koehler, ab 1908 ein neuer<br />

Stern am Wiener Kunsthimmel. Josef Reiter war neben seiner<br />

Tätigkeit als Komponist auch noch Schriftsteller, Forschneritsch<br />

ein erstklassiger Cellist, Mittermüller betrieb<br />

eine Musikschule <strong>und</strong> Rössler war nicht nur Maler, sondern<br />

auch Grafiker <strong>und</strong> entwarf viele Banknoten. Darüber<br />

hinaus gab es Verbindungen zu vielen anderen Künstlern<br />

wie Carl Moll <strong>und</strong> Gustav Klimt. Nachforschungen gestalten<br />

sich recht schwierig.<br />

In den zwanziger Jahren kamen noch Fre<strong>und</strong>schaften mit<br />

dem Dichter Ottokar Kernstock (1. B<strong>und</strong>eshymne) <strong>und</strong><br />

dem Münchner Hofschauspieler, Rezitator <strong>und</strong> Schriftsteller<br />

Max Bayrhammer dazu. Walchsee, daß anfangs kein<br />

Bad, kein WC <strong>und</strong> kein elektrisches Licht bieten konnte<br />

– ja nicht einmal eine angemessene Zufahrt hatte – war<br />

trotzdem, oder gerade deshalb, ein idealer Rahmen für<br />

diese Gesellschaft. Damals träumten ja viele Leute vom<br />

einfachen Leben auf dem Lande. Hier hatte man Zeit, war<br />

unter sich, aber auch andere Sommergäste <strong>und</strong> Einheimische<br />

wurden miteinbezogen, wenn sie es wollten. Ob<br />

schön oder schlecht, es war immer „etwas los”. Man hatte<br />

Interessen <strong>und</strong> die Fähigkeit sich selbst zu beschäftigen.<br />

Es brauchte nichts geboten zu werden – das hätte man<br />

sogar als störend empf<strong>und</strong>en! Walchsee, eingebettet in die<br />

schönste Landschaft, konnte durch nichts in der Welt ersetzt<br />

oder gar überboten werden!<br />

„DIE BERGFÜHREREI“<br />

Als Bergliebhaber <strong>und</strong> Bergfotograf war er vielfach in den<br />

„steilen”, „hohen” Bergen unterwegs. Dazu nahm er sich immer<br />

einen Bergführer. Die Bergführertätigkeit im Kaisergebirge<br />

war schon recht rege, aber eher auf die „Hochkaiser<br />

Seite” Kufstein bis Ellmau beschränkt. Noch 1879 schrieb<br />

Trautwein über das sehr junge Führerwesen <strong>und</strong> die beginnende<br />

touristische Erschließung im Kaisergebirge: „Führer<br />

von Profession für das Kaisergebirge gibt es nicht, was sich<br />

durch die bis jetzt geringe Nachfrage erklärt; doch sind die<br />

kleineren Touren in der Umgebung von Kufstein theils vom<br />

Verschönerungsverein, theils von der Alpenvereins-Section<br />

Kufstein durch Wegtafeln markiert.” (Trautwein 1879:<br />

230) Im Kaiserwinkl gab es damals nach Trautwein in<br />

Walchsee den Führer „Peter Wurnig, vulgo Kohler-Peter<br />

(Maler <strong>und</strong> Zeichner) in Strobl bei Durchholzen, für kleinere<br />

Touren” <strong>und</strong> im „Kohlnthal die drei Brüder Wieserer,<br />

Jäger, wohnen bei Hohenkendl <strong>und</strong> in Schwendt selbst. Als<br />

Taxe bezahlt man 2 bis 4 fl. für Tagestouren, für Hochgipfel<br />

5 bis 6 fl. nach Uebereinkunft; leider sind die Forderungen<br />

neuerdings im Steigen begriffen, <strong>und</strong> wird es Sache der interessirten<br />

Sectionen sein, für Vermehrung der Kräfte zu<br />

tragen.” (ebda. 231)<br />

Die Alpenvereine hatten damals die Aufsicht über die<br />

Bergführerberechtigungen <strong>und</strong> gaben auch die Führertarife<br />

vor. Im Anhang des ersten Kaiserführers verfasst von<br />

Heinrich Schwaiger aus dem Jahre 1898 „Führer durch das<br />

Kaisergebirg” mit Routen- <strong>und</strong> Tourenbeschreibungen <strong>und</strong><br />

Illustrationen ähnlich wie heute, waren sogar die Führertarife<br />

für das gesamte Kaisergebirge enthalten. Dabei wurden<br />

alle bekannten Führer um den Kaiser angeführt. Bei Walchsee<br />

stand lapidar: Schwaiger Peter (Adresse: Walchsee bei<br />

Kufstein.) Zu erfragen im Gasthaus „Zur Post.”<br />

PETER SCHWAIGER<br />

Dieser Peter Schwaiger (1862-1947) vulgo „Gogl Peda”,<br />

benannt nach dem heute noch bestehenden Goglbauern<br />

am Hochberg in Walchsee, wurde fortan zum Bergführer<br />

von Karl Kaser. Peter Schwaiger war eigentlich Glaser <strong>und</strong><br />

nach Erzählungen <strong>und</strong> Fotos ein ziemlicher Tausendsassa<br />

<strong>und</strong> eine gutmütige, markante Gestalt. Er war an der Dolomitenfront<br />

im Ersten Weltkrieg als Heeresbergführerausbildner<br />

aktiv <strong>und</strong> führte diesen Beruf später in Walchsee<br />

aus. Damals war die Analphabetenrate noch hoch, Peter<br />

konnte aber recht gut schreiben, weshalb „Schreibschwache”<br />

zu ihm kamen <strong>und</strong> er den Amtsverkehr für Ämter, Gericht<br />

etc. erledigte. So einfach verlief damals der öffentliche<br />

Schriftverkehr. So war es auch, dass zur Gründung des<br />

Veteranenvereins eine eigene Fahne angeschafft werden<br />

sollte. Einer der schreiben konnte möge doch ein Ansuchen<br />

an den Kaiser richten. Peter Schwaiger erledigte auch dieses<br />

Anliegen.<br />

Die Ehre ließ es damals nicht anders zu, als in Notgeratenen<br />

zu helfen oder wie man sagt „geradestehen” Diese<br />

Gutmütigkeit kosteten ihm dann leider drei Häuser, diese<br />

Rückschläge taten seinem Idealismus aber keinen Abbruch.<br />

Zudem war er Gründungsmitglied der Kriegsveteranen,<br />

Feuerwehrkommandant in Walchsee von 1903-1909<br />

<strong>und</strong> 1913-1922 <strong>und</strong> Bassbläser bei der Musikkapelle. Wie<br />

man sieht hat jede Gemeinde in jeder Generation Menschen,<br />

die ihr Leben überdurchschnittlich der Allgemeinheit<br />

widmen. Wenn er nicht gerade mit Gästen in den Bergen<br />

unterwegs war, zog er in seinem gelernten Beruf, zu<br />

Fuß mit „Buckelkraxe” <strong>und</strong> den befestigten Glasscheiben<br />

Peter Schwaiger,<br />

Bergführer aus Walchsee<br />

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Kaiserwinkl<br />

34 KLETTERSTEIGE IN DER REGION KLETTERSTEIGE IN DER REGION 35

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