15.05.2017 Aufrufe

Bergsinne - Klettersteige zwischen Tirol und Bayern

Geschichten und alle Infos zu Klettersteigen zwischen St. Johann in Tirol, Schwendt, Kössen, Reit im Winkl, Walchsee und Kufstein. Im Kaisergebirge, den Kitzbühelern und den Chiemgauer Alpen werden Klettersteige mit Topo und viel Wissenswertem beschrieben.

Geschichten und alle Infos zu Klettersteigen zwischen St. Johann in Tirol, Schwendt, Kössen, Reit im Winkl, Walchsee und Kufstein. Im Kaisergebirge, den Kitzbühelern und den Chiemgauer Alpen werden Klettersteige mit Topo und viel Wissenswertem beschrieben.

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KAISERWINKL<br />

Historisches & Wissenswertes<br />

Die Pyramidenspitze reicht nicht ganz auf 2.000 m (1.997<br />

m). Der höchste Gipfel im Zahmen Kaiser ist die Vordere<br />

Kesselschneid (2.001 m). Die erste höchste Erhebung Richtung<br />

Osten. Pyramidenspitze, Vordere- <strong>und</strong> Hintere Kesselschneid<br />

(1.995 m) liegen genau auf den Gemeindegrenzen<br />

von Ebbs <strong>und</strong> Walchsee. Nur die Jovenspitze (1.889m)<br />

hat sich ein kleinwenig mehr zu Gunsten von Walchsee<br />

entschieden. Somit teilen sich die beiden Gemeinden die<br />

höchsten Gipfel des Zahmen Kaisers. Die Pyramidenspitze,<br />

von Kufstein aus relativ leicht zu erreichen, wurde in der<br />

ersten Phase der Kaisererschließungen erschlossen. 1881<br />

wurde der Weg von Hinterkaiserfelden gebaut <strong>und</strong> ein Jahr<br />

später erfolgte die Eröffnung des Weges von Hinterbärenbad.<br />

1882 - Einweihung des Gipfelkreuzes<br />

auf der Pyramidenspitze.<br />

Die Erschließungen gingen bald im Wilden Kaiser weiter<br />

<strong>und</strong> bis Ende des 1. Weltkrieges war das gesamte Kaisergebirge<br />

in mehreren Phasen erschlossen. Direkt am Gipfel<br />

befand sich früher eine „Notfallunterkunft“. Diese ist den<br />

meisten nicht mehr bekannt. Erfreulicherweise gibt es<br />

aber noch ein gut erhaltenes Bild <strong>und</strong> am Gipfel kann man<br />

bei genauerem Betrachten noch einen Mauerrest <strong>und</strong> ansatzweise<br />

das F<strong>und</strong>ament erkennen. Matthäus Hörfarter,<br />

Vorsitzender der AV Sektion Kufstein, <strong>und</strong> sein Nachfolger<br />

Anton Karg waren die treibenden Kräfte für die erste große<br />

Kaisererschließung. Das Gipfelkreuz auf der Pyramidenspitze<br />

wurde 1882 errichtet <strong>und</strong> Anton Karg machte damals<br />

von der Bergmesse am Gipfel eine der ältesten noch<br />

gut erhaltenen Aufnahmen vom Geschehen im Kaisergebirge.<br />

Von zumindest drei Gipfelkreuzeinweihungen bestehen<br />

noch Aufnahmen. 1976 wurde das Gipfelkreuz von Mitgliedern<br />

der Sektion Oberland <strong>und</strong> “Buchbergern” (Ortsteil<br />

Ebbs) neu errichtet. 2016 errichtete eine AV Jugendgruppe<br />

der Sektion Oberland wieder ein neues schmuckes Gipfelkreuz.<br />

DIE VENEDIGERMANDL ODER DIE<br />

HOBBITS DES MITTELALTERS<br />

Die Sagenwelt der Alpen ist eine besondere. Nahezu in jedem<br />

Gebiet gibt es Sagen von Ereignissen, Fabelwesen <strong>und</strong><br />

anderen Dingen. Um die Region des Kaisergebirges, der<br />

Chiemgauer <strong>und</strong> Kitzbüheler Alpen ranken sich viele Geschichten<br />

<strong>und</strong> Sagen. Die Venedigermandl haben es durch<br />

ihre historische Bedeutung geschafft über den ganzen Alpenraum<br />

bekannt zu werden. Die Hobbits des Mittelalters,<br />

wie man sie auch nennen kann, hinterließen in vielen Regionen<br />

mystische Geschichten. Einer alten Überlieferung zufolge<br />

ist ein Venedigermandl ein kaum handlanger Bergkobold,<br />

der sich überall dort einfindet, wo der Berg Erzadern<br />

führt oder wo ein Schatz verborgen liegt. Die Wurzelgraber<br />

haben oft, wenn sie mit dem Spaten in die Erde stachen,<br />

ein klägliches Schreien gehört - dann hatten sie einen Venediger,<br />

der eine Erzader oder gar verborgene Edelsteine<br />

hütete, verletzt.<br />

Woher kommt der im Gr<strong>und</strong>e eigenartige Name Venedigermandl?<br />

Der Begriff kommt ursprünglich von den Walen<br />

oder Venedigern. Die Bezeichnung Walen leitet sich<br />

von Welschen ab, also Menschen, die eine romanische<br />

Sprache sprechen. Der Ausdruck Venediger bezieht sich<br />

auf die Lagunenstadt Venedig, ein Zentrum der Gold- <strong>und</strong><br />

Silberschmiedekunst, der Edelsteinschleifer <strong>und</strong> Glasbläser.<br />

Im süddeutschen Raum werden die kleinwüchsigen<br />

Erz-Prospektoren in die Nähe der Bergmännchen <strong>und</strong> Kobolde<br />

gerückt <strong>und</strong> mit Bezeichnungen wie Venedigermandl<br />

oder Mandl etikettiert. Sie waren fremde Erz- <strong>und</strong> Mineraliensucher,<br />

die zuerst in deutschsprachigen Quellen des<br />

14. Jahrh<strong>und</strong>erts erwähnt werden. Sie suchten wahrscheinlich<br />

nach Mineralen, die zur Glasherstellung benötigt wurden,<br />

wurden aber meist für Goldsucher gehalten. Aufgr<strong>und</strong><br />

ihrer fremden Sprache <strong>und</strong> ihres unverständlichen Tuns in<br />

den Bergen regten sie in ganz Mitteleuropa zur Sagenbildung<br />

an. In der Sage wurden ihnen auch magische Eigenschaften<br />

zugeschrieben. Sie erscheinen dort als zauberk<strong>und</strong>ige<br />

<strong>und</strong> geisterhafte Fremdwesen. Darüber hinaus wurde<br />

ihnen die Autorenschaft der sogenannten Walenbücher<br />

zugeschrieben: angebliche Wegbeschreibungen zu verborgenen<br />

Schätzen <strong>und</strong> reichen Erzadern. Die im Dienste der<br />

Serenissima (bis 1797 Republik Venedig) stehenden Kumpel<br />

suchten <strong>und</strong> gruben insbesondere nach seltenen Mineralien<br />

wie Kobalt oder Braunstein, die die venezianischen<br />

Glasmanufakturen auf Murano zur Herstellung von Luxusgläsern,<br />

insbesondere blau gefärbten Schalen <strong>und</strong> Pokalen,<br />

händeringend benötigt wurden. Vom gemeinen Volk wurden<br />

die seltsamen Gesellen jedoch meist für Goldgräber gehalten.<br />

Ihre fremd <strong>und</strong> verlockend klingende Sprache sowie<br />

die Aura des Geheimnisvollen ließen um die „Berggeister“<br />

eine Fülle von Sagen ranken. In diesen wurden den Walen<br />

magische Eigenschaften unterstellt. Die Zwerge aus den<br />

Bergen galten als zauberk<strong>und</strong>ige <strong>und</strong> geisterhafte Gestalten,<br />

die über ein geheimes, hermetisches Wissen verfügten.<br />

„Georgius Agricola erwähnt die venezianischen Goldschürfer<br />

in seinem um 1550 erschienen Werk „De re metallica“.<br />

Der humanistische Gelehrte hält die Walen – wie<br />

die meisten Menschen nördlich der Alpen – irrtümlich<br />

für Goldsucher. Diesen Trugschluss korrigiert allerdings<br />

bereits 1574 Lazarus Ercker, seines Zeichens Oberbergmeister<br />

des Königreichs Böhmen, in seinem Kommentar<br />

zu Agricolas Konvolut: „So viel hab ich aber von glaubwirdigen<br />

Personen, die von solchen Landfahrern berichtet<br />

worden, daß solche Körner gar kein Gold bey sich haben,<br />

werd auch keinß darauß gemacht, sondern durch sie, die<br />

Landfahrer, in Italien <strong>und</strong> anderen Orten umb einen Lohn<br />

hingetragen, als zu einem Zusatz, darauß schöne Farben<br />

oder Schmeltz-Glaß gemacht werden. Welche Farben <strong>und</strong><br />

Schmeltz-Glas man bey jhnen so hoch achte, <strong>und</strong> so Tewer<br />

verkauffe, als wenn es Gold wäre.“ Statt Gold ging es also<br />

um seltenes Erz. Die Erinnerung an die Walen blieb in der<br />

Bevölkerung der Alpenregionen über Jahrh<strong>und</strong>erte lebendig.<br />

Die Autoren sahen in den „landläufigen Savoyarden“<br />

bis ins 19. Jahrh<strong>und</strong>ert hinein ausländische Hausierer, die<br />

in Wahrheit nach Erzadern, nach Edelsteinen <strong>und</strong> Mineralien<br />

Ausschau hielten. Es gibt Hinweise, dass italienische<br />

Glücksritter noch bis in die ersten Jahrzehnte des 19. Jahrh<strong>und</strong>erts<br />

die Alpen überquert haben, ehe der kommerzielle<br />

Bergbau den „Venedigern“ die Existenzgr<strong>und</strong>lage entzog.”<br />

(www.berg<strong>und</strong>totschlag.com, 12.01.2016)<br />

Ein Venedigermandl suchte auch regelmässig die Pyramidenspitze<br />

am Sonnkaiser auf, ehe es entzaubert wurde...<br />

DAS VENEDIGER MANDL UND DIE<br />

GOLDTRUPF AUF DER PYRAMIDENSPITZE<br />

Ins Kaisergebirge kam vor langer Zeit jedes Jahr ein Venedigermandl,<br />

das, ohne mit einem Menschen ein Wort<br />

zu reden, hinaufstieg in die Felsen <strong>und</strong> allemal mit einem<br />

schweren Säcklein wieder herunterkam. Das Männlein,<br />

so meinten die Kufsteiner, wisse oben im Sonnkaiser eine<br />

Goldtrupf, die es aber niemandem verrate. Eines Tages begegnete<br />

eine muntere Dirn dem Venedigermandl, sprach es<br />

frischweg an <strong>und</strong> fragte, wohin es gehe.<br />

Die „Venedigermandl“ bei ihrer Arbeit unter Tag.<br />

>>><br />

Kaiserwinkl<br />

30 KLETTERSTEIGE IN DER REGION KLETTERSTEIGE IN DER REGION 31

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