EIN DORF VOLLER GESCHICHTE - Drewag
EIN DORF VOLLER GESCHICHTE - Drewag
EIN DORF VOLLER GESCHICHTE - Drewag
Erfolgreiche ePaper selbst erstellen
Machen Sie aus Ihren PDF Publikationen ein blätterbares Flipbook mit unserer einzigartigen Google optimierten e-Paper Software.
unter der lupe kaItz<br />
18<br />
ein Dorf Voller geschichte<br />
entdeckungen beim dorfrundgang in kaitz<br />
Die Kraft der Aprilsonne färbt die Bäume entlang des Kaitzbaches<br />
schnell grün. Vögel lassen sich auf den Ästen nieder<br />
und begrüßen zwitschernd den Frühling. Das Wasser im Bach<br />
scheint still zu stehen, als wolle es sich in der Sonne wärmen<br />
und dann erst langsam durch Wiesen und Gärten fließen.<br />
Es ist beschaulich in Kaitz, einem der kleinsten Ortsteile der<br />
Landeshauptstadt. Keine Touristenströme, die mit klickenden<br />
Kameras jeden Winkel aufnehmen – wer nach Kaitz kommt, der<br />
folgt einem Insidertipp. Die meisten Gäste kennen sich allerdings<br />
schon aus. Vor allem wegen des Kaitzbaches, sagt Jens<br />
Krämer. Er ist der Vorsitzende des Geschichtsvereins des Ortes<br />
und weiß vieles zu erzählen, was sich einst in dem Dörfchen<br />
zugetragen hat. Immerhin hat Kaitz eine 800-jährige Geschichte<br />
aufzuweisen, ist ebenso alt wie Dresden. Und genau das<br />
brachte Krämer vor ein paar Jahren auf die Idee, in Kaitz einen<br />
Geschichtsverein zu gründen.<br />
Beim Dorfrundgang hat Krämer eine ganze Menge zu<br />
zeigen. Er macht es gern und ausführlich, so wie er es gerade<br />
einer Dame aus München erklärt. Sie stammt aus Kaitz und<br />
vereinbart für ein Familientreffen eine Ortsbesichtigung. Drei<br />
Stunden solle sie für den Rundgang einplanen, rät der Vereinschef<br />
und sprudelt schon mal los mit den Ereignissen der<br />
Jahrhunderte.<br />
Die Kaitzer Geschichte lässt sich noch heute in vier<br />
Siedlungsetappen erleben. Das geht am besten vom Weinberg<br />
aus. Von hier lässt sich die gesamte Flur überblicken. Da<br />
ist der alte Kaitzer Dorfkern, der so genannte Rundweiler.<br />
Dem schließen sich die ehemaligen Tagelöhnerhäuser<br />
an der Possendorfer Straße an. Jahreszahlen<br />
an einigen Häusern lassen erkennen, dass sie über<br />
340 Jahre alt sind. Bedeutend jünger sind die Würfelhäuser,<br />
die um 1900 entstanden sind und ihren Namen
wegen ihrem Aussehen bekommen haben. Und dann<br />
schließlich das jüngste Gebiet in Kaitz: Der Weinberg, an dem<br />
um 1920/30 vor allem die gut betuchten Leute sich ihr Häuschen<br />
bauten.<br />
Es ist sehr still im Ort. Lediglich ein paar tobende Kinder unterbrechen<br />
das Vogelzwitschern. Die Knirpse spielen am Bachufer,<br />
genießen die freien Minuten nach dem Schulschluss der<br />
nahegelegenen Grundschule. Es ist eine der ältesten Schulen<br />
in Dresden. 1844 wurde sie gebaut. So wie es die Schüler nach<br />
dem Unterricht an den Kaitzbach zieht, findet der kleine Bach<br />
auch das Interesse vieler Wanderer. Der Kaitzbach gilt schon<br />
seit Jahrzehnten als ein interessantes Ausflugsziel. Früher haben<br />
sich hier viele Künstler einen Platz gesucht, um die schöne<br />
Landschaft zu malen. Auch heute verirrt sich ab und zu ein Maler<br />
hierher.<br />
Im Dorfkern, unmittelbar am Kaitzbach, befindet sich die Tränenwiese.<br />
Die heute mit Gras bewachsene Fläche diente in den<br />
Napoleonischen Befreiungskriegen als Verbandsplatz für die<br />
Verwundeten. Ein Gedenkstein aus dem Jahr 1813 erinnert noch<br />
daran. Ebenso ein Stein, der 100 Jahre später aufgestellt wurde.<br />
„Wir haben beide Gedenksteine wieder in Ordnung gebracht<br />
und wollen auch 2013 wieder einen aufstellen“, sagt Krämer,<br />
der uns noch weitere Zeugen der Schlacht bei Dresden zeigen<br />
kann: Einige Giebel der Häuser im alten Dorfkern haben noch<br />
Kanonenkugeln im Mauerwerk.<br />
Abgehend vom Rundweiler befindet sich die Schweinsgasse.<br />
Sie hat ihren Namen bekommen, weil hier früher die Schweine<br />
entlanggetrieben wurden. Wenn man heute durch die lange<br />
Gasse schaut, blickt man auf die beiden großen Halden, die zu<br />
den Wahrzeichen von Kaitz gehören. 1950 bis 1962 wurden<br />
sie angelegt und dienten der Deponierung von Rückständen<br />
der Uranerzaufbereitung. Keine ungefährliche Sache, weshalb<br />
die Halden vor einigen Jahren saniert wurden. Bergbau und<br />
Uranaufbereitung gehören immer wieder zu den Themen,<br />
mit denen sich der Geschichtsverein beschäftigt<br />
und auch Ausstellungen aufbereitet.<br />
Da es in Kaitz aus finanziellen Gründen<br />
an einem Heimatmuseum mangelt,<br />
haben sich die Vereinsmitglieder eine<br />
mobile Ausstellung geschaffen. Mit Aufstellern<br />
und Vitrinen können sie so an<br />
verschiedenen Orten, wie in der Schule oder zu Heimatfesten,<br />
Kaitzer Geschichte vermitteln. Ein Thema dabei ist auch die Sängereiche.<br />
Die gibt es nicht nur am Dresdner Waldschlösschen,<br />
sondern auch im Garten von Jens Krämer, wo sie zum einjährigen<br />
Bestehen des Gesangsvereins 1885 gepflanzt wurde.<br />
Krämers Wohnhaus selbst war früher Vereinslokal und Kirche.<br />
Im einstigen Kirchsaal hat Steinmetz Krämer heute seine Werkstatt<br />
eingerichtet. Hier entstand auch das Denkmal, welches der<br />
Geschichtsverein zum Ortsjubiläum an der Possendorfer Straße/Ecke<br />
Altkaitz aufgestellt hat und damit an die Gründung des<br />
Ortes vor über 800 Jahren erinnert. Apropos Erinnerung: Zu den<br />
schönsten Zeitzeugen gehört die Fahne des Männergesangsvereins<br />
„Sängerlust“ Kaitz, die aufwändig restauriert wurde und zu<br />
besonderen Anlässen gezeigt wird. Ansonsten ziert sie wohlbehütet<br />
den Flur bei Vereinsmitglied Peter Wagner – schließlich ist<br />
er ja auch der Schatzmeister. Jürgen Birkhahn<br />
C<br />
www.geschichtsverein-kaitz.de<br />
info@geschichtsverein-kaitz.de<br />
Gern gewandert wird von der Quelle bis zur Mündung<br />
des Kaitzbaches. Er entspringt als Grundbach in Kleinnaundorf<br />
und mündet nahe des Hasenberges in die Elbe.<br />
Vom Kaitzbach führt ein Wanderweg bis zum Schloss Nöthnitz.<br />
Im 18. Jahrhundert richtete Reichsgraf Heinrich von Bünau<br />
(1697-1762) hier seine damals weltberühmte Bibliothek ein.<br />
Der Wanderweg ist etwa anderthalb Kilometer lang.<br />
unter der lupe kaItz<br />
19