Lernpaket Allen Jones - Völklinger Hütte
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Weltkulturerbe <strong>Völklinger</strong> <strong>Hütte</strong><br />
Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur<br />
Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig<br />
Wie in seinen Gemälden soll dem Betrachter auch bei diesen Objekten suggeriert werden, die<br />
geschmeidigen Formen, die makellosen Oberflächen und die perfekte Konstruktion seien<br />
nicht das Ergebnis mühevoller Arbeit.<br />
Dennoch legt der Künstler Wert darauf, auch in diesen Arbeiten etwas von ihrem<br />
Entstehungsprozess zu vermitteln. Besonders augenfällig ist dies bei den ganz kleinen<br />
Plastiken, etwa der Bronzeskulptur Stretching Dancer von 1982 oder der bemalten<br />
Silberplastik Bathers von 1994, die den je nach Größe der Skulptur aus Papier, Karton oder<br />
Aluminium gefertigten Maquetten, die ihnen zugrunde liegen, sehr ähnlich sind. Die einzelnen<br />
Elemente wurden von Hand ausgeschnitten, zusammengesetzt und in die gewünschte<br />
Position gebogen oder gedreht. Das Vergnügen, das man beim Betrachten dieser Skulpturen<br />
empfindet, resultiert zu einem großen Teil daraus, dass sich die Verspieltheit, mit der sie<br />
entworfen und gestaltet wurden, auf den Betrachter überträgt, der sich so mit dem Künstler<br />
identifiziert und der – einfach indem er das Werk mit Interesse und Neugier betrachtet –<br />
selbst zum aktiven Partner dieses schöpferischen Akts wird.<br />
<strong>Jones</strong>‟ plastische Arbeiten nahmen ab Ende der 1960er-Jahre dieselbe Entwicklung wie seine<br />
Gemälde und druckgrafischen Werke: Die perfekte, realitätsgetreue Wiedergabe, die den<br />
fetischistisch-obsessiven Charakter der Figuren unterstrich, wich einer eher spielerischen,<br />
vereinfachten und abstrakten Darstellung (eine allgemeine Entwicklung, von der der Künstler<br />
jedoch auch hin und wieder abwich, denn spätere plastische Werke, etwa die 2006<br />
entstandene Skulptur Enchanteresse, lassen eine bewusste Rückkehr zu Sprache und<br />
Ausführung der Möbelskulpturen von 1969 erkennen). Was ursprünglich lediglich ein Exkurs<br />
von der Malerei war, hat in den letzten Jahren einen zentralen Platz in <strong>Jones</strong>‟ Kunst<br />
eingenommen, und das nicht nur in Gestalt von mitunter monumentalen öffentlichen<br />
Auftragsarbeiten, sondern auch in kleinen, geradezu handlichen »jeux d‟esprit«. Obwohl der<br />
Künstler seine eigenen dreidimensionalen Arbeiten stets als plastische Werke eines Malers<br />
bezeichnet hat, hat er sich inzwischen auch mit den Auftragsskulpturen, die er in den<br />
vergangenen beiden Jahrzehnten geschaffen hat, international einen Namen gemacht. Ein<br />
besonders gelungenes Beispiel ist in diesem Zusammenhang der 18 Meter hohe Acrobat, der<br />
den Innenhof des Londoner Chelsea and Westminster Hospital mit solch großer<br />
Selbstverständlichkeit einnimmt. Die überschäumende Lebensfreude, die sich in der<br />
dynamischen Haltung dieser abstrahierten Figur ausdrückt, und die klaren, farbenfrohen<br />
Formen strahlen eine lebensbejahende Vitalität aus, die in einer Umgebung, die sonst von<br />
Gedanken an Krankheit und Tod infiziert sein könnte, eine erfreulich ansteckende Wirkung<br />
hat.<br />
Die Geschichte der Kunst im öffentlichen Raum der Nachkriegszeit ist überreich an<br />
Beispielen ungeliebter, einer Umgebung willkürlich aufgezwungener Metallskulpturen.<br />
Weltkulturerbe <strong>Völklinger</strong> <strong>Hütte</strong><br />
Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur<br />
66302 Völklingen/Saar<br />
Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner<br />
Tel. 06898/9 100 159, Fax 06898/9 100 111<br />
mail@voelklinger-huette.org Seite 74