Lernpaket Allen Jones - Völklinger Hütte
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Weltkulturerbe <strong>Völklinger</strong> <strong>Hütte</strong><br />
Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur<br />
Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig<br />
Und selbstverständlich beschränkt sich <strong>Allen</strong> <strong>Jones</strong>‟ Kunst bei Weitem nicht nur auf Sex<br />
und Sexualität, auch wenn die Erotik seit jeher eine Triebfeder jeder kulturellen<br />
Manifestation ist. <strong>Jones</strong>‟ Kritiker – und derer gab es viele, vor allem jene, die an die Kunst<br />
puritanische feministische Maßstäbe anlegten – gehen sogar so weit zu behaupten, sein<br />
gesamtes Œuvre sei, genau wie die berüchtigten Möbelskulpturen, eine einzige<br />
»Versachlichung der weiblichen Form«.<br />
Doch selbst dabei muss man irgendwie an das Wort »Sachlichkeit« denken, das in der Kunst<br />
eine ganz eigene Konnotation hat, die auf die deutsche Kunst der 1920er- und 1930er-<br />
Jahre zurückgeht. Und genau in diesem Sinn ist <strong>Allen</strong> <strong>Jones</strong>, sind der Künstler und sein<br />
Werk von einem Wissen geprägt, das seine Inspiration aus allen nur erdenklichen<br />
kulturellen Kontexten bezieht.<br />
Tatsächlich ist <strong>Allen</strong> <strong>Jones</strong> eine zentrale Gestalt jener internationalen Strömung, der man<br />
den Namen Pop-Art gab und deren beeindruckendste Vertreter ohne Zweifel zumeist aus<br />
Amerika, vor allem aus New York, kamen, der damals neuen Hauptstadt der Kunstwelt, die<br />
diese Rolle erst ein Jahrzehnt zuvor – um die Jahre 1950 bis 1955 – von Paris übernommen<br />
hatte. Interessanterweise kamen viele der damals bahnbrechenden Ideen, aus denen sich<br />
die Pop-Art entwickelte, jedoch aus London – Künstler wie Eduardo Paolozzi und Richard<br />
Hamilton suchten 1952 in Diskussionen und beim Herumspielen mit und Collagieren von<br />
erotischen Bildern und entsprechender Symbolik nach adäquaten Ausdrucksformen, um<br />
aufzuzeigen, in welche Richtung die moderne Gesellschaft sich ihrer Ansicht nach<br />
entwickelte. Nur ein Jahr zuvor hatte in London das Festival of Britain stattgefunden,<br />
dessen Symbol, der geschwungene Skylon, auf geradezu erotische Weise gen Himmel ragte<br />
– dieses Festival war zugleich der gesellschaftliche Versuch, die Bedrücktheit zu<br />
zerstreuen, die noch immer über dem Großbritannien der Nachkriegszeit hing, das mit<br />
Lebensmittel- und Konsumgüterknappheit und einer massiven Verschuldung zu kämpfen<br />
hatte. Damals sah es so aus, als habe der Sieg kaum Früchte getragen. Dies sollte sich<br />
Anfang der Sechzigerjahre mit dem Aufstieg der Beatles und anderer Popgruppen ändern,<br />
die die Welt eroberten, ganz zu schweigen von der Modewelt dieses Jahrzehnts, die<br />
samstags nachmittags auf der Londoner King‟s Road Parade lief – und selbstverständlich<br />
den jungen Kunststudenten, die seit 1959 das Londoner Royal College of Art besuchten:<br />
David Hockney, Ron Kitaj, Derek Boshier, Peter Phillips und natürlich <strong>Allen</strong> <strong>Jones</strong>. Peter<br />
Blake und Joe Tilson hatten ihr Studium bereits etwas früher aufgenommen.<br />
Es waren unbeschwerte Tage, in denen man als junger Kunststudent bilderstürmerisch<br />
daran mitwirken konnte, der verlogenen Selbstgefälligkeit und der vermeintlichen<br />
Ernsthaftigkeit ein Ende zu setzen, die damals an der Akademie, die nach wie vor unter<br />
dem Einfluss missverstandener cézannescher Orthodoxien stand, vorherrschte.<br />
Weltkulturerbe <strong>Völklinger</strong> <strong>Hütte</strong><br />
Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur<br />
66302 Völklingen/Saar<br />
Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner<br />
Tel. 06898/9 100 159, Fax 06898/9 100 111<br />
mail@voelklinger-huette.org Seite 63