Lernpaket Allen Jones - Völklinger Hütte
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Weltkulturerbe <strong>Völklinger</strong> <strong>Hütte</strong><br />
Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur<br />
Generaldirektor Prof. Dr. Meinrad Maria Grewenig<br />
Seit den 1980er-Jahren beschäftigt sich <strong>Allen</strong> <strong>Jones</strong> zudem mit einer anderen Art von<br />
Möbelskulptur, die zwar weibliche Züge aufweist, doch sind diese weit weniger offensichtlich<br />
und kritikprovozierend als bei besagter Dreiergruppe von 1969. Die Skulpturen Odalisque<br />
(1983) und Sungoddess (1987) stellen abstrahierte Frauenoberkörper dar, können aber<br />
gleichzeitig als Sitzbänke fungieren. Auch die Skulptur Bathers (2000) mit ihren<br />
Treppenstufen ist als Sitzmöbel vorgesehen.<br />
Dank mehrerer Aufträge für Kunst im öffentlichen Raum schafft <strong>Allen</strong> <strong>Jones</strong> ab den 1980er-<br />
Jahren auch einige großformatige Skulpturen, unter anderem für das Liverpool International<br />
Garden Festival (1984), für das Cottons Atrium in der London Bridge City (1987), für das<br />
Hilton Hotel am Terminal 4 des Flughafens Heathrow (1990) und für das Chelsea and<br />
Westminster Hospital (1992). Acrobat, die Skulptur im Innenhof des Krankenhauses, ist ein<br />
beeindruckendes Beispiel für <strong>Jones</strong>‟ plastisches Schaffen. Beinahe 20 Meter hoch ragt die<br />
Figur eines Akrobaten, der auf nur eine Hand gestützt, die Beine in die Luft gestreckt, einen<br />
Ball balanciert. Sein Kopf ist auf ein zweidimensionales rautenförmiges Stahlstück gemalt<br />
und hängt nahe am Boden. Das Balancieren des Riesen auf einer Hand verleiht ihm Anmut<br />
und Leichtigkeit. Programmatisch für <strong>Jones</strong>‟ skulpturale Werke ist das Schaffen von Figuren<br />
aus geschnittenem Metall, so wie im Fall des Akrobaten. Bei seinen Werken für den<br />
öffentlichen Raum besteht <strong>Jones</strong>‟ Hauptinteresse darin zu beobachten, wie ein realer<br />
architektonischer Raum sich verändert, wenn ein Objekt, eine Skulptur, darin platziert wird.<br />
So schafft es die Skulptur Acrobat im Chelsea and Westminster Hospital, die bisher<br />
architektonisch streng separierten Etagen des Gebäudes miteinander zu verbinden und das<br />
Atrium als einen einheitlichen Raum erscheinen zu lassen.<br />
Thematisch bleibt sich <strong>Allen</strong> <strong>Jones</strong> treu: Die Dynamik des Männlichen und Weiblichen, die<br />
Gender-Frage, ist auch in seinen Gemälden der 1980er- und 1990er-Jahre präsent,<br />
wenngleich die Figuren freier werden und der Umgang mit der Farbe expressiver. Beim Werk<br />
A Question of Grammar (1986) reduziert <strong>Jones</strong> männliche und weibliche Formen gar zu<br />
semantischen Zeichen. Ein großes Fragezeichen verkörpert den Mann, ein überdimensionales<br />
Ausrufezeichen die Frau. Beide stehen sich wie in einem ungleichen Dialog gegenüber, sie<br />
leicht nach hinten gelehnt, während ihr männliches Pendant sich zu ihr nach vorne beugt. Im<br />
selben sowie in den darauffolgenden Jahren entstehen zahlreiche Variationen von Gemälden<br />
mit Verkörperungen von Mann und Frau in Form von Satzzeichen. In The Sitter (1986) taucht<br />
das Motiv schließlich als Bild im Bild auf. Parallel zu seinem künstlerischen Schaffen wird das<br />
inszenatorische Talent <strong>Allen</strong> <strong>Jones</strong>‟ zunehmend öffentlich wahrgenommen und gewürdigt.<br />
<strong>Jones</strong> wird 1986 zum ordentlichen Mitglied der Royal Academy of Arts in London v ernannt<br />
und hat daher Stimmrecht im Ausstellungsprogramm. Von 1990 bis 1999 ist er Kurator<br />
(Trustee) in der Abteilung Ägyptologie des British Museum in London und seit dem Jahr<br />
2000 emeritierter Kurator.<br />
Weltkulturerbe <strong>Völklinger</strong> <strong>Hütte</strong><br />
Europäisches Zentrum für Kunst und Industriekultur<br />
66302 Völklingen/Saar<br />
Redaktion: Peter Backes, Frank Krämer, Jeanette Wagner<br />
Tel. 06898/9 100 159, Fax 06898/9 100 111<br />
mail@voelklinger-huette.org Seite 58