s'Magazin usm Ländle, 14. Mai 2017
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BODENSEE-FISCHEREI<br />
Unbemerktes Seebeben:<br />
Stirbtdie Fischerei aus?<br />
Für Badegäste kann der Bodensee gar nicht sauber<br />
genug sein. Für die Fischer ist das aber eine<br />
Katastrophe –dutzende Kläranlagen und<br />
wachsende Vogel-Populationen rauben ihnen die<br />
Existenzgrundlage. Wie lange überleben sie noch?<br />
Andreas Lutz ist Fischer<br />
aus Leidenschaft.Seine<br />
Felchen werden in<br />
Restaurants als<br />
„Spezialität“<br />
angepriesen. Doch wie<br />
lange noch?<br />
Fotos: lisamathis.at<br />
Wenn schon nicht mehr<br />
im Bodensee so zahlreich<br />
anzutreffen, so<br />
zumindest in der<br />
Fischzucht:Felchen in<br />
ihrer ganzen Pracht.<br />
Vor noch nicht<br />
allzu langer<br />
Zeit drohte<br />
der Bodensee<br />
zu kippen:<br />
Mitte der 80er-Jahre war<br />
das Schwabenmeer derart<br />
mit Phosphaten belastet,<br />
dass die Wasserqualität zu<br />
den schlechtesten aller europäischen<br />
Seen zählte.<br />
Jene, die allerdings davon<br />
profitierten, waren seine<br />
Bewohner – die Fische.<br />
„Unsere Erträge waren immens“,<br />
erinnert sich Andreas<br />
Lutz, Berufs-Fischer aus<br />
Gaißau, „und wenn wir die<br />
Tiere ausnahmen, platzten<br />
sie fast vor lauter Futter.“<br />
Dieses Futter waren Algen<br />
und Kleinstlebewesen, die<br />
in dem Gewässerdamals inflationär<br />
wucherten. Des einen<br />
Freud war des anderen<br />
Leid –der von Nährstoffen<br />
überquellende See wirkte<br />
schmutzig und belastete die<br />
Trinkwasser-Versorgung<br />
der Großräume Stuttgart<br />
und Ulm. „Der See muss<br />
sauberer werden“, beschlossen<br />
daraufhin die Regionalregierungen<br />
an dessen<br />
Ufern.<br />
Er wurde sauberer. Zahlreiche<br />
Kläranlagen sorgen<br />
dafür, dass das Wasser<br />
selbst ungefiltert trinkbar<br />
ist, und die Bodensicht an<br />
den Badestränden gleicht<br />
jenen eines Swimming-<br />
Pools. Genau so leblos<br />
könnte der Seeaber werden,<br />
wenn nicht schnellstens etwas<br />
unternommen wird,<br />
denn die heimische Fisch-<br />
Population verkraftet so<br />
viel „Reinheit“ nur schwer.<br />
„DieTiere werden weniger,<br />
vor allem aber deutlich kleiner.<br />
Wenn es soweitergeht,<br />
könnten Felchen-Filets,<br />
wie wir siekennen, bald Geschichte<br />
sein“, ist nicht nur<br />
Andreas Lutz über die Zukunft<br />
seines Berufsstandes<br />
besorgt. Tatsache ist, dass<br />
sich die Anzahl der Berufsfischer<br />
–wie auch der Gesamtfang<br />
–umein Drittel<br />
verringert hat und keine<br />
neuen Fischer-Patente vergeben<br />
werden. Eine Patentlösung<br />
ist das aber nicht:<br />
„Wir können janichtDreck<br />
in den See kippen, nur damit<br />
mehr Phosphate und<br />
damit mehr Kieselalgen –<br />
die Basis der Nahrungskette<br />
–imGewässer sind“, so<br />
Nikolaus Schotzko, Leiter<br />
des Fachbereichs Fischerei<br />
und Gewässerökologie in<br />
derLandesregierung. „Jede<br />
wie auch immer geartete<br />
Verschmutzung lehnt die<br />
Bevölkerung abund zudem<br />
würde es Jahre dauern, die<br />
immense Wassermasse des<br />
Sees in diesem Sinne zu revitalisieren“,<br />
so derbehördlicheExperte.<br />
Landgemachtes Übel?<br />
Dem widerspricht der<br />
Mann vor Ort: „Als nach<br />
dem Hochwasser die Kläranlagen<br />
eine Zeitlang nicht<br />
perfekt funktionierten, bemerkten<br />
wir einen Anstieg<br />
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