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Untitled - Symposium Cracoviense, Kraków

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Krakau… Wer an diese Stadt denkt, dem kommen zualler-<br />

erst die großartigen Baudenkmäler aus der Geschichte<br />

der Stadt und Polens in den Sinn. Wawel, Barbakane und<br />

Florianstor, der Hauptmarkt mit Marienkirche und Tuch-<br />

hallen, das Collegium Maius der Jagiellonen-Universität<br />

– dies sind die großen Touristenmagneten.<br />

Krakau besitzt aber auch zahlreiche Museen mit reichen,<br />

oft viel zu wenig bekannten Sammlungen. Alle Gäste,<br />

sowohl diejenigen, die zum ersten Mal die Stadt unter<br />

dem Wawelhügel besuchen, als auch diejenigen, die<br />

es hierhin zurückzieht, möchten wir herzlich zu einem<br />

Streifzug durch die Krakauer Museen einladen. Viele von<br />

ihnen kommen ganz bestimmten Interessen der Besu-<br />

cher entgegen, sind attraktiv für Kenner und Liebhaber<br />

oder machen ganz einfach neugierig auf die Geschichte<br />

und Atmosphäre einzelner Aspekte und Epochen.<br />

Mit dem vorliegenden Kurzführer möchten wir Sie in die<br />

farbige Epoche des Fin de siècle entführen, die eng mit<br />

der Krakauer Geschichte verwoben ist. Lassen Sie sich<br />

von den Werken Wyspiańskis und Mehoffers, der Ar-<br />

chitektur Stryjeńskis und Mączyńskis, dem Kabarett in<br />

„Michaliks Höhle“ verzaubern.<br />

Route des Jungen Polen, Glasmosaikfenster<br />

Nationalmuseum in Krakau<br />

Hauptgebäude 3<br />

Stanisław-Wyspiański-Museum<br />

im Szołayski-Haus 7<br />

Józef-Mehoffer-Haus 10<br />

Glasfenstermuseum<br />

(Krakauer Glasfenstermanufaktur S.G. Żeleński) 12<br />

Seweryn-Udziela-Volkskundemuseum<br />

in Krakau 18<br />

2<br />

Museum des Alten Theaters 21


Route des Jungen Polen<br />

R O U T E N D U R C H D I E K R A K A U E R M U S E E N<br />

Nationalmuseum<br />

in Krakau<br />

Hauptgebäude<br />

3-Maja-Allee 1<br />

Besichtigungszeiten<br />

Montag: geschlossen<br />

Dienstag – Samstag: 10.00–18.00 Uhr<br />

Sonntag: 10.00–16.00 Uhr<br />

An Sonntagen freier Eintritt in alle ständigen<br />

Der Homepage des Museums:<br />

www.muzeum.krakow.pl<br />

Das Hauptgebäude des Nationalmuseums wurde mit Unterbrechungen<br />

in den Jahren 1934-1989 nach einem Entwurf<br />

von Czesław Boratyński, Edward Kreisler und Bolesław<br />

Schmidt errichtet. Es beherbergt drei ständige Ausstellungen<br />

des Museums. Die Galerie der polnischen Kunst<br />

des 20. Jahrhunderts ist die umfangreichste Museumsausstellung<br />

dieser Art in Polen. Sie umfasst ausgewählte<br />

Erscheinungen der polnischen<br />

Kunst des vergangenen und<br />

des neuen Jahrhunderts<br />

vom Jungen Polen<br />

bis zur Gegenwart.<br />

Auch die Galerie<br />

des Kunsthandwerks<br />

ist die größte<br />

Sammlung dieses<br />

Typs in Polen. Sie<br />

zeigt den Reichtum des<br />

polnischen und westeuropäischen<br />

Kunsthandwerks<br />

vom frühen Mittelalter bis<br />

zum Jugendstil. Eine Ergänzung<br />

ist die imposante<br />

Judaica-Sammlung. Die Militaria-Ausstellungpräsentiert<br />

eine Sammlung, die<br />

zu den größten und wertvollsten<br />

in Polen zählt und<br />

Exponate vom Mittelalter<br />

bis zum zweiten Weltkrieg<br />

enthält.<br />

3


In der Galerie der polnischen Kunst des 20. Jahrhunderts ist<br />

eine der großartigsten Kollektionen der Kunst des Jungen<br />

Polen zu bewundern. Sie enthält Arbeiten der bedeutendsten<br />

Künstler dieser Epoche, welche die spezifische dekadente<br />

Aura des Krakaus der Jahrhundertwende vom 19. zum<br />

20. Jahrhundert geprägt hat. Die beunruhigenden Bilder<br />

von Witold Wojtkiewicz, Wojciech Weiss oder Władysław<br />

Podkowiński bleiben dem Betrachter lange im Gedächtnis.<br />

Die Miniaturlandschaften von Jan Stanisławski zeigen die<br />

Sehnsucht des Malers nach der Ukraine. Zu sehen sind außerdem<br />

Werke solcher Meister wie Jacek Malczewski oder Leon<br />

Wyczółkowski. Außerordentlich interessant sind die Entwürfe<br />

zu den Glasfenstern der Wawel-Kathedrale von Stanisław<br />

Wyspiański. Der Technik der Vorbereitung von Glasmosaiken<br />

begegnen wir ein zweites Mal, wenn wir die Entwürfe Józef<br />

Mehoffers für die Kathedrale im schweizerischen Fribourg<br />

betrachten. Daneben ist das Glasmosaikfenster Vita Somni-<br />

4


um Breve (Das Leben ist ein kurzer Traum) zu sehen, das<br />

nach den Vorgaben Mehoffers hergestellt wurde.<br />

Die Glasmosaiktechnik kann man auch in der Galerie des<br />

Kunsthandwerks antreffen. Hier befindet sich ein außergewöhnlich<br />

interessanter Komplex von Werken aus der<br />

Krakauer Dominikanerkirche, die vom 13. bis zum 15. Jahr-<br />

5


hundert entstanden. Im Original erhalten, beeindrucken sie<br />

durch den Reichtum und die Tiefe der Farben.<br />

Ein Teil der Galerie des Kunsthandwerks ist ausschließlich der<br />

Jugendstilkunst gewidmet. Die Gegenstände des Alltagsgebrauchs,<br />

die in den besten polnischen und europäischen<br />

Werkstätten entstanden, beeindrucken durch die Meisterschaft<br />

der Ausführung. Die gewundenen fließenden Linien<br />

des Silbers, Glases, Porzellans, der Möbel lassen die Welt<br />

des Fin de siècle auferstehen. Zu den Raritäten in polnischen<br />

Sammlungen gehört das Glas von Emil Galle und ein<br />

Teil eines 1910 von dem bekannten Wiener Architekten Josef<br />

Hoffmann entworfenen Kaffeeservices. Ein Symbol der<br />

polnischen Jugendstilkeramik ist eine Vase mit einem Reigen<br />

nackter Gestalten von Jan Szczepkowski.<br />

6


Route des Jungen Polen<br />

R O U T E N D U R C H D I E K R A K A U E R M U S E E N<br />

NATIONAlMUSEUM IN KRAK AU<br />

Stanisław-Wyspiański-<br />

Museum<br />

im Szołayski-Haus<br />

ul. Szczepańska 11<br />

Besichtigungszeiten<br />

Montag: geschlossen<br />

Dienstag (nur Wechselausstellungen):<br />

10.00–18.00 Uhr<br />

Mittwoch – Samstag: 10.00–18.00 Uhr<br />

Sonntag: 10.00–16.00 Uhr<br />

An Sonntagen freier Eintritt in alle ständigen<br />

Der Homepage des Museums:<br />

www.muzeum.krakow.pl<br />

Das Museum befindet sich in dem Haus der Krakauer Bürgerfamilie<br />

Szołayski, das im 17. errichtet und im 19. und 20. Jahrhundert<br />

ausgebaut wurde. Dem Nationalmuseum wurde es<br />

1904 von Włodzimierz und Adam Szołayski übereignet und<br />

1928 zur Nutzung übergeben. Im Jahr 2003 wurde das Gebäude<br />

nach langjährigen Renovierungsarbeiten zum Sitz des seit<br />

1983 existierenden Stanisław-Wyspiański-Museums bestimmt.<br />

Im Museum befinden sich zwei ständige Ausstellungen. Die<br />

Galerie des Schaffens von Stanisław Wyspiański kann sich der<br />

größten Zahl von Werken des Künstlers in Polen rühmen. Hier<br />

befinden sich unter anderem originale Entwürfe für Interieurs<br />

und Gebrauchskunst, Selbstporträts des Meisters und Porträts<br />

seiner Freunde, Arbeiten, die mit dem Theater verbunden sind<br />

sowie Entwürfe für Glasmosaikfenster. Die zweite ständige<br />

7


Ausstellung ist Feliks Jasieński<br />

„Manggha” gewidmet. Sie<br />

lässt die Atmosphäre eine Krakauer<br />

Wohnung auferstehen<br />

und erinnert an die zahlreichen<br />

Freundschaften dieses<br />

bedeutenden Sammlers und<br />

Gönners des Museums mit<br />

bedeutenden Künstlern der<br />

Epoche des Jungen Polen.<br />

Im Stanisław-Wyspiański-Museum<br />

lernen wir die Welt des<br />

Jungen Polen und das Schaffen<br />

eines der bedeutendsten polnischen<br />

Künstler der Wende vom<br />

19. zum 20. Jahrhundert kennen,<br />

dessen vielseitige Tätigkeit<br />

mit beinahe jedem Zweig<br />

der Künste verbunden ist. Hier<br />

können wir uns auch mit den<br />

besten Beispielen der Malerei<br />

des Jungen Polen vertraut machen,<br />

mit Entwürfen für Glasfenster und Theaterkostüme, aber<br />

auch mit der Einrichtung von Bürgerhäusern im Stil der Epoche.<br />

Wir betrachten die ausgesprochen originellen, inzwischen<br />

schon legendären Möbel, die auf eine Bestellung von Tadeusz<br />

Boy-Żeleński und seiner Frau Zofia für deren Krakauer Wohnung<br />

entstanden. Bemerkenswert ist auch der Entwurf für einige der<br />

schönsten Glasfenster des Jungen Polen: den Apollo für das Interieur<br />

des Hauses der Ärztegesellschaft und Gott Vater aus der<br />

8


Krakauer Franziskanerkirche. Daneben stehen Selbstbildnisse<br />

Wyspiańskis, Porträts seiner Freunde und Kinderporträts, die zu<br />

den Ikonen des Jugendstils in Polen gehören. Einer der Museumsräume,<br />

das „Saphirblaue Atelier“, ist dem Privatleben des<br />

Künstlers und dem Thema der Mutterschaft gewidmet.<br />

Im zweiten Stockwerk des Museums, das der Figur des Feliks<br />

Jasieński „Manggha“ gewidmet ist, können wir Porträts bewundern,<br />

die von den bedeutendsten Künstlern des Jungen<br />

Polen geschaffen wurden, unter anderem von Józef Pankiewicz,<br />

Władysław Podkowiński, Leon Wyczółkowski. Die Möbel,<br />

Skulpturen, Gewebe und kleinen Gebrauchsgegenstände,<br />

die einst diesem bedeutenden Sammler gehörten, geben<br />

eine Vorstellung vom Aussehen einer bürgerlichen Wohnung<br />

zur Zeit des Jugendstils.<br />

9


Route des Jungen Polen<br />

R O U T E N D U R C H D I E K R A K A U E R M U S E E N<br />

NATIONAlMUSEUM IN KRAK AU<br />

Józef-Mehoffer-Haus<br />

ul. Krupnicza 26<br />

Besichtigungszeiten<br />

Montag: geschlossen<br />

Dienstag – Samstag: 10.00–18.00 Uhr<br />

Sonntag: 10.00–16.00 Uhr<br />

An Sonntagen freier Eintritt in alle ständigen<br />

Der Homepage des Museums:<br />

www.muzeum.krakow.pl<br />

Das Museum befindet sich in einem Haus in der Krupnicza-<br />

Straße, das Józef Mehoffer, einer der bedeutendsten Künstler<br />

des Jungen Polen, 1932 gekauft und mit Stilmöbeln,<br />

Kunstwerken und kunsthandwerklichen Gegenständen<br />

eingerichtet hatte. Im Jahr 1986 wurde dieses Haus dann,<br />

gemäß dem Willen der Familie des Künstlers, dem Krakauer<br />

Nationalmuseum übergeben. 1996 wurde es für den Publikumsverkehr<br />

geöffnet. Die Innenräume dieses Künstlermuseums<br />

wurden in Anknüpfung an die Originalkonzeption<br />

des Künstlers für die Einrichtung seiner Wohnung gestaltet.<br />

So ist ein Interieurmuseum mit originalen historischen Möbeln<br />

und Gebrauchsgegenständen – hervorragenden Beispielen<br />

des Jugendstildesigns – entstanden. Dazu kommen<br />

Werke von Józef Mehoffer selbst: Glasfenster, Ölgemälde,<br />

10


Zeichnungen. Zu den wertvollsten gehören die Glasfenster<br />

Vita somnium breve, Caritas, Glaube – Hoffnung – Liebe,<br />

Porträts der Ehefrau des Künstlers, die Landschaften Die<br />

Weichsel bei Niepołomice, Roter Schirm; die Entwürfe Natur<br />

und Kunst für den Krakauer Kunstpalast oder die Blumen,<br />

ein Motiv der Ausmalung der Schatzkammer der Wawel-Kathedrale.<br />

Einen ganz besonderen Reiz entfaltet der<br />

um das Haus herum liebevoll angelegte Garten..<br />

11


Route des Jungen Polen<br />

R O U T E N D U R C H D I E K R A K A U E R M U S E E N<br />

Glasfenstermuseum<br />

(Krakauer Glasfenstermanufaktur<br />

S.G. Żeleński)<br />

Krasińskiego-Allee 23<br />

Besichtigungszeiten<br />

Nach telefonischer Vorabsprache<br />

donnerstags ab 13:00 Uhr<br />

In dem einzigen Glasfenstermuseum Polens ist außer den Objekten<br />

der ständigen Ausstellung auch der Jahrhunderte alte<br />

Prozess der Entstehung von Glasmosaiken nachzuvollziehen.<br />

Das Haus, in dem sich heute das Museum befindet, wurde<br />

1906 speziell für die Bedürfnisse der Glasfenstermanufaktur<br />

nach einem Entwurf von Ludwik Wojtyczko und Stanisław<br />

Gabriel Żeleński errichtet. Alle Innenräume des Museums<br />

sowie die Einrichtung der Werkstätten, durch welche die Besichtigungsstrecke<br />

in der Konvention eines lebendigen Museums<br />

führt, haben ihren originalen Charakter beibehalten.<br />

Beim Entstehungsprozess von Glasfenstern hat neben dem<br />

Entwurf der unmittelbare Kontakt des Künstlers mit der<br />

Werkstatt die größte Bedeutung. Die Möglichkeit der Zu-<br />

12


sammenarbeit des Entwerfers mit den Handwerkern und<br />

der Werkstatt, in dem das Werk entsteht, ist unabdingbar,<br />

damit die wahren Intentionen des Künstlers zum Vorschein<br />

kommen können. Die bedeutendsten polnischen Entwerfer,<br />

Wyspiański, Mehoffer, Bukowski, Frycz, haben mehr<br />

als einmal die Bedeutung der Zusammenarbeit zwischen<br />

Künstler und Handwerkern in einer gut ausgestatteten<br />

Werkstatt hervorgehoben, die es nicht nur ermöglicht die<br />

Pläne des Künstlers nachzuvollziehen, sondern auch Eingriffe<br />

in den Entwurf während des Entstehungsprozesses<br />

vorzunehmen, selbst wenn dies die Ersetzung des halben<br />

Werks bedeutet. Genau so dachte auch Stanisław Gabriel<br />

Żeleński über die Rolle der Werkstatt, als er 1906 beschloss<br />

am damaligen Krakauer Stadtrand ein Haus für den Bedarf<br />

des Betriebs zu errichten.<br />

Stanisław Wyspiański, der mit besonderem Pietismus an die<br />

Umsetzung seiner Werke heranging, verbrachte an diesem<br />

Ort viel Zeit, während er beinahe jede Etappe des Entstehungsprozesses<br />

überwachte.<br />

13


Der Krakauer Betrieb war als großer Komplex geplant, der neben<br />

der Herstellung von Glasmosaiken auch Handwerker und<br />

Entwerfer ausbilden sollte, indem er ihnen die in dieser Technik<br />

schlummernden Möglichkeiten aufzeigte. Mit dem Unternehmen<br />

arbeiteten die bedeutendsten polnischen Künstler<br />

des frühen 20. Jahrhunderts zusammen. Hier entstanden die<br />

besten Werke der polnischen Glasfensterkunst.<br />

„Der Betrieb kann sich der großartigen Werke Wyspiańskis,<br />

die hier angefertigt wurden, rühmen (Haus der Ärztegesellschaft,<br />

Franziskanerkirche in Krakau, die berühmte selige<br />

Salomea), wie auch der Werke Mehoffers, der dem<br />

Betrieb öffentlich Dank ausgesprochen hat für die künstlerische<br />

Umsetzung seiner Entwürfe für die Kathedrale auf<br />

dem Wawel. Die ganze Reihe der großen Glasfenster für die<br />

Wawel-Kathedrale nach dem Entwurf des Meisters wird im<br />

Żeleński-Betrieb hergestellt werden.“<br />

Neben der Kunst kam in Krakau die Forderung auf nach<br />

einer Wiedergeburt des Handwerks, die hier auf einen<br />

fruchtbaren Boden fiel, vor allem bei den Künstlern, die<br />

einige der Handwerkssparten zum Rang von Kunstwerken<br />

erhoben. Das beste Beispiel für die Integration der Kunstformen<br />

gab Wyspiański, der Dichter und Maler, Schöpfer<br />

großartiger Glasfenster und ergreifender Dramen, Visionär<br />

der Architektur und Szenografie, Designer von Möbeln,<br />

Seidenteppichen, schmiedeeisernen Dekors, komplexen<br />

Innenräumen, Wandmalereien und Buchgrafiken.<br />

Ein immer größer werdender Kreis von Künstlern, Absol-<br />

14


venten der Krakauer Kunstakademie, begann sich für angewandte<br />

Kunst zu interessieren. Im Jahr 1910 nahm die<br />

Gesellschaft „Polnische angewandte Kunst“ ihre Tätigkeit<br />

auf, die ihre Ideen in der Zeitschrift „Angewandte Kunst“<br />

15


propagierte. Sie versammelte Maler, Bildhauer, Architekten,<br />

Ethnografen, Kunsthistoriker, Liebhaber und Mäzene.<br />

Der gemeinsame Nenner für sie alle war ein eigentümlicher<br />

Stil, der seine Wurzeln in der Volkskunst hatte. Neben<br />

den zweifellosen Einflüssen des Jugendstils, zu dem<br />

Krakauer Künstler ihren bedeutenden Beitrag leisteten,<br />

bildeten sich typische und unverwechselbare Stilmerkmale<br />

des Krakauer Glasfensters heraus.<br />

Aus dieser Perspektive ist die Entstehung und schnelle Entwicklung<br />

der Krakauer Glasfenstermanufaktur S.G. Żeleński<br />

als ausgesprochen charakteristisch für das kulturelle Klima<br />

der Epoche zu sehen: ein Künstleratelier in Verbindung mit<br />

einer Handwerkerwerkstatt – also all dies, was die Theoretiker<br />

der angewandten Kunst predigten.<br />

Im Jahr 2000 wurde Piotr Ostrowski Eigentümer des Betriebs.<br />

Dank seiner Bemühungen erlangte das Unternehmen<br />

nach achtundvierzigjähriger Unterbrechung ihren<br />

originalen historischen Namen Glasfenstermanufaktur<br />

S. G. Żeleński zurück. Im Jahr 1999 erteilten die Erben<br />

des Firmengründers ihr einmütiges Einverständnis für<br />

die Führung des ursprünglichen Namens und Logos<br />

und begründeten dies unter anderem mit der „Tätigkeit<br />

des zu gründenden Wirtschaftssubjekts im Bereich der<br />

Glasfensterherstellung unter besonderer Sorge für das<br />

professionelle und künstlerische Niveau der Erzeugnisse<br />

zum Zweck der Aufrechterhaltung der Tradition der verdienten<br />

Glasfenstermanufaktur S. G. Żeleński sowie der<br />

Einrichtung durch dieses Wirtschaftssubjekt neben sei-<br />

16


ner Produktions- und Konservationstätigkeit auch einer<br />

Ausstellung, welche die Errungenschaften des Betriebs<br />

dokumentiert“.<br />

Im Jahr 2002, dem hundertsten Jahrestag der Firmengründung,<br />

wurde am Sitz des Unternehmens eine Glasfenstergalerie<br />

geschaffen, auf deren Grundlage Ostrowski 2005<br />

das Glasfenstermuseum mit einer mit dem Kulturministerium<br />

abgestimmten Satzung gründete, das in den Räumen<br />

des 1906 errichteten Gebäudes entstand und reine<br />

Ausstellungsräume mit der nach wie vor tätigen Werkstatt<br />

in Form eines lebendigen Museums verbindet.<br />

In den Jahren 2000-2008 entstanden im Betrieb viele prestigeträchtige<br />

Werke und Konservationsarbeiten, die auf<br />

höchstem Niveau stehen und die Rückkehr zur stolzen<br />

Vergangenheit der ältesten polnischen Glasfenstermanufaktur<br />

bestätigen. Zu den interessantesten Arbeiten<br />

sind zu zählen: der Glasfensterzyklus im Aufzugschacht<br />

der Herbewo-Bürogebäude in Krakau, die Glasfenster in<br />

der Kirche von Dobczyce-Kornatki, die Adaptation von<br />

Entwürfen Mehoffers und die Anfertigung von acht<br />

Glasfenstern für die Kirche in Turek. Die anspruchsvollste<br />

und prestigeträchtigste Unternehmung jedoch waren die<br />

von Ostrowski in Zusammenarbeit mit dem bedeutenden<br />

Filmregisseur Andrzej Wajda in den Jahren 2002 bis 2007<br />

geschaffenen Glasfenster für den Ausstellungs- und Informationspavillon<br />

„Wyspiański 2000“ in Krakau auf der<br />

Grundlage zuvor nicht realisierter Entwürfe Wyspiańskis<br />

für die Wawel-Kathedrale.<br />

17


Route des Jungen Polen<br />

R O U T E N D U R C H D I E K R A K A U E R M U S E E N<br />

Seweryn-Udziela-<br />

Volkskundemuseum<br />

in Krakau<br />

Hauptgebäude – Rathaus der Stadt<br />

Kazimierz, Wolnica-Platz 1<br />

Haus „Esterka”, Krakowska-Straße 46<br />

Besichtigungszeiten<br />

Montag: geschlossen<br />

Dienstag, Mittwoch, Freitag, Samstag:<br />

11:00–19:00 Uhr<br />

Donnerstag: 11:00–21:00 Uhr<br />

Sonntag: 11:00–15:00 Uhr<br />

Das 1911 von Seweryn Udziela, einem Lehrer, Amateurethno-<br />

grafen und passionierten Sammler begründete Museum ist im<br />

ehemaligen Rathaus der Stadt Kazimierz untergebracht, das im<br />

15. Jahrhundert im gotischen Stil errichtet und später im Renais-<br />

sancestil umgestaltet wurde. Im Rathaus ist eine Ausstellung der<br />

polnischen Volkskunst zu sehen, im Nebengebäude, dem so ge-<br />

nannten Haus „Esterka“, finden in den schönen Gewölben der<br />

Keller aus dem 16. Jahrhundert Wechselausstellungen statt. Die<br />

Bestände, deren Keimzelle die Sammlungen Seweryn Udzielas<br />

waren, zählen heute über 80.000 Exponate, deren Großteil aus<br />

dem 19. und 20. Jahrhundert stammt. Überwiegend handelt<br />

es sich um polnische Sammlungen. Es gibt aber auch bemer-<br />

kenswerte Sammlungen aus anderen europäischen, vor allem<br />

slawischen, Ländern, wie auch aus Ländern außerhalb Europas,<br />

die zu einem großen Teil von polnischen Reisenden und Wissen-<br />

18


schaftlern gespendet wurden. Das Museum besitzt außerdem<br />

ein reiches Archiv mit vielen Tausend Fotografien, Glasplatten-<br />

Negativen, Handschriften und Zeichnungen sowie eine Fachbi-<br />

bliothek, in deren Beständen mit 30.000 Bänden auch zahlrei-<br />

che Unikate zu finden sind.<br />

Die wichtigsten Zentren des geistigen und künstlerischen Lebens<br />

des Jungen Polen lagen im kleinpolnischen Raum. Ein charakte-<br />

ristisches Merkmal dieser Kunstströmung war die Hinwendung<br />

zur bäuerlichen Kultur, deren Folge die so genannte Bauern-<br />

begeisterung war, ein Phänomen, das in der polnischen Intel-<br />

ligenzia mit großem Zuspruch aufgenommen wurde. Seweryn<br />

Udziela, der Schöpfer des Volkskundemuseums, stand selbst<br />

in nicht geringem Maße unter dem Einfluss dieser Mode des<br />

Jungen Polen, in der er ein günstiges Klima für den Aufbau ei-<br />

ner ethnografischen Sammlung erkannte. Deshalb ist das Kra-<br />

kauer Museum ein erstrangiges Beispiel dafür, wie in breiten<br />

Gesellschaftskreisen des Jungen Polen die Faszination für die<br />

bäuerliche Kultur geweckt wurde. Ohne dieses Interesse hätte<br />

es keine gesellschaftliche Nachfrage nach der Einrichtung einer<br />

derartigen Institution im Jahr 1911 gegeben.<br />

Schon gleich zu Anfang des Besuchs im Museum stoßen wir<br />

auf ein Modell der Kate von Błażej Czepiec, einem Gast auf<br />

der berühmten Hochzeitsfeier des Dichters Lucjan Rydel mit<br />

der Bauerntochter Jadwiga Mikołajczykówna im Jahr 1900.<br />

Dieses Modell wurde 1901 unter der Anleitung des Künstlers<br />

Włodzimierz Tetmajer geschaffen. Gleich darauf wird in der<br />

Krakauer Kammer mit den schönen bunten Krakauer Trachten<br />

auf natürliche Weise die Erinnerung an Stanislaw Wyspiańskis<br />

legendäres Drama „Die Hochzeit“ wach.<br />

19


Die Podhale-Kammer mit dem Modell einer Bauernkate aus der süd-<br />

polnischen Gebirgsregion, einer Walkmühle, einer Hirtenhütte und<br />

Goralentrachten macht uns bewusst, dass die Künstler des Jungen<br />

Polen ebenso stark von der Folklore der Bergbewohner, der Gora-<br />

len, beeindruckt waren, fällt doch in die Epoche des Jungen Polen<br />

die Entstehung des so genannten Zakopane-Stils, des Versuchs der<br />

Begründung einer nationalen Architekturform auf der Grundlage<br />

der Bau- und Dekorationsformen der Goralenarchitektur. Die bun-<br />

ten gestreiften Trachten der Region um Łowicz wiederum lassen an<br />

Jagna und Maciej Boryna denken,<br />

Hauptfiguren aus den „Bauern“<br />

von Władysław Reymont, einem<br />

der wichtigsten Schriftsteller des<br />

Jungen Polen.<br />

Das Seweryn-Udziela-Volkskunde-<br />

museum als Hort der bäuerlichen<br />

Kultur in Krakau lädt ein, seine<br />

unschätzbaren Sammlungen zu<br />

bewundern. Hier können Sie wie<br />

nirgendwoanders die Faszination<br />

der Künstler des Jungen Polen<br />

für die heimische Folklore, ihre<br />

Kraft und Lebendigkeit verste-<br />

hen, in der man seinerzeit ein Allheilmittel für die Stagnation und<br />

fortschreitende Kulturkrise der polnischen Intelligenzia der Jahrhun-<br />

dertwende erblickte.<br />

20


Route des Jungen Polen<br />

R O U T E N D U R C H D I E K R A K A U E R M U S E E N<br />

HElENA-MODRzEJEWSKA-NATIONAlTHEATER<br />

AlTES THEATER IN KRAKAU<br />

Museum<br />

des Alten Theaters<br />

Jagiellońska-Straße 1<br />

Bis Dezember 2009 ist die ständige Ausstellung<br />

wegen der Umgestaltung eines Teils des<br />

Gebäudes und seiner Anpassung an die Bedürfnisse<br />

des modernisierten Theatermuseums<br />

geschlossen.<br />

Das Museum des Alten Theaters befindet sich im Hauptgebäude<br />

des Alten Theaters an der Ecke Szczepański-Platz<br />

und Jagiellońska-Straße. Es wurde anlässlich der 200-Jahrfeier<br />

der Bühne im Jahr 1981 eröffnet. Das Gebäude selbst<br />

wurde 1799 errichtet und weist eine reiche Jugendstilausgestaltung<br />

auf, die es während dem Umbau in den Jahren<br />

1903-1906 erhielt. Die Architekten Tadeusz Stryjeński und<br />

Franciszek Mączyński, Bildhauer und Maler aus der Gesellschaft<br />

Polnische Angewandte Kunst schufen eines der<br />

schönsten Jugendstilobjekte in Krakau. Die Innenräume des<br />

Theaters kann man mit einer Theaterkarte eine Stunde vor<br />

Beginn der Vorstellung auf der Großen Bühne besichtigen.<br />

In den Sammlungen des Alten Theaters befinden sich wertvolle<br />

Andenken an bedeutende Schauspieler, Regisseure, Sze-<br />

21


nografen und Komponisten in der Geschichte dieser Bühne,<br />

die polnische Theatergeschichte geschrieben hat. Mit dem<br />

Krakauer Jugendstil sind vor allem diejenigen Objekte – Fotografien,<br />

Dekorationsentwürfe, Kostüme, Videoaufzeichnungen<br />

– verbunden, die an die Inszenierungen der Werke<br />

von Stanisław Wyspiański erinnern („Die Befreiung” unter<br />

der Regie von Konrad Swinarski, „Die Hochzeit” unter der<br />

Regie von Andrzej Wajda und Jerzy Grzegorzewski), oder<br />

die Inszenierung „Im Lauf der Jahre, im Lauf der Tage“ von<br />

Andrzej Wajda, ein Fresko aus dem Leben der Stadt.<br />

22


Netz der Stadtinformationsstellen<br />

(Die Öffnungszeiten der Stadtinformationsstellen können Änderungen unterliegen.)<br />

Rathausturm auf dem Hauptmarkt (Rynkek Główny)<br />

Tel. +48 12 433 73 10, geöffnet: Mo-So 9:00-19:00 Uhr<br />

Pavillon „Wyspiański 2000”<br />

(behindertengerecht)<br />

Wszystkich-Świętych-Platz 2<br />

Tel. +48 12 616 18 86, geöffnet: Mo-So 9:00-19:00 Uhr<br />

Św.-Jana-Straße 2<br />

Tel. +48 12 421 77 87, geöffnet: Mo-Sa 10:00-18:00 Uhr<br />

Szpitalna-Straße 25<br />

Tel. +48 12 432 01 10, geöffnet: Mo-So 9:00-19:00<br />

Józefa-Straße 7 (Stadtviertel Kazimierz)<br />

Tel. +48 12 422 04 71, geöffnet: Mo-So 10:00-18:00 Uhr<br />

Słoneczne-Siedlung 16 (Stadtviertel Nowa Huta)<br />

Tel. +48 12 643 03 03, geöffnet: Di-Sa 10:00-14:00 Uhr<br />

JInternationaler Flughafen Johannes Paul II. – Balice<br />

(Passagierterminal)<br />

Tel. +48 12 285 53 41, geöffnet: Mo-So 9:00-19:00 Uhr<br />

Telefonische Fremdenverkehrsauskunft<br />

Tel. +48 12 432 00 60, Mo-So 9:00-19:00 Uhr<br />

E-Mail-Adresse für alle Stadtinformationsstellen:<br />

it@infokrakow.pl<br />

Informationen für Behinderte:<br />

www.niepelnosprawni.pl/ledge/x/2782 (pol)<br />

Notrufnummern<br />

Sicherheitstelefon für Touristen aus dem Ausland<br />

(nur in der Sommersaison):<br />

0 800 200 300 (kostenlose Verbindung von Festnetzanschlüssen)<br />

048 608 599 999 (kostenpflichtige Verbindung, von jedem Telefon aus möglich)<br />

Notruf 112<br />

Polizei 997<br />

Ärztlicher Rettungsdienst 999<br />

Feuerwehr 998<br />

Stadtwache 986<br />

Pannenhilfe 981<br />

Krakauer<br />

Touristenkarte<br />

Kostenlos:<br />

• Museen • Städtischer<br />

Personenverkehr (MPK)<br />

Ermäßigungen:<br />

• Stadtbesichtigung • Restaurants • Geschäfte • Galerien<br />

Verkaufsstellen – Fremdenverkehrsbüros:<br />

• Św.-Jana-Straße 2 • Szpitalna-Straße 25 • Józefa-Straße 7<br />

Rynek Główny (Hauptmarkt) 1 (Rathausturm) • Balice - Flughafen<br />

Anbieter: <strong>Symposium</strong> <strong>Cracoviense</strong><br />

Tel.: +48 12 4227600, 4310597, fax: +48 12 4213857<br />

E-mail: info@krakowcard.com, www.krakowcard.com<br />

Die Fotografien stammen aus den Museumsarchiven.<br />

Redaktion: J. Lenczowski. Layout: P. Bytnar.<br />

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