Volken im 19. Jahrhundert - Gemeinde Volken
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Vormundschaften und Konkurse<br />
Alle Fragen mit Bezug auf Vormundschaften und Konkurse wurden vom <strong>Gemeinde</strong>rat behandelt.<br />
Konkurse:<br />
In Geschichtsbüchern kann nachgelesen werden, dass<br />
ab 1863 eine Rezession einsetzte und dass Kapitalknappheit<br />
mit hohen Zinsen vorherrschte. Dieses<br />
wirtschaftliche Ungemach wurde verstärkt durch<br />
Missernten, welche von 1865 bis 1867 die Landwirtschaft<br />
he<strong>im</strong>suchten.<br />
Leider war auch <strong>Volken</strong> voll von dieser negativen<br />
Entwicklung betroffen. Praktisch an jeder Sitzung<br />
des <strong>Gemeinde</strong>rates wurden Fragen von neuen oder<br />
laufenden Konkursen besprochen. Selbst altgediente<br />
Behördenmitglieder waren von einer solchen Entwicklung<br />
betroffen.<br />
Wenn ein Ehemann oder gar Familienvater in Konkurs<br />
geriet, wurde durch den <strong>Gemeinde</strong>rat automatisch<br />
ein Beistand für die Ehefrau und ein Vormund<br />
für die noch minderjährigen Kinder ernannt und dem<br />
„löblichen Oberwaisenamt― gemeldet.<br />
Der <strong>Gemeinde</strong>rat blieb auch als Kontrollbehörde zuständig, wenn ein konkursiter Mann in einer anderen<br />
<strong>Gemeinde</strong> wohnte. Das gab nicht wenig Arbeit.<br />
Vormundschaften<br />
wurden also nicht nur für Witwen und Waisen, sondern auch für Ehefrauen und minderjährige Kinder errichtet,<br />
wenn deren Familienoberhaupt in Konkurs geriet.<br />
Nicht wenige Vormundschaften für Volkemer Bürgerinnen und Bürger betrafen Volkemer mit Wohnsitz<br />
<strong>im</strong> Kanton Zürich. Natürlich musste für jede Massnahme die Wohngemeinde entsprechend benachrichtigt<br />
werden. Offenbar erhöhte sich die Streitfreudigkeit der Mündel mit der Distanz zu <strong>Volken</strong>, denn in den<br />
Protokollen des <strong>Gemeinde</strong>rates nehmen solche Auseinandersetzungen einen bedeutenden Teil ein.<br />
Zu Gewissensfragen konnte es kommen, wenn ein Bevormundeter nach Amerika auswandern wollte und<br />
darum bat, der Vormund möchte ermächtigt werden, ihm das nötige Geld aus seinem eigenen Vermögen<br />
auszuhändigen. Da wurde natürlich zuerst der Leumund geprüft sowie, ob ein Einwanderungsland ihn<br />
überhaupt annehmen würde. Dann wurde <strong>im</strong> Bejahungsfall ein Betrag freigegeben unter der Bedingung,<br />
dass er erst ausbezahlt werde, wenn alle notwendigen Papiere und Bewilligungen vorlägen und es sicher<br />
sei, dass das Mündel das Geld nicht anderweitig verwenden werde. - Das Verlockende für einen <strong>Gemeinde</strong>rat<br />
war natürlich die Aussicht, dass mit der Auswanderung künftige Belastungen der <strong>Gemeinde</strong>kasse vermieden<br />
werden könnten, sodass durchaus ein Grund für Grosszügigkeit bestand, falls Missbrauch wirklich<br />
ausgeschlossen werden konnte.<br />
Generell kann festgestellt werden, dass der <strong>Gemeinde</strong>rat als Vormundschaftsbehörde differenziert auf die<br />
individuelle Situation der von ihm beaufsichtigten Vormundschaften einging und dass er <strong>im</strong> Interesse der<br />
Mündel handelte, wobei er sich <strong>im</strong>mer bewusst war, dass die Finanzen <strong>Volken</strong>s eine zu grosszügige direkte<br />
finanzielle Unterstützung nicht erlaubten.<br />
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