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Volken im 19. Jahrhundert - Gemeinde Volken

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Von Beizern und Bäckern<br />

Bäcker Beizer<br />

Die Beizer<br />

Bei den in <strong>Volken</strong> ansässigen Keller scheint der Weinausschank seit dem ausgehenden Mittelalter Tradition<br />

zu haben. Bereits 1446, anlässlich der Schlichtung eines Streits zwischen dem Gerichtsherrn von Flaach,<br />

Ulrich III. von Gachnang zu Goldenberg und Hensly Keller, dem Inhaber des Kehlhofes in <strong>Volken</strong>, wurde<br />

festgehalten, „Hensly Keller und alle Nachkommen, die den Kehlhof bewirtschaften, sollen dem Inhaber<br />

der Gerichte .. mit Diensten und Täffri, Gehorsami und anderen Sachen zu tund gepunden sin…― Täffri ist<br />

das mittelalterliche Recht auf Weinausschank, das hier zum ersten Mal erwähnt wird. In der entsprechenden<br />

Urkunde vom 22. Dezember 1446 findet man das Urteil, das nur den Grundsatz festhält, dass Hensli<br />

die obigen Verpflichtungen erfüllen soll, die er übrigens gar nicht bestreitet. Details dazu aber fehlen. Leider<br />

wird auch die Anklage nicht formuliert. Deshalb ist es unsicher, ob Hensli überhaupt keine seiner Verpflichtungen<br />

erfüllte oder ob er zu wenig Abgaben ablieferte. Vielleicht hat er es auch an der geforderten<br />

Demut fehlen lassen. Klar ist aber, dass die Keller des Kelhofes in <strong>Volken</strong> schon 1446 Wein ausschenkten.<br />

Es muss in den Familien der Volkemer Keller zur Tradition geworden sein, sich als Weinschenken zu betätigen.<br />

Die <strong>im</strong> <strong>Gemeinde</strong>archiv <strong>Volken</strong> liegenden Urkunden geben über diesen Punkt leider keine Auskunft.<br />

Weinschenken, Dorfbeizen hatten in den <strong>Jahrhundert</strong>en vor der Verbreitung der Printmedien, des Telefons<br />

und Telegrafs eine wichtige Funktion: Informationsquelle, Orte der Meinungsbildung. Wirte waren oft die<br />

ungekrönten Dorfpolitiker, und mancher Aufstand des „gewöhnlichen Volkes―, heute Basis genannt, wurde<br />

<strong>im</strong> Schweizerland durch einen Dorfwirt angezettelt.<br />

Es fällt auf, dass zu Beginn des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s die Keller unter den Weinschenk-Patentinhabern dominierten.<br />

Von 1805 bis 1844 waren nur Keller Weinschenken, 1841 und 1842 waren sie sogar zu Dritt, als<br />

der auf der vorherigen Seite in der Bussenverfügung erwähnte Johannes Keller ein kurzes Gastspiel als<br />

Weinschenk gab. 1845 wurde die Keller-Phalanx durchbrochen durch Ulrich Schuler, dessen Patentbesitz<br />

sich aber auf lediglich zwei Jahre beschränkte. Dann waren Johann Conrad Keller und Heinrich Keller,<br />

Jonassen, wieder die einzigen, bis 1855 Jonas Ruf zur Mühle ein entsprechendes Patent erhielt. In <strong>Volken</strong><br />

bis heute gehalten hat sich, wie wir wissen, lediglich das Restaurant Post.<br />

Johann Conrad Keller löste, wenn das Verzeichnis der Patentinhaber wirklich fehlerlos ist, von 1857 bis<br />

zum 7. Juni 1865 kein Patent mehr. Das erstaunt, denn 1855 steht <strong>im</strong> Protokoll des <strong>Gemeinde</strong>rates vom <strong>19.</strong><br />

August: „Zufolge Beibehaltung der Wirthschaft hatte laut Gesetz vom 20. Juni 1855 den Austritt von Herrn<br />

<strong>Gemeinde</strong>ammann Keller[als Konsequenz]“. Das heisst, er entschied sich, eher seine Wirtschaft weiterzuführen,<br />

als die Stelle des <strong>Gemeinde</strong>ammanns auszuüben. Was in den „patentfreien Jahren― vor sich ging,<br />

bleibt ein Gehe<strong>im</strong>nis. Er wurde 1863 – 1865 wieder <strong>Gemeinde</strong>ammann und löste anschliessend von 1865<br />

bis 1882 wieder ein Wirtepatent.<br />

1865 wurde die Assekuranz-Summe der Liegenschaft des Restaurant Post von 8800 Franken auf 10’000<br />

Franken erhöht, und 1867 übernahm Johann Conrad Keller die Stelle eines Postverwalters. Es ist wahrscheinlich,<br />

dass die Erhöhung des versicherten Gebäudewertes auf einen Ausbau zurückging, der <strong>im</strong> Hinblick<br />

auf diese neue Charge getätigt wurde. Denn ein Postverwalter musste ja wenn möglich der damaligen<br />

Postkundschaft ein Lokal zur Verfügung halten. Und das <strong>im</strong> Archiv der damaligen PTT liegende Foto, die<br />

das Haus von 1865 bis 1933 zeigt, verleiht dieser Annahme Glaubwürdigkeit.<br />

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