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Volken im 19. Jahrhundert - Gemeinde Volken

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<strong>Volken</strong> <strong>im</strong> <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong><br />

Zukunft braucht Herkunft


Inhaltsverzeichnis<br />

Seite<br />

2 Inhaltsverzeichnis<br />

3 Persönliches Vorwort<br />

4 Hintergrund Die Helvetik 1798 – 1803<br />

Die Mediationsverfassung 1803-1814<br />

5 Die Restauration von 1815<br />

Die Regeneration von 1830<br />

6 Zusammenfassung wichtiger Ereig- Verfassungen nach der Revolution von 1798<br />

nisse<br />

Weitere wichtige Änderungen <strong>im</strong> Kanton Zürich<br />

7 Die <strong>Gemeinde</strong>behörden, die wirklichen<br />

Honoratioren <strong>Volken</strong>s<br />

Der <strong>Gemeinde</strong>ammann, Liste d. <strong>Gemeinde</strong>ammänner<br />

8 Der Friedensrichter<br />

9 Verzeichnis der Friedensrichter<br />

10 Der <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

11 Titelblatt des ersten <strong>Gemeinde</strong>rats-Protokollbuches<br />

13 Karrieren und Gewaltentrennung<br />

14-15 Liste aller Honoratioren<br />

16-27 Interessantes aus den Protokollen Der Frust der Präsidenten<br />

18 Kriegerisches<br />

20 Feuerwehr<br />

21 Strassenbau<br />

22 Strassenunterhalt, Wasserversorgung<br />

23 Gesundheitspolitisches: Cholera und Hebamme<br />

24-27 Verschiedenes<br />

28-29 Karten von <strong>Volken</strong> 1660,1849,1896<br />

30 Erschliessung <strong>Volken</strong>s mit Strassen Detail der Karte des Weinlandes von 1650<br />

31 Detail der Strassenkarte des Kantons ZH von 1850<br />

32 Strassenbauplan von 1845 Dorf – <strong>Volken</strong> – Flaach<br />

33 Strassenbauplan von 1904 Glemettenstrasse<br />

34 Die Post in <strong>Volken</strong><br />

35 Die Kosten<br />

36 Das „Postgebäude<br />

37 Umbau und Inneres des Restaurant Post<br />

38 Die Weinschenken <strong>Volken</strong>s<br />

39 Verzeichnis der Patentinhaber<br />

40 Abgabeformular und Eintrag des Bierpatentes<br />

41 Was in den Weinschenken so passierte<br />

42 Von Beizen und Bäckern Beizer<br />

43 Bäcker<br />

44 Der Schweizer Franken<br />

45 Vormundschaften und Konkurse<br />

46 Die Bevölkerungsentwicklung<br />

47 Das Bürgerrecht von <strong>Volken</strong><br />

48 Eidgenössische Volkszählungen<br />

49 Die Familie von Heinrich Keller Familie Schuler<br />

50 Die Familie von Hans Konrad Keller<br />

51 Johann Conrad Keller<br />

52 Der Wegzug der Nachkommen<br />

53 Anhang Blatt Gebäudeversicherung des Restaurant Post<br />

54-55 Liste der Mitglieder des <strong>Gemeinde</strong>rates<br />

56-57 Der Grundzins-Loskaufvertrag vom 27.3.1847<br />

Auszug aus dem Protokoll der <strong>Gemeinde</strong>versamm-<br />

58-59<br />

lung vom 10. Juni 1854, Rekursbeantwortung, Angaben<br />

über die Salärstruktur des <strong>Gemeinde</strong>schreibers<br />

2


Persönliches Vorwort<br />

Wenn <strong>im</strong> Alter das gezielte Planen der Zukunft durch das Plätschern des Alltags abgelöst wird, beginnt<br />

man sich zu fragen, woher wir kommen, wo unsere Wurzeln sind. Da meine beiden letzten direkten Vorfahren,<br />

welche in <strong>Volken</strong> lebten, nach der Selbständigkeit <strong>Volken</strong>s 1805 und der Wahl eines eigenen <strong>Gemeinde</strong>rates<br />

eine grosse Rolle spielten, gedachte ich eine Würdigung der letzten zwei Generationen meiner<br />

Ahnen in <strong>Volken</strong> zu schreiben. Aber ich erlag der Faszination, die Entwicklung einer <strong>Gemeinde</strong> durch die<br />

Lektüre der Protokollbücher der <strong>Gemeinde</strong>versammlungen und der <strong>Gemeinde</strong>ratssitzungen verfolgen, ja<br />

fast hautnah miterleben zu können. Die Vergangenheit wurde lebendig. So wuchs dieses Büchlein in Eigendynamik<br />

zu einer Zusammenfassung über <strong>Volken</strong> <strong>im</strong> <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>. Man möge mir nachsehen, wenn<br />

ich jeweils für typische Beispiele Personen und Ereignisse von meinen Ahnen erwähne. Es fehlten mir Zeit<br />

und Platz, um auch der Geschichte anderer Familien, den Erb, Ritzmann, Schuler, Saller etc. nachzugehen.<br />

Dank Zust<strong>im</strong>mung des Volkemer <strong>Gemeinde</strong>rates, insbesondere der für Kultur zuständigen <strong>Gemeinde</strong>rätin<br />

Elsbeth Ritzmann und den Mitarbeiterinnen der <strong>Gemeinde</strong>verwaltung, konnte ich für meine Nachforschungen<br />

das <strong>Gemeinde</strong>archiv benutzen. Ich danke für das Wohlwollen, das mir entgegengebracht wurde.<br />

„Die gute alte Zeit“: wir neigen dazu, die Vergangenheit zu idealisieren. Wenn wir heute die rasende Entwicklung<br />

auf allen technologischen Gebieten beklagen, vergessen wir, dass auch unsere Ahnen <strong>im</strong> <strong>19.</strong><br />

<strong>Jahrhundert</strong> mit umwälzenden Änderungen konfrontiert wurden. Vieles, was sie und ihre Vorfahren während<br />

mehreren <strong>Jahrhundert</strong>en als feste unverrückbare Werte, Grenzen und Zwänge kannten und akzeptierten,<br />

wurde abgeschafft oder verändert. Die französische Revolution hatte auch in der Schweiz eine wahre<br />

Revolution ausgelöst, mit entsprechenden Auswirkungen wie Chaos, Bürgerkrieg, Staatsstreichen usw.<br />

Dies war ihre damalige „Globalisierung―, geprägt durch die Industrialisierung, den Bau der Eisenbahnen<br />

und die Verlockung zur Auswanderung in fremde Kontinente.<br />

Ich danke recht herzlich all den vielen Menschen, welche mir bei der Zusammenstellung und Überprüfung<br />

der Fakten, bei der Produktion dieses Büchleins und mit dem Lektorat des Textes geholfen haben. So viele<br />

engagierte Helfer zu finden, war eine ganz spezielle Erfahrung. Besonders dankbar bin ich Prof. Dr. h.c.<br />

Peter Ziegler, Wädenswil, und Frau Regula Geiger, Küsnacht, für ihre Korrekturlesung des Textes und Dr.<br />

Samuel Wyder, Forch, für seine Ausschnitte aus alten Karten.<br />

Da das <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong> – nicht zu reden vom 20. <strong>Jahrhundert</strong> – in meinem Geschichtsunterricht, aber auch<br />

in demjenigen vieler meiner Freunde, in der Schule wenig Platz fand, wollte ich zuerst zusammenstellen,<br />

welche politischen und wirtschaftlichen Entwicklungen denn das Leben unserer Ahnen prägten, wird doch<br />

unser Tun von den vorherrschenden Umweltverhältnissen stark beeinflusst.<br />

In der Geschichtsschreibung kommen vor allem Männer vor. Eine vertiefte Betrachtung der Ereignisse hat<br />

mir aber sehr deutlich vor Augen geführt, dass ihre Frauen eine grosse Verantwortung übernahmen und<br />

gerade in der Landwirtschaft eine riesige Arbeit verrichteten. Wenn sie dann noch früh zu Witwen wurden,<br />

wie z.B. meine Ururgrossmutter Susanna, geborene Gisler, dann trugen sie zum Wohl der Familie eine<br />

vielfache Last als alleinerziehende Mutter, Allein-Bäuerin, Wirtin. Dabei darf angenommen werden, dass<br />

eine Witwe sehr wenig Prestige genoss, hatten doch die Frauen noch sehr lange keine politischen und wenig<br />

wirtschaftliche Rechte und definierten sich über die Stellung ihres Mannes.<br />

Ich hoffe, dass die Lektüre dieses kleinen Werkes einige Menschen anregt, selber Nachforschungen anzustellen.<br />

Dies hier kann nur ein oberflächliches Wiedergeben, eine Zusammenfassung der Vergangenheit<br />

sein, die in den Archiven dokumentiert ist. Es lohnt sich, das eine oder andere Thema vertieft zu betrachten.<br />

Zukunft braucht Herkunft. Tatsächlich: ohne Geschichte ist die Gegenwart nicht zu verstehen. Was haben<br />

unsere Vorfahren geleistet, wie beeinflusst das unser Denken, unser Planen, unser Leben? Das Motto<br />

stammt vom Philosophen Odo Marquard.<br />

Ich bin dankbar, wenn mir allfällige Fehler gemeldet werden, denn trotz grösster Sorgfalt kann ein gelegentlicher<br />

Irrtum nie ausgeschlossen werden.<br />

Hans Peter Keller, Schiedhaldenstrasse 32, 8700 Küsnacht<br />

e-mail: kellerhp@ggaweb.ch<br />

September 2009 Nachdruck unter Quellenangabe gestattet<br />

3


Hintergrund:<br />

Die Schweiz <strong>im</strong> Zeitalter der Französischen Revolution 1<br />

Die Helvetik 1798 – 1803<br />

Die Helvetische Revolution von 1798 war nicht einfach eine von aussen gesteuerte Imitation der Französischen<br />

Revolution, sondern die logische und unvermeidliche Folge der Ungleichheiten <strong>im</strong> zerrütteten politischen<br />

System der Alten Eidgenossenschaft. Es gab überall Aufstände gegen die alten Herrschaftsformen.<br />

Am 12. April 1798 wurde in Aarau die Helvetische Republik ausgerufen. Die Verfassung war ähnlich derjenigen<br />

der Französischen Republik mit einer zentralen Regierung. Die bisherige föderalistische Struktur<br />

wurde völlig el<strong>im</strong>iniert. Das Direktorium der Helvetischen Republik schloss mit Frankreich ein Militärbündnis<br />

und wurde so in die Napoleonischen Kriege hineingezogen (1799 – 1802). Deshalb wurde, erstmals<br />

seit <strong>Jahrhundert</strong>en, auch die Schweiz zu einem Hauptkriegsschauplatz. Französische Truppen kämpften<br />

in der Schweiz.<br />

Die neue Ordnung bedeutete das Ende der bisherigen Regierung durch einige herrschende Familien und die<br />

Zünfte. Alle früher geltenden wirtschaftlichen und politischen Einschränkungen sollten fallen, Handels-,<br />

Gewerbe- und Pressefreiheit wurden eingeführt, Untertanengebiete ab 4. April 1798 abgeschafft. Es entstand<br />

aber nicht eine Demokratie, sondern ein Chaos. Die Einquartierung von Tausenden von Soldaten auf<br />

Kosten der einhe<strong>im</strong>ischen Landbevölkerung zehrte die Ressourcen der Schweiz auf. Das zentralistische<br />

System wurde von der Bevölkerungsmehrheit nicht akzeptiert. „Liberté―, Freiheit, bedeutete für das einfache<br />

Volk, keine Steuern und Abgaben mehr zu bezahlen und zu machen, was einem beliebte. Die Helvetische<br />

Republik hatte keine gesunde finanzielle Basis. Sie erlebte zwischen 1800 und 1802 mindestens vier<br />

Staatsstreiche und versank <strong>im</strong> inneren Chaos.<br />

Nun griff Napoleon ein, verlangte das Ende des Bürgerkriegs und bestellte Delegationen aller Parteien nach<br />

Paris, wo er der Schweiz aus der Erkenntnis heraus, dass der zentralistische Einheitsstaat keine Chance<br />

hatte, eine föderalistische, die Eigenständigkeit der Kantone betonende, Verfassung verschrieb. Seine Proklamation:<br />

„Bewohner Helvetiens, Ihr bietet seit zwei Jahren ein betrübendes Schauspiel dar. Ihr habt<br />

Euch drei Jahre gezankt, ohne Euch zu verstehen. Wenn man Euch länger Euch selbst überlässt, so werdet<br />

Ihr Euch noch drei Jahre morden…“<br />

1 Schweizer Geschichte in: www.geschichte-schweiz.ch/helvetik.html<br />

4


Die Mediationsverfassung 1803 - 1814 2<br />

Sie wurde der Schweiz am <strong>19.</strong> Februar 1803 von Napoleon verordnet, gab den grössten Teil der staatlichen<br />

Kompetenzen an die 19 Kantone der neuen Eidgenossenschaft und el<strong>im</strong>inierte das nationale Parlament<br />

sowie die Zentralregierung. Als nichtständige Konferenz der Kantone wurde die Tagsatzung wieder eingeführt.<br />

Nur die Aussenpolitik blieb be<strong>im</strong> Bund; die Gesetzgebungsgewalt fiel an die Kantone zurück.<br />

Die Zürcher Verfassung gliederte das Kantonsgebiet in fünf grosse Bezirke anstelle der früheren Land- und<br />

Obervogteien: Stadt Zürich, Horgen, Uster, Bülach und Winterthur, zu welchem <strong>Volken</strong> gehörte. Im Sommer<br />

1803 erliess der Grosse Rat Gesetze und Verordnungen über die Organisation des Gerichtswesens.<br />

<strong>Volken</strong> durfte 1803 seinen eigenen Friedensrichter wählen. Seine volle Selbständigkeit erhielt <strong>Volken</strong> 1805<br />

durch die Wahl eines <strong>Gemeinde</strong>rates 3 . Siehe auch Seite 10<br />

Zu bemerken ist noch, dass von der alten Ordnung der Stillstand wieder eingeführt wurde, sodass die Kirche<br />

wieder ihre Funktion als Sittenhüterin zurückerhielt.<br />

Die Abhängigkeit der Schweiz von Frankreich nahm zu. Die Schweiz musste Soldaten und Geld für Napoleon<br />

bereitstellen. Als Napoleon in Russland scheiterte, wollten die Sieger die wegweisenden Errungenschaften<br />

rückgängig machen. Ende 1813 rückten 130’000 russische und österreichische Soldaten in die<br />

Schweiz ein. Die Schweizer Tagsatzung hob die Mediationsverfassung auf, worauf allsogleich der Streit<br />

über die neue Ordnung ausbrach.<br />

Die Restauration von 1815 2<br />

1815 wurden auf dem Wiener Kongress die Verhältnisse in Europa neu geordnet. Die Schweiz konnte froh<br />

sein, dass <strong>im</strong> Wesentlichen die Grenzen von 1798 wiederhergestellt wurden. Der Preis für das Überleben<br />

der Schweiz als Kleinstaat war die Verpflichtung zur Neutralität. Genf, Wallis und Neuenburg sowie Teile<br />

des Fürstbistums Basel wurden neu zu Schweizer Kantonen, nachdem sie vorher zugewandte Orte waren.<br />

Die Schweiz bestand nun aus 22 Kantonen.<br />

Im Innern erreichten die Konservativen die Restauration (Wiederherstellung) der alten Ordnung. Die Abschaffung<br />

der Leibeigenschaft und die allgemeine Volksschulbildung blieben aber bestehen. Die Städte<br />

konnten zwar die Landschaft nicht wie vorher total beherrschen, waren aber in den Parlamenten übervertreten<br />

(in Zürich: Landschaft 82 von 212 Sitzen).<br />

Die Regeneration von 1830 4<br />

Unter dem Eindruck der französischen Julirevolution von 1830 setzte in der Schweiz eine liberale Erneuerungsbewegung<br />

ein, die Regeneration. Viele Kantone, so auch Zürich (1831), erneuerten ihre Verfassung.<br />

Der obrigkeitliche Kirchenzwang wurde aufgehoben. Auch wurde die Pressezensur abgeschafft, das Bildungswesen<br />

gefördert. In Zürich 1832 Neuorganisation der Volksschule, Gründung von Lehrerseminar,<br />

Kantonsschule und Universität. Die Reformation der Volksschule führte zur Reduktion der Kinderarbeit<br />

und fand deshalb den Unmut der Bauern und Fabrikanten. Eine Welle kritischer Bibelforschung an den<br />

Hochschulen führte zu empörten Reaktionen, zu einem Marsch bewaffneter Oberländer Bauern, worauf<br />

Zürichs Regierung zurücktrat.<br />

Die alten katholischen Kantone schlossen sich 1846 zu einem Sonderbund zusammen, doch als Reaktion<br />

darauf gab es einen liberalen Umschwung. Ausländische Hilfe wurde angefragt, der Sonderbundskrieg<br />

eröffnet. Dank einem besonnenen General Henri Dufour wurde dieser Krieg schnell und mit wenigen Toten<br />

und Verletzten beendet. Die Sieger nutzten die Gelegenheit, ihre liberalen Anliegen in bedachter Weise in<br />

der Bundesverfassung von 1848 umzusetzen.<br />

Der Kanton Zürich gab sich am 18.4.1869 seine neue Verfassung, welche bis vor kurzem Gültigkeit hatte.<br />

2<br />

Schweizer Geschichte in: www.geschichte-schweiz.ch/mediation-napoleon.html<br />

3<br />

Emil Stauber: Geschichte der Kirchgemeinde Andelfingen, Seite 80<br />

4<br />

Schweizer Geschichte in: www.geschichte-schweiz.ch/bundesstaat.html<br />

5


1798<br />

Zusammenfassung<br />

Verfassungen nach der Revolution von 1798<br />

1803 Helvetische Republik Bürgerliche Freiheitsrechte, einheitliches Bildungswesen, Einführung<br />

freier Marktwirtschaft<br />

1803 1815 Mediation Von Napoleon diktiert<br />

1803 1830 Wieder Stillstand eingeführt<br />

1815 1830 Restauration Festigung alter feudaler Privilegien von Magistraten und Aristokratie<br />

1831 1839 Regeneration 1831 nach der Julirevolution in Frankreich erkämpft sich das<br />

ländliche Bürgertum mit Hilfe der Bauern & He<strong>im</strong>arbeiter die<br />

Rechtsgleichheit, Einführung der repräsentativen Demokratie,<br />

von Bauern unterstützt<br />

1831 20. März 1831 Neue Verfassung des Kantons Zürich nach dem Uster-Memorial<br />

vom 22.November 1830<br />

Aufhebung des obrigkeitlichen Kirchenzwangs<br />

1839 Züriputsch, konservativer Gegenschlag<br />

1869 18. April 1869 Neue Verfassung des Kantons Zürich<br />

Weitere wichtige Ereignisse <strong>im</strong> Kanton Zürich<br />

aus dem Band 3, Geschichte des Kantons Zürich, Werd Verlag, Angabe der Seitenzahlen<br />

1804 Eheschliessung für Mittellose verboten (S.54)<br />

1816-1817 Ernteausfälle, Teuerung (S.54)<br />

1832 neues Unterrichtswesen, da von der Bevölkerung nur 1/3 lesen könne. (S.134)<br />

1846-1847 Ernteausfälle, Teuerung (S.54)<br />

1863/65 – 1871 Rezession, Kapitalknappheit, Zinssätze auf Hypotheken erreichen Höchststände, bis 5%<br />

(S.146)<br />

1865-1867 schlechte Ernten, Konkurs vieler Kleinbauern (S.147)<br />

1867 Cholera-Epidemie <strong>im</strong> Kanton Zürich (S.147)<br />

1870 Errichtung der Zürcher Kantonalbank (S.146)<br />

1870 – 1871 Deutsch- Französischer Krieg<br />

1873 Handels- und Kreditkrise der Weltwirtschaft<br />

1876 – 1888 „Grosse Depression― des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s<br />

6


Die <strong>Gemeinde</strong>behörden, die wirklichen Honoratioren <strong>Volken</strong>s<br />

Mit der neuen Verfassung von 1803 wurde die Grundlage für eine neue Justiz einerseits und neue politische<br />

Regierungsstrukturen andrerseits (<strong>Gemeinde</strong>versammlung und <strong>Gemeinde</strong>rat auf <strong>Gemeinde</strong>ebene) geschaffen.<br />

Verbindungsstelle zwischen <strong>Gemeinde</strong> und Kanton wurde der <strong>Gemeinde</strong>ammann. Im Gerichtswesen<br />

wurde das Amt des Friedensrichters eingeführt, welches sich in Frankreich bereits bestens bewährt hatte.<br />

Erstaunlicherweise wurden zwei Brüder in diese wichtigsten <strong>Gemeinde</strong>ämter gewählt: Hans Conrad<br />

Keller zum ersten <strong>Gemeinde</strong>ammann, Heinrich Keller zum ersten Friedensrichter.<br />

Der <strong>Gemeinde</strong>ammann<br />

aus „Gesetze und Verordnungen <strong>im</strong> Kanton Zürich von 1803“<br />

Das entsprechende Gesetz best<strong>im</strong>mt, dass während der Mediation (1803 – 1814) die <strong>Gemeinde</strong>ammänner<br />

„sollen Vollziehungsbeamte sein, Mitglieder des <strong>Gemeinde</strong>rates, von welchem sie auch gewählt werden.<br />

Ihre Obliegenheiten sind die Vollziehung der Gesetze, Verordnungen und Sicherheits-Polizey in den <strong>Gemeinde</strong>n;<br />

sie bewilligen <strong>Gemeinde</strong>versammlungen; ihnen obliegt die nächste Aufsicht über Polizey-<br />

Vergehen und Cr<strong>im</strong>inal-Verbrechen, die sie zu verzeigen haben, allenfalls den ersten Gehören beizuwohnen:<br />

„sie gebrauchen Stempelpapier“(!); vollziehen die Verfügungen des Erziehungsrates, handhaben die<br />

Schulordnung. Sie können nicht zugleich Zunftrichter sein; sie kontrollieren die Ausgabe von Pässen für<br />

das Ausland; sie üben Sorgfalt wegen der Gesundheits-Ordnung des in die <strong>Gemeinde</strong> eingekauften Viehs;<br />

ihnen obliegen Polizey-Massnahmen gegen das Bettelgesindel; Aufsicht und Berichterstattung über die<br />

Massregeln „so der Ausrottung des Borkenkäfers halber“, die in allen Nadelwaldungen in dem <strong>Gemeinde</strong>-<br />

Bezirk vorgeschrieben sind; sie üben Pflichten aus wegen der Handhabe der Feuerordnung auf der Landschaft“<br />

usw…<br />

Mit diesen Aufgaben und Kompetenzen war der <strong>Gemeinde</strong>ammann tatsächlich das Scharnier zwischen<br />

Kanton, Bezirk und <strong>Gemeinde</strong> und somit die wichtigste Person in einer <strong>Gemeinde</strong>. <strong>Gemeinde</strong>ammänner<br />

werden in den jährlichen Publikationen „Regierungsetat, Adress-Calender des Kantons“ als unterste dem<br />

Kanton verantwortliche Instanz aufgeführt.<br />

1806 – 1814 Hans Conrad Keller<br />

1815 – 1823 Hans Jacob Hatt<br />

1824 – 1831 Heinrich Kramer<br />

1832 – 1852 Rudolf Wegmann<br />

1853 – 1855/56 Johann Conrad Keller<br />

1856/57 – 1862/63 Jakob Kündig<br />

1863/64 – 1864/65 Johann Conrad Keller<br />

1865/66 Jakob Gisler<br />

1866/67 Konrad Schuler<br />

1867/68 – 1869/70 Ulrich Wegmann<br />

1870/71 – 1877/78 Martin Keller<br />

1878/79 – 1879/80 Jacob Gisler<br />

1880/81 – 1899/1900 Albert Keller<br />

<strong>Gemeinde</strong>ammänner <strong>Volken</strong>s <strong>im</strong> <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong> waren:<br />

7


Der Friedensrichter 5<br />

Foto Peter Friedli, Wädenswil<br />

War auch die Institution des Friedensrichters in der Schweiz ganz neu, so kannte man doch schon früher<br />

auf der Zürcher Landschaft das nachbarrechtliche Schiedsverfahren. Nach der Einführung der Reformation<br />

schuf der Zürcher Rat am 10. Mai 1525 das Ehegericht. Die von der Obrigkeit erlassenen Sittenmandate<br />

setzten Normen für das tägliche Leben. Über ihre Einhaltung wachte in den Dörfern der Landschaft der<br />

„Stillstand―, der 1526 geschaffene Vorläufer der späteren Kirchenpflege, bestehend aus dem Pfarrer und 1-<br />

3 „Ehgaumern―. Wer gegen die Normen verstiess, wurde ein- oder zwe<strong>im</strong>al vor den Pfarrer, die Ehgaumer<br />

oder den gesamten Stillstand zitiert und mit Ernst zu besserem Lebenswandel ermahnt. Als Verschärfung<br />

der Strafe kam das öffentliche Zurschaustellen in Frage, das „Abkanzeln― durch den Pfarrer vor versammelter<br />

<strong>Gemeinde</strong> während des Gottesdienstes. - Die Einführung des Friedensrichters während der Helvetik<br />

war an der Langsamkeit und Schwerfälligkeit von Regierung und Verwaltung gescheitert. Doch die Idee,<br />

dass ein Sühnebeamter streitende Parteien zu gütlicher Einigung bringen sollte, fand weiterhin begeisterte<br />

Anhänger. Die Mediationsverfassung schuf dafür günstige Voraussetzungen; die Gesetzgebungsgewalt fiel<br />

wieder an die Kantone zurück.<br />

<strong>Volken</strong> gehörte während der Mediation (1803-1814), wie bereits ausgeführt, zum Bezirk Winterthur. Jeder<br />

Bezirk war eingeteilt in 13 Zünfte, in Wahlkreise für den Grossen Rat. Volljährige männliche Bürger mit<br />

mindestens 500 Franken Vermögen besassen das aktive und das passive Wahlrecht. Um die Verbindung<br />

zwischen Kirche und Staat zu betonen, gehörte der Friedensrichter in dieser Zeit von Amtes wegen dem<br />

Stillstand – der Kirchenpflege – an. Die neu ernannten <strong>Gemeinde</strong>räte und die Friedensrichter traten ihr Amt<br />

am Tag nach der Wahl an. Grundsätzlich wurden die Friedensrichter aus Geschlechtern gewählt, die <strong>im</strong><br />

Dorf verwurzelt waren und deren Angehörige dort in grossem Ansehen standen. - Im Kanton Zürich wurde<br />

der Friedensrichter gemäss Gesetz von 1803 bis zur Restauration 1815 durch die St<strong>im</strong>mbürger gewählt.<br />

Seine Amtsdauer betrug 2 Jahre, mit der Möglichkeit der Wiederwahl. <strong>Gemeinde</strong>n, welche <strong>im</strong> Jahre 1805<br />

die Wahl des Friedensrichters unterlassen hatten, mussten diese 1806 und 1808 zum zweiten Mal vornehmen.<br />

Für die übrigen <strong>Gemeinde</strong>n galten 1805 und 1807 als Wahljahre.<br />

Die Restauration, der Bundesvertrag vom 7. August 1815, ersetzte in der Schweiz, dem Staatenbund von<br />

nunmehr 22 Kantonen, die Mediationsverfassung von 1803. An die Stelle der bisherigen fünf Distrikte<br />

traten die elf Oberämter Zürich, Knonau, Wädenswil, Meilen, Grüningen, Kyburg, Greifensee, Winterthur,<br />

Andelfingen, Embrach und Regensberg. Den <strong>Gemeinde</strong>n wurde das seit 1803 zugestandene Recht, den<br />

Friedensrichter zu wählen, entzogen. Sie durften nur noch einen doppelten Vorschlag ans Amtsgericht weiterleiten,<br />

das in der Regel den erstgenannten Kandidaten wählte. Die Amtsdauer betrug 3 Jahre. - Friedensrichter<br />

waren in den Grossen Rat und den <strong>Gemeinde</strong>rat wählbar, durften aber während der Ausübung ihres<br />

Amtes keine Tavernen oder Weinschenken führen. Dies schloss in der Zeit der Restauration Hans Conrad<br />

Keller vom Friedensrichter-Amt aus, führte er doch seit Beginn des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s eine Weinschenke,<br />

das heutige Restaurant Post.<br />

5 Peter Ziegler: 200 Jahre Friedensrichter <strong>im</strong> Kanton Zürich 1803-2003, Wädenswil 2003<br />

8


1805 – 1811 Heinrich Keller<br />

1812 – 1823 Hans Jacob Hatt, Grossrat<br />

1823 – 1844 Heinrich Keller<br />

<strong>Volken</strong>s Friedensrichter waren<br />

Die Regeneration von 1831 – 1839 legte definitiv die Gewaltentrennung fest, die bis heute gilt. Das bisherige<br />

Amtsgericht wurde zum Bezirksgericht. Der Friedensrichter wurde von jetzt an wieder durch die <strong>Gemeinde</strong>versammlung<br />

gewählt. Er musste über 25 Jahre alt sein. Nun durften auch Personen, welche eine<br />

Weinschenke führten, in dieses Amt gewählt werden. Es wurde argumentiert, dass ja ein Wirt zum <strong>Gemeinde</strong>ammann<br />

gewählt werden konnte und dass die <strong>Gemeinde</strong>bürger mit diesem engere Kontakte pflegten<br />

als mit dem Friedensrichter, und wenn die Parteien nicht verständig genug wären, sich des starken Genusses<br />

des Weins zu enthalten und wenn ein Friedensrichter nicht fähig sei, sein Amt gehörig zu verwalten, so<br />

hülfen alle gesetzlichen Vorschriften nichts.<br />

1840 – 1873 gab es entscheidende Veränderungen in Verfassung und Gesetzgebung: am 12.8.1848 die<br />

Bundesverfassung, die vom Staatenbund zum Bundesstaat führt, am 18. April 1869 die neue Verfassung des<br />

Kantons Zürich.<br />

1845 – 1853 Konrad Hatt, Major<br />

1854 Jakob Kündig<br />

1855/56 – 1862/62 Konrad Erb<br />

1863/64 – 1864/65 Johann Konrad Ruf [ging 1864 in Konkurs]<br />

1865/66 – 1866/67 Konrad Bucher<br />

1866/67 – 1874/75 Jakob Gisler<br />

Im Jahr 1870 belegte eine Untersuchung, dass sehr häufig Klagen eingereicht wurden. In diesem Jahr<br />

waren <strong>Volken</strong> und Höri leider einsame Spitze, entfiel doch eine Klage auf je 20 Einwohner, in Zürich<br />

und Oberstrass eine auf je 21, in Meilen und Hüntwangen je 27, in Dägerlen je 28, aber in Dübendorf,<br />

Seuzach und Flurlingen eine auf je 200 bis 300, sodann 327 Einwohner pro Klage für Albisrieden und 331<br />

für Greifensee!<br />

Bis 1874 war der Friedensrichter <strong>im</strong> Kanton Zürich ausschliesslich Sühnebeamter. Mit der Geschäftsordnung<br />

von 1866 wurden die Vorschriften für den Friedensrichter <strong>im</strong>mer präziser, umfangreicher und ausführlicher.<br />

1875/76 – 1876/77 Salomon Ruf<br />

1877/78 – 1881/82 Rudolf Ruf [wanderte 1882 nach Amerika aus]<br />

1882/83 – 1888/89 Konrad Erb<br />

1889/90 Salomon Ruf<br />

1890/91 vakant<br />

1891/1900 Konrad Erb<br />

9


Der <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

wurde an der <strong>Gemeinde</strong>versammlung gewählt, zu welcher der <strong>Gemeinde</strong>ammann einlud. Anlässlich der<br />

ersten Versammlung in <strong>Volken</strong> wurde best<strong>im</strong>mt, dass drei Männer in den <strong>Gemeinde</strong>rat gewählt werden<br />

sollten, wobei einer nach einem Jahr ausgewechselt werden solle. Wer das sein sollte, best<strong>im</strong>mte das Los.<br />

Nachstehend der Wortlaut des Protokolls der ersten <strong>Gemeinde</strong>versammlung <strong>Volken</strong>s:<br />

VerbalBrozess<br />

Da nun der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong> von der Regierung des Cantons Zürich unter dem 9ten Apryll einen eigenen<br />

Gemeind-Rath bewiliget wurde, so wurde desswegen durch den von dem Hr Statthalter zu der Leitung u.<br />

Führung dieses Geschäfts ernannten Wahlpreshitenten Conrad Keller nach dem Gesetz betreffend die<br />

Wahl der <strong>Gemeinde</strong>räthe durch gehe<strong>im</strong>es und relatives St<strong>im</strong>menmehr zu 2 St<strong>im</strong>menzählern und einem<br />

Schreiber geschritten.<br />

Zu St<strong>im</strong>menzählern wurden ernannt Johannes Keller und Konrad Schuler<br />

Der Schreiber Joh. Jacob Hatt<br />

Die Zahl des <strong>Gemeinde</strong>raths wurde auf 3 Mitglieder durch gehe<strong>im</strong>es und relatives St<strong>im</strong>menmehr best<strong>im</strong>mt<br />

und sodann die Besoldung derselben festgesetzt. Die Tagsbesoldung eines Vorgesetzten auf 30 Schilling.<br />

In den <strong>Gemeinde</strong>raht wurden durch das gehe<strong>im</strong>e und relative St<strong>im</strong>menmehr gewählt<br />

Conrad Keller, Seckelmeister unter 75 anwesenden Bürgern mit 45 St<strong>im</strong>men<br />

<strong>Gemeinde</strong>raht Heinrich Schuler 44 St<strong>im</strong>men<br />

Item Conrad Gisler 22 St<strong>im</strong>men<br />

Und zum Bresitent des Gemeindrahts wurde gewählt G.raht Heinrich Schuler mit 48 St<strong>im</strong>men.<br />

Das Wartgelt wurde von der Bürgerschaft für den Gemeindraht jährlich auf 6 Gulden festgesetzt.<br />

Den 21ten Abryll 1805<br />

Die Aufgaben des <strong>Gemeinde</strong>rates waren hauptsächlich die Vorbereitung und hierauf die Durchführung der<br />

<strong>Gemeinde</strong>versammlung und die Ausführung ihrer Beschlüsse. Deshalb wurden häufig <strong>Gemeinde</strong>versammlungen<br />

abgehalten, <strong>im</strong> Jahr 1851 zum Beispiel genau 15 (fünfzehn). Wenn wichtige Geschäfte zu behandeln<br />

und entscheiden waren, wurde meist eine Kommission bestellt, welche die Geschäfte näher abzuklären<br />

und hierauf der <strong>Gemeinde</strong>versammlung Antrag zu stellen hatte. Der <strong>Gemeinde</strong>rat behandelte abschliessend<br />

Fragen der Vormundschaft (Ernennung und anschliessend Überwachung der Vormünder [Vogt genannt],<br />

Kontrolle der Vermögensrechnungen, Festlegen der Kostgelder); der Gesundheit (Vorkehrungen, Schlachterlaubnis<br />

für das Vieh, Massnahmen bei Maul- und Klauenseuche etc.); amtliche Bekanntmachungen;<br />

Verkehr mit vorgesetzten Behörden und anderen <strong>Gemeinde</strong>n; Steuerfragen (Militärpflichtersatz, Steuerwerte<br />

der Güter); Promulgationsbewilligungen (Bewilligung zur Heirat); Erbstreitereien; <strong>Gemeinde</strong>polizeiliche<br />

Massnahmen (Verzeigungen, Bussen, Kontrolle der Blitzableiter); Leumundszeugnisse; Einsammeln der<br />

Maikäfer, Vorbereitung der Erteilung resp. Verweigerung der Einbürgerung und Entlassungen aus dem<br />

Bürgerrecht etc.<br />

Oftmals wurden Leute gegen ihren Willen in die Behörden gewählt!<br />

Lehrer Kündig wurde am 9. Juni 1849 zum Ersatzgemeinderat und an der <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom 7.<br />

Juni 1851 zum <strong>Gemeinde</strong>präsident gewählt, erhob aber sofort Rekurs gegen den letzteren Entscheid; er<br />

hatte doch schon fast alle Ämter inne gehabt, die in der <strong>Gemeinde</strong> zu vergeben waren. - Am 10. Juni 1866<br />

wurde Jakob Gisler zum 4. <strong>Gemeinde</strong>rat gewählt. Er lehnte diese Wahl ab. - Ähnliches geschah an der <strong>Gemeinde</strong>versammlung<br />

vom 9. März 1867. Zum <strong>Gemeinde</strong>ammann gewählt wurde <strong>Gemeinde</strong>präsident Martin<br />

Keller, obwohl dieser schon vor der Abst<strong>im</strong>mung „unter statthaften Gründen“ eine Wahl ablehnte. -<br />

Am 27.5.1877 wurden Konrad Gisler zum Präsidenten des <strong>Gemeinde</strong>rates und Salomon Ruf zum Friedensrichter<br />

gewählt. Beide legten gegen ihre Wahl erfolgreich Rekurs ein. Mit Blick auf 2008/9 kann gesagt<br />

werden: die Geschichte wiederholt sich.<br />

6 <strong>Gemeinde</strong>archiv <strong>Volken</strong> Signaturen IV B 2.0-2.03 <strong>Gemeinde</strong>versammlungsprotokolle 1805 - 1899<br />

7 dito Signaturen 1.0 – 1.2. <strong>Gemeinde</strong>ratsprotokolle 1848 - 1900<br />

10<br />

6 7


Titelblatt des ersten Protokollbuches von 1848 des <strong>Gemeinde</strong>rates <strong>Volken</strong><br />

Das erste <strong>im</strong> <strong>Gemeinde</strong>archiv <strong>Volken</strong>s erhaltene Protokollbuch des <strong>Gemeinde</strong>rates beginnt mit dem Jahr<br />

1848. Die oben wiedergegebene Beschriftung der ersten Seite zeigt, dass sich der <strong>Gemeinde</strong>rat seiner grossen<br />

Verantwortung und Aufgabe bewusst ist und dies auch ausdrückt: „Protokol für die gegenwärtigen und<br />

zukünftigen Ehrsamen Gemeindräthe in <strong>Volken</strong>.“ Und zur Dokumentation wird festgehalten „der Gemeindrath<br />

besteht gegenwärtig aus folgenden Mitgliedern<br />

1) Präsident Joh. Konrad Keller, ober Bäck<br />

2) <strong>Gemeinde</strong>rath Salomon Ruf<br />

3) Seckelmeister Johannes Keller, Küfer<br />

4) Schreiber Jakob Kündig<br />

den 13. März 1848<br />

Es scheint tatsächlich, dass die bevorstehende Abst<strong>im</strong>mung über die Bundesverfassung vom 12. August<br />

1848 zu einer Aufbruchst<strong>im</strong>mung führte und dass die Behördenvertreter gewillt waren, ihre Verantwortung<br />

vollumfänglich und kompetent wahrzunehmen.<br />

Als 1849 zwei von drei <strong>Gemeinde</strong>räten als Soldaten an die Grenze einrücken mussten, wurden am 9. Juni<br />

1849 provisorisch zwei „Ersatz-<strong>Gemeinde</strong>räte― gewählt. Dieses Provisorium dauerte bis zur Versammlung<br />

vom 20. Mai 1851, als ein Antrag auf ordentliche„Beiordnung zweier Ersatzmänner für den <strong>Gemeinde</strong>rat―<br />

angenommen und Schullehrer Kündig und Jakob Kramer zu Ersatz-<strong>Gemeinde</strong>räten gewählt wurden.<br />

11


Die Amtsdauer des <strong>Gemeinde</strong>rats wurde ab 1835 auf zwei Jahre festgelegt. 1851 wurde sie auf 4 Jahre<br />

ausgedehnt. - Erstaunlich ist, wie jung gewisse Bürger in das Amt des <strong>Gemeinde</strong>ratsschreibers gewählt<br />

wurden. So war Joh. Jacob Hatt, der erste dieser Zunft in <strong>Volken</strong>, 24-jährig, als er das obige Protokoll<br />

schrieb. Johann Conrad Keller war 22 Jahre alt, als er <strong>Gemeinde</strong>schreiber wurde! Und in der <strong>Gemeinde</strong>versammlung<br />

vom 5. Juli 1851 wurde mitgeteilt, der <strong>Gemeinde</strong>schreiber Konrad Erb besuche jetzt das Seminar<br />

in Küsnacht und könne deshalb während dieser Zeit diese Stelle nicht wahrnehmen.<br />

Sitzungsort des <strong>Gemeinde</strong>rates<br />

Am 3. Februar 1850 entschied der <strong>Gemeinde</strong>rat, dass mangels eines anderen Beschlusses seine Sitzungen<br />

und Beratungen bis auf weiteres bei Präsident Johann Conrad Keller stattfinden sollen (d.h. <strong>im</strong> Restaurant<br />

Post!). Falls die Sitzungen nicht in der unteren Stube stattfinden könnten, also die obere Stube benutzt werden<br />

müsste und diese nicht geheizt sei, dann dürfe Präsident Keller das zum Feuern des Ofens benötigte<br />

Holz von der <strong>Gemeinde</strong> beziehen. So das Protokoll. So wurde sichergestellt, dass die Sitzungs-Effizienz<br />

nachhaltig gesteigert werden konnte, denn nun war es nicht mehr nötig, zur wohlverdienten Befeuchtung<br />

trockengeredeter Kehlen das Sitzungslokal zu verlassen.<br />

Der <strong>Gemeinde</strong>rat war aber auch mit sich selbst sparsam. So wurde am 30. Juli 1854 entschieden, „das gegenwärtige<br />

vollgeschriebene Gemeindsprotokoll durch Einsetzung mehrerer Bogen vergrössert werden<br />

soll, welches dem <strong>Gemeinde</strong>schreiber übertragen wird.“<br />

Mangelnde Disziplin der <strong>Gemeinde</strong>räte<br />

Am 16. Mai 1874 ermahnte der Präsident seine Ratskollegen, den Weibel und den Schreiber ernsthaft und<br />

unter Strafandrohung, dass Indiskretionen über Ratsverhandlungen keinesfalls erlaubt seien. - Weiter würden<br />

inskünftig unentschuldigtes Fernbleiben von Ratsitzungen mit 50 Rappen und Zuspätkommen mit 30<br />

Rappen Busse bestraft.<br />

Amtliches Publikationsorgan<br />

In seiner Sitzung vom 2. Mai 1860 beschloss der <strong>Gemeinde</strong>rat, den „Anzeiger von Andelfingen― als obligatorisches<br />

Publikationsmittel anzuerkennen.<br />

Das feuersichere <strong>Gemeinde</strong>archiv<br />

Dem Bezirksrat wurde regelmässig mitgeteilt, die <strong>Gemeinde</strong> besitze und unterhalte schon seit vielen Jahren<br />

ein feuersicheres Archiv zur Aufbewahrung von Wertschriften, Rechnungen etc.<br />

Deutsche Schrift und neue Schrift<br />

Kurz nach seiner Wahl zum <strong>Gemeinde</strong>schreiber, 1842, übte sich Johann Conrad Keller in der neuen, uns<br />

heutigen Menschen vertrauten, Schrift. Allerdings schien diese noch unvertraute Schreibweise auf einen<br />

gewissen Widerstand zu stossen, denn nach einigen Monaten wechselte er in die ihm und seinen Ratskollegen<br />

vertraute alte Version. Es sollte bis 1884 dauern, bis die „neue― Schrift wieder Einzug hielt. Bis Ende<br />

1883 verfasste der langjährige <strong>Gemeinde</strong>rat und <strong>Gemeinde</strong>schreiber Gottfried Schuler seine Protokolle in<br />

der alten Schrift, ab 1884, zugleich mit dem Wechsel zu einem neuen Protokollbuch, wandte er die „neue―<br />

Schrift an, allerdings nicht ohne sich gelegentlich wieder der vertrauten alten zuzuwenden. So wurden die<br />

Sachgeschäfte der <strong>Gemeinde</strong> in der alten Schrift, die Resultate der Wahlen und Abst<strong>im</strong>mungen aber in der<br />

neuen protokolliert.<br />

Die Protokollbücher<br />

Die Protokolle der <strong>Gemeinde</strong>versammlungen und der <strong>Gemeinde</strong>rats-Sitzungen wurden sorgfältig von Hand<br />

in grosse Bücher geschrieben. Offensichtlich waren die Eintragungen Reinschriften von Entwürfen, die der<br />

jeweilige <strong>Gemeinde</strong>schreiber zuerst verfasste. Das geht aus der praktisch korrekturfreien Schönschrift der<br />

Protokolle hervor sowie von zwei Originalbriefen, welche sich <strong>im</strong> letzten Protokollbuch des <strong>Gemeinde</strong>rates<br />

befanden und auf welchen der Schreiber mit Bleistift den Protokolltext entwarf. Manchmal schrieben Präsident<br />

oder Kollegen Ergänzungen in die Protokolle hinein, ersichtlich aus der anderen Handschrift, oft<br />

auch mit Bleistift und nicht mit derselben Tinte wie die Protokolle geschrieben.<br />

Neues Gesetz von 1866 über das <strong>Gemeinde</strong>wesen<br />

Im Protokoll seiner letzten Sitzung unter dem alten Gesetz schrieb der <strong>Gemeinde</strong>schreiber ganz wehmütig:<br />

„Ende des alten <strong>Gemeinde</strong>rathes―. Es wurden fünf (bisher drei) <strong>Gemeinde</strong>räte gewählt, und sie trafen sich<br />

am 23. Juni 1866 zu ihrer ersten Sitzung.<br />

12


Karrieren und Gewaltentrennung<br />

Für einige Volkemer war die Mitgliedschaft <strong>im</strong> <strong>Gemeinde</strong>rat ein Sprungbrett für eine politische Karriere:<br />

Hans Jacob Hatt, geboren 1781, der an der konstituierenden<br />

Sitzung des <strong>Gemeinde</strong>rates 1805 als Schreiber amtete, wurde<br />

1809 zum Präsidenten des <strong>Gemeinde</strong>rats gewählt. Dieses Amt<br />

hatte er ununterbrochen bis 1823 inne. Von 1815 bis 1823<br />

bekleidete er auch das Amt des <strong>Gemeinde</strong>ammanns und von<br />

1813 bis 1822 zusätzlich dasjenige des Friedensrichters. Somit<br />

hatte er von 1815 bis 1822 sämtliche wichtigen Ämter in Personalunion<br />

inne. Er scheint seine Sache gut gemacht zu haben,<br />

denn diese Ämterkumulation wurde nie beanstandet; mindestens geht aus den entsprechenden Protokollen<br />

nichts hervor, das auf Unzufriedenheit hätte schliessen lassen. Sodann wandte er sich der Kantonspolitik<br />

zu. Er wurde 1817 zum Mitglied des Grossen Rates gewählt, in welchem er bis 1846 blieb. Die Justiz fand<br />

sein besonderes Interesse. Er wurde 1823 Oberamtsrichter in Andelfingen und stieg zum Vizepräsidenten<br />

des Bezirksgerichtes Andelfingen auf (1831 – 1843).<br />

Inspiriert vom Vater wurde sein Sohn Hans Conrad Hatt, Friedensrichter von 1845- 1853. Dann schlug er<br />

die militärische und die politische Laufbahn ein: Lieutenant von 1846 – 1847, Hauptmann 1848 – 1850,<br />

1850 – 1854 Major, 1855 – 1857 Bataillonskommandant. Er wurde auch, wie sein Vater, in den Grossen<br />

Rat (Kantonsrat) gewählt. Er verzichtete für sich und seine Familie auf das Volkemer Bürgerrecht. Das<br />

genaue Datum ist nicht bekannt, da der Verzicht schon vor Anlage des Zivilstands-Registers erfolgte.<br />

Auch andere Volkemer machten nach der Mitgliedschaft <strong>im</strong> <strong>Gemeinde</strong>rat Karriere: Heinrich Kramer,<br />

nach Johann Jacob Hatt <strong>Gemeinde</strong>präsident von 1824 – 1831, wurde 1832 ins Zunftgericht Flaach gewählt,<br />

dem er bis 1836 angehörte. Von 1836 bis 1838 war er Mitglied des Bezirksrates Andelfingen.<br />

Es war auch bemerkenswert, dass die Brüder Hans Conrad und Heinrich Keller zu Beginn der Mediationszeit<br />

die beiden wichtigsten vom Kanton zu vergebenden und von der <strong>Gemeinde</strong>versammlung zu bestätigenden<br />

Ämter zugesprochen erhielten. Erst durch das Diktat Napoleons entstand ja in dieser Epoche wieder<br />

eine funktionsfähige Regierung.<br />

Betrachtet man die Wahlvorgänge, so gab es nie eine stille Wahl in den <strong>Gemeinde</strong>rat, sondern es gab oft<br />

längere Ausmarchungen. Anders die Wahlen des Friedensrichters und des <strong>Gemeinde</strong>ammanns. Hier waren<br />

jahre- wenn nicht jahrzehntelange Wiederwahlen durchaus üblich und kaum richtig bestritten.<br />

Die Ämterkumulation wurde seit der Regeneration (1831 – 1839) von Gesetzes wegen verboten, um eine<br />

saubere Gewaltentrennung zu erreichen. So wurde beispielsweise Johann Conrad Keller an der <strong>Gemeinde</strong>versammlung<br />

vom 3. Juli 1853 in einem Zweiervorschlag (wie vom Gesetz verlangt) als Kandidat für das<br />

Friedensrichteramt an das Statthalteramt Andelfingen gemeldet. Als er kurz daraufhin auch zum <strong>Gemeinde</strong>ammann<br />

gewählt wurde, pfiff ihn der Statthalter zurück. Johann Conrad zog das Amt des <strong>Gemeinde</strong>ammanns<br />

demjenigen des Friedensrichters vor, sodass an der folgenden <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom 10. September<br />

1853 eine Ersatzwahl des Friedensrichters stattfand. - Lange erfreute er sich allerdings dieses Amtes<br />

nicht, denn das Gesetz vom 20. Juni 1855 zwang ihn zu einer Wahl zwischen <strong>Gemeinde</strong>ammann-Amt und<br />

dem Betrieb einer Weinschenke: “Die <strong>Gemeinde</strong>ammänner, die Präsidenten und die Schreiber der <strong>Gemeinde</strong>räthe<br />

dürfen weder selbst eine Wirthschaft betreiben noch in einem Haus wohnen, in welchem eine<br />

solche betrieben wird“ 8 . Das Protokoll der <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom <strong>19.</strong>8.1855 berichtet, Johann Conrad<br />

Keller habe den „Austritt― als <strong>Gemeinde</strong>ammann gegeben, da er vorzog, seine Weinschenke weiterzuführen.<br />

Die Mitglieder des <strong>Gemeinde</strong>rates sind <strong>im</strong> Anhang aufgelistet. Nachfolgend findet sich eine Liste der Personen,<br />

welche die wichtigsten Ämter <strong>Gemeinde</strong>ammann, Friedensrichter und <strong>Gemeinde</strong>präsident bekleideten.<br />

So lässt sich die anfangs noch mögliche Ämter- resp. Machtkumulation gut ablesen.<br />

8 Zürcher Gesetzessammlung Band 2 1854-1857, Gesetz vom 20.6.1855 betr. das <strong>Gemeinde</strong>wesen, Teil III St<strong>im</strong>m-<br />

recht und Wählbarkeit, Seite 129, §24, Abs.2<br />

13


Zusammenfassende Liste der Honoratioren <strong>Volken</strong>s <strong>im</strong> <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong><br />

Jahr <strong>Gemeinde</strong>ammann <strong>Gemeinde</strong>präsident Friedensrichter<br />

1805 Hans Conrad Keller Heinrich Schuler Heinrich Keller<br />

1806 Hans Conrad Keller Hans Conrad Keller Heinrich Keller<br />

1807 Hans Conrad Keller Hans Conrad Keller Heinrich Keller<br />

1808 Hans Conrad Keller Hans Conrad Keller Heinrich Keller<br />

1809 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Heinrich Keller<br />

1810 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Heinrich Keller<br />

1811 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Heinrich Keller<br />

1812 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Heinrich Keller<br />

1813 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt<br />

1814 Hans Conrad Keller Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt<br />

1815 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt<br />

1816 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt<br />

1817 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt,<br />

1818 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt,<br />

1819 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt,<br />

1820 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt,<br />

1821 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt,<br />

1822 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt,<br />

1823 Hans Jacob Hatt Hans Jacob Hatt Heinrich Keller<br />

1824 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller<br />

1825 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller<br />

1826 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller<br />

1827 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller<br />

1828 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller<br />

1829 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller<br />

1830 Heinrich Kramer Heinrich Keller Heinrich Keller<br />

1831 Heinrich Kramer Konrad Schuler Heinrich Keller<br />

1832 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller<br />

1833 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller<br />

1834 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller<br />

1835 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller<br />

1836 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller<br />

1837 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller<br />

1838 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller<br />

1839 Rudolf Wegmann Konrad Schuler Heinrich Keller<br />

1840 Rudolf Wegmann Jakob Gisler Heinrich Keller<br />

1841 Rudolf Wegmann Jakob Gisler Heinrich Keller<br />

1842 Rudolf Wegmann Jakob Gisler Heinrich Keller<br />

1843 Rudolf Wegmann Johannes Kramer Heinrich Keller bis 1844<br />

1845 Rudolf Wegmann Johannes Kramer Hans Conrad Hatt ab 1844<br />

1846 Rudolf Wegmann Johannes Kramer Hans Conr. Hatt Grossrat<br />

1847 Rudolf Wegmann Johannes Kramer Hans Conrad Hatt<br />

1848 Rudolf Wegmann Joh. Conrad Keller Hans Conrad Hatt<br />

1849 Rudolf Wegmann Joh. Conrad Keller Hans Conrad Hatt Major<br />

1850 Rudolf Wegmann Joh. Conrad Keller Hans Conrad Hatt Major<br />

14


Jahr <strong>Gemeinde</strong>ammann <strong>Gemeinde</strong>präsident Friedensrichter<br />

1851/2 Rudolf Wegmann Johannes Schuler Hans Conrad Hatt Major<br />

1852/3 Rudolf Wegmann Heinrich Erb Jakob Kündig<br />

1853/4 Joh. Conrad Keller Heinrich Erb Jakob Kündig<br />

1854/5 Joh. Conrad Keller Heinrich Erb Konrad Erb<br />

1855/6 Joh. Conrad Keller ) Konrad Ruff Konrad Erb<br />

1856/7 Jakob Kündig Gem-Schreib. Konrad Ruff Konrad Erb<br />

1857/8 Jakob Kündig Konrad Ruff Konrad Erb<br />

1858/9 Jakob Kündig Konrad Ruff Konrad Erb<br />

1859/60 Jakob Kündig Konrad Bucher/ Konrad Erb<br />

Martin Keller<br />

1860/1 Jakob Kündig Martin Keller Konrad Erb<br />

1861/2 Jakob Kündig Martin Keller Konrad Erb<br />

1862/3 Jakob Kündig Martin Keller Konrad Erb<br />

1863/4 Joh. Conr. Keller Martin Keller Johann Konrad Ruf<br />

1864/5 Joh. Conr. Keller Martin Keller Johann Konrad Ruf<br />

(ging 1864 konkurs)<br />

1865/6 Jakob Gisler Heinrich Ritzmann Konrad Bucher<br />

1866/7 Konrad Schuler Jakob Ritzmann Konrad Bucher<br />

1867/8 Ulrich Wegmann Jakob Ritzmann Jakob Gisler<br />

1868/9 Ulrich Wegmann Jakob Ritzmann Jakob Gisler<br />

1869/70 Ulrich Wegmann Jakob Ritzmann Jakob Gisler<br />

1870/1 Martin Keller Heinrich Ritzmann Jakob Gisler<br />

1871/2 Martin Keller Heinrich Ritzmann Jakob Gisler<br />

1872/3 Martin Keller Heinrich Ritzmann Jakob Gisler<br />

1873/4 Martin Keller Heinrich Ritzmann Jakob Gisler<br />

1874/5 Martin Keller Heinrich Ritzmann Jakob Gisler<br />

1875/6 Martin Keller Heinrich Ritzmann Salomon Ruf<br />

1876/7 Martin Keller Jakob Gisler Salomon Ruf<br />

1877/8 Martin Keller Jakob Gisler Rudolf Ruf<br />

1878/9 Jakob Gisler Jakob Gisler Rudolf Ruf<br />

1879/80 Jakob Gisler Ulrich Wegmann Rudolf Ruf<br />

1880/1 Albert Keller Ulrich Wegmann Rudolf Ruf<br />

1881/2 Albert Keller Ulrich Wegmann Rudolf Ruf<br />

1882/3 Albert Keller Heinrich Ritzmann Konrad Erb<br />

1883/4 Albert Keller Heinrich Ritzmann Konrad Erb<br />

1884/5 Albert Keller Heinrich Ritzmann Konrad Erb<br />

1885/6 Albert Keller Heinrich Ritzmann Konrad Erb<br />

1886/7 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb<br />

1887/8 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb<br />

1888/9 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb<br />

1889/90 Albert Keller Albert Keller Salomon Ruf<br />

1890/91 Albert Keller Albert Keller vakant<br />

1891/92 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb<br />

1892/93 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb<br />

1893/94 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb<br />

1894/95 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb<br />

1895/96 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb<br />

1896/97 Albert Keller Albert Keller Konrad Erb<br />

1897/98 Jakob Gisler Albert Keller Konrad Erb<br />

1898/99 Jakob Gisler Albert Keller Konrad Erb<br />

1899/1900 Jakob Gisler Albert Keller Konrad Erb<br />

15


Interessantes aus den <strong>Gemeinde</strong>versammlungen 6 und <strong>Gemeinde</strong>ratssitzungen 7<br />

Die eigentliche Beschlussfassung über <strong>Gemeinde</strong>geschäfte geschah in den <strong>Gemeinde</strong>versammlungen. Die<br />

Teilnahme war obligatorisch. Unentschuldigtes Wegbleiben wurde gebüsst. Zu Beginn jeder <strong>Gemeinde</strong>versammlung<br />

wurde der Bürgerrodel verlesen und festgestellt, wer entschuldigt oder unentschuldigt fernblieb.<br />

Die letzteren wurden gebüsst, doch das war nicht für alle Betroffenen akzeptabel, sodass diese in vielen<br />

Fällen gegen die Bussenverfügung rekurrierten und - nach Geltendmachung einer Entschuldigung - nicht<br />

bezahlen mussten.<br />

Am 2. Januar 1867 zum Beispiel wurde die Busse für Nichterscheinen zu den Haupt-Versammlungen vom<br />

Neujahr und vom Mai für Bürger und Aktivbürger auf 60 Rappen festgelegt, für die anderen <strong>Gemeinde</strong>versammlungen<br />

aber nur für Bürger auf 30 Rappen.<br />

Bis in die Dreissigerjahre ist wenig protokolliert worden. Die meisten Protokolle waren Beschlussprotokolle.<br />

Einzig aus Briefen, die in den Protokollbüchern wörtlich wiedergegeben wurden, liess sich die St<strong>im</strong>mung<br />

ablesen - Nachstehend eine Zusammenfassung wichtiger und charakteristischer Entscheide: (Daten<br />

der <strong>Gemeinde</strong>versammlungen kursiv, Daten der <strong>Gemeinde</strong>rats-Sitzungen Normalschrift)<br />

Abst<strong>im</strong>mungen<br />

Bei den eidgenössischen, kantonalen und Bezirksvorlagen waren die Volkemer recht skeptisch. Wenn es<br />

um grundsätzliche Neuerungen ging, wie z.B. die Gründung von Universität und ETH, Beteiligung an Alpen-Eisenbahn,<br />

Technikum und ähnliche Sachvorlagen, dann überwog meistens die Ablehnung. Ebenso<br />

erging es den Finanzgeschäften. Die Volkemer des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s waren von ihrer Armut überzeugt und<br />

lehnten alles ab, was ihnen hätte Kosten bringen können.<br />

Aber am Sonntag, <strong>19.</strong> April 1874, wurde den Änderungen der Bundesverfassung mit 84 gegen 2 St<strong>im</strong>men<br />

und 2 Enthaltungen zugest<strong>im</strong>mt.<br />

Wahlbeteiligung:<br />

An der ersten <strong>Gemeinde</strong>versammlung waren 72 Wahlberechtigte anwesend. Diese Zahl wurde lange Zeit<br />

nicht mehr erreicht, pendelte sie sich doch während Jahrzehnten zwischen 50 und 60 ein, um 1831 ein Zwischentief<br />

von 46 Teilnehmern zu erreichen. Den Negativrekord an Wahlbeteiligung verzeichnete die <strong>Gemeinde</strong>versammlung<br />

vom 24.10.1863, als erstmals Wahlen in den Nationalrat angesagt waren. Von 75<br />

St<strong>im</strong>mberechtigten waren ganze 8 (acht) Männer anwesend…<br />

Am 5. März 1839 muss eine grosse Wahlkampfst<strong>im</strong>mung geherrscht haben: für die Besetzung von zwei<br />

<strong>Gemeinde</strong>rats-Sitzen benötigten 70 St<strong>im</strong>mberechtigte 5 Wahlgänge bis das erste Ratsmitglied, Heinrich<br />

Kramer, gewählt wurde; hierauf musste dre<strong>im</strong>al gewählt werden bis in der 8. Runde Konrad Erb erkoren<br />

wurde. Wahrscheinlich dank zunehmender Müdigkeit wurde schon <strong>im</strong> 9. Wahlgang Heinrich Kramer zum<br />

Präsidenten des <strong>Gemeinde</strong>rats und in der 10. Wahlrunde Heinrich Keller zum Friedensrichter best<strong>im</strong>mt. –<br />

Zur darauf folgenden <strong>Gemeinde</strong>versammlung, bereits am 28. April 1839, erschienen nur noch 46 St<strong>im</strong>mbürger,<br />

doch waren die so motiviert, dass sie für einen Einervorschlag jeweils 2 Personen auf einen Wahlzettel<br />

schrieben. Diese Wahl musste wiederholt werden.<br />

Strukturen der <strong>Gemeinde</strong>versammlungen<br />

Grob skizziert, wurden an den Neujahrs-Versammlungen folgende Geschäfte behandelt:<br />

Wahlen der St<strong>im</strong>menzähler (für alle Versammlungen des Jahres), des Försters, des Wächters, des Wegknechts,<br />

des Brunnenmeisters, des Schärmausers, des Gemeindwerks-Aufsehers, der Rechnungsprüfungs-<br />

und der Zuchtochsen-Kommissionen; oft wurde anlässlich der Wahl der betreffende Jahreslohn festgesetzt.<br />

An der zweiten wichtigen <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom Mai war jeweils die Abnahme der verschiedenen<br />

Rechnungen (<strong>Gemeinde</strong>gut, Schulgut, Armengut etc.) traktandiert. Die übrigen Geschäfte wurden nach<br />

Bedarf angesetzt, diskutiert und entschieden.<br />

16


Schwierige <strong>Gemeinde</strong>versammlungen oder der Frust des Präsidenten<br />

Warum die Präsidenten wohl am liebsten den Götz von Berlichingen zitiert hätten<br />

Am 16. Mai 1868 ersuchte Präsident Jakob Ritzmann den Bezirksrat in Andelfingen wegen „Unwohlseins―<br />

um sofortige Entlassung aus dem <strong>Gemeinde</strong>rat. Ob seine wirklichen Rücktrittsgründe Probleme mit der<br />

Bürgerschaft oder mangelnde Unterstützung durch seine Kollegen waren, bleibt unklar. Letztere schrieben<br />

dem Bezirksrat reumütig, Ritzmann sei „vollkommen wieder hergestellt“. Auch sei er als Präsident des<br />

Rates und als Mitglied des Stillstandes „ordentlich begabt“, also bestünden keine „erheblichen Gründe“<br />

mehr für seine Entlassung. Dem st<strong>im</strong>mte der Bezirksrat zu und lehnte Ritzmanns Rücktrittsgesuch ab.<br />

Wie schon unter dem Titel „Friedensrichter― auf Seite 9 berichtet, war 1870 die Bevölkerung <strong>Volken</strong>s zusammen<br />

mit derjenigen von Höri die prozentual klagefreudigste <strong>im</strong> Kanton Zürich. Es wurde nämlich eine<br />

Klage pro 20 Einwohner eingereicht. Ein Zeichen nicht zu verleugnender Unzufriedenheit.<br />

Sieben Jahre später wiederholte sich die Geschichte. Wie sein Namensvetter Jakob Ritzmann <strong>im</strong> Jahr 1868,<br />

so sandte auch Heinrich Ritzmann Mitte Mai 1875 ein Gesuch an den Bezirksrat Andelfingen um sofortigen<br />

Rücktritt als Präsident des <strong>Gemeinde</strong>rates. Wiederum bezweifelten seine <strong>Gemeinde</strong>ratskollegen in<br />

einer Eingabe an den Bezirksrat die vom Präsidenten angegebenen Gründe, mit welchen er seinen sofortigen<br />

Rücktritt rechtfertigte. Der wirkliche Grund sei vielmehr „ohne Zweifel, dass in letzter <strong>Gemeinde</strong>versammlung<br />

ziemlich rumort worden ist, und wie es vielleicht in anderen <strong>Gemeinde</strong>n auch sein mag, dass<br />

etwelche Individuen gerne rumoren und sich nicht zur Ruhe stellen lassen.― Wiederum lobten seine Kollegen<br />

die Kompetenz und Arbeit ihres Präsidenten. „Es wäre sämtlichen Mitgliedern des <strong>Gemeinde</strong>rates der<br />

Wunsch, der löbliche Bezirksrat möge den Herrn Präsident Ritzmann für diese Periode in seiner Amtstelle<br />

noch bestätigen. In der Hoffnung, der löbliche Bezirksrat werde diesem Wunsch entsprechen, zeichnet<br />

hochachtungsvoll namens des <strong>Gemeinde</strong>raths der Vizepräsident.“<br />

Der löbliche Bezirksrat Andelfingen allerdings hatte kein Gehör und bestätigte, dass Präsident Heinrich<br />

Ritzmann seinem Wunsch entsprechend entlassen werde. Daraufhin setzte der <strong>Gemeinde</strong>rat die Ersatzwahl<br />

auf den 1. August an und verordnete, dass die Wahlversammlung 8 Tage vorher durch den Wächter bekanntgegeben<br />

werde. An dieser <strong>Gemeinde</strong>versammlung wurden <strong>Gemeinde</strong>rat Morgen mit grossem Mehr<br />

zum Präsidenten und Konrad Gisler Schulpfleger als neues Mitglied des Rates gewählt. Beide legten aber<br />

umgehend Rekurs gegen ihre Wahl ein. Wiederum brachten die übrigen Ratskollegen Gründe vor, warum<br />

diese Rekurse abgelehnt werden und die Gewählten ihr Amt antreten sollten. Konsequenterweise wurde<br />

eine <strong>Gemeinde</strong>versammlung auf den 3. Januar 1876 angesetzt und eine Ersatz-Präsidentenwahl mit offener<br />

Abst<strong>im</strong>mung durchgeführt. Doch mit Schreiben vom <strong>19.</strong> Februar 1876 entschied der Bezirksrat, dass die<br />

gesetzlichen Vorschriften nur eine gehe<strong>im</strong>e Abst<strong>im</strong>mung zuliessen! So wurde am 18. März 1876 eine <strong>Gemeinde</strong>versammlung<br />

mit „richtigem― Abst<strong>im</strong>mungsverfahren einberufen, und der wiedergewählte Heinrich<br />

Ritzmann willigte ein, bis zum Ende seiner Amtszeit als Präsident weiterzumachen. Wahrscheinlich sah er<br />

ein, dass nur so eine Lösung der verfahrenen Situation möglich war.<br />

Typisch für die Unruhen in der Bevölkerung war ein Zwischenfall am <strong>19.</strong> Februar 1876, an welchem es<br />

nochmals zu einem Eclat kam: Anlässlich der Verhandlungen über die Auflösung der Vieh-Assekuranz sei<br />

„nun über diesen Gegenstand ein Tumult entstanden, und alle Ermahnungen zur Ruhe waren fruchtlos und<br />

tobten <strong>im</strong>mer noch fort, und zwar hauptsächlich Johannes, Ferdinand und Konrad Messmer wollen sich<br />

gar nicht zur Ruhe begeben, sodass der Präsident die Versammlung als aufgelöst erklärte.“<br />

Ja, Präsident Heinrich Ritzmann brauchte wirklich Nerven.<br />

17


Kriegerisches:<br />

18<br />

Am 9. Juni 1849 wurde berichtet, der<br />

Kriegsrat in Zürich habe es als notwenig<br />

erachtet wegen des Krieges <strong>im</strong> benachbarten<br />

Grossherzogtum Baden, die Schweizer<br />

Grenze von Konstanz bis Basel mit Schweizertruppen<br />

zu bewachen. Der <strong>Gemeinde</strong>rats-Präsident<br />

Johann Conrad Keller und der<br />

<strong>Gemeinde</strong>rat Jakob Ritzmann müssten am<br />

9. August als Soldaten zur Bewachung der<br />

Schweizer Grenzen ausziehen, und folglich<br />

sei der nur noch allein funktionierende <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

durch Ersatzmänner zu ergänzen.<br />

Ferner erhielt Seckelmeister Saller den Auftrag,<br />

„auf den 12. August von den Bataillonen<br />

Bantli und Ginsberg 113 Mann unter<br />

die hiesigen Bürger einzuquartieren“. Dann<br />

wurden sogleich zwei Ersatzmänner in den<br />

<strong>Gemeinde</strong>rat gewählt. – Schliesslich wurde<br />

ein Brief des Statthalters verlesen betreffend<br />

die für den Kanton Zürich erwarteten<br />

Flüchtlinge aus Baden. Der Vizepräsident<br />

stellte fest, „dass die <strong>Gemeinde</strong> bis zu diesem<br />

Augenblick noch keine Soldaten zur<br />

Einquartierung erhalten habe. Sollten aber<br />

welche kommen, so soll über die Ernteferien<br />

die Schulstube, die Wachtstube frei sein,<br />

und die Bestuhlung soll sorgfältig in die<br />

Zehntenscheune gebracht werden“.<br />

Der <strong>Gemeinde</strong>rat beschloss an seiner Sitzung vom 31. Juli 1849, dass er die Truppen zurückschicken wolle,<br />

die der <strong>Gemeinde</strong>rat von Flaach ohne Begleitung eines Truppenkommandanten nach <strong>Volken</strong> sende. Und<br />

am 13. August 1849 war es so weit: der <strong>Gemeinde</strong>rat von Flaach habe eigenmächtig 30 Mann Aargauer<br />

Militär nach <strong>Volken</strong> zur Einquartierung geschickt. Folglich wurden diese wieder zurückgewiesen!<br />

Das Kriegskommissariat Zürich fragte Ende September 1863 an, wie viele Wohnungen und Pferdestallungen<br />

vorhanden seien und wie viele Pferde untergebracht werden könnten. Ihm wurde mitgeteilt, <strong>Volken</strong><br />

verfüge über 66 Wohnungen, 24 Pferdestallungen und könne 51 Pferde platzieren.<br />

Am 18. September 1865 wurden folgende Einquartierungsmöglichkeiten in <strong>Volken</strong> gemeldet:<br />

Haus No 1 Mühle <strong>Volken</strong> 20 Mann 16 Pferde<br />

5 Schuler, Fuhrmann - 4 „<br />

20 Bucher Friedrich 10 - „<br />

22 Präsident Keller 10 - „<br />

40 <strong>Gemeinde</strong>rat Keller 14 8 „ 2 Offiziere<br />

43 Abraham Erb 10 8 „<br />

44 Seckelmeister Erb 10 2 „<br />

46 Ritzmann Tierarzt 1 Offizier<br />

55 Ulrich Erb 10 Mann 8 „<br />

Achtung vor Fremden!<br />

Am 9. September 1865 wurde beschlossen, in 2 Zeitungen zu publizieren, dass während des Truppenzusammenzugs<br />

vom 18.-22. September 1865 bei 2 Franken Busse das Betreten der Rebberge und das Verderben<br />

von Feldfrüchten verboten sei.


Der Krieg von 1870/71<br />

Nun wurde es ernst: Der <strong>Gemeinde</strong>rat meldete am 30. Juli 1870 dem Statthalteramt Andelfingen zu Handen<br />

der Militärdirektion ein Verzeichnis der Führer, welche auf Verlangen dem jeweiligen Truppenkommando<br />

zur Verfügung stehen: Ulrich Wegmann, alt <strong>Gemeinde</strong>ammann, Haus 45; Konrad Keller, Rafzers, Haus 35;<br />

Ulrich Messmer, Schuster, Haus 17; Heinrich Schuler, Johannesen, Haus 25.<br />

Den Pferdebesitzern wurde am 3. August 1870 mitgeteilt, sie sollten „unfehlbar― am 5. August nachmittags<br />

15 Uhr ihre requirierten Pferde auf dem Marktplatz Andelfingen zur Inspektion aufführen.<br />

Der <strong>Gemeinde</strong>rat schrieb, er habe am 8. August 1870 die Gutscheine für die Einquartierung der Kompagnie<br />

Nr. 1, Battailon Nr. 74 vom 29. Juli für 99 Mann von Unterwalden dem Kriegskommissariat eingesandt.<br />

„Dasselbe für den Wachdienst à 100 Pfund Stroh und 2 Kerzen“. Weiter habe er am 12. August 1870 den<br />

Pferdebesitzern die regierungsrätliche Verordnung angezeigt, dass sie ihre Pferde während der eidgenössischen<br />

Truppenaufstellung den Militärbehörden des Kantons zur Verfügung zu halten haben und dieselben<br />

ohne Bewilligung der Militärdirektion nicht [Dritten] ausserhalb des Kantons verkaufen dürfen. - Von den<br />

5 requirierten Pferden wurden je 1 angenommen: für Batterie 10 des Auszugs und Batterie 45 der Reserve.<br />

Abschliessend meldete der <strong>Gemeinde</strong>rat am 13. Dezember 1871 dem Statthalteramt Andelfingen, es befänden<br />

sich keine politischen Flüchtlinge in <strong>Volken</strong>.<br />

Am 20.8.75 beschloss die <strong>Gemeinde</strong>versammlung, dass „diejenigen Militärpflichtigen, welche <strong>im</strong> eidgenössischen<br />

Dienst stehen, von der <strong>Gemeinde</strong> 5 Franken Lohn erhalten sollen―.<br />

Truppeneinquartierung am 7. September 1880<br />

Es sollten 33 Pferde und 675 Mann in Scheunen einquartiert werden. Generalstabsmässig wurde am 3. September<br />

die Lokale besichtigt, am 5. mit den Quartiermeistern die Lokale bezeichnet und festgestellt, dass<br />

alle vorläufig bezeichneten benötigt würden. Bereits am 10. September 1880 wurde den Bürgern die Entschädigung<br />

für die Einquartierung der Truppen ausbezahlt.<br />

Am 6. Juni 1882 wurde gemeldet, dass <strong>im</strong> Ernstfall in <strong>Volken</strong> 700 - 1000 Mann und 100 - 200 Pferde in<br />

Scheunen, Ställen und Schöpfen untergebracht werden könnten.<br />

Landsturm<br />

25. Dezember 1887: Die Militärdirektion des Kantons Zürich wünschte und ein Kreisschreiben des Kreiskommandos<br />

Winterthur bekräftigte, dass der <strong>Gemeinde</strong>rat 1-2 Delegierte wählen solle, welche mit dem<br />

Sektionschef die Organisation des Landsturms an die Hand zu nehmen hätten.<br />

Schiessplatz<br />

In der Versammlung vom 18. März 1877 wurde berichtet, dass <strong>im</strong> Auftrag der Militärdirektion für den<br />

Schiessverein <strong>Volken</strong> ein Schiessstand vermittelt wurde, nämlich dass Konrad Schuler, Jakoben, sich verpflichtet<br />

habe, dem Schiessverein <strong>Volken</strong> den bisherigen Schiessplatz <strong>im</strong> Thalacker zu überlassen, solange<br />

der Schiessverein bestehe, zu einem Zins von acht Franken.<br />

19


Feuerwehr:<br />

Versammlung vom Januar 1852: „Der Herr alt Präsident Konrad Keller, als Spritzenkommandant, trug<br />

dem <strong>Gemeinde</strong>rat vor der öffentlichen Versammlung vor, dass er lt. dem nun eingeführten Feuerreglement<br />

verpflichtet sei, dafür zu sorgen, dass bei allfälligem Brandunglück schnell 2 bis 3 Pferde bei dem Spritzenhaus<br />

in Bereitschaft sein sollen. Somit habe er schon mit Herrn Major Hatt Rücksprache genommen, ob<br />

er seine Pferde etwa dazu geben wolle. Herr Major Hatt habe aber sich noch nicht dazu verständigen mögen.<br />

Es wäre ihm soweit minder daran gelegen, wann der <strong>Gemeinde</strong>rat seine Pferde in die Viehsteuer aufnehme.<br />

Da aber dies ein ziemlich wichtiger Gegenstand ist, so hat die Versammlung beschlossen, dass eine<br />

Commission von 2 Mitgliedern nebst dem <strong>Gemeinde</strong>rat gewählt werden soll, welche in dieser Sache handeln<br />

sollen. So wurde darauf als erstes Mitglied zu dieser Commision gewählt Herr Heinrich Keller, Armenpfleger,<br />

zum zweiten Mitglied wurde gewählt Konrad Keller, Tischmacher, welche in künftigen Versammlungen<br />

der Bürgerschaft einen Antrag bringen sollen.“<br />

<strong>Volken</strong>s historische Feuerwehr-Spritze <strong>im</strong> Lager<br />

Mannschafts-Etat 1849 (aus dem Protokoll des <strong>Gemeinde</strong>rates vom 29. Mai 1849)<br />

Verzeichnis der Spritzenmannschaft:<br />

Kommandant Präsident Johann Conrad Keller,<br />

Schlauchführer Heinrich Keller, Friedensrichters und Heinrich Keller, Konraden<br />

Gehülfen Jakob Schuler, Maler und Schlosser Keller<br />

Die Häfen zu stellen Joh. Keller, Küfer und Ulr. Werdmüller<br />

Windlichtträger alt Schulpfleger Erb<br />

20<br />

10. Juni 1854: Diejenigen,<br />

welche die Feuerspritze<br />

reinigen und<br />

die Schläuche trocknen<br />

und besorgen, erhalten<br />

2 Tage Frondienst <strong>im</strong><br />

<strong>Gemeinde</strong>werk geschenkt,<br />

für die Aussenreinigung<br />

des Feuercamions<br />

und des<br />

unteren Feuerwerker je<br />

ein <strong>Gemeinde</strong>werktag.<br />

2.1.1863: Wenn Mannschaft<br />

ausserhalb der<br />

<strong>Gemeinde</strong> eingesetzt<br />

werden: Lohn 35 Rappen,<br />

wenn Übung: ein<br />

Tag <strong>Gemeinde</strong>werk<br />

geschenkt<br />

Arbeiter an der vorderen Waag<br />

1. Heinrich Gisler, Kletten, 2. Ulrich Schuler, Fuhrmann, 3. Johs. Schuler jung, 4. Heinr. Gisler, Krügelis,<br />

5. Jak. Gisler Martins jung, 6. Jak.- Gisler Wielers, 7. Konr. Bucher jung, 8. Jakob Ritzmann, Maler, Gmdrath,<br />

9. Johs Erb Krämer, 10. Jak. Werdmüller<br />

Arbeiter an der hinteren Waag<br />

1. Heinr. Rüegg, 2. Ul. Keller –Armenpflegers, 3. Konrad Schuler Ballis, 4. Martin Keller, 5. Konr. Schuler<br />

Jakoben, 6. Wagner Schuler, 7. <strong>Gemeinde</strong>schreiber Kündig, 8. Musikant Kündig, 9. Heinr. Ritzmann jung<br />

in der Strelgass, 10. Christoph Keller<br />

Mannschaft zu den grossen Haggen oder nötigenfalls zu den Schläuchen<br />

1. Ulr. Frei, 2. Ul . Messmer, 3. Heinr. Schuler, Stofels, 4. Heinr. Keller, Rafzers, 5. Schulpfleger Wegmann,<br />

6. Konrad Gisler Mielers, 7. Ul. Morgen jung.<br />

Ordonnanzläufer: Abr. Morgen u. Ul. Schuler Schuhmacher<br />

Wecker: Gabelmacher Keller u. Heinr. Keller Webers


Strassenbau:<br />

An der <strong>Gemeinde</strong>versammlung von Ende 1839<br />

wurde ein Beschluss gefasst, es solle eine Petition<br />

eingebracht werden, mit welcher die „Anlegung<br />

einer 2. Klass-Strasse von Flaach über<br />

<strong>Volken</strong> nach Dorf, Hünikon, Aesch, Ried und<br />

Rathof bis Wülflingen― verlangt wurde.<br />

Die Strassenfrage wurde für die Volkemer <strong>im</strong>mer<br />

brennender. Am 13.2.1841 wurde mit einer<br />

weiteren Petition an den Regierungsrat nachgedoppelt.<br />

Nur einen Monat später bekam das<br />

„löbliche Strassendepartement― Post von <strong>Volken</strong><br />

mit der Bitte, die Strasse von Dorf durch<br />

<strong>Volken</strong> bis Flaach doch als 2.Klass-Strasse zu<br />

bauen. Auch <strong>im</strong> folgenden Jahr wurden wieder<br />

zwei Petitionen nach Zürich geschickt.<br />

Die Strassenfrage blieb sehr dringend. Am 21.3.1843 wurde eine Petition an den Regierungsrat beschlossen,<br />

es solle doch eine Strasse 3. Klasse bis Aesch und erst von dort eine Strasse 2. Klasse bis Wülflingen<br />

gebaut werden. Wahrscheinlich hoffte man, dass durch diese Reduktion der Strassenbau beförderlich an die<br />

Hand genommen werde. Zur Unterstützung wurden die <strong>Gemeinde</strong>n Flaach, Dorf, Hünikon, Aesch und<br />

Wülflingen eingeladen, dieses Anliegen mitzutragen.<br />

<strong>Gemeinde</strong>versammlung vom 21. Mai 1851: Antrag, die geplante „Worrenbergstrasse― solle beförderlich<br />

ausgebaut und mit den Anstössern wegen der Linienführung verhandelt werden. Am 7. Juni 1851 gab es<br />

einen weiteren Antrag, die neue Worrenbergstrasse solle endlich bekiest werden. Am 5. Juli 1851 wurde<br />

nachgedoppelt, und am 29. November 1851 wurde die Rechnung für die Verlegung dieser Strasse genehmigt.<br />

Aber bereits am 2. Januar 1852 wurde eine Kommission eingesetzt, welche die Kompetenz erhielt,<br />

die Arbeiten zur Überkiesung dieser Problemstrasse erneut zu vergeben, mit einem Kostendach von 35-40<br />

Gulden. Am 18. Mai 1852 wurde nochmals über die Worrenbergstrasse diskutiert und am 11. September<br />

1852 mitgeteilt, die so nötige Bekiesung habe Gesamtkosten von 62 Franken zulasten der <strong>Gemeinde</strong><br />

verursacht. Benötigt wurden 248 Fuhren zu 36 Kübeln Kies.<br />

Protokoll vom 27. April 1854: Vorläufig soll an der Lotzenbachstrasse und der Brücke nichts gemacht, aber<br />

eine Kommission für die Vermessung und Abschätzung des Landes eingesetzt werden. Am 24. Februar<br />

1855 wurde ein Antrag an den Bezirksrat beschlossen, eine Strasse 3. Klasse bis an den Lotzenbach und<br />

Brücke zu bauen. Forderung vom 7. Juli 1855: es solle mit dem <strong>Gemeinde</strong>rat von Buch verhandelt werden,<br />

ob nicht eine Strasse 5. Klasse bis Gräslikon genüge. Und schliesslich solle am 15. März 1856 der <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

mit den <strong>Gemeinde</strong>räten von Buch und Berg wegen der Brücke über den Lotzenbach reden. Lotzenbach-<br />

und Glemettenstrasse waren ab 17.5.1856 <strong>im</strong>mer wieder ein Traktandum.<br />

4.1.1873: Flaach möchte bitte Wegweiser „Nach <strong>Volken</strong>― am Weg aufstellen, der von der Strasse in der<br />

Enge des Flaacher Banns einmündet, dessen Einmündung aber kaum mehr sichtbar ist. Er werde von vielen<br />

Leuten vom Ausseramt, Marthalen, Alten etc benutzt.<br />

18.1.1873: Einladung nach Rafz zur Besprechung einer Strasse von Rüdlingen über den Hundsrücken nach<br />

dem Klettgau.<br />

2. Oktober 1874: Auf die Zuschrift des löblichen Bezirksrates Andelfingen betreffend Erstellung einer Brücke<br />

über den Lotzenbach nach Buch wurde die Bürgerschaft ersucht, freiwillige Beiträge an die Erstellung<br />

einer fahrbaren Brücke zu spenden. Nachher soll der <strong>Gemeinde</strong>rat von Buch zu einer Verhandlung über<br />

dieses Projekt eingeladen werden.<br />

Am Sonntag, 6. Dezember 1874, trafen sich die <strong>Gemeinde</strong>räte von Buch und <strong>Volken</strong> <strong>im</strong> Schulhaus und<br />

beschlossen, dass Buch einen „soliden erhabenen Fusswegsteg über den Lotzenbach― sowie auf seiner Seite<br />

einen ordentlichen Fussweg erstellen werde. Da die <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong> kein Holz dafür zur Verfügung stellen<br />

könne, solle sie ihren Anteil in Raten abzahlen<br />

21


Strassen-Unterhalt:<br />

Protokoll vom 14. Januar 1854: „4. Wurde von der Bürgerschaft<br />

ohne Einwendungen anerkannt, das Gmeinwerk nach<br />

dem Gesetz vom 18. April 1833 eingeführt werden soll und<br />

zwar für alle Strassen und Wege welche am 3. Januar 1855<br />

der <strong>Gemeinde</strong> zur Besorgung übergeben worden sind.<br />

4. Februar 1854: Die Statuten der Gemeindwerksordnung<br />

wurden eingeführt. Inhalt waren die Fronarbeiten, welche für<br />

die Erledigung der Arbeiten nötig waren, für welche die <strong>Gemeinde</strong><br />

verantwortlich war, insbesondere Strassenunterhalt.<br />

Schulverwalter Konrad Ruf wurde zum Gemeindwerksaufseher<br />

gewählt.<br />

2.1.1861:Der <strong>Gemeinde</strong>werksaufseher erhielt als Lohn 15 Rappen<br />

pro Stunde .<br />

<strong>Gemeinde</strong>ratssitzung vom 15. Dezember 1873: das Verzeichnis sämtlicher Strassen und Wege wurde dem<br />

Bezirksrat Andelfingen eingesandt mit folgendem Befund:<br />

1. Strasse 3. Klasse und Fussweg nach Gräslikon, Banngrenze Gräslikon und Berg (sei in gutem Zustand)<br />

2. Strasse 3. Klasse und Fussweg nach Desibach, Banngrenze Dorf (Desibach dürfte stellenweise verbessert<br />

werden)<br />

3. Strasse 3. Klasse und Fussweg zur Mühle <strong>Volken</strong> und Staatskiesgrub (sei in gutem Zustand)<br />

Ferner Fussweg nach Andelfingen und Alten, Banngrenze Flaach (sei ebenfalls gut <strong>im</strong>stand)<br />

Fussweg durch den Müllberg nach Eigenthal und Fussweg nach Buch (Strecke nach Eigenthal dürfte verbessert<br />

werden)<br />

Fussweg nach den Berg und Küffers Reben (nach Buch gut, mit Ausnahme des Lotzenbachsteges)<br />

Alles nach dem Markenbuch, über dem <strong>Gemeinde</strong>bann <strong>Volken</strong> (sämtliche Fusswege <strong>im</strong> Dorf seien gut)<br />

Fusswege über den First nach Andelfingen und den Reben würden nur als Güterwege gebraucht und würden<br />

von Zeit zu Zeit verbessert.<br />

Wasserversorgung<br />

Zementröhren statt der alten Teuchelleitungen zu den Brunnen.<br />

10. Februar 1874: S. Eigenheer, Cementier in Kleinandelfingen, versprach, Zementröhren von 3 // Lichtweite<br />

für eine neue Wasserleitung zu 80 Rappen pro laufenden Fuss „herzurichten―. Er solle diese Offerte vor<br />

einer nächsten <strong>Gemeinde</strong>versammlung vorstellen. Hingegen soll er sofort einen Vertrag erhalten, um in<br />

nächster Zeit eine Wasserleitung zum Glemetten-Brunnen zu legen, Durchmesser 2 // , zu 60 Rappen pro<br />

laufenden Fuss. Er solle sowohl auf diese Wasserleitung wie auf die Brunnensäule eine Garantie abgeben. -<br />

Eigenheer wurde am 12. März 1874 ermahnt, mit den 2 // Röhren nun vorwärts zu machen, da die Volkemer<br />

jetzt Zeit hätten, sie abzuholen und zu verlegen.<br />

Hauswasserversorgung<br />

Beschlüsse vom 31. Dezember 1895 und 4. Januar 1896: da nun die Brunnenleitung erstellt sei, soll auch<br />

eine Hauswasserversorgung erstellt werden. Deshalb sei der nächsten <strong>Gemeinde</strong>versammlung ein Antrag<br />

auf Erstellung einer Wasserversorgung zu unterbreiten.<br />

6. April 1896: Inskünftig soll jedes Mitglied der Wasserbaukommission für unentschuldigtes Fernbleiben<br />

mit 2 Franken gebüsst werden. - Die Fragen der Hauswasserversorgung, der Kostenumlage etc. wurden<br />

unter den Bürgern, <strong>im</strong> <strong>Gemeinde</strong>rat und in den <strong>Gemeinde</strong>versammlungen intensiv diskutiert.<br />

Am 28. Juni 1896 wurde mit 8 gegen 7 St<strong>im</strong>men beschlossen, mit dem Verlegen der Wasserversorgungsanlage<br />

bis zum nächsten Frühjahr zu warten. Dagegen wehrte sich der <strong>Gemeinde</strong>rat und beschloss, die Grabarbeiten<br />

für die Hauptleitung sofort zu vergeben, und zwar <strong>im</strong> Akkord zu 1 Fr. 30 Rappen pro Laufmeter<br />

den jungen Leuten, die sich hiefür angemeldet hätten. Ein entsprechender Vertrag wurde sofort aufgesetzt<br />

und unterzeichnet. Am 17. Juli 1896 meldete der <strong>Gemeinde</strong>rat dem Bezirksrat Andelfingen, dass in gehe<strong>im</strong>er<br />

Abst<strong>im</strong>mung mit 21 gegen 19 St<strong>im</strong>men der Antrag des <strong>Gemeinde</strong>rates auf sofortige Arbeitsaufnahme<br />

gegenüber dem Rekurs auf Verschiebung angenommen worden sei, womit der frühere Beschluss auf Zuwarten<br />

aufgehoben sei.<br />

7.2.1897 wurde der Darlehensvertrag mit der ZKB zur Tilgung der Kosten der Wasserversorgung unterzeichnet.<br />

22


Hebamme<br />

Gesundheitspolitisches<br />

Am 3. Januar 1820 beschloss die <strong>Gemeinde</strong>versammlung, dass die Hebamme ihren<br />

Lohn in Natura erhalten solle, doch am 13.März 1837 wurde dieser in Geld umgewandelt<br />

und auf 28 alte Schweizer Franken angesetzt. Es wurde darauf hingewiesen,<br />

dass der Regierungsrat am 10. März 1829 eine Verordnung erlassen habe, in welcher<br />

festgehalten wird, dass eine Hebamme in armen <strong>Gemeinde</strong>n wenigstens 24 und in<br />

reicheren 40 alte Franken alljährlich erhalten solle. Am 21. Januar 1874 wurde <strong>im</strong> 3.<br />

Wahlgang (!) Jungfrau Maria Keller zur Hebamme gewählt. Ferner wurde beschlossen,<br />

es solle die Ausbildung einer „Spetthebamme― (Anlern- und Hilfshebamme) von<br />

der <strong>Gemeinde</strong> bezahlt werden. Wenn diese aber nicht 12 Jahre in <strong>Volken</strong> tätig bleibe,<br />

müsse sie die Ausbildungskosten zurückzahlen.<br />

Am 22. August 1853 meldete der <strong>Gemeinde</strong>rat, die Kantonale Medizindirektion habe festgestellt, dass dem<br />

Geburtstuhl die nötige Polsterung fehle. Der Bezirksarzt von Flaach, Dr. Sigg, habe deshalb die <strong>Gemeinde</strong><br />

aufgefordert, das Nötige zu veranlassen, zu ersetzen oder auszubessern. Der <strong>Gemeinde</strong>rat ersuchte hierauf<br />

den Bezirksarzt, in ihrem Auftrag für eine zweckmässige Instandstellung besorgt zu sein.<br />

Cholera:<br />

Protokoll vom 22.9.1867; Nach Verlesen des Kreisschreibens des Statthalteramtes vom 5. September wegen<br />

der Cholera wurde beschlossen, dass bei Eintritt eines Todesfalls durch Cholera in <strong>Volken</strong> die Leiche<br />

nicht von Trägern, sondern auf einem dazu passenden Wägelchen in den Totengarten spediert werden solle.<br />

Ein nachfolgendes Kreisschreiben vom 11. September über die Aufnahme von „Cholera-Flüchtlingen―<br />

wurde verlesen, damit jedem bekannt sei, was er in einem solchen Fall zu tun habe.<br />

4. August 1883: Es sei vorläufig zur Unterbringung und Absonderung Cholerakranker das leerstehende<br />

Haus des Präsidenten Ritzmann ausersehen. Ferner sei zu berichten, dass für allfällig nötige Desinfektionsmittel<br />

gesorgt werde. Mobiliar, so insbesondere Nachtstühle, seien in jedem Hause vorhanden, und für<br />

passende Personen zur Behandlung von Kranken sei vorläufig gesorgt.<br />

So sehr die Cholera damals eine grosse Gefahr darstellte, so hatten die Vorsichtsmassnahmen, welche damals<br />

getroffen wurden, eine langfristige und bis heute bleibende positive Auswirkung kulinarischer Natur.<br />

Da die Menschen zur Vermeidung einer hochgefährlichen Ansteckung am besten zuhause blieben, zuhause<br />

assen und tranken, mussten sie ihren Speisezettel aus denjenigen Lebensmitteln zusammenstellen, welche<br />

<strong>im</strong> Bauernhaushalt vorhanden waren. Daraus entwickelte sich speziell <strong>im</strong> Oberwallis eine Spezialität, <strong>im</strong><br />

Hinblick auf ihre Herkunft „Chouera― genannt, eben Cholera auf Walliserdeutsch, eine Art Wähe, Dünne<br />

oder Kuchen mit Kartoffeln, Lauch, Zwiebeln, Birnen, Äpfel und Käse mit einer Teigumhüllung.<br />

German und Marilyn Ruppen-Salzmann backen in Ernen/Goms für Gourmets die traditionelle „Chouera―<br />

nach altem Rezept. Feinschmecker sind auch Konzertfreunde!<br />

23


Verschiedenes<br />

Ablösung der Grundzinsen:<br />

Ab 1847 beschäftigte man sich mit der Ablösung der Grundzinsen, die seit <strong>Jahrhundert</strong>en auf die ehemals<br />

als Lehen erhaltenen Grundstücke bezahlt werden mussten. Verschiedene Kommissionen wurden eingesetzt.<br />

Ein entsprechender Vertrag mit dem Kloster St. Katharinenthal findet sich <strong>im</strong> Anhang. Der Geldwert<br />

der bisher zu bezahlenden Zinsen, die ja vorwiegend mit Naturalien (Weizen, Eiern, Hühnern) zu begleichen<br />

waren, wurde berechnet und kapitalisiert. Allerdings musste <strong>Volken</strong> einige Male Fristerstreckung für<br />

die Ratenzahlungen verlangen, mit denen das Kapital zurückbezahlt werden sollte. Am 15.9.1860 beantragte<br />

die <strong>Gemeinde</strong>versammlung, die Zinsen wieder in Naturalien statt Geld zahlen zu dürfen, da schon die<br />

Bezahlung des Staatsgrundzinses den Bürgern „grosse Ausgaben― verursache. Und am 16. Februar 1878<br />

beschloss der <strong>Gemeinde</strong>rat, bei nächster Gelegenheit be<strong>im</strong> Landschreiber anzufragen, wie die Löschung<br />

anzuordnen sei.<br />

Behörden-Entschädigungen<br />

Die erste <strong>Gemeinde</strong>versammlung, deren Protokoll <strong>im</strong> Wortlaut auf Seite 10 wiedergegeben ist, sah eine<br />

Vergütung von jährlich 6 Gulden für den <strong>Gemeinde</strong>rat vor. Dazu kamen 30 Schilling Tagesentschädigung<br />

für den Präsidenten. An der Versammlung vom 18. Mai 1851 beschlossen die St<strong>im</strong>mbürger mit 39 gegen 3<br />

St<strong>im</strong>men, die Entschädigung für den <strong>Gemeinde</strong>rat von 18 auf 25 Gulden zu erhöhen. Davon sollten der<br />

Präsident 10, der Seckelmeister 9 und das Mitglied 6 Gulden erhalten. Aber ganz ohne Bedingung wurde<br />

diese Lohnerhöhung nicht gewährt: der Rat müsse die Leitung und Führung der erforderlichen Frondienste<br />

ohne separate Bezahlung übernehmen, sodass künftig kein Frondienstaufseher benötigt würde…<br />

Als 1866 die Zahl der <strong>Gemeinde</strong>räte von 3 auf 5 erhöht wurde, musste auch die Gesamtbesoldung angepasst<br />

werden. Es wurde am 4. Juni 1866 entschieden, der <strong>Gemeinde</strong>rat solle insgesamt jährlich 100 Franken<br />

erhalten: der Präsident 26.-, der Seckelmeister 23.-, die übrigen drei Mitglieder je 17 Franken.<br />

Die <strong>Gemeinde</strong>schreiber erhielten folgende jährliche Besoldung:<br />

1851 2 Franken und Befreiung vom Frondienst für das Gemeindwerk<br />

1852 25 Batzen und Befreiung vom Frondienst für das Gemeindwerk<br />

1852-58 1 Franken 46 Rappen, Befreiung vom Frondienst<br />

Aus dem <strong>im</strong> Anhang angeführten Text des Protokolls der <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom 10.6.1854 geht hervor,<br />

dass viele Aufgaben gesondert entschädigt wurden, was das „Basissalär― entschieden erhöhte.<br />

7. Juni 1851: Ein Kreisschreiben wurde verlesen, die Eltern sollten die neuartigen Zündhölzer<br />

gut verwahren, speziell vor den Kindern. Es hätte mit diesen bereits mehrere Unglücksfälle<br />

gegeben.<br />

Wahl eines Inhabers der Salzwägerstelle:<br />

28. Januar 1854: Die Stelle des Salzwägers sollte neu geschaffen werden. Dazu wurde eine Kommission<br />

von 3 Mitbürgern gewählt. Dann meldete Abraham Erb, er sei Kandidat und würde, falls gewählt, jährlich<br />

5 Franken ins Schulgut zahlen. Auch Jakob Gisler, Martins, wollte die <strong>Gemeinde</strong> verschönern, falls er zum<br />

Zug käme. Dieses Versprechen wurde abgelehnt und hierauf eine Dreierkommission gewählt. Dagegen<br />

wurde Rekurs erhoben. Eine Kommission zur Rekurs-Beantwortung wurde eingesetzt… - In späteren Jahren<br />

war es dagegen oft mühsam, einen Kandidaten für diese Stelle zu finden.<br />

Und wenn ein Mitbürger nicht arbeiten wollte, sondern lieber herumstrolchte:<br />

Aus dem Protokoll der Versammlung vom 11. Februar 1852: „3) wurde von der Versammlung beschlossen,<br />

dass der Konrad Erb Z<strong>im</strong>mermanns sel. Sohn welcher als Taugenichts und Müssiggänger schon lange Zeit<br />

ohne zu arbeiten herum zieht, sich vor der Bürgerschaft persönlich zeigen soll, damit er zu seiner Schande<br />

vor sämtlicher Bürgerschaft hören müsse, was für ein liederlicher Mensch er sei.<br />

4) da sich aus allem zeigt, das derselbe bis künftige Margaretha [15. Juli nach kirchlichem Kalender] zu<br />

jemand in Dienst treten könne mit der Verpflichtung, dass derselbe Meister ihn in strengster Zucht halten<br />

soll, damit er auch noch arbeiten lerne, so würde ein solcher Meister ihn auch nicht ganz unentgeltlich<br />

haben wollen, so dürfe man noch etwas bezahlen, welches von der <strong>Gemeinde</strong> bezahlt werde, jedoch solle es<br />

nachher der Bürgerschaft vorgelegt werden, ehe ein solcher Traktat geschlossen werden kann.<br />

24


Zuchtochsen<br />

23.9.1856: Konrad Kellers (Tischmacher) Zuchtochse<br />

sei so wild, dass er für Menschen eine Lebensgefahr<br />

darstelle. Auf sein Gesuch hin wurde ihm bewilligt, den<br />

Ochsen totzuschlagen. Beschluss vom 15.10.1856: es<br />

solle eine Kommission von 3 Mitgliedern über die<br />

Haltung von Zuchtochsen befinden. Ihr Wirken war<br />

nicht erfolgreich, denn am 5.9.1857 wurde eine Kommission<br />

von 4 Personen eingesetzt, welche eine Verordnung<br />

über die Haltung von Zuchtochsen vorschlagen<br />

sollte. Diese wurde am 2.1.1858 genehmigt.<br />

Schliesslich wurde am 12.6.1858 mitgeteilt, eine Kom-<br />

mission von 5 Mitgliedern werde für den Kauf ei nes Zuchtochsen eingesetzt. - Die Wahl des Halters des<br />

Zuchtochsen und die Bezahlung waren jährliche Themen an der Neujahrs-<strong>Gemeinde</strong>versammlung.<br />

Die Direktion des Innern schrieb, dass ein zweiter Zuchtstier anzuschaffen oder mit einer anderen <strong>Gemeinde</strong><br />

ein solcher gemeinsam zu halten sei. Am 13. Juni 1897 beschloss der <strong>Gemeinde</strong>rat, die Direktion des<br />

Innern anzufragen, ob es nicht gestattet sei, nur einen Zuchtstier zu halten, da man bisher mit einem ganz<br />

gut gefahren sei und die Zahl der Kühe nicht <strong>im</strong>mer so gross sei wie jetzt und auch letztes Jahr noch viele<br />

Rinder gehalten worden seien. Am 26. August 1897 nahm der <strong>Gemeinde</strong>rat zur Kenntnis, dass die Direktion<br />

des Innern beschieden habe, dass insofern die Zahl der weiblichen Zuchttiere sich nicht reduziere oder<br />

eher noch steigere, bis März 1898 ein zweiter Stier anzuschaffen sei, welcher bis März 1899 zu halten sei,<br />

und dass mit dem jetzigen Zuchtstierhalter zu unterhandeln sei, dass er den Stier noch bis März 1898 halte<br />

oder es sei sofort ein junger Stier anzuschaffen.<br />

Ziegen<br />

Als Ergänzung zum Dauerthema Zuchtochsen wurde auch die Ziegenhaltung thematisiert. Am 2. Januar<br />

1874 wurde beschlossen, eine Ziegen-Assekuranz zu gründen. Die Fortdauer dieser Versicherung wurde<br />

alljährlich bestätigt. Einige Traktanden vorher beschloss die Versammlung, dass „für die Ziegenbesitzer ein<br />

thüchtiger Ziegenbock gehalten werden soll und dass der Ziegenbockhalter als Beitrag jährlich von der<br />

<strong>Gemeinde</strong> 15 Franken zu beziehen habe und zudem von jeder Ziege demselben 40 Rappen bezahlt werden<br />

müsse als Sprunggeld. Derjenige, der den Ziegenbock halten will, muss sich <strong>im</strong> Monat Mai bei dem <strong>Gemeinde</strong>rath<br />

melden.“ Mit Beschluss vom 16. Januar 1892 wurde das Sprunggeld auf 50 Rappen angesetzt.<br />

Bekämpfung von Misteln<br />

Am 2. April 1898 gab der <strong>Gemeinde</strong>rat bekannt, dass zu viele Bäume mit Misteln besetzt seien und deshalb<br />

die Misteln innert 14 Tagen zu entfernen seien, widrigenfalls eine Ordnungsbusse angedroht wurde.<br />

Gewehre für die Traubenwacht<br />

In seiner Sitzung vom 23. September 1899 beschloss der <strong>Gemeinde</strong>rat, das Zeugamt Zürich anzufragen, ob<br />

nicht einige alte Vorderlader-Gewehre zu haben wären, welche für die Traubenwacht verwendet werden<br />

könnten.<br />

Verbindungen mit Humlikon und Henggart:<br />

Am 30.7.1854 wurde beschlossen, eine Petition der <strong>Gemeinde</strong> Humlikon für eine dortige Eisenbahn-<br />

Haltestelle zu unterstützen. 2.1.1863, 15.: Die Strasse von Dorf nach Henggart soll direkt, nicht über Humlikon<br />

geführt werden.<br />

Post und Telegraph<br />

Im Protokoll vom 9. Oktober 1869 steht, es soll eine Kommission eingesetzt werden, um eine Stellungnahme<br />

zum Begehren des Vereins der Flaachtaler Bürger in Zürich und Umgebung vorzubereiten, die eine<br />

Postverbindung zwischen Flaach und Henggart wünschten.<br />

Am 4. November 1871 wurde ergänzt, dass die <strong>Gemeinde</strong>versammlung der Errichtung eines Telegraphen-<br />

Bureaus in Henggart zust<strong>im</strong>me.<br />

Telekommunikation hatte damals keine Priorität. Am 4. Juli 1897 wurde aus Rücksicht auf die vielen<br />

zwingenderen Ausgaben beschlossen, mit der Erstellung einer Telefonstation noch zuzuwarten.<br />

25


Reblaussteuer<br />

Erstmals wurde 1883 nebst der Staatssteuer und der Brandsteuer auch eine Reblaussteuer erhoben.<br />

Reben-Schädlinge<br />

Am 10. Juli 1886 wurde eine Besichtigung sämtlicher Reben angeordnet. Vorher aber sollen alle Besitzer<br />

ihre Reben auf Krankheit oder Verdacht auf Krankheit prüfen und melden.<br />

Im August 1889 wurden die Reben <strong>im</strong> ganzen Rebgebiet <strong>Volken</strong>s genau untersucht. Dabei ergab sich, dass<br />

von der Reblaus (Thiloxera) noch keine Spur vorhanden sei, jedoch der falsche Mehltau an den unbespritzten<br />

Reben schon überhand genommen habe. Auch zu spät gespritzte Reben seien geringer gewachsen als<br />

rechtzeitig oder zwe<strong>im</strong>al gespritzte Reben. Beschluss vom 15. Juli 1894, es müssten bis 25. Juli 1894 alle<br />

Reben bespritzt werden.<br />

Hagelschaden vom 21. Juli 1881<br />

Am Abend des 21. Juli 1881 wurde das Flaachtal durch ein ganz ausserordentlich heftiges Gewitter he<strong>im</strong>gesucht.<br />

Dem Statthalteramt wurde berichtet, dass das Hagelwetter und der Sturm grosse Schäden angerichtet<br />

haben. Am 26. Juli nachmittags wurde eine Sitzung <strong>im</strong> Löwen Andelfingen abgehalten, an welcher<br />

Delegierte aller hagelgeschädigten <strong>Gemeinde</strong>n teilnahmen und über ein einheitliches Verfahren bei der<br />

Schatzung des Schadens berieten. Am 18. August wurde dem Centralhülfscomitee Andelfingen eine Bestellung<br />

von Saatgut und Zucker eingesandt und etwas später wurden die ersten Beiträge ausbezahlt und<br />

das erbetene Saatgut verteilt.<br />

Protokoll vom 13. Dezember 1881: „Wurden die von der hoh. Direktion des Innerns verifizierten Schatzungstabellen<br />

über den Hagelschaden des 21. Juli verlesen und berathen und die Bürger angefragt, ob der<br />

Kollektiveingabe des <strong>Gemeinde</strong>rathes Andelfingen beigest<strong>im</strong>mt werden solle, worauf die bestellte Schatzungskommission<br />

die Schatzungstabellen noch einmal verifizieren und deshalb sich mit den <strong>Gemeinde</strong>räthen<br />

der beschädigten <strong>Gemeinde</strong>n ins Einvernehmen zu setzen habe.<br />

Es erklärten aber alle Bürger, dass sie sich mit der verifizierten Schatzung noch zufrieden geben können,<br />

insofern es nun dabei verbleibe und andere <strong>Gemeinde</strong>n auch nicht mehr verhältnismässig höher taxiert<br />

werden. Sei das letztere der Fall, so solle der <strong>Gemeinde</strong>rat auf Vermögen einschreiten.“<br />

Die ersten Liebesgaben wurden am Ostermontag, 9. April 1882, der grosse Rest Ende September 1882<br />

nach einem sehr komplizierten Schlüssel unter die Geschädigten verteilt. Am 2. Januar 1883, berichtete der<br />

<strong>Gemeinde</strong>rat, dass Bücher und Rechnung des Lokalkomitees über die Verteilung der Liebessteuern für die<br />

Wetterbeschädigten abgeschlossen seien.<br />

Am 9. Juni 1885 kam es erneut zu einem Unwetter. Nationalrat Kramer spendete 50 Franken für die Unwettergeschädigten,<br />

und der <strong>Gemeinde</strong>rat verteilte diese Summe, zusammen mit den übrigen Liebesgaben-<br />

Spenden von 286 Franken 90 Rappen, nach seinen Schadenschätzungen und der Steuerkraft der Geschädigten.<br />

1892 muss sich nochmals ein grosser Hagelschaden ergeben haben. Jedenfalls berichtete der <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

am 1.Mai 1892, die Gemeinnützige Gesellschaft des Bezirkes Andelfingen habe für die Hagelgeschädigten<br />

39 Franken 60 Rappen gesandt. Jedoch solle dieser Betrag nicht verteilt werden, da es keinen sinnvollen<br />

Verteilmodus dafür gebe, sondern der Schuljugend bei Anlässen, allenfalls Schulhauseinweihung, zukom-<br />

men.<br />

Auflesen und Entwenden von Früchten und Obst<br />

war gemäss Beschluss des <strong>Gemeinde</strong>rates vom 20. September 1888 bei einer Busse von mindestens 10<br />

Franken verboten. Für Kinder hafteten deren Eltern resp. Pflege-Eltern oder Vormünder.<br />

Diese Verbote hatten Tradition: gemäss Beschluss vom 12.6.1858 war „Erdbeerenpflücken <strong>im</strong> Gemeindholz<br />

Rüti verboten, unter Busse von Fr. 1 für Volkemer und Fr. 2. für Leute von Dorf“. Aber schon am<br />

27.3.1859 wurde die Busse einheitlich auf Fr. 2.- festgesetzt. –<br />

Schiessen und Geniessen<br />

27.2.1859: Schiessen an Hochzeiten war erlaubt, aber nur unter Aufsicht, um Unfälle zu vermeiden.<br />

23. März 1874: Lehrer Berger rekurrierte gegen den <strong>Gemeinde</strong>beschluss, dass das Examenmahl abgeschafft<br />

werden soll. Darüber sollte an der nächsten <strong>Gemeinde</strong>versammlung abgest<strong>im</strong>mt werden.<br />

26


Wahlbureau<br />

Um mit anderen <strong>Gemeinde</strong>n mithalten zu können, wurde am 29. Februar 1868 beschlossen, ein Wahlbureau<br />

einzurichten, bestehend zuerst aus zwei, dann aus drei Personen, normalerweise dem Präsidenten und<br />

<strong>Gemeinde</strong>räten.<br />

Und die Kantonalbank?<br />

Als aber der Landschreiber anfragte, ob für die Gründung<br />

der Zürcher Kantonalbank auch die <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong> eine<br />

Garantie übernehme, wurde dies am 11.9.1867 unter Hinweis<br />

auf die Armut <strong>Volken</strong>s abgelehnt.<br />

27<br />

<strong>Volken</strong> wünscht eine Nationalbank<br />

Protokoll vom 2.12.1866: Nach Verlesen<br />

der Petition des Landwirtschaftlichen Vereins<br />

Pfäffikon-Hittnau (!) betreffend Gründung<br />

einer Nationalbank wurde einst<strong>im</strong>mig<br />

beschlossen, es solle dieselbe <strong>im</strong> Namen der<br />

Bürgerschaft mitunterzeichnet und dem<br />

genannten Verein zur weiteren Beförderung<br />

eingesandt werden.<br />

Geldmangel<br />

Einige Male wurde die <strong>Gemeinde</strong> angefragt, ob sie nicht Solidaritätsbeiträge leisten würde. Am 2. Januar<br />

1865 beschloss die <strong>Gemeinde</strong>versammlung, sie könne die polnischen Flüchtlinge „bei dem jetzigen Geldmangel―<br />

nicht unterstützen, sprach an der gleichen Versammlung aber einen Beitrag von 40 Franken an die<br />

Fahne des Männerchors, wobei dieser Betrag allenfalls um 10 Franken erhöht werden könne, wenn die<br />

Finanzierung durch Holzverkauf die Kosten dieser Anschaffung nicht ganz decken würde.<br />

Der Krieg von 1870/71 brachte der Schweiz viele Flüchtlinge. Das Protokoll vom 24.September 1870 berichtet<br />

über das Gesuch eines Hülfskomitees um Unterstützung und Aufnahme „der durch den Krieg bedingten<br />

Auswanderer aus Strassburg― durch die <strong>Gemeinde</strong> und Bürgerschaft. Als Alternative könnten sie<br />

sich an dem Liebeswerk beteiligen und solche Bedrängte beherbergen, verpflegen oder Beiträge an Geld<br />

geben. Die Bevölkerung lehnte ab. <strong>Volken</strong> habe selbst viel Bedürftige und „viel zu steuern―.<br />

Die <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom 26.5.1866 entschied, nichts an den Bau der Rheinbrücke bei Flaach beizutragen.<br />

Ein ähnlicher Bescheid ging am 8.9.1866 an die gleiche <strong>Gemeinde</strong>, die diesmal um einen Beitrag an<br />

den zu errichtenden Thursteg bat. Allerdings „sei es jedem Bürger freigestellt, einen privaten Beitrag zu<br />

geben.―. Ein gleiches Schicksal, am 13.10.1866, erfuhr ein Antrag der <strong>Gemeinde</strong> Alten, welche ebenfalls<br />

um einen Beitrag an ihren Thursteg ersuchte. Dieser Beschluss wurde an der <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom<br />

2.1.1867 erneut bekräftigt.<br />

Dann aber trat ein Sinneswandel ein. Der <strong>Gemeinde</strong> Flaach wurde ein Beitrag von Fr. 50.- an die Erbauung<br />

einer Thurbrücke zugesichert, doch müsse eine Brücke gebaut werden, über die Vieh getrieben und die mit<br />

kleineren Fuhrwerken befahren werden könne. Dazu solle der <strong>Gemeinde</strong>rat ebenfalls noch für Beiträge von<br />

Privaten sorgen.<br />

Feier 600 Jahre Eidgenossenschaft<br />

Der <strong>Gemeinde</strong>rat beschloss am 31. Juli 1891, es sei Samstagnacht, den 1. August 1891, auf dem Worrenberg<br />

ein Feuer anzuzünden, hingegen werde von einer Feier für Erwachsene abgesehen, da die <strong>Gemeinde</strong><br />

jetzt schon genügend Auslagen habe. Die Frage einer Feier für Kinder werde der Schulpflege überlassen.<br />

Mit dem Protokoll der 13. Sitzung vom 9. Dezember 1899 endet das Protokollbuch.


Karten des Dorfes <strong>Volken</strong> von 1660, 1849 und 1896<br />

Ausschnitt der Militärquartierkarte von Gyger, 1660, Verlag Matthieu, Zürich<br />

Deutlich ist zu erkennen, dass 1660 <strong>Volken</strong> noch sehr wenig Häuser aufwies, denn es zählte <strong>im</strong> Jahr 1634<br />

nur gerade 194 Einwohner, wuchs jedoch <strong>im</strong> Jahr 1685 auf 322 Bewohner an.<br />

28


Ausschnitt aus der Wild-Karte 1:25000 1845-49 Verlag Matthieu, Zürich<br />

Ausschnitt aus der Hefti-Karte 1:25'000 1895/96, Verlag Matthieu, Zürich<br />

Die zweite Hälfte des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s brachte <strong>Volken</strong> einen Rückgang der Bevölkerung durch Wegzug.<br />

Die Stagnation ist ablesbar an der unveränderten Zahl der Häuser.<br />

29


Die Erschliessung <strong>Volken</strong>s durch Strassen<br />

Detail des Weinlandes um 1650 9<br />

In der zweiten Hälfte des 17. <strong>Jahrhundert</strong>s sandten die Behörden des benachbarten Flaach eine Bittschrift<br />

an die Gnädigen Herren in Zürich, in welcher sie mit bewegten Worten die äusserst prekären Strassenverhältnisse<br />

des Flaachtals schilderten. <strong>Jahrhundert</strong>elang war es für Fuhrwerke nur über den Schindlenberg,<br />

südlich von Dorf, erreichbar.<br />

Die Einwohner von <strong>Volken</strong> und Flaach verkauften ihre landwirtschaftlichen Produkte, allen voran den<br />

Wein, auf den Märkten von Eglisau, Kaiserstuhl, Schaffhausen und Winterthur. War der Transport schon<br />

mühsam genug, mussten auch noch vielfältige Zölle bezahlt werden, wie bei der Fähre Ziegelhütte sowohl<br />

am Zürcher wie am Schaffhauser Ufer, verschiedenen Brückenzöllen bei der Rheinau und Andelfingen<br />

usw.<br />

Der ursprüngliche Weg nach Winterthur führte über Dorf – Hünikon – Aesch – Neftenbach nach Winterthur.<br />

Er wurde schon um 1640 als „marastisch und beschwerlich und völlig verkarrt― geschildert. 1644<br />

halfen Flaach, <strong>Volken</strong> und Dorf mit, die Strasse instand zu stellen.<br />

9 „Blaeu Atlas―, ins Netz gestellt durch die Charles E. Young Research Library / UCLA Library<br />

30


Detail der Strassenkarte des Kantons Zürich von 1850 10<br />

Das Detailbild der oben abgebildeten Karte von 1850 zeigt noch den Verlauf dieser „verkarrten― Strasse.<br />

Kein Wunder, dass mit der Planung des Baus der Eisenbahnlinie Winterthur-Schaffhausen auch die Erschliessung<br />

der anschliessenden Landschaft in Angriff genommen wurde. 1845 wurde der Ausbau der<br />

Strasse Flaach – <strong>Volken</strong> – Dorf geplant. Es sollte eine Kantonsstrasse 2. Klasse werden.<br />

An den <strong>Gemeinde</strong>versammlungen der Jahre 1839 und folgende waren der Ausbau der für <strong>Volken</strong> wichtigen<br />

Verbindungsstrasse nach Henggart und damit der Anschluss an die Eisenbahn ein <strong>im</strong>mer wichtigeres Traktandum.<br />

Auch für die Postbeförderung war diese Strasse wichtig, denn erst als die Strasse gebaut war,<br />

konnte die Post täglich nach Dorf, <strong>Volken</strong> und Flaach gebracht werden.<br />

60 Jahre später, genau 1904, plante der Kanton den Ausbau der Glemettenstrasse. Von diesen Vorhaben<br />

sind auf den folgenden Seiten die Pläne wiedergegeben, in welchen alle damals bestehenden Häuser und<br />

deren Besitzer aufgeführt sind.<br />

10 StAZH Plan A 17.<br />

31


Ausbauplan von 1845 der Strasse Dorf – <strong>Volken</strong> – Flaach 11<br />

Die Häusernummern mit den Namen der Bewohner des obenstehenden Ausbauplans der Strasse<br />

Flaach-<strong>Volken</strong>-Dorf<br />

103 Ulrich Gysler, Maler 116 Spritzenhaus<br />

104 Jak. Schuler, Brunnenmeister zw.113 und 116 Baumgarten Präsident Erb<br />

105 Jak. Schuler, Maler 117 Heinrich Gysler, Richters<br />

106 Durchgang: Jakob Kündig/Conrad Schuler 118 Heinrich Ritzmann, alt <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

107 Conrad Wartmann 119 Heinrich Keller, Georgens<br />

108 Ulrich Morgen 120 Johannes Keller, Weinschenk<br />

109 <strong>Gemeinde</strong>rat Erb 121 Heinrich Keller, Weinschenk<br />

110 Heinrich Keller, alter Tambours 122 <strong>Gemeinde</strong>ammann Wegmann<br />

111 Schullehrer Kündig 123 <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong>, Schulhaus<br />

112 Heinrich Erb 124 Zehntenscheune<br />

113 Conrad Keller, Unterbeck 125 Johannes Kramer<br />

114 Conrad Keller, Seckelmeister, Rest. Post 126 Heinrich Ritzmann, alt <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

115 Abraham Erb 127 Salomon Ruf<br />

128 Conrad Gysler, Kirchenpfleger<br />

11 StAZH S.Plan 376 und 374<br />

32


Die Post in <strong>Volken</strong> 12<br />

1610 errichtete in Zürich der wohlhabende Stadtbürger Caspar Hess die erste kantonale Poststation. 1662<br />

wurde das Postregal dem Kaufmännischen Direktorium übertragen. 1848 wurde die Post eidgenössisch,<br />

und am 1.9.1848 nahmen 11 Kreispostdirektionen ihre Tätigkeit auf. Allerdings verging noch einige Zeit,<br />

bis sich die neue Organisation richtig eingespielt hatte. Erstes „richtiges― Betriebsjahr war 1850.<br />

Der Postverkehr hatte in den vorangegangenen Jahrzehnten nach heutigen Begriffen noch kein grosses<br />

Ausmass. So wurde z.B. die Post von Schaffhausen nach Zürich zwe<strong>im</strong>al pro Woche zu Pferd und zwe<strong>im</strong>al<br />

zu Fuss transportiert, nach St. Gallen je einmal pro Woche über Frauenfeld und Wil, nach Bern und Konstanz<br />

je zwe<strong>im</strong>al wöchentlich.<br />

Von Marthalen aus ging jeden Donnerstag ein Bote zu Fuss nach Zürich. Briefe und Zeitungen wurden in<br />

einer Chrätze auf dem Rücken getragen. Anfang der dreissiger Jahre wurden diese Transporte mit Pferd<br />

und Wagen ausgeführt. Später fuhr ein privater Bote mit einem gedeckten Wagen von Marthalen nach Zürich,<br />

nahm die Briefe von den zu berührenden Ortschaften mit und brachte solche auch wieder zurück. Die<br />

Postsachen wurden zwe<strong>im</strong>al wöchentlich, je Mittwoch und Samstag, von Andelfingen in die Flaachtalgemeinden<br />

gebracht.<br />

Als sich die Errichtung einer Post-Ablage in <strong>Volken</strong> abzeichnete, wurde am 7.10.1842 eine Petition verfasst,<br />

in welcher gebeten wurde, es solle in Abänderung der Posteinrichtung die Lieferung nach Rorbas<br />

ausgelassen, dafür wöchentlich 4 x (Montag, Dienstag, Donnerstag und Samstag) eine Postverbindung mit<br />

Andelfingen eingeführt werden. Adressat dieser Bitte war erstaunlicherweise das Löbliche Oberwaisenamt.<br />

12. August 1842: ein eigens hiefür bestellter Postbote, Jakob Vaterlaus und nach dessen Rücktritt ab 1. Juni<br />

1852 Salomon Fisler, allgemein „Hansuerech― genannt, beförderte die mit dem Konstanzer Eilwagen nach<br />

Winterthur gekommenen Briefe und Postsachen für Flaach, Eigenthal, Berg, <strong>Volken</strong> und Dorf. Der Botenkurs<br />

Flaach – Andelfingen scheint noch einige Jahre bestanden zu haben. Wenigstens fand am 18. Juni<br />

1850 eine Konkurrenzausschreibung statt für diesen täglichen Kurs. Belohnung: 300 Franken. Nach Eröffnung<br />

der Rheinfallbahn (Winterthur-Schaffhausen) am 16. April 1857 musste Fisler den Botengang täglich<br />

ausführen. Sein Weg führte über Goldenberg - Dorf - <strong>Volken</strong> – Flaach – Eigenthal – Berg – Gräslikon.<br />

Auf den 1. November 1873 errichtete die Postverwaltung einen Doppelpostkurs Flaach – Henggart, mit<br />

Anschluss an die Eisenbahn. Die Postbotenkurse von Andelfingen wurden aufgehoben. Die Fahrt kostete<br />

einen Franken.<br />

Kutsche der Zürcher Kantonalpost 13<br />

Die Postbenützer wurden damals in der Regel in der Wohnstube des Ablagehalters, oft auch nur <strong>im</strong> Hausgang,<br />

bedient. Der Stelleninhaber war gleichzeitig auch Briefträger und erhielt anfänglich eine Besoldung<br />

von Fr. 16. — jährlich. Ablagehalter in <strong>Volken</strong> waren Konrad Keller, mit unbekanntem Antrittsdatum,<br />

wahrscheinlich 1842, bis 31. Oktober 1853, hierauf Jakob Kündig, <strong>Gemeinde</strong>schreiber und <strong>Gemeinde</strong>ammann,<br />

vom 1. November 1853 bis 31 Juli 1867. Die Besoldung stieg bei Konrad Keller von Fr. 16. — auf<br />

Fr. 32. —, bei Jakob Kündig von Fr. 32. — auf Fr. 80.--. Jakob Kündig und seine Nachfolger mussten nun<br />

die Postsachen täglich <strong>im</strong> ganzen Dorfkreis austragen.<br />

12<br />

„Die Post in der Schweiz― von Arthur Wyss, Verlag Hallwag 1987 Seiten 99, 212, 215 sowie Poststellenchronik <strong>im</strong><br />

Historischen Archiv und Bibliothek PTT in Bern<br />

13<br />

Geschichte des Kantons Zürich, Band 3, <strong>19.</strong> und 20.<strong>Jahrhundert</strong>, Werd Verlag, S.113<br />

34


Die Kosten<br />

Am 1. März 1845 wurden kantonale Briefmarken eingeführt. Ein Brief <strong>im</strong> Ortskreis kostete 4 Rappen pro<br />

Loth Gewicht, <strong>im</strong> Kantonskreis stieg der Preis auf 6 Rappen. 1 Loth wog ½ Unze oder ungefähr 15<br />

Gramm.<br />

1850 kostete ein Inlandbrief von einem Loth Gewicht über eine Distanz von mehr als 40 Wegstunden (über<br />

192 Kilometer) 30 Rappen. Für diesen Betrag konnte man damals 1 kg Brot oder 4 kg Kartoffeln oder ½ kg<br />

Rindfleisch kaufen.<br />

1865 kostete derselbe Brief 20 Rappen, wofür 2/3 kg Brot oder 3 kg Kartoffeln oder 1/3 kg Rindfleisch<br />

gekauft werden konnten.<br />

Am 1. August 1867 übernahm Johann Conrad Keller die Stelle als Postverwalter, und er übte diese Funktion<br />

aus bis zu seinem Tod am 7. März 1888. Sein Sold belief sich am Anfang auf Fr. 80. jährlich und steigerte<br />

sich auf Fr. 280.<br />

Die Postverwalterstelle muss mit grösseren Vorteilen verbunden gewesen sein, denn sowohl sein Vorgänger<br />

wie auch er, beide frühere <strong>Gemeinde</strong>schreiber, <strong>Gemeinde</strong>ammänner, und <strong>Gemeinde</strong>räte, bewarben sich<br />

darum. Allerdings kann davon ausgegangen werden, dass sich Johann Conrad Keller einen weiteren Vorteil<br />

erhoffte: er betrieb, wie seit Beginn des <strong>Jahrhundert</strong>s sein Vater, eine „Weinschenke―, der er nun den Namen<br />

„Restaurant Post― geben konnte. Zur Zeit der Eröffnung der Poststelle <strong>Volken</strong> waren die Stelleninhaber<br />

noch nicht gehalten, für den Postdienst besondere Räumlichkeiten bereit zu stellen. So dürfte das Angebot<br />

einer Postablage mit einem Restaurant Post kombiniert ein besonderer Trumpf gewesen sein.<br />

Protokoll der <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom 26. Mai 1873: „Am 27. Mai der Tit. Kreispostdirektion Zürich<br />

Bericht erstattet, dass die Bürgen für Postablagehalter alt. <strong>Gemeinde</strong>ammann Konrad Keller,<br />

a) Lehrer Berger noch am Leben sei und 6000 fr. versteuere,<br />

b) Jakob Gisler Martins noch am Leben sei und 13000 fr. versteuere―.<br />

Die Generaldirektion PTT verlangte also, dass ihre Beamten Bürgen stellten, um ihren Arbeitgeber <strong>im</strong> Fall<br />

von Schadenersatzansprüchen schadlos zu halten.<br />

35


Das „Postgebäude“ <strong>Volken</strong>s<br />

Das Haus, wie es von 1865 bis 1933 aussah<br />

Diese Bilder, Gebäude und Grundriss der Poststelle <strong>Volken</strong>s<br />

sind <strong>im</strong> Historischen Archiv und Bibliothek PTT der<br />

Schweizer Post, Viktoriastrasse 21 in 3030 Bern dokumentiert.<br />

Da „das Posthaus― 1933 umgebaut und das Postlokal gegen<br />

Flaach hin angebaut wurde, dürfte dieser Plan bis 1933<br />

Gültigkeit gehabt haben.<br />

Welcher Gast, der sich heute in der gemütlichen Ecke<br />

rechts vom Eingang niederlässt, ist sich bewusst, dass er in<br />

der früheren Postablage sitzt, also dort, wo die Post von<br />

Andelfingen abgegeben und vom Posthalter sortiert wurde?<br />

Ein Blick auf den nebenstehenden Grundriss zeigt, dass alle<br />

Postkunden den gleichen Hauseingang wie für das Restaurant benützen mussten. Das war sicherlich keine<br />

schlechte Werbung. Gleichzeitig war so dem späteren Erfordernis der Generaldirektion PTT genüge getan,<br />

dass jeder Poststelleninhaber seinen Kunden einen eigenen Raum zur Verfügung zu stellen hatte.<br />

1887, kurz vor seinem Tod, verkaufte J.C. Keller seine Gebäude und einen Teil seiner Ländereien an Konrad<br />

Erb. Am 1. April 1888 übernahm dieser mit seiner Frau Luise die Postablage. Nach seinem Tod am 21.<br />

Januar 1928 fuhr Sohn Konrad mit seiner Frau Olga am 1. April 1928 mit dem Posthalteramt weiter und<br />

baute 1933 das Posthaus um. Konrad starb am 30. Juni 1946 <strong>im</strong> Amt. Sohn Edwin Erb sprang zusammen<br />

mit seiner Frau Klara in seine Fussstapfen und leitete die Posthalterei bis zu seiner Pensionierung 1987.<br />

Klara Erb führte das Amt weiter bis zur Fertigstellung des Einbaus eines neuen Postlokals <strong>im</strong> nahegelegenen<br />

gemeindeeigenen Hans-Keller-Haus. Nach dem 100-Jahr-Jubiläum wurde die Poststelle auf Beschluss<br />

der Geschäftsleitung der Post geschlossen.<br />

36


37<br />

Oben: „Das Posthaus― 2008<br />

Links: am Anbau ist über dem Fenster neben dem<br />

strassenseitigen Eingang das Schild der Poststelle<br />

zu sehen<br />

Das Innere des Restaurant Post, der Stammtisch. Das in die Mauer eingelassene Fensterkästchen liegt in<br />

einem Kanal, der bei einem Umbau gefunden worden sei, so Richard Erb. Es handelt sich mutmasslich um<br />

einen Kamin.


Die Weinschenken <strong>Volken</strong> 14<br />

Im „Verzeichnis [von 1803]derjenigen Kantonsangehörigen <strong>im</strong> Distrikt Winterthur, 1te Abteilung, welche<br />

vor der Revolution Weinbau beworben und keine Petition eingegeben haben, allein nach dem Gesetz ihren<br />

Gewerb fortzusetzen befugt sind, und nach dem Bericht des Herrn Unterstatthalter Sigg denselben fortführen<br />

wollen“ ist unter Flaach aufgeführt:<br />

Conrad Keller Bek von <strong>Volken</strong>.<br />

Auf Seite 138 steht unter „Antrag zur Bewilligung von Weinschenken“: Konrad Keller Bek von <strong>Volken</strong>:<br />

Antrag: „entsprechen, da seit alter Zeit…“, Bewilligung durch Erkanntnuss.<br />

J. Konrad Keller: „Dass nach dem Bericht des Hr. Statthalters in diesem Dörfchen 2 Weinschenken wohl<br />

existieren können und die Wohnung des Petenten als mitten <strong>im</strong> Dorf liegend einer guten Policey Ordnung<br />

unterworfen ist, auch diese Weinschenke schon während der Revolution ordentlich betrieben worden:<br />

dem Petenten durch ein Patent auf 10 Jahre, um den Betrag von 20 frk in seinem Begehren entsprochen<br />

werde: Bewilligung durch Patent.“<br />

Weiter hinten steht: „Gesetz vom 24. Decembris 1803: unentgeltliche Bestätigung nicht neu zu patentieren,<br />

sondern auf zehn Jahre mit unentgeltlicher Bestätigungs-Acten zu versehende Weinschenken:<br />

Conrad Keller Bek von <strong>Volken</strong><br />

Neubewilligte und sub dato 5ten März 1805 auf 10 Jahre zu patentierende Weinschenken, welche für das<br />

Patent eine Recognition an den Staat zu bezahlen haben:<br />

Hs Conrad Keller von <strong>Volken</strong>, frk. 20.--.<br />

Und am Rande der Seite, auf welcher alle bewilligten Weinschenken zusammenfassend aufgeführt sind,<br />

steht: „alle bezahlt und ihr Patent angefangen.―<br />

Das heisst <strong>im</strong> Klartext, dass schon vor 1798, unter der alten Zürcher Herrschaft, ein Conrad Keller (der<br />

Unterbeck) eine Weinschenke in <strong>Volken</strong> betrieb.<br />

In den nicht unbeträchtlichen Wirren der Helvetik führte Hans Conrad Keller ebenfalls eine Weinschenke,<br />

wobei nicht festzustellen ist, wann er damit begann. Jedenfalls ist die Bemerkung „da nach dem Bericht<br />

des Hr. Statthaltes in diesem Dörfchen..... auch diese Weinschenke schon während der Revolution ordentlich<br />

betrieben worden“ eine klare Aussage, dass Hans Conrad Keller die Turbulenzen der Revolution<br />

nutzte und mangels zuständigen Ämtern ohne formale Bewilligung den Weinausschank betrieb.<br />

<strong>Volken</strong> besass von der Französischen Revolution bis 1832 zwei, hierauf bis 1860 drei regelmässig betriebene<br />

Weinschenken. Dazu kamen Johann Conrad Hatt, Müller, und Johannes Keller, Landwirt, welche ein<br />

Patent beantragten und erhielten, aber nicht einlösten. Johannes Keller, Jonassen, (wahrscheinlich Bruder<br />

beiden Jahren eine Weinschenke. Ob ihm nach seiner Verurteilung durch das Bezirksgericht Andelfingen<br />

am 21.12.1841 wegen Überhockens und „mehrfachen Policei-Übertretungen“ (siehe Seite 41) das Patent<br />

nicht mehr gewährt wurde oder ob er freiwillig darauf verzichtete, ist unbekannt.<br />

Die „Beizendichte― für <strong>Volken</strong> (1809 mit 282 und 1850 mit 385 Einwohnern) mit je einer Weinschenke auf<br />

140 resp. 130 Einwohner entsprach dem damaligen landläufigen Durchschnitt. Zum Vergleich: <strong>im</strong> Jahr<br />

2005 gab es in der Schweiz gemäss dem Branchenverband GastroSuisse ein Restaurant pro 386 Einwohner.<br />

Die Abgaben der beiden dauernd betriebenen Weinschenken an den Kanton schwankten <strong>im</strong> Verlauf des <strong>19.</strong><br />

<strong>Jahrhundert</strong>s. Zuerst waren sie be<strong>im</strong> etablierten Unterbeck grösser, näherten sich aber bald an und blieben<br />

über all die Jahre ziemlich ähnlich.<br />

Konsumiert wurden hauptsächlich eigener Wein und offenbar ab 1844 auch Bier. Wenn gegessen wurde,<br />

dann vorwiegend Eigenprodukte (eigenes Fleisch, eigenes Brot und was der Hof gerade hergab). In den<br />

Bauernwirtschaften des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong> wurde fast ausschliesslich Kaltes gegessen. Die feine Küche, wie<br />

sie heute von Frau Anna Erb angeboten wird, war damals in Bauerndörfern unbekannt.<br />

14 Wirtschaftsverzeichnis StAZH RR I 56.1 ff, Rubrik Weinschenken, Patentinhaber<br />

38


Verzeichnis der Patentinhaber für den Betrieb von Weinschenken in <strong>Volken</strong>s<br />

1804 bis 1834 unter Flaach, ab 1835 unter <strong>Volken</strong> aufgelistet<br />

1804 Conrad Keller,<br />

Bek zu <strong>Volken</strong><br />

1805 Hans Conrad Keller, zu <strong>Volken</strong> do.<br />

1806 – 1821 do (Hans Conrad Keller starb am 25.6.1821) do<br />

1822 – 1831 Hans Conrad Keller sel. Erben do<br />

1832 – 1835 do do Heinrich Keller,<br />

Jonassen<br />

1836 – 1840 Witwe Keller geb. Gisler do, bis 1838 do<br />

1841 – 1844 Keller Susanna geb. Gisler, 1844 mit Bierpatent - - - do<br />

1845 Johann Conrad Keller, Seckelmeister Schuler Ulrich<br />

mit Bierpatent<br />

do<br />

1846 do do<br />

1847 - 1848 Conrad Keller, Seckelmeister, - - - do<br />

1849 Johann Conrad Keller, <strong>Gemeinde</strong>ratspräsident do<br />

1850 Johann Conrad Keller, Präsident do<br />

1851 Johann Conrad Keller, Präsident do<br />

1852 Johann Conrad Keller do Armenpfleger<br />

1853 Johann Conrad Keller do<br />

1854 Johann Conrad Keller do<br />

1855 Johann Conrad Keller Ruf Jonas,z.Mühle<br />

ab 27.8.1855<br />

1856 Johann Conrad Keller do do<br />

1857 - - - do do<br />

1858 - - - do do A)<br />

1859 - 60 do A) Ruf Joh. Conrad<br />

1861 - 65 Nachtrag 7.6.1865: Johann Conrad Keller Ruf Rudolf ab<br />

1866 – 1882 Johann Conrad, alt <strong>Gemeinde</strong>ammann<br />

24.3.1865<br />

Ruf Salomon und<br />

(gest.7.3.1888)<br />

Rudolf, zur Mühle<br />

1883 - 1888 Ruf Salomon zur<br />

Mühle<br />

A) heisst: Patent nicht eingelöst<br />

Erhalt aber nur kurze Ausübung des Patentes:<br />

Johannes Keller, Jonassen: 1841 und 1842<br />

Johann Conrad Hatt, Müller 1853 A)<br />

Johannes Keller, Landwirt, 1856 A)<br />

Friedrich Anliker zur Mühle 1883<br />

39<br />

do A)<br />

do<br />

--


Diese jährliche Steuer- und Abgaberechnung hat sicherlich keinen Weinschenk gefreut. Alljährlich<br />

wurde der <strong>Gemeinde</strong>rat auch um Abgabe eines Leumundszeugnisses für alle Patentinhaber ersucht.<br />

1844: Der erste Eintrag für die Gewährung auch des Bierpatentes (unten rechts)<br />

40


Was doch so alles passiert, damals wie heute: z.B. Überhocken<br />

Urtheil des Bezirksgerichtes Andelfingen den 20ten December 1841<br />

Gegen<br />

1. Johannes Keller Weinschenk von <strong>Volken</strong><br />

2. Jakob Ritzman Gmdrth Schr. von <strong>Volken</strong><br />

3. Jakob Bretscher Fuhrman von Aesch<br />

4. Ulrich Messmer von <strong>Volken</strong><br />

5. Johannes Messmer Maurer von <strong>Volken</strong><br />

6. Conrad Gisler Küeffer von Flaach<br />

7. Heinrich Keller Heinrichsen von <strong>Volken</strong><br />

8. Ulrich Vogel aus dem Kehlhof Neftenbach<br />

9. Heinrich Steiner Fuhrmann von Neftenbach<br />

betreffend Übertretung des Wirthschafts-Polizeigesetzes<br />

Mit Einmuth gefunden<br />

Weinschenk Keller sei mehrfachen Policei=Übertretungen,<br />

die übrigen Inculpaten einer Policeiübertretung schuldig und<br />

demzufolge ebenfalls mit Einmuth zu Recht erkannt<br />

1. dem Weinschenk Keller wegen Übertretung des Wirtschafts-<br />

policeigesetzes in die doppelte Busse von 16 Franken<br />

verurtheilt, wovon die Hälfte dem Armengut zufällt.<br />

2 sei Keller wegen seinen weiteren Polizeiübertrettungen<br />

in eine Busse von 20 Frkn zu Handen des Staats verurtheilt.<br />

3. seien Bretscher, Steiner, Gisler, Vogel, Keller jeder zu 3<br />

und Ritzmann. Ulrich und Johannes Messmer jeder zu 1 Frkn und<br />

Tragung ihrer Cidationskosten verurtheilt.<br />

4. sollen die über diesen Prozess erlaufenen Kosten bestehend in 8 Frken Staatsgebühr 4 Frkn Kanzleigebühr<br />

4 Frkn 20 Rapp Waibelgebühr, zudem der beiden Umgänger Erb und Keller 2 Frkn ferner 2<br />

Franken dem Herrn Gemeindammann zur Hälfte von Weinschenk Keller und zur Hälfte von Bretscher<br />

Steiner Gisler Vogel und Keller jedoch alle unter solidarischer Haft, getragen werden nebst den<br />

betreffenden Ausfertigungskosten.<br />

Actum Andelfingen den 20 December 1841<br />

Namens des Bez.gerichtes<br />

Der Gerichtschreiber Brunner<br />

41


Von Beizern und Bäckern<br />

Bäcker Beizer<br />

Die Beizer<br />

Bei den in <strong>Volken</strong> ansässigen Keller scheint der Weinausschank seit dem ausgehenden Mittelalter Tradition<br />

zu haben. Bereits 1446, anlässlich der Schlichtung eines Streits zwischen dem Gerichtsherrn von Flaach,<br />

Ulrich III. von Gachnang zu Goldenberg und Hensly Keller, dem Inhaber des Kehlhofes in <strong>Volken</strong>, wurde<br />

festgehalten, „Hensly Keller und alle Nachkommen, die den Kehlhof bewirtschaften, sollen dem Inhaber<br />

der Gerichte .. mit Diensten und Täffri, Gehorsami und anderen Sachen zu tund gepunden sin…― Täffri ist<br />

das mittelalterliche Recht auf Weinausschank, das hier zum ersten Mal erwähnt wird. In der entsprechenden<br />

Urkunde vom 22. Dezember 1446 findet man das Urteil, das nur den Grundsatz festhält, dass Hensli<br />

die obigen Verpflichtungen erfüllen soll, die er übrigens gar nicht bestreitet. Details dazu aber fehlen. Leider<br />

wird auch die Anklage nicht formuliert. Deshalb ist es unsicher, ob Hensli überhaupt keine seiner Verpflichtungen<br />

erfüllte oder ob er zu wenig Abgaben ablieferte. Vielleicht hat er es auch an der geforderten<br />

Demut fehlen lassen. Klar ist aber, dass die Keller des Kelhofes in <strong>Volken</strong> schon 1446 Wein ausschenkten.<br />

Es muss in den Familien der Volkemer Keller zur Tradition geworden sein, sich als Weinschenken zu betätigen.<br />

Die <strong>im</strong> <strong>Gemeinde</strong>archiv <strong>Volken</strong> liegenden Urkunden geben über diesen Punkt leider keine Auskunft.<br />

Weinschenken, Dorfbeizen hatten in den <strong>Jahrhundert</strong>en vor der Verbreitung der Printmedien, des Telefons<br />

und Telegrafs eine wichtige Funktion: Informationsquelle, Orte der Meinungsbildung. Wirte waren oft die<br />

ungekrönten Dorfpolitiker, und mancher Aufstand des „gewöhnlichen Volkes―, heute Basis genannt, wurde<br />

<strong>im</strong> Schweizerland durch einen Dorfwirt angezettelt.<br />

Es fällt auf, dass zu Beginn des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s die Keller unter den Weinschenk-Patentinhabern dominierten.<br />

Von 1805 bis 1844 waren nur Keller Weinschenken, 1841 und 1842 waren sie sogar zu Dritt, als<br />

der auf der vorherigen Seite in der Bussenverfügung erwähnte Johannes Keller ein kurzes Gastspiel als<br />

Weinschenk gab. 1845 wurde die Keller-Phalanx durchbrochen durch Ulrich Schuler, dessen Patentbesitz<br />

sich aber auf lediglich zwei Jahre beschränkte. Dann waren Johann Conrad Keller und Heinrich Keller,<br />

Jonassen, wieder die einzigen, bis 1855 Jonas Ruf zur Mühle ein entsprechendes Patent erhielt. In <strong>Volken</strong><br />

bis heute gehalten hat sich, wie wir wissen, lediglich das Restaurant Post.<br />

Johann Conrad Keller löste, wenn das Verzeichnis der Patentinhaber wirklich fehlerlos ist, von 1857 bis<br />

zum 7. Juni 1865 kein Patent mehr. Das erstaunt, denn 1855 steht <strong>im</strong> Protokoll des <strong>Gemeinde</strong>rates vom <strong>19.</strong><br />

August: „Zufolge Beibehaltung der Wirthschaft hatte laut Gesetz vom 20. Juni 1855 den Austritt von Herrn<br />

<strong>Gemeinde</strong>ammann Keller[als Konsequenz]“. Das heisst, er entschied sich, eher seine Wirtschaft weiterzuführen,<br />

als die Stelle des <strong>Gemeinde</strong>ammanns auszuüben. Was in den „patentfreien Jahren― vor sich ging,<br />

bleibt ein Gehe<strong>im</strong>nis. Er wurde 1863 – 1865 wieder <strong>Gemeinde</strong>ammann und löste anschliessend von 1865<br />

bis 1882 wieder ein Wirtepatent.<br />

1865 wurde die Assekuranz-Summe der Liegenschaft des Restaurant Post von 8800 Franken auf 10’000<br />

Franken erhöht, und 1867 übernahm Johann Conrad Keller die Stelle eines Postverwalters. Es ist wahrscheinlich,<br />

dass die Erhöhung des versicherten Gebäudewertes auf einen Ausbau zurückging, der <strong>im</strong> Hinblick<br />

auf diese neue Charge getätigt wurde. Denn ein Postverwalter musste ja wenn möglich der damaligen<br />

Postkundschaft ein Lokal zur Verfügung halten. Und das <strong>im</strong> Archiv der damaligen PTT liegende Foto, die<br />

das Haus von 1865 bis 1933 zeigt, verleiht dieser Annahme Glaubwürdigkeit.<br />

42


Die Bäcker<br />

Die ersten beiden Patentinhaber als Weinschenken zu Beginn des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s, als nach dem Chaos der<br />

Revolution und der anschliessenden Helvetik Ruhe und eine ordentliche Regierung und Verwaltung einsetzten,<br />

hiessen beide Konrad Keller, eigentlich jeder auf Hans Konrad getauft, und beide wurden als<br />

„Beck― bezeichnet, einer war der Oberbeck und der andere der Unterbeck. Ihre Häuser lagen gegenüber auf<br />

der Strasse nach Flaach. Siehe den Strassen-Ausbauplan von 1845, wo das 113 das Haus des Unterbecks ist<br />

und das Haus des Oberbecks die Nummer 114 trägt. Offensichtlich ergänzten sich diese beiden Tätigkeiten<br />

als Bäcker und Beizer aufs Beste, wobei weder die Bäckerei noch der Weinausschank ein Vollberuf war,<br />

sondern jede ihren Teil zum Lebensunterhalt der jeweiligen Familien beitrug.<br />

Welche wirtschaftliche Bedeutung diese „Becken― für die <strong>Gemeinde</strong> und ihre Einwohner hatte, ist nicht<br />

bekannt. Eigentlich sollte angenommen werden, dass damals wie teilweise heute noch jede Bauernfamilie<br />

für ihren Eigenbedarf selber Brot backte. Darum ist die Bedeutung dieser Tätigkeit heute schwer zu beurteilen.<br />

Im kleinen Dorf <strong>Volken</strong> lebten meistens mehrere Konrad Keller. Vielleicht diente die Angabe als<br />

Unter- und Oberbeck, um zwei Konrad Keller besser auseinander zu halten. Eine reizvolle Überlegung.<br />

Auf alle Fälle waren der Oberbeck und der Unterbeck über vier Generationen miteinander verwandt, wie<br />

aus der obigen Grafik eines Teils ihres Stammbaums ersichtlich ist.<br />

43


Der Schweizer Franken<br />

oder wie sich unsere Vorfahren mit verschiedenen Geldeinheiten zurechtfinden mussten<br />

Im Verlauf des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s mussten unsere Vorfahren von der jahrhundertelang üblichen Währung des<br />

Guldens auf den Schweizer Franken umstellen. Traditionell rechnete man zu Beginn dieses <strong>Jahrhundert</strong>s<br />

mit Gulden rheinischer Währung. Diese war die zuverlässigste Währung, denn ihr Gehalt an Edelmetall<br />

war konstant.<br />

Man rechnete gewöhnlich nach Gulden zu 40 Schillingen à 4 Rappen oder 12 Heller. Gemäss der gesetzlichen<br />

Ausmünzung betrugen 22 hiesige Gulden eine kölnische Mark fein Silber. Deshalb wäre der Wert des<br />

Guldens 2,39 Franken.<br />

Bei Annahme des französischen Louisdor zu 10 Gulden und des Neuthalers zu 2 ½ Gulden als Grundlage,<br />

gingen 22¼ hiesige Gulden auf die kölnische Mark fein Silber. Der Wert des Guldens wäre dann Fr. 2,36.<br />

Um unser Verständnis noch weiter zu strapazieren, sei bemerkt, dass die Mark Silber = 2 ½ Gulden, der<br />

Taler = 108 Kreuzer und das Pfund Heller = ½ Gulden bloss fingierte Münzen waren, die nur als Strafgelder<br />

und bei obrigkeitlichen Rechnungen vorkamen. Bei allen obrigkeitlichen Kassen und auch <strong>im</strong> Handel<br />

bediente man sich sehr häufig der Rechnung in Schweizer Franken à 10 Batzen à 10 Rappen oder der<br />

Schweizer Franken à 100 Rappen. - Schliesslich waren 10 Zürcher Gulden = 16 Schweizer Franken. 15<br />

Die Geschichte des Schweizer Frankens:<br />

Eine ab 1757 in Bern, später auch in Basel, Solothurn und Luzern<br />

geprägte silberne Zehnbatzenmünze nannte man Schweizer Franken.<br />

In der Helvetischen Republik versuchte man, die Währung auf<br />

der Basis des Berner Münzfusses auf das Dez<strong>im</strong>alsystem umzustellen.<br />

Ab 1799 sollte mit dem Schweizer Franken, der 6,6194 Gramm<br />

Feinsilber enthielt und gleichviel wert hatte wie 10 Batzen oder 100<br />

Rappen, das Geld vereinheitlicht werden. Das scheiterte unter<br />

anderem am Edelmetallmangel. Mit der Mediation (1803-1813)<br />

verfügten die Kantone wieder über das Münzregal. Die Tagsatzung<br />

versuchte zwar, einen einheitlichen Münzfuss festzulegen, aber bis<br />

zur Münzreform des Bundesstaates kursierten - neben zahlreichen<br />

anderen Münzen - Franken von unterschiedlichem Gehalt, Gepräge<br />

und Gewicht.<br />

Der Bund übernahm 1848 das Münzregal und legte mit dem Franken, der in 100 Rappen eingeteilt war, die<br />

Silberwährung fest. Sein Gewicht, Feingehalt und Durchmesser entsprachen dem französischen Franc (5 G.<br />

Feingehalt 900/1000, ab 1875 835/1000). 1850 - 51 wurden in Paris Frankenstücke aus Silber mit verschiedenen<br />

Währungen geprägt (Fünf-, Zwei-, Ein- und Halbfrankenstücke); seit 1855 dient die ehemalige Berner<br />

Münzstätte als Eidgenössische Münzstätte. 1851 - 1852 wurde das alte Geld gegen den Franken ausgetauscht.<br />

- Die kriegsbedingte Währungskrise von 1870 verhalf den seit einem halben <strong>Jahrhundert</strong> von verschiedenen<br />

Notenbanken herausgegebenen Banknoten, die zuvor wenig Anklang gefunden hatten, zum<br />

Durchbruch. 1891 übernahm der Bund das Banknotenmonopol, das er aber erst 1910 mit der Schweizerischen<br />

Nationalbank ausüben konnte. 16<br />

Das Vorhandensein von so vielen Geldformen hatte auch in <strong>Volken</strong> seine Tücken. So wurde <strong>im</strong> <strong>Gemeinde</strong>rats-Protokoll<br />

vom 3.12.1849 festgehalten, dass Präsident Keller als Grundzinsbezüger für das Kloster St.<br />

Katharinenthal bei diesem Einzug ungefähr 200 Gulden „grobes Münz― erhalten habe. Dem Kloster abgeliefert<br />

werden musste aber „gute Währung―. Sollte ihm aus dem Umtausch des erhaltenen „groben Münzes―<br />

in gute Währung ein Verlust entstehen, so bewilligten die übrigen <strong>Gemeinde</strong>räte, dass dieser durch die<br />

<strong>Gemeinde</strong>kasse übernommen würde. Der Grundzins bestand traditionellerweise aus viel Naturalien (Getreide,<br />

Hühner etc) und wenig Bargeld. Die Bauern zahlten ihren Bar-Anteil am Zins mit den gerade vorhandenen<br />

Münzen. ,<br />

15 StAZH El 50: E.A. Baumann: Längen, Flächen, Hohlmasse ,Gewichte und Münzen, Seite 205<br />

16 Historisches Lexikon der Schweiz, Band 4 , Seiten 645 und 646<br />

44


Vormundschaften und Konkurse<br />

Alle Fragen mit Bezug auf Vormundschaften und Konkurse wurden vom <strong>Gemeinde</strong>rat behandelt.<br />

Konkurse:<br />

In Geschichtsbüchern kann nachgelesen werden, dass<br />

ab 1863 eine Rezession einsetzte und dass Kapitalknappheit<br />

mit hohen Zinsen vorherrschte. Dieses<br />

wirtschaftliche Ungemach wurde verstärkt durch<br />

Missernten, welche von 1865 bis 1867 die Landwirtschaft<br />

he<strong>im</strong>suchten.<br />

Leider war auch <strong>Volken</strong> voll von dieser negativen<br />

Entwicklung betroffen. Praktisch an jeder Sitzung<br />

des <strong>Gemeinde</strong>rates wurden Fragen von neuen oder<br />

laufenden Konkursen besprochen. Selbst altgediente<br />

Behördenmitglieder waren von einer solchen Entwicklung<br />

betroffen.<br />

Wenn ein Ehemann oder gar Familienvater in Konkurs<br />

geriet, wurde durch den <strong>Gemeinde</strong>rat automatisch<br />

ein Beistand für die Ehefrau und ein Vormund<br />

für die noch minderjährigen Kinder ernannt und dem<br />

„löblichen Oberwaisenamt― gemeldet.<br />

Der <strong>Gemeinde</strong>rat blieb auch als Kontrollbehörde zuständig, wenn ein konkursiter Mann in einer anderen<br />

<strong>Gemeinde</strong> wohnte. Das gab nicht wenig Arbeit.<br />

Vormundschaften<br />

wurden also nicht nur für Witwen und Waisen, sondern auch für Ehefrauen und minderjährige Kinder errichtet,<br />

wenn deren Familienoberhaupt in Konkurs geriet.<br />

Nicht wenige Vormundschaften für Volkemer Bürgerinnen und Bürger betrafen Volkemer mit Wohnsitz<br />

<strong>im</strong> Kanton Zürich. Natürlich musste für jede Massnahme die Wohngemeinde entsprechend benachrichtigt<br />

werden. Offenbar erhöhte sich die Streitfreudigkeit der Mündel mit der Distanz zu <strong>Volken</strong>, denn in den<br />

Protokollen des <strong>Gemeinde</strong>rates nehmen solche Auseinandersetzungen einen bedeutenden Teil ein.<br />

Zu Gewissensfragen konnte es kommen, wenn ein Bevormundeter nach Amerika auswandern wollte und<br />

darum bat, der Vormund möchte ermächtigt werden, ihm das nötige Geld aus seinem eigenen Vermögen<br />

auszuhändigen. Da wurde natürlich zuerst der Leumund geprüft sowie, ob ein Einwanderungsland ihn<br />

überhaupt annehmen würde. Dann wurde <strong>im</strong> Bejahungsfall ein Betrag freigegeben unter der Bedingung,<br />

dass er erst ausbezahlt werde, wenn alle notwendigen Papiere und Bewilligungen vorlägen und es sicher<br />

sei, dass das Mündel das Geld nicht anderweitig verwenden werde. - Das Verlockende für einen <strong>Gemeinde</strong>rat<br />

war natürlich die Aussicht, dass mit der Auswanderung künftige Belastungen der <strong>Gemeinde</strong>kasse vermieden<br />

werden könnten, sodass durchaus ein Grund für Grosszügigkeit bestand, falls Missbrauch wirklich<br />

ausgeschlossen werden konnte.<br />

Generell kann festgestellt werden, dass der <strong>Gemeinde</strong>rat als Vormundschaftsbehörde differenziert auf die<br />

individuelle Situation der von ihm beaufsichtigten Vormundschaften einging und dass er <strong>im</strong> Interesse der<br />

Mündel handelte, wobei er sich <strong>im</strong>mer bewusst war, dass die Finanzen <strong>Volken</strong>s eine zu grosszügige direkte<br />

finanzielle Unterstützung nicht erlaubten.<br />

45


Die Bevölkerungsentwicklung<br />

<strong>Volken</strong> ist bekanntlich die flächenmässig kleinste <strong>Gemeinde</strong> des Kantons Zürich. Dadurch war sie automatisch<br />

kein Ziel für Zuwanderer, denn in benachbarten grösseren <strong>Gemeinde</strong>n war mehr Land als Grundlage<br />

für Neuzuzüger; der Anteil am Bürgernutzen <strong>Volken</strong>s (Ertrag der Allmeinden und des gemeindeeigenen<br />

Waldes) war entsprechend klein. Als ab 1560 die Stadt Zürich wegen „Überfremdung― die Einbürgerung in<br />

die Stadt praktisch verunmöglichte und die Landgemeinden seit dem frühen 16. <strong>Jahrhundert</strong> von der Zürcher<br />

Obrigkeit die Erlaubnis erhielten, „Einzugsbriefe― auszustellen, also für Neuzuzüger prohibitive Einkaufsgelder<br />

zu erheben, da war von <strong>Volken</strong> bis 1707 kein derartiges Begehren bekannt. Erst 1707 baten die<br />

Volkemer um die Genehmigung, für die Zuheirat von fremden Mädchen und Frauen nach <strong>Volken</strong> eine<br />

Steuer erheben zu dürfen. Das zeigt doch deutlich, dass es sich bei allfälligen Zuzügen von aussen hauptsächlich<br />

um Zuheiraten handelte und dass Land- und/oder Hauskäufe durch Fremde kein Problem darstellten,<br />

dem mit obrigkeitlichen Mitteln Einhalt geboten werden musste<br />

Jahr Einwohner<br />

1476 55<br />

1611 110<br />

1612 72<br />

1634 194<br />

1685 322<br />

1727 323<br />

1809 282<br />

1850 385<br />

1900 248<br />

1930 267<br />

1986 205<br />

1993 248<br />

2002 273<br />

2003 282<br />

2007 292<br />

2008 297<br />

Seit dem frühen 16. <strong>Jahrhundert</strong> wurde die Überbevölkerung auf dem Gebiet<br />

des Stadtstaates Zürich zur drückenden Realität. Ab den 1460er Jahren bis<br />

Ende des 16. <strong>Jahrhundert</strong>s verdreifachte sich seine Bevölkerung 17 . Allerdings<br />

starb 1612 in <strong>Volken</strong> 1/3 der Bevölkerung an der Pest. 1727 wurde ein vorläufiger<br />

Höhepunkt der Bevölkerungszahl erreicht. Das Land konnte seine Kinder<br />

kaum mehr ernähren. Viele mussten ihren Lebensunterhalt auswärts verdienen.<br />

So schrieb der Pfarrer von Flaach-<strong>Volken</strong> Ende des 17. <strong>Jahrhundert</strong><br />

<strong>im</strong> Pfarrbuch: „Viele sind in die Pfalz gezogen―. Die Verantwortlichen wollten<br />

den die <strong>Gemeinde</strong> potentiell belastenden Zuzug durch Heirat finanziell<br />

durch einen Einkauf kompensieren. - 1850 übertraf mit 385 Einwohnern alle<br />

Rekorde, doch die Auswanderungs- und Wegzugswelle in der 2. Hälfte des<br />

<strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s liess die Bevölkerungszahl dramatisch einbrechen. -<br />

An der Versammlung vom 20. Februar 1870 wurde mitgeteilt, dass <strong>im</strong> revidierten<br />

St<strong>im</strong>mregister 80 Kantons- und 1 Schweizerbürger verzeichnet seien.<br />

Am 28. März 1874 berichtete der <strong>Gemeinde</strong>rat, dass in <strong>Volken</strong> 57 Haushaltungen<br />

existierten<br />

Im <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong> setzte eine zunehmende Landflucht ein, bedingt durch Ernteausfälle, Teuerung, politische<br />

und religiöse Umbrüche sowie die beginnende Industrialisierung. Die Städte versprachen bessere Arbeitsbedingungen,<br />

überseeische „Paradiese― wie Nord- und Südamerika, aber auch Russland, warben um<br />

Einwanderer. Die Auswanderung aus der Schweiz erreichte in den Jahren 1882/83 Rekorde, so dass der<br />

Bundesrat am 22. März 1888 das „Bundesgesetz betreffend den Geschäftsbetrieb von Auswanderungsagenturen“<br />

erliess, um die Auswanderung in den Griff zu bekommen. Ärmere <strong>Gemeinde</strong>n, so auch <strong>Volken</strong>,<br />

waren froh, wenn sie potentiell armengenössige Mitbewohner zur Auswanderung bewegen konnten. Ihnen<br />

wurden oft die Kosten einer Auswanderung bezahlt. Heute klingt erstaunlich, welche Gründe Schweizer<br />

Auswanderer nach St. Petersburg in Russland am Anfang des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s für ihre Wegzugsentscheide<br />

angaben: „die <strong>im</strong> Vergleich ruhige politische Lage <strong>im</strong> zaristischen Russland“, denn damals war die Eidgenossenschaft<br />

von heftigen Kämpfen zwischen Liberalen und Konservativen geprägt 18 .<br />

Am 25. März 1875 wollte der <strong>Gemeinde</strong>rat einen jungen Mann nach Australien abschieben. Er gab der<br />

Auswanderungsagentur Wirth und Fischer in Zürich Aussersihl den Auftrag, ihn auf ein Schiff zu bringen,<br />

welches nach Australien fahre. Der junge Mann, 17 Jahre alt, sei gesund und kräftiger Natur und habe<br />

schriftlich in diese Reise eingewilligt. Dann kam die Ernüchterung. Die Auswanderungsagentur berichtete,<br />

er sei in Hamburg kurz vor Abfahrt durchgebrannt, und sie klagte auf Bezahlung der versprochenen Fr.<br />

100.-. Doch der <strong>Gemeinde</strong>rat und die Armenpflege von Flaach-<strong>Volken</strong> erwiderten, dass „sie (die Agentur)<br />

denselben nicht unter guter Aufsicht gehalten habe“, sodass er durchbrennen konnte. Die Armenpflege<br />

fühle sich deshalb nicht verpflichtet, diese Summe zu bezahlen. Die Agentur hätte ja gewusst, dass der<br />

Abzuschiebende „seit einiger Zeit <strong>im</strong> Kanton Thurgau in einer Korrektions- oder Zwangsanstalt gewesen<br />

sei und dass alle Mühe nichts gefruchtet hätte, denselben zu einem besseren Lebenswandel zu bringen“.<br />

Graphisch sieht man diese Bevölkerungsentwicklung in den Kartenausschnitten der Seiten 28 und 29.<br />

17 Otto Sigg: Aus der Festschrift für Peter Stadler, Zürich<br />

18 Mitteilungen der Antiquarischen Gesellschaft in Zürich, Band 75, Seite 15<br />

46


Das Bürgerrecht von <strong>Volken</strong><br />

Die Weggezogenen<br />

Am 4. August 1883 wurde festgehalten, dass die meisten Auswanderer aus der hiesigen <strong>Gemeinde</strong> wegen<br />

familiären Verhältnissen ausgewandert seien.<br />

Ende Dezember 1886 wurde das Bürgerrechtsregister bereinigt und mit dem Zivilstandsregister verglichen.<br />

Es mussten auf einmal 25 Familien gestrichen werden. Später kamen weitere 20 hinzu. Nicht allen, die auf<br />

ihr Volkemer Bürgerrecht verzichteten, war das gleichgültig. Nationalrat Hans Konrad Kramer, geboren<br />

11. Mai 1834, wünschte am 7. Januar 1893 samt seiner Frau Luise geborene Frei aus dem Bürgerverband<br />

entlassen zu werden, da ihm das Bürgerrecht der Stadt Zürich geschenkt worden sei. Es schenkte seinerseits<br />

zum Abschied der Schulgemeinde Fr. 500, welche dieses zum Kauf von Schulbänken verwenden wollte.<br />

Zuvor schon hatte er <strong>Volken</strong> „zur Erleichterung der Steuern― Fr. 2'500 und für die Unwettergeschädigten<br />

vom 9. Juni 1885 Fr. 50 geschenkt. - Leider gab auch Gustav Keller, Grossvater des Verfassers dieses<br />

Büchleins, am 13. Juni 1897, sein Volkemer Bürgerrecht auf.<br />

Die Neuzuzüger<br />

Noch am 24. März 1864 schrieb der <strong>Gemeinde</strong>rat in einer Stellungnahme zum vorgeschlagenen Gesetz<br />

über das <strong>Gemeinde</strong>wesen, „es kommen selten Einbürgerungen von Kantonsbürgern oder Niederlassung<br />

von Landesfremden vor“. Und am 12.Februar 1873 „wohnten keine kantonsfremden Familien in <strong>Volken</strong>.―<br />

Am 18. Juli 1877 beantragt der <strong>Gemeinde</strong>rat dem Bezirksrat Andelfingen als Antwort auf dessen Kreisschreiben,<br />

dass die Einkaufsgebühr für die Erwerbung des Bürgerrechts der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong> auf 100<br />

Franken festgesetzt werde, nämlich<br />

für das Kirchengut 10 Franken<br />

für das Armengut 40 Franken<br />

für das <strong>Gemeinde</strong>gut 30 Franken<br />

für das Schulgut 20 Franken<br />

Ab 1894 wurde <strong>Volken</strong> plötzlich zu einer <strong>Gemeinde</strong>, die erstaunlich oft von Vermittlern oder direkt von<br />

Ausländern angefragt wurde, ob diese das Volkemer Bürgerrecht erwerben könnten. Der Erste war ein<br />

Deutscher, F.D. in Zürich. Nachdem der <strong>Gemeinde</strong>rat aber feststellen musste, dass der Bewerber kein<br />

Vermögen besass und auch aus keiner besonders vermöglichen Familie stammte und damit für <strong>Volken</strong> kein<br />

Nutzen resultierte, wurde das Gesuch an der Sitzung vom 21. Januar 1894 abgelehnt.<br />

Am 25. Oktober 1897 empfahl der <strong>Gemeinde</strong>rat der nächsten <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom 6. November<br />

1897 die Aufnahme von Theodor Waldemar Siegel in Danzig ins Bürgerrecht. Ebenso empfahl er die Aufnahme<br />

der Gebrüder Otto und Ludwig Vogelbacher von Wolpadingen, Grossherzogtum Baden, ins Bürgerrecht.<br />

Hingegen solle das Aufnahmegesuch der minderjährigen Brüder Emil und Hermann Vogelbacher<br />

abgewiesen werden. Am 24. November nahm der <strong>Gemeinde</strong>rat formal Kenntnis von der unbenützten Rekursfrist<br />

gegen den Beschluss der <strong>Gemeinde</strong>versammlung, die Gebrüder Otto und Ludwig Vogelbacher aus<br />

Wolpadingen und Waldemar Siegel aus Danzig, Preussen, ins Bürgerrecht aufzunehmen und beschloss, die<br />

entsprechenden <strong>Gemeinde</strong>versammlungsbeschlüsse mit den Akten an das Statthalteramt zur Weiterleitung<br />

an den Regierungsrat zu senden. - Auf ein entsprechendes Gesuch von Edmund Krenn aus Zürich wurde<br />

geantwortet, dass sein Gesuch abgelehnt worden sei, mit der Bemerkung, dass die <strong>Gemeinde</strong> vorderhand<br />

keine neuen Bürger mehr aufnehme.<br />

Ein Herr Th. Konrad Sulz in Bern fragte an, ob die <strong>Gemeinde</strong> nicht noch eine Anzahl Ausländer, welche<br />

das Schweizer Bürgerrecht erworben hätten, als Bürger aufnehmen würde. Ihm wurde am 1.September<br />

1898 der Beschluss vom 29. August 1898 übermittelt, dass jedenfalls von der <strong>Gemeinde</strong>versammlung die<br />

von ihm angegebenen Ausländer nicht angenommen würden, da die St<strong>im</strong>mung der Bürger so sei, dass nur<br />

ganz gut situierte Leute oder solche, die sicheres Auskommen hätten, angenommen würden. - Am 14. Januar<br />

1899 wurde eine ähnliche Anfrage von Herrn Karl Ochsner, Rechtsagent in St. Gallen, <strong>im</strong> gleichen<br />

Sinne beantwortet mit dem vielsagenden Zusatz: „Berücksichtigung finden könnten solche, welche neben<br />

der gewöhnlichen Einkaufsgebühr uns ein Geschenk von mindestens 800 Franken machten.“<br />

Noch zwei Bürgerrechtsgesuche wurden bis 1900 positiv entschieden, für einen Spengler aus Schüpfhe<strong>im</strong><br />

und eine Witwe aus Roveredo. Die übrigen wurden mit Hinweis auf die negative St<strong>im</strong>mung abgelehnt.<br />

47


Eidgenössische Volkszählungen<br />

1.12.1870 11.12.1880 1.12.1888<br />

Anzahl der Wohnhäuser 62<br />

Haushaltungen (1792: 56) 19 66 (1874: 57) 59<br />

Bewohnbare Räumlichkeiten 307<br />

Am Zählungstag anwesende Personen 295 272 267 (1900:248)<br />

männliche 146 145 144<br />

weibliche 149 127 123<br />

zusammenlebende Ehegatten 110<br />

nicht zusammenlebende Ehegatten 3<br />

verwitwete 16<br />

ledige 166<br />

<strong>Gemeinde</strong>bürger 258 227<br />

Bürger aus anderen <strong>Gemeinde</strong>n des Kantons 35<br />

Schweizerbürger 2<br />

In der <strong>Gemeinde</strong> geborene Einwohner 191<br />

Auswärts geborene Einwohner 76<br />

Protestanten 295 256<br />

Katholiken 3<br />

Andere Konfession 8<br />

Deutschsprechende Haushaltungen 66<br />

Fabrikgeschäfte: Mühlen, Säge 2<br />

Pferde kräfte 10<br />

Arbeiter männlich 3<br />

Vorübergehende Anwesende 3<br />

Vorübergehend Abwesende 57<br />

Waren also Ende 1870 noch 295 Personen in <strong>Volken</strong> anwesend, d.h. dass sie dort wohnten, so reduzierte<br />

sich ihre Anzahl in den nächsten 30 Jahren bis 1900, auf 248 Personen, ein Minus von <strong>im</strong>merhin 47 Menschen<br />

oder 16%, ein auch statistisch beachtlicher Rückgang, ganz zu schweigen von seiner menschlichen<br />

politischen und wirtschaftlichen Bedeutung.<br />

Der Druck oder Reiz zum Wegwandern verschonte auch die wohlhabenden und politisch wichtigen Familien<br />

nicht. Dies soll beispielhaft und stellvertretend für andere Geschlechter anhand des Schicksals der Familien<br />

der beiden politisch wichtigsten Brüder nach der Revolution von 1798, Heinrich Keller, erster Friedensrichter,<br />

und Hans Konrad Keller, erster <strong>Gemeinde</strong>ammann, gezeigt werden.<br />

19 Emil Stauber: Geschichte der Kirchgemeinde Andelfingen, 2. Band, Seite 938<br />

48


Die Familie von Heinrich Keller (20.September 1774 - 24.Dezember 1844)<br />

Er blieb hier Friedensrichter bis zu seinem Tod. Sein Sohn gleichen Namens zog 1856 <strong>im</strong> Alter von 52<br />

Jahren mit seiner Familie in die „Schmalzgrueb, Pfarrei Küsnacht―, einen kleinen Weiler auf dem Küsnachter<br />

Berg. Er war Landwirt. Am 31.1.1873 starb er. Seine Frau Anna, geborene Richi aus Flaach, starb ein<br />

gutes Jahr später. Warum er ausgerechnet in diesen kleinen Weiler Küsnachts zog, ist unbekannt.<br />

Seine sechs Kinder wurden alle in <strong>Volken</strong> geboren: Anna, geb. 28.2.1831, heiratete am 9.8.1855 einen<br />

Kaspar Schärer aus Horgen, wohnhaft in Zollikon; Barbara lebte vom 26.9.1833 bis 18.8.1865; Heinrich,<br />

geb. 26.4.1839; Susanna geb. 29.10.1840; Konrad lebte vom 18.11.1843 bis 21.5.1858; Ulrich, geboren<br />

1844, schliesslich Albert, geboren 4.12.1846. Er heiratete am 23.3.1873 Lina Peier, mit welcher er zwei<br />

Kinder hatte, Konrad Albert geboren 23.3.1873 und Sophia, geboren 4.5.1874. Sein neuer Wohnort schien<br />

ihm sehr zu behagen; seine Familie blieb in der Schmalzgrueb und erhielt das Küsnachter Bürgerrecht.<br />

Heinrichs und Annas Tochter Susanna war offenbar recht lebenslustig. Jedenfalls hatte sie, wie einschlägigen<br />

Gerichtsakten entnommen werden kann, am 26.2.1860 „fleischlichen Umgang― mit einem Knecht eines<br />

Bauern auf dem Küsnachter Berg, aus welchem ein Sohn Robert resultierte. Die elterliche Gewalt und<br />

die Standesfolge wurden ihr zugesprochen. Im Februar 1870 zog sie nach Zumikon und heiratete am 7.<br />

November 1870 Konrad Schuler aus <strong>Volken</strong> in der damals neuen und als Heiratskirche populären Kirche<br />

Neumünster in Zürich.<br />

Die Familie Schuler: Sie waren alle Seidenweber von Beruf. Der 45 Jahre alte Hans Ulrich war in erster<br />

Ehe mit Anna Bretscher aus Dorf verheiratet. Er war nicht gerade gern gesehen, war er doch wegen Urkundenfälschung<br />

und Falschmünzerei vorbestraft. Als er 1855 Haus und Äcker verkaufte, zwang ihn der Vater<br />

seiner ersten Frau mittels einer Klage vor Gericht, vom Frauengut 400 Franken für die Kinder separat zu<br />

versichern. Gemäss <strong>Gemeinde</strong>rats-Protokoll soll er aus dem Erlös ein Kleingewerbe in Küsnacht gekauft<br />

haben, möglicherweise auf dem Küsnachter Berg die nur 700 Meter von der Familie Keller entfernte Wolentberen<br />

(heute ein Einzelhaus mit Sägerei). Dorthin zog er mit seinen beiden Kindern Anna und Konrad,<br />

gleichzeitig mit der Familie von Heinrich Keller. Im Protokoll der <strong>Gemeinde</strong>versammlung <strong>Volken</strong>s vom<br />

16. Februar 1861 liest man, dass „Hans Ulrich Schuler, Seidenweber, in Wollentbehren, ein Gesuch um<br />

Unterstützung stellte, wegen seines Brandunglücks“. Die <strong>Volken</strong>er lehnten ab, waren sie doch von seinem<br />

Ruf alles andere als begeistert. Er verstarb am 17. Mai 1867 und hinterliess einen überschuldeten Nachlass.<br />

Der <strong>Gemeinde</strong>rat von <strong>Volken</strong> verzichtete zugunsten der Witwe und der damals noch unmündigen Kinder<br />

auf die Geltendmachung seiner Ansprüche. Die Witwe Schuler zog hierauf zur Familie des Heinrich Keller<br />

in die Schmalzgrueb. Offenbar war noch viel Arbeit zu erledigen, denn ein Hans Jacob Schneider aus Volketswil<br />

stiess am 3. November 1867 zur Witwe Schuler und blieb bis Mitte Mai 1870 bei ihr, also bis kurz<br />

vor der Hochzeit des Sohnes Konrad mit Susanna Keller.<br />

Foto: www seeland.net/museum/<br />

bauern/bau29.htm<br />

Die Tochter Anna arbeitete als Weberin <strong>im</strong> Küsnachter Berg in Einzelhöfen:<br />

bei Jakob Bruppacher <strong>im</strong> Wieserholz, bei Schulthess in der<br />

Wangenwies, bei Fenner in der Wies und bei Heinrich Uster <strong>im</strong> Hesliben,<br />

einem Einzelhof südlich vom Holletsmoos, dem heutigen<br />

Schiessstand.<br />

Der Sohn (Hans) Konrad lernte sein Gewerbe zuerst in Fällanden,<br />

dann als Kostgänger bei Rud. Hardmeyer <strong>im</strong> Heslibach, d.h. er arbeitete<br />

und wohnte bei Hardmeyers. Dann ging er als Weber zu Ulrich<br />

Wettstein und zog schliesslich, am 3. März 1869 zu Heinrich Keller<br />

in die Schmalzgrueb. Dessen Tochter heiratete er bekanntlich am 7.<br />

November 1870. Das junge Paar hatte zuerst unglückliche Zeiten,<br />

denn ihre ersten beiden Kinder Albert und Anna starben kurz nach<br />

ihrer Geburt. Konrad zog mit seiner Familie und seiner Stiefmutter <strong>im</strong><br />

Juli 1871 zur „Wies, Forch―, wo bereits seine Schwester Anna bei<br />

Fenners wohnte. Am 12. Oktober 1875 kam Anna Maria zur Welt,<br />

und einige Monate später übersiedelte die ganze Familie nach Zumikon.<br />

1887 zog die Familie Schuler nach Küsnacht-Itschnach. Dann<br />

verlieren sich ihre Spuren. Die unselige Umsetzung unseres Datenschutzgesetzes<br />

verhindert weitere Nachforschungen.<br />

49


Die Familie von Hans Konrad Keller (28. Februar 1779 – 23. Juni 1821<br />

Als die helvetische Revolution 1798 über die Schweiz hereinbrach, war Hans Konrad Keller gerade 19<br />

Jahre alt. Wie dem Verzeichnis der Patentgesuche für die Führung einer Weinschenke zu entnehmen ist, hat<br />

er um 1798 eine Weinschenke eröffnet, mangels zuständigen Ämtern ohne Bewilligung, sie aber offenbar<br />

klaglos geführt. Seine Eltern verstarben beide 1808. Sie konnten noch erleben, dass Hans Conrad 1805 zum<br />

ersten <strong>Gemeinde</strong>ammann <strong>Volken</strong>s gewählt wurde. Dieses Amt hatte er 9 Jahre inne. 5 Jahre nach dem Tod<br />

seiner Eltern heiratete er Susanna Gisler, mit der er drei Kinder hatte, Johann Conrad, Anna Barbara und<br />

Susanna.<br />

Neben seiner gemeindepolitischen Tätigkeit war er Bäcker (genannt „Oberbeck―) und Bauer und betrieb<br />

eine Weinschenke. Ihm gehörten ein Wohnhaus (mit Weinschenke, dem heutigen Restaurant Post), ein<br />

Waschhaus und eine Trotte <strong>im</strong> Zentrum <strong>Volken</strong>s.<br />

Über seine letzten Jahre ist nichts bekannt. Er verstarb am 23. Juni 1821 <strong>im</strong> Alter von 42 Jahren an „Steckfluss―,<br />

d.h. Bronchitis oder Lungenentzündung, was eine vorangegangene längere Krankheitszeit wahrscheinlich<br />

macht. Das dritte Kind, Susanna, kam zwei Tage vor seinem Tod, am 21 Juni 1821, zur Welt<br />

und verstarb einen Tag nach seinem Tod, am 24. Juni 1821. Beide wurden gemeinsam am Donnerstag, 28.<br />

Juni 1821, beerdigt. Der Pfarrer schrieb als Todesursache des dreitägigen Säuglings: „Schwächling―. Es ist<br />

möglich, dass beider Schwäche dieselbe Ursache hatte und beide am selben Infekt gestorben sind.<br />

Das heisst folgerichtig, dass seine Frau Susanna schon vor und dann auch während ihrer Schwangerschaft<br />

für ihren Mann, seine Arbeit, ihre beiden Kleinkinder sorgen und schliesslich Mann und Neugeborenes<br />

hergeben musste. Sie musste eine ungeheure seelische und körperliche Belastung auf sich nehmen und<br />

durchstehen.<br />

Es ist heute kaum mehr vorstellbar, was sie damals durchmachte: selber von der gewaltigen Arbeit und<br />

Sorge gezeichnet, zwei Kleinkinder, einen Bauernhof, eine Weinschenke (die sie tapfer weiterführte), und<br />

nun nicht mehr die Frau des Alt-<strong>Gemeinde</strong>ammanns und geachteten Bauern, Wirts und Bäckers, sondern<br />

Witwe. Damals hatten Frauen wenig Rechte und Ansehen. Letzteres war stark von der Stellung des Mannes<br />

abhängig. Eine Sozialversicherung gab es ja noch lange nicht. Doch in ihrem Fall spielte die Solidarität <strong>im</strong><br />

Familienverband. Ihr Bruder wurde zu ihrem Beistand ernannt. Heinrich Keller, Bruder des Verstorbenen<br />

und Friedensrichter, wurde Vogt (Vormund) der Kinder. Beide verzichteten jeweils auf die ihnen von Gesetzes<br />

wegen zustehende Funktionsvergütung. Ihr relativer Wohlstand gestattete es ihnen, nicht um Hilfe<br />

von der <strong>Gemeinde</strong> nachsuchen zu müssen.<br />

Gezeichnet von Mariana Fedorova, Zürich<br />

50


Johann Conrad Keller (28. Januar 1817 – 7. März 1888)<br />

Johann Conrad Keller wurde bekanntlich mit knapp 4 ½ Jahren Waise. Seine Geburt fiel in die Zeit einer<br />

allgemeinen Hungerkrise. Die Arbeiten auf dem Feld und <strong>im</strong> Rebberg waren mangels technischer Hilfsmittel<br />

äusserst anstrengend. Seine Mutter Susanna führte den Bauernbetrieb mit Wiesen, Äckern, Wald und<br />

Reben weiter, ebenso die Weinschenke. Man kann füglich annehmen, dass Johann Conrad rasch in Haus<br />

und Hof mithalf.<br />

Dennoch holte er sich eine gute Schulbildung. Die Stellung und Tätigkeit seines früh verstorbenen Vaters<br />

schien ihn zu verpflichten und anzuspornen, sich frühzeitig der Dorfpolitik zuzuwenden. So erschien er, 23<br />

Jahre alt, in der Vormundschaftsrechnung vom 11. August 1840 für die Jahre 1837 bis 1839 als zwar noch<br />

bevormundet, aber doch schon als <strong>Gemeinde</strong>schreiber, der seit mehr als einem Jahr <strong>im</strong> Amt ist(!). Bei dieser<br />

Gelegenheit baten seine Mutter und er angelegentlich um Entlassung aus der Vormundschaft. Dies wurde<br />

ihnen gewährt, „da sowohl der Witwe als auch den Vogtkindern―, d.h. ihm und seiner Schwester Annebärbeli,<br />

„in jeder Hinsicht haushälterisches Betragen nirgends abgeht, sodass für die Zukunft für dieselben<br />

weder in ökonomisch noch in moralischer Hinsicht auf ihre Existenz auch ohne weitere Bevogtetung<br />

gar keine Besorgnis obwalte“. Ein sehr gutes Leumundszeugnis also. Bereits in der vorangegangenen<br />

Vormundschaftsrechnung vom 3. März 1838 (Johann Conrad war knapp 21 Jahre alt) wurde der Familie<br />

attestiert, dass sie fähig sei, ihre Güter ohne weitere Aufsicht und Bewilligungspflicht zu bewirtschaften.<br />

Trotz seines Alters wurde Johann Conrad noch „Vogtknab― genannt.<br />

Am 11. August 1840 genehmigte der <strong>Gemeinde</strong>rat <strong>Volken</strong>s den „angelegentlichen Antrag auf Entlassung<br />

aus der Vormundschaft― von Vormund und Mutter, unter Vorbehalt der Zust<strong>im</strong>mung des loblichen Bezirksrates.<br />

Johann Conrad scheint keine Zeit verloren zu haben. Das Wohnhaus mit Weinschenke wurde<br />

ausgebaut, es wurden eine Scheune und eine Stallung angebaut und deshalb die Gebäudeschatzung des<br />

Hauses 40A von 3200 Gulden auf 4000 Gulden erhöht. Im Wohnhaus der Familie befand sich ja auch die<br />

Weinschenke, der Gastraum des heutigen Restaurants Post. Das Waschhaus Liegenschaft 40B erhielt zusätzlich<br />

einen Schweinestall. Die Trotte Haus Nr. 41 wurde ebenfalls neu geschätzt, sicherlich auch hier<br />

wegen eines Ausbaus. Aus dem Blatt der Kantonalen Gebäudeversicherung geht nicht hervor, ob die nun<br />

detailliert aufgeführten Werkzeuge, die für das Verarbeiten der Trauben benötigt wurden, neu waren oder<br />

lediglich erstmals in allen Einzelheiten aufgeführt wurden.<br />

In der Schluss-Haushalts-Rechnung der Vormundschaft vom 30. März 1842 steht geschrieben, dass er Seckelmeister,<br />

d.h. für die Finanzen zuständiger <strong>Gemeinde</strong>rat der <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong>, war. Die „bevogteten<br />

Kinder― wurden auf ihr Ersuchen hin aus der Bevormundung entlassen (nochmals!), da sie ihr Mündigkeitsalter<br />

erreicht hätten. Johann Conrad war nun zusammen mit seiner Mutter selbständiger Bauer, Winzer,<br />

Bäcker und Weinschenk. Er spielte in <strong>Volken</strong> zu seinen Lebzeiten eine grosse Rolle in der <strong>Gemeinde</strong>politik.<br />

So war er mit 23 Jahren <strong>Gemeinde</strong>schreiber, kurz darauf <strong>Gemeinde</strong>rat und gleich Seckelmeister,<br />

1847 – 1850 <strong>Gemeinde</strong>präsident, 1853 – 1856 sowie 1863 – 1865 <strong>Gemeinde</strong>ammann. Daneben hatte er das<br />

Amt eines Feuerwehrkommandanten inne und von 1867 bis 1888 das des Posthalters. Während seinem<br />

ganzen Erwachsenenleben war er „Weinschenk― <strong>im</strong> Restaurant Post, das als einziges aller Weinschenken<br />

des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s heute noch existiert und auch unter der Familie Erb wegen seiner hervorragenden<br />

Küche und sauber gekelterten Weinen, aber auch als Informationszentrum <strong>im</strong>mer noch eine wichtige Rolle<br />

spielt.<br />

Mit Ausnahme der ältesten Tochter, die kurze Zeit nach ihrer Heirat in Zollikon wieder zurückkehrte, verliessen,<br />

wie nachstehend beschrieben, sämtliche Kinder <strong>Volken</strong>.<br />

51


Der Wegzug der Nachkommen Johann Conrad Kellers<br />

Der Wandertrieb der Nachkommen von Johann Conrad Keller ist <strong>im</strong> <strong>Gemeinde</strong>archiv von <strong>Volken</strong> gut dokumentiert.<br />

Wer wegziehen wollte, musste einen He<strong>im</strong>atschein beantragen, so wie heute eine Identitätskarte<br />

oder ein Pass nötig ist. Das Ziel des Weggangs wurde unter der Rubrik „Visa― festgehalten. Folgende<br />

Anträge auf Ausfertigung eines He<strong>im</strong>atscheins sind <strong>im</strong> <strong>Gemeinde</strong>archiv <strong>Volken</strong>s verzeichnet:<br />

Anna Keller:<br />

Sie bekam am 13. Mai 1874 He<strong>im</strong>atschein Nr. 95,Visa Schaffhausen, gab ihn rasch wieder ab, kehrte am<br />

23. Mai nach Schaffhausen zurück (wohl zu ihrem Bruder, der in Schaffhausen Grossmetzger war) und<br />

heiratete am 9. Mai 1875 Albert Ernst in Zollikon. Ihre Ehe wurde auf ihre Klage hin am 22.9.1877 vom<br />

Obergericht wegen Unzumutbarkeit geschieden. Sie kehrte nach <strong>Volken</strong> zurück und heiratete am 29. August<br />

1878 den Witwer Conrad Gisler, der seinen Sohn Johann Conrad in die Ehe brachte, den Stammvater<br />

der Blapps.<br />

Susanna Luise Keller:<br />

Ihr wurde am 26. Juni 1865 He<strong>im</strong>atschein Nr. 11 ausgestellt, Visa Winterthur, ledig. Dort heiratete sie am<br />

13. März 1871 Johann Konrad Ammann und blieb in Winterthur.<br />

Johann Conrad Keller:<br />

Er erhielt am 17. Januar 1870 den He<strong>im</strong>atschein Nr. 38,Visa innerhalb dem Kanton und am 23. August<br />

1877 He<strong>im</strong>atschein Nr. 144 Visa Schaffhausen. Allerdings hatte er schon am 16. August 1877 in Schaffhausen<br />

(Rosette) Rosa Schenk von Eggiwil BE geheiratet. Er wurde ein erfolgreicher Grossmetzger in dieser<br />

Stadt. Seine Nachkommen zogen nach Genf, Liestal und nach Kanada.<br />

Johann Hermann Keller:<br />

Er verreiste am 3. Januar 1869 nach Winterthur, kehrte aber <strong>im</strong> Mai 1869 zurück 20 . Ferner erhielt er am 30.<br />

April 1870 den He<strong>im</strong>atschein Nr. 45, Visa ausser Kanton, ledig. Er verdiente sein Geld als Weinhändler in<br />

Genua und nahm nach seiner Rückkehr nach Neuenburg seine Mutter zu sich. Da die Mutter nach dem Tod<br />

ihrer Tochter Anna starb, war niemand mehr in <strong>Volken</strong> oder Flaach, der ihr Grab hätte besorgen können.<br />

Deshalb arrangierte er, dass sie in Neuenburg begraben werde. Ein Legat sorgte für die Bepflanzung während<br />

der ganzen Liegedauer des Grabes. Nachher zog er über La-Tour-de-Peilz nach Siders. Von ihm wird<br />

gesagt, dass er Genf und Lausanne mied, da ihm der Wind zu kalt war. Als er in La-Tour-de-Peilz wohnte<br />

und einmal zur <strong>Gemeinde</strong>verwaltung ging, musste er sich als Deutschschweizer am Schalter „Etrangers―<br />

anstehen. Das ärgerte ihn derart, dass er ins Wallis zog.<br />

Gustav Keller:<br />

Er scheint der wanderfreudigste Nachkomme gewesen zu sein, denn er erhielt am 30. Juni 1875 einen He<strong>im</strong>atschein,<br />

Bemerkung „Bäcker, ledig―, Visa ausserhalb des Kantons, gab ihn wieder zurück und nahm ihn<br />

am 17. August 1879 wieder in Empfang. - Am 29. September 1882 schrieb er der <strong>Gemeinde</strong>kanzlei, er sei<br />

in La-Tour-de-Peilz und hätte seinen He<strong>im</strong>atschein anlässlich eines Truppenzusammenzugs verloren. Kurz<br />

darauf erhielt er den He<strong>im</strong>atschein Nr. 186, Visa Le Fleur, Waadt, gültig für 6 Wochen und am 25. November<br />

1882 bekam er den He<strong>im</strong>atschein Nr. 187, erneut Visa Le Fleur, Waadt. Das Staatsarchiv des Kantons<br />

Waadt stellt auf Anfrage allerdings fest, dass es ein Le Fleur VD weder gibt noch gab und dass für<br />

einen Gustav Keller, Bäcker, in dieser Zeit weder eine Aufenthalts- noch eine Arbeitsbewilligung <strong>im</strong> Kanton<br />

Waadt ausgestellt wurde! Ob er in diesen Jahren wieder auf die Walz nach Deutschland zog, wie seine<br />

Tochter berichtete, bleibt sein Gehe<strong>im</strong>nis.<br />

Dieser He<strong>im</strong>atschein wurde am 12. März 1886 zurückgegeben und gleichentags gegen den He<strong>im</strong>atschein<br />

Nr. 202, Visa Zürich, ausgetauscht. Am 11. März 1886 heiratete Gustav Emma Ehrensperger in Winterthur.<br />

Zehn Jahre später zog er nach Zürich. 21<br />

20 StAZH E III 42 14 (Abwesende in <strong>Volken</strong>)<br />

21 Gemäss Protokoll des Zürcher Stadtrates vom 5. Mai 1897 über die Gewährung des Bürgerrechts<br />

52


Anhang<br />

Das Blatt der Kantonalen Gebäudeversicherung für das Haus Restaurant Post 22<br />

Diese Liste zeigt, wie sich der Assekuranzwert der Liegenschaft in den Jahren 1812 bis 1841 stetig erhöhte<br />

und so den Wertzuwachs des Hauses reflektierte. 1841 wurde nicht nur das Gebäude, sondern neu die angebauten<br />

Scheune und „Bestallung― mitversichert. Angemerkt wurde: „wegen Reparatur in Schatzung<br />

genommen“. Nach der Einführung des Schweizerfrankens wurde mit der ersten darauf folgenden Eintragung,<br />

1853, der Assekuranzwert umgestellt von 4000 Gulden auf 8800 Franken, mit der Bemerkung, die<br />

Liegenschaft sei mit Haus Nr. 41 zusammengebaut, dem Trotthaus mit Trottwerk. Die Trotte gehörte 1812<br />

– 1841 dem <strong>Gemeinde</strong>ammann Hans Conrad Keller resp. seiner Witwe und seinem Bruder Heinrich je<br />

hälftig und ab 1845 ganz ihrem Sohn Johann Conrad Keller. Im Versicherungswert inbegriffen sind ab<br />

diesem Datum Trottgebäude und Trottwerk mit Trottbett, Krebs, Stud, Trottbaum, Mutter und Spillen.<br />

1871 wurde ein unterkellerter Schopf angebaut. Sein Versicherungswert: Fr. 800. –<br />

Am 9. Mai 1887, kurz vor dem Tod von Johann Conrad Keller, wurde die Liegenschaft an Konrad Erb,<br />

Abrahamen sel. Sohn, verkauft. Umschrieben wird sie mit „1 Wohnhaus, 1 Scheune und Stall, 1 Schopfanbau<br />

mit Keller“ sowie 1 Waschhaus mit Schweineställen und 1 Trotthaus mit Trottwerk“. Da 1888, am<br />

Ende der „Grossen Depression des <strong>19.</strong> <strong>Jahrhundert</strong>s―, Krise herrschte und <strong>im</strong> Weinbau die Reblaus und der<br />

falsche Mehltau die Ernten zu zerstören begannen, waren die Land- und Liegenschaftenpreise rückläufig.<br />

Im Handänderungsvertrag wurde denn auch festgehalten, dass die „Assekuranzanschläge zufolge niedrigen<br />

Kaufswerthes eine Reduktion erleiden werden“.<br />

22 StAZH RR I 352a, Blätter der Kantonalen Gebäudeversicherung ab 1808<br />

53


Mitglieder des <strong>Gemeinde</strong>rats<br />

S = Seckelmeister FrR = Friedensrichter<br />

Präsident Seckelmeister Mitglied<br />

1805 Heinrich Schuler Hans Conrad Keller Conrad Gisler<br />

1806 Hans Conrad Keller Conrad Gisler Joh. Keller, Tischmacher<br />

1807 „ „ „<br />

1808 „ „ „<br />

1809 Joh. Jacob Hatt Heinrich Schuler Heinrich Keller Fr.R.<br />

1810 Heinrich Keller FrR Heinrich Ritzmann<br />

1811 Joh. Jacob Hatt „ „<br />

1812 „ „ Jacob Gisler, Schuster<br />

1813 „ Conrad Schuler „<br />

1814 Joh. Jacob Hatt „ „<br />

1815 „ „ Heinrich Wegmann<br />

1816 Joh. Jacob Hatt „ „<br />

1818 „ „ „<br />

1819 „ „ „<br />

1820 „ „ Heinrich Gisler<br />

1821 „ „ „<br />

1822 J.J. Hatt, Oberamtsrichter Heinrich Gisler Heinrich Keller alt<br />

Fr.R.<br />

1823 „ „ „<br />

1824 Heinrich Keller auch S FrR Joh. Schuler, Schneider Conrad Gisler<br />

1825 „ „. „<br />

1826 „ „ „<br />

1827 „ „ „<br />

1828 „ „ Joh. Schuler<br />

1829 „ „ „<br />

1830 „ „ „<br />

1831 Konrad Schuler „ Heinrich Ritzmann<br />

1831 „ „ „<br />

1832 „ „ „<br />

1833 „ Johannes Schuler „<br />

1834 „ „ „<br />

1835 „ „ Conrad Keller, Tischmacher<br />

1836 „ „ „<br />

1837 „ „ „<br />

1838 „ „ „<br />

1839 Heinrich Kramer „ Hans Konrad Erb<br />

1840 Jakob Gisler „ „<br />

1841 „ Johann Conrad Keller „<br />

1842 „ „ „<br />

1843 Johannes Kramer „ Conrad Keller, Tischmacher<br />

1844 „ „ „<br />

1845 „ Johannes Keller, Küfer „<br />

1845 „ „ „<br />

1846 „ „ „<br />

1847 Joh.Con.Keller, auch S „ Salomon Ruf<br />

1848 „ „ Jakob Ritzmann, Weber<br />

1849 „ Konrad Saller „<br />

1850 „ „ Heinrich Erb<br />

54


Präsident Seckelmeister Mitglied<br />

1851 Heinrich Erb „ Johann Schuler<br />

1852 „ „ „<br />

1853 „ Heinrich Ritzmann „<br />

1854 „ „ „<br />

1855 Konrad Ruff Schulverwalter „ Konrad Bucher Vizepräsident<br />

1856 „ „ „<br />

1857 „― Heinrich Keller Conraden „<br />

1858 „ „ „<br />

1859 Konrad Bucher/Martin Keller „ Konrad Ruff Schulverwalter<br />

1860 Martin Keller „ „<br />

1861 „ Hch.Keller/Salom.Ruff<br />

1862 „ Salomon Ruff „<br />

1863 „ „ Heinrich Erb<br />

1864 „ „ „<br />

1865 „ „ „<br />

1866 „ „ „<br />

Am 10 Juni 1866 wurden erstmals 5 <strong>Gemeinde</strong>räte gewählt<br />

Präsident Mitglied Mitglied Mitglied Mitglied<br />

1867 Jakob Ritzmann Konrad Morgen Heinrich Saller Konrad Schuler Heinrich Ritzmann<br />

1868 „ „ „ „ „<br />

1869 „ „ „ „ „<br />

1870 Heinr. Ritzmann „ „ „ Rudolf Ruff<br />

1871 „ „ „ „ „<br />

1872 „ „ „ „ „<br />

1873 „ „ „ „ „<br />

1874 „ „ „ Eduard Saller Heinrich Keller<br />

1875 „ „ „ „ „<br />

1876 „ Konrad Keller Konrad Keller<br />

„ Heinrich Gisler<br />

Weber<br />

Rafzers/Weibel<br />

1877 Jakob Gisler<br />

„ „ „ Jakob GislerSchul-<br />

Schuster<br />

pfleger<br />

1878 „ „ „ „ „<br />

1879 „ „ „ „ „<br />

1880 Ulr. Wegmann „ „ „ Johannes Keller<br />

1881 „ „ „ „ „<br />

1882 „ „ „ „ „<br />

1883 Heinr. Ritzmann Ulr. Wegmann Konrad Erb „ Ulrich Messmer<br />

1884 „ „ „<br />

1885 „ „ „<br />

1886 Albert Keller Jakob Büchi jun „ Johannes Schuler Jakob Gisler<br />

1887 „ „ „ „ „<br />

1888 „ „ „ „ „<br />

1889 „ „ „ Eduard Saller Gottfried Schuler<br />

1890 „ „ „ „ „<br />

1891 „ „ „ „ „<br />

1892 „ „ „ Konrad Gisler „<br />

1893 „ „ „ „ „<br />

1894 „ „ „ „ „<br />

1895 „ Eduard Saller „ „ „<br />

1896 „ „ „ „ „<br />

1897 „ „ „ „ „<br />

1898 „ Konrad Ritzmann Heinrich Saller Jakob Gisler „<br />

1899 „ „ „ „ „<br />

1900 Albert Keller Konrad Ritzmann Heinrich Saller Jakob Gisler Gottfried Schuler<br />

55


<strong>Gemeinde</strong>archiv <strong>Volken</strong>, Signatur I B 17<br />

Grundzins-Loskaufs-Vertrag vom 27.3.1847<br />

Kanton Zürich. Namens sämtlicher Inhaber der St. Katharinenthalischen Erblehen-Güter daselbst hat unterm<br />

1. (A) dies durch die hierfür beauftragten Herren Kantonsrat Hatt Müller und alt Seckelmeister Keller,<br />

Weinschenk in <strong>Volken</strong>, bei der Klosterverwaltung St. Katharinenthal die Erklärung gemacht, die an dieselben<br />

schuldigen Grundzinse in moderiertem Anschlage kapitalisieren und ablösen wollen.<br />

Diesem zufolge hat die besagte Verwaltung auftragsgemäss, unter Ratifikationsvorbehalt, mit derselben<br />

gegenwärtige Übereinkunft getroffen und abgeschlossen.<br />

§1<br />

Die e. <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong> hat von den daselbst gelegenen St. Katharinenthalischen Erblehen-Gütern laut<br />

Rechnung und Grundzinsbuch fol. 129/130 an das Gotteshaus St. Katharinenthal alljährlich sammthaft zu<br />

entrichten<br />

a) Kernen zwanzig und zwei Mütt, alt Winterthurer Mass<br />

b) Haber neunzehn Mütt, alt Winterthurer Mass<br />

c) Fasnachtshühner drei Stück )<br />

d) Herbsthühner sechs Stück ) oder an Geld fl.3 Kr 52 ½ RW<br />

e) Eier zweihundert und zehn Stück )<br />

f) Heugeld zwei Gulden fl 2 Kr. – R.W. [rheinische Währung].<br />

§2<br />

Diese Grundzinsschuldigkeiten werden hiermit in gütlichem Verständnis kapitalisiert zu<br />

fl 4’500.— mit Worten<br />

Gulden viertausend fünfhundert R.W. [Rheinische Währung]<br />

Diese Summe verpflichtet sich die e. <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong> anmit dem ehrw. Gotteshaus St. Katharinenthal<br />

nebst betreffendem Zins von Martini 1846 an in fünf gleichen Würfen, als auf Martini 1847, 48, 49, 50 und<br />

1851 jeweils sammethaft und unzertrennt aus einer Hand in groben guten Silberwerten nach der <strong>im</strong> Kanton<br />

Thurgau gesetzlich best<strong>im</strong>mten Währung, ohne allen Abzug, für was <strong>im</strong>mer und frei, vollständig und unklagbar,<br />

abzuzahlen.<br />

§3<br />

Der Zinsfluss wird für den Fall, dass die anbedungenen Zuflüsse von alljährlich richtig und unklagbar auf<br />

die Verfallzeit vollständig entrichtet werden, zu vier vom Hundert bewilligt; sollten die schuldigen Leistungen<br />

jedoch ganz oder theilweises von Martini an über sechs Wochen ausstehen bleiben, so kann der Zins<br />

zu 4 ½% und nach Verfluss von weiteren sechs Wochen aber zu 5% begehrt und eingefordert werden.<br />

§4<br />

Bis zur gänzlichen Abzahlung von Kapital, Zins und Kosten bleiben dem ehrw. Gotteshause St. Katharinenthal<br />

seine bisherigen Rechte ungeschmälert und ohne Eintrag vorbehalten, und so haben demselben die<br />

e. <strong>Gemeinde</strong> sowohl als sämtlich betreffende Einzinse samt den <strong>im</strong> Loskauf begriffenen Grundstücken<br />

solidarisch für alle unbedingt zu haften und einzustehen.<br />

56


§5<br />

Die Klosterverwaltung hat sich für die gegenwärtige Übereinkunft die Ratifikation des tit. Kleinen Rathes<br />

des Kantons Thurgau vorbehalten.<br />

Dessen zur Urkunde ist gegenwärtiger Loskaufs-Vertrag von dem Herrn D. Rogg von Frauenfeld, namens<br />

der ehrw. Klosterverwaltung sowohl, als der e. Vorsteherschaft der e. <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong> namens derselben<br />

durch eigenhändige Unterzeichnung und Besiegelung bekräftigt worden, so geschehen zu St. Katharinenthal<br />

– <strong>Volken</strong>, den 27. März 1847.<br />

Namens der Klosterverwaltung Namens der e.<strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong><br />

Der Gemeinds-Präsident Joh. Kramer<br />

Der <strong>Gemeinde</strong>raths-Schreiber Kündig<br />

Die Aechtheit der Unterschriften des Herrn Präsidenten Kramer und <strong>Gemeinde</strong>rathsschreiber Kündig<br />

Beglaubigt<br />

Andelfingen, den 9. April 1847<br />

Der Bezirksratschreiber Schenk<br />

Ratification<br />

Der Kleine Rath des Kantons Thurgau hat durch Reg<strong>im</strong>inal und Entschluss dd. 24. April 1847 §1149 dem<br />

gegenwärtigen Vertrag die vorbehaltene Ratification erteilt.<br />

Die Klosterverwaltung setzt hiervon die ehrh. <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong> unter Zufertigung eines Vertrags-<br />

Duplicats offiziell andurch in Kenntnis, womit der in §5 enthaltene Vorbehalt zurückgezogen und vorstehender<br />

Vertrag als in allen Best<strong>im</strong>mungen allseitig bindend in Rechtskraft erwachsen erklärt ist.<br />

St. Catharinenthal, den 29. April 1847<br />

Für die Klosterverwaltung<br />

Dr. Rogg<br />

57


Auszug aus dem Protokoll der <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom 10. Juni 1854<br />

Rekursbeantwortung mit Angaben über die Salärstruktur eines <strong>Gemeinde</strong>schreibers<br />

Nach 7.: An der <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom 3. Juli wurde vorstehendes Protokoll ratifiziert mit der Bemerkung,<br />

dass dem Konrad Bucher seine Bemerkung betreffend Ausstand des Armenpfleger Keller während<br />

der Beratung des Rekurses von seinem Sohn <strong>Gemeinde</strong>ratschreiber Keller wörtlich an das Protokoll<br />

fallen solle so wie auch die Beantwortung die Beantwortung des Rekurses welche also lauten.<br />

Bucher äusserte sich vor der Bürgerschaft, dass er glaube, Armenpfleger Keller als Vater des Rekurrenten<br />

gehöre während der Beratung, wie der Rekurs beantwortet werden müsse, in Ausstand, worauf sich Armenpfleger<br />

Keller ohne darüber beschlossen zu haben ebenfalls äusserte, er wolle in Ausstand, bevor wolle<br />

er aber der Bürgerschaft seine Ansicht mitteilen.<br />

Beantwortung des Rekurses gegen den Abschied der <strong>Gemeinde</strong>versammlung vom 16. März 1854:<br />

An den löblichen Bezirksrat Andelfingen<br />

Tit.<br />

Der Rekurs des <strong>Gemeinde</strong>ratschreiber Keller gegen den Abschied der <strong>Gemeinde</strong>gutrechnung vom Jahr<br />

1853 wird hiemit beantwortet wie folgt:<br />

1. Der Rekurrer ist die fixe Besoldung des ehemaligen <strong>Gemeinde</strong>ratschreibers nicht um 42 Batzen zu<br />

hoch gerechnet, von 52 Wochen mit 11 Fr 67 Batzen damals besoldet worden. Die Besoldung beträgt<br />

vom 1st. Januar 1853 bis 11ten Juni 1853 5 Fr. 28 Batzen, mithin wären nur 10 Batzen zuviel,<br />

welche zurückerstattet werden.<br />

2. dass der Rekurent 11 Batzen zu viel vergüten soll, ist nicht der Fall, da seine Amtsdauer lt. Beleg<br />

11 vom 14. Juni 1853 angaht und bis den 31 Dezember 1853 28 Wochen 5 Tage andauerte, und<br />

die jährliche Besoldung wie sich der Rekurent gemeldete 6 fr. 67 Rp beträgt, so sind wirklich 47<br />

Rp zu viel berechnet.<br />

3. das bei speziellen Nota das Wortprotokoll als Form beizufügen nötig sei ist keineswegs der Fall, es<br />

scheint von dem Rekurenten mehr Ehrgeiz zu sein, sonst würde er diese Rüge nicht als Neckerei<br />

betiteln.<br />

4. haben die früheren Schreiber für 1 Wahlprotokoll 10 Schilling oder 60 Batzen zu beziehen gehabt<br />

lt. Beleg 23 das 52 gr Rechnung das Protokollieren müsste für die fixe Besoldung geschehen, der<br />

Rekurent stützt sich auf §45 des Spertelgesetzes, wann er sich aber genau an den § gehalten hätte,<br />

so wäre es dennoch auf 1 Fr. 50 gestiegen. Es wurde daher bloss die Ausgabe für Protokollieren<br />

gerügt. Die Angabe, dass für das Prinzip der Leidenschaft solche Bemerkungen zu machen wird<br />

dem Rekurent als Grobheit angerechnet.<br />

5. Gibt der Rekurent dem wohllöbl. Bezirksrat Unwahrheit an dass ihm für Schreibarbeiten nur 1 Fr.<br />

80 Batzen gutgeheissen seien. Da lt Beilage 16 3 Fr. 60 Rp angerechnet sind, nicht bloss 3 fr 20<br />

Rp, wie <strong>im</strong> Rekurs angegeben ist. Es ist auch Unwahrheit, das für das Jahr 1852 5 Fr. für Schreibmaterialien<br />

als <strong>Gemeinde</strong>schreiber angerechnet seie sondern es sind unter diesen auch die<br />

Schreibmaterialien als <strong>Gemeinde</strong>schreiber inbegriffen lt. Beilage 23 der 52 gr. Rechnung.<br />

6. dass der Rekurent sich auf andre <strong>Gemeinde</strong>n stützt, das die dortigen Schreiber für Führung der<br />

Brandsteuer-Register belohnt werden, kümmert es die <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong> nicht, was dieselben reichern<br />

<strong>Gemeinde</strong>n aus Gutherzigkeit tun. Bis anhin haben <strong>Gemeinde</strong>ratschreiber dieses für die fixe<br />

Besoldung tun müssen und es ist auch keine solche Angabe in frühere Rechnungen gebracht worden.<br />

Dass der Rekurent um 5 Fr. wohlfeiler diese Schreiberstelle zu versehen gemeldet hat, wird<br />

deswegen die <strong>Gemeinde</strong> keine solche Ausgaben erschleichen lassen, damit er diese 5Frk. wieder<br />

doppelt einbringen könne.<br />

7. stützt sich der Rekurent wieder auf anderwärtige Sektionschefs, dass dieselben für das Anschlagen<br />

militärischer Publikationen belohnt werden, auch das kümmert die <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong> nicht, denn<br />

der Sektionschef kann sich der Ordnungsläufern bedienen, solche Publikationen den jedem Mililtärpflichtigen<br />

bekannt zu machen, davon für 3 solche sind, welche diese Verpflichtung auf sich<br />

haben weswegen sie von den.übrigen Militärdiensten befreit sind, und übrigens sagt er <strong>im</strong> Rekurs,<br />

dass lt. Gesetz das Anschlagen solcher Publikationen Sache des Gemeideammannamt oder Gemeindrathes<br />

sei.<br />

58


8. sagt der Rekurent dass auf pagina 40. die 40 fr. 84 Rp nicht in Ausgabe gehört, weist auf das Gesetz<br />

Band 5, Seite 113, wusste er dass lt. <strong>Gemeinde</strong>protokoll unterm 3. Januar 1820 der Hebamme<br />

eine fixe Besoldung in Natura beschlossen worden zu geben, und am 13. März 1837 lt. <strong>Gemeinde</strong>beschluss<br />

diese Besoldung in Geld verwandelt und auf 28 alte Schweizerfranken bestellt werden,<br />

welche von da an der Hebamme alljährlich von der <strong>Gemeinde</strong> bezahlt werden müssen, und dass<br />

auch der Verordnung des Regierungsrates vom 10. März 1829 eine Hebamme in armen <strong>Gemeinde</strong>n<br />

wenigstens 24 alte Franken und in reicheren <strong>Gemeinde</strong>n wenigstens 40 fr. als Min<strong>im</strong>um den Hebammen<br />

alljährlich von der <strong>Gemeinde</strong> bezahlt werden müssen, so würde er dieses nicht in Rekurs<br />

aufgenommen haben.<br />

9. dass die Ausgabe auf pagina 16 Beilage 51 für den Justizbeamteten und die Angelegenheit auf pagina<br />

10 Beilage 59 und 60 des <strong>Gemeinde</strong>ammannamts lt. Gesetz nicht in die Rechnung gehöre, ist<br />

bekannt, dass aber für die <strong>Gemeinde</strong> <strong>Volken</strong> für diese Beamteten nicht so viele Geschäfte vorkommen,<br />

um uns ihren Sproteln dasselbe in ihren Kosten anzuschaffen, so wurde von jeher solches<br />

von der <strong>Gemeinde</strong> bezahlt.<br />

Aus diesen Gründen wurden die 3 letzten Artikel von der Prüfungskommission nicht gerügt, sondern<br />

von dieser und von der Bürgerschaft angenommen.<br />

59

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