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Komplett - DAS Sauerlandmagazin Ausgabe März/April 2017

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ler Schule abhalten, der dann auf dem Stadtfest seinen<br />

Abschluss findet. Das Interesse an ihm und seiner Kunst<br />

ist riesengroß und kommt dem kulturellen Aufbruch, der<br />

gerade an der Lenne stattfindet, genau zum richtigen<br />

Zeitpunkt entgegen.<br />

Woran liegt es, dass du so gefragt bist, auch in Städten,<br />

die sich bisher eher zurück gehalten haben, in Kunst<br />

und Kultur zu investieren?<br />

Ich glaube, dass nach einer Zeit der<br />

Verunsicherung in den Kommunen,<br />

aber auch bei Privatleuten<br />

und Firmen,<br />

jetzt wieder der Mut da<br />

ist, in Kunst zu<br />

investieren. Es gab<br />

eine Zeit, da waren<br />

viele ängstlich,<br />

wussten nicht, wie<br />

es weitergeht.<br />

Das Geld war eher<br />

knapp und<br />

Jetzt<br />

an Kunst wurde gespart.<br />

geht es wirtschaftlich wieder<br />

sichtbar aufwärts. Und das<br />

bekommen alle zu spüren. Es geht<br />

uns insgesamt finanziell besser. Gleichzeitig<br />

REN IM SAUERLAND<br />

sind die Bürger aber auch stark verunsichert durch<br />

Kriege und Terror weltweit, Schrecken, die sich täglich<br />

um uns herum ereignen. Vielleicht weckt genau diese<br />

Kombination verstärkt den Wunsch, in Schönheit und<br />

Farben zu investieren, seine Umgebung gezielt zu<br />

gestalten. Zumindest das direkte Umfeld wohnlicher und<br />

schöner zu machen, wenn man schon an dem täglichen<br />

Wahnsinn in der Welt um sich herum nichts ändern<br />

kann. Da ist einfach ein großes Bedürfnis da nach dieser<br />

Graffiti-Kunst, die es möglich macht, auch den grauesten<br />

Ort in ein buntes Spektakel zu verwandeln.<br />

Glaubst du, dass diese Veränderung auch die kleineren<br />

Städte wie Werdohl erfasst hat?<br />

Ja, ich merke, dass auch dort das Interesse an meiner<br />

Kunst sehr groß ist. Überhaupt an kultureller Veränderung.<br />

Graffiti war früher etwas, dass meine Generation<br />

gegen das sogenannte „Establishment“ einsetzte.<br />

Also auch ein Ausdruck von Rebellion gegen eine Gesellschaft,<br />

die gerne alles und jeden gleichmachen wollte.<br />

Wir gingen damals meistens nachts zu Werke,<br />

im Verborgenen. Und wurden hart bestraft,<br />

wenn man uns erwischte.<br />

Heute ist selbst in Kleinstädten<br />

die Haltung zu Graffiti<br />

eine andere geworden.<br />

Ich werde mit Respekt<br />

behandelt, man schätzt<br />

mein Können und zwar<br />

quer durch die Generationen.<br />

Was für mich ein Zeichen<br />

dafür ist, dass auch unsere Gesellschaft bunter geworden<br />

ist, vielfältiger. Und sich traut, dies auch zu zeigen.<br />

Du bist jemand, der nicht nur zu den Vorreitern der Szene<br />

gehört, sondern schon sehr früh damit angefangen<br />

hat, die Graffiti-Szene künstlerisch an den Platz zu bringen,<br />

an dem sie heute steht.<br />

Ja, ein langer, oft mühsamer Weg. Aber mittlerweile<br />

ist Graffiti in der Gesellschaft angekommen. Selbst der<br />

sturste Sauerländer kann heutzutage unterscheiden zwischen<br />

hochwertigem und minderwertigem Graffiti. Also<br />

ich sag´s jetzt mal ganz platt zwischen gutem und bösem<br />

Sprühen. Das eine ist halt Fassadenkunst, das andere<br />

Schmiererei. Und das kann auch vom ganz normalen<br />

Bürger unterschieden werden. Bis vor ein paar Jahren,<br />

war das halt nicht der Fall. Da war Graffiti gleich „Anarcho-Szene“.<br />

Aber das hat sich komplett geändert. In<br />

den Köpfen ist angekommen: Es gibt auch schöne Graffiti,<br />

die so gar nichts mit Anarchie zu tun hat.<br />

Ist Graffiti weniger provokant und dafür angepasster?<br />

Ja, auf jeden Fall. Das ist mal sicher. Ich gehöre zu den<br />

Künstlern der ersten Stunde, damals war Graffiti die<br />

„Kunst der Nacht“. Ich erwarte eigentlich auch heute<br />

noch von einem ernst zu nehmenden Graffiti-Künstler,<br />

dass er auch mal nachts draußen war und an Stellen gesprüht<br />

hat, wo es nicht erwünscht ist, sein Statement<br />

gegen eine Gesellschaft abzugeben, die oft wenig Platz<br />

lässt für künstlerische Freiheit und Individualität. Wir<br />

sind früher genau für diese Freiheit eingetreten, haben<br />

dafür gelebt. Der heutigen Graffiti-Bewegung mache ich<br />

den Vorwurf, dass sie einen Trend zur Gefälligkeit entwickelt.<br />

Die Message, die Graffiti auch verkörperte, nämlich<br />

als Individuum einzigartig zu sein und unverwechselbar,<br />

geht dadurch verloren. Der Kern des Antriebs ist<br />

aber immer noch vorhanden. Es gibt weltweit immer<br />

noch eine illegale Szene. Auch mein Ursprung war die<br />

Rebellion und auch ich bin weiterhin wachsam, wenn<br />

es darum geht, Stellung zu beziehen gegen Ungerechtigkeit<br />

und Lieblosigkeit.

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